... nun der zweite Teil zum Big Ben (ist doch schon ein genialer Einfall des Apogee Marketings, eine Masterclock "Big Ben" zu nennen
):
Das wichtigste Ergebnis aus dieser Testreihe ist für mich, dass nun irgendwelche Einflüsse durch die Abspielsoftware, Datenträger, Systemlast usw., wie weiter oben beschrieben, ausgeschlossen sind.
Somit kann ich dann auch endlich eine klare Empfehlung für ein aus meiner Sicht ideales Abspielsystem abgeben. Bisher habe ich das, obwohl mal angekündigt, nicht gemacht, weil ich einfach keine wirklich saubere Lösung gefunden habe:
Lösung A
1. Computer mit digitaler Ausgangskarte mit ASIO-Treibern (da ich nun davon ausgehe, dass Big Ben immer sauber entkoppelt, halte ich die Empfehlung so offen. Ich persönlich setzte aber stets auf RME-Produkte, weil die einfach immer richtig gut arbeiten). Direkt empfehlen kann ich HDSP AES-32, HDSP 9632 oder Fireface 400 bzw. 800.
Getestet habe ich unter VISTA. Die empfohlenen Karten gibt es aber auch mit MAC OS X Treibern.
2. Als Mediaplayer Software empfehle ich J. River Mediacenter 13. Das ist zwar der einzige kostenpflichtige Softwareplayer - allerdings wirklich nicht teuer: 38$ -, dafür ist ASIO aber vernünftig implementiert und er beherrscht Gapless Playback. Außerdem möchte ich gerne eine ästhetisch zumindest etwas ansprechende Optik haben, wenn ich schon kein reales Produkt mehr in Händen halte. Die Übersichtlichkeit der Anwendung ist sehr gut und wenn alle Musik mit Coverbildern ausgestattet ist, sieht das Ganze wirklich sehr hübsch aus.
Foobar ist mir persönlich zu nüchtern, und ohne Big Ben ist Foobar meiner Meinung nach klanglich eine der schlechtesten Lösungen. Auch gut finde ich Media Monkey, vor allem klanglich, denn wenn ohne Big Ben ist das die beste Lösung, nur mit ASIO gibt es kein Gapless.
J. River gibt an, dass Mediacenter auch auf dem MAC läuft, mit Bootcamp/WinXP und Parallels. VMWare Fusion soll laut Anwenderberichten auch gehen. Über Stabilität und Einbindung der Audiokarte bei der MAC Variante kann ich nichts sagen. Da es aber auf dem MAC kaum sonstige vernünftige Lösungen gibt, scheint mir das eine gute gangbare Lösung zu sein. Man sollte unbedingt auch die vielen anderen Features des Mediacenter bishin zum "Fernseher" oder UPnP Server beachten.
http://www.jrmediacenter.com/
3. Ausgang der Audiokarte per AES/EBU - S/P-Dif coaxial müsste gleichwertig sein, optisch geht nur bis 96kHz - mit dem APOGEE Big Ben verbinden und entsprechenden Eingang als Clockquelle auswählen. Nun steht an den Ausgängen des Big Ben das Signal vom Mediacenter bitgenau und mit hochpräzisem, vom Computer unabhängigem Takt zur Verfügung.
4. Prinzipiell kann man nun jeden DA-Wandler benutzen. Ich persönlich kann uneingeschränkt den recht günstigen APOGEE MiniDAC empfehlen. Dieser sollte nur unbedingt per AES/EBU Double Wire angeschlossen werden (dann geht bei hohen Atastraten, 2x und 4x, jeweils nur ein Kanal mit der Hälfte der Abtastrate über eine von zwei AES/EBU Verbindungen). Geht wunderbar mit der mitgelieferten Kabelpeitsche, ohne zusätzlichen Kabel.
Ich finde den Wandler richtig gut, auch wenn sehr klein und mit externem Kleinnetzteil. Er arbeitet mit der gleichen DA-Schaltung wie der DA16X, eben halt nur Stereo. Durch die andere Clocksektion, verglichen mit DA16X, ist die Qualität nur sehr abhängig vom Takt des gebenden Gerätes. Durch die direkte kurze Verbindung mit dem hochpräzisen Taktgeber Big Ben, ist das nun aber kein Manko mehr.
Mit diesem Setup ist nun wirklich sehr hochwertiges Audio bis 192kHz möglich. Allerdings hat das dann schon seinen Preis: Paket mit PCI-Karte: ca. 2500,- EUR / mit Firewire: ca. 3000,- EUR
Ein schön leiser Shuttle Mini PC schlägt nochmal mit etwa 1000,- EUR zu Buche, d.h. 3500,- EUR komplett.
Allerdings ist das ganze auch sehr schön schrittweise skalierbar: Sowohl die HDSP 9632 als auch das Fireface verfügen bereits über ganz ordentliche Analogausgänge, dann kann mit MiniDAC aufgerüstet werden, und letztlich mit Big Ben verfeinert werden.
Punkt 3. und 4., d.h. Die Kombination Big Ben plus MiniDAC, kann man natürlich auch als Referenz DA-Wandler für alle anderen Digitalquellen wie CD-Player, DVD usw. verwenden.
Lösung B:
Nicht nur weil JOE das angesprochen hat, das hatte ich ohnehin im Sinn. Neulich konnte ich mich bei einem Workshop bei Analogue Bonn erstmals selbst von der Qualität des LINN Klimax DS überzeugen und ich kenne inzwischen mehrere Kunden, die DS Player zufrieden benutzen. Wer also ein unkompliziertes uneingeschränkt Wohnzimmer taugliches Hifi-Setup zum Abspielen von FLAC u.ä. haben will, dem kann ich diese Produktfamilie ebenfalls empfehlen. Die günstigeren Modelle unterhalb des Klimax DS liegen dann ja auch im Vergleich zu diesem Setup preislich nicht schlecht.
Eines gleich dazu gesagt: Auch wenn wir unsere Aufnahmen über das Portal von LINN verkaufen, ich bin kein LINN Vertreter, aber die anderen Hifi-Hersteller schlafen weiterhin munter vor sich hin. Da hätte ich mir inzwischen wirklich mehr erhofft, unser Silbersand-Workshop zum Thema ist ja bald ein Jahr her. Und wie man hier sieht, muss ich nun Hifi-Liebhabern Profiequipment empfehlen. Das verstehe wer will ...
Nachdem das nun immer mehr off-topic wurde - am besten kopiere ich das auch nochmal an eine andere Stelle - nun zum Abschluss wieder zurück zum dateninduzierten Jitter:
Auch Big Ben ist nicht automatisch ein Allheilmittel. Ich habe bisher mehrfach, so auch wieder bei diesem Test, die Erfahrung gemacht, dass, wenn man schon mal mit 96kHz arbeitet, beim weiteren Schritt zu 192kHz die Taktung ganz entscheidend über den Erfolg entscheidet. Wer beim Silbersand-Workshop war, der kennt meine Argumentationskette (in den nächsten Tagen gibt es den entsprechenden Artikel nun endlich auch fertig). So eindeutig ich 44,1 bzw. 48kHz für zu wenig halte, so ausreichend sind eigentlich 96kHz, weil hier wirklich der gesamte im Nutzsignal vorkommende Frequenzbereich übertragen wird. In der Praxis bietet, richtig eingesetzt, 192kHz aber nochmal einen kleinen zusätzlichen Gewinn. Das führe ich aber mehr auf die dann noch besser arbeiteten Wandler zurück, als auf eine prinzipielle technische Notwendigkeit. Es zeigt sich nun allerdings, dass unsere Anschlusstechnik eigentlich nicht wirklich für digitales Audio ausgelegt ist. Der AES/EBU Standard mit seinen symmetrischen XLR Steckverbindern ist eher aus der Kompatibilität zur Analogzeit mit XLR Mikrokabeln heraus geboren. Aber kein HF-Techniker würde so eine Leitung zur Übertragung von Hochfrequenzsignalen benutzen. Dieses Manko scheint mir beim Schritt von 96 zu 192kHz sehr deutlich „durchzuschlagen“, insbesondere wenn dann im DA der Takt aus dem Signal gewonnen werden muss. Bei der hier empfohlenen Kette hört man das deutlich: 192kHz Single Wire, d.h. mit 192kHz getaktet, klingt schlechter als 96k. Erst 192KHz Double Wire, d.h. mit 96kHz getaktet, klingt signifikant besser als 96kHz. Ich vermute, dass der Jitter bei 192kHz Taktung über diese eigentlich untaugliche AES/EBU Strippe aufgrund des Erreichens der oberen Grenzfrequenz des Kabels enorm zunimmt. Es ist vermutlich kein Zufall, dass die DA-Wandler der Hifi Linie von DCS 4x Abtastraten nur Double Wire akzeptieren. Dieses Feature halte ich bei Big Ben und MiniDAC für überaus wertvoll, und dies findet man bei anderen Herstellern meist nicht.
So, das war jetzt doch einiges, nun einen schönen Sonntag ...
Grüße,
Ralf
P.S.: Sollte nun vielleicht jemand an eine entsprechende Investition denken, so kann er sich gerne an mich wenden. Wie gesagt, ich habe gute Kontakte zum APOGEE Vertrieb.
Am kommenden Freitag/Samstag 24./25.4. gibt es übrigens einen Workshop im Audioforum in Duisburg. Da werde ich wohl diese Kette zur Demo verwenden.
http://www.audioforum.de/index.php?page ... 1021275266