Raumakustisch anpassbare Schallwandler

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aktivator
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Raumakustisch anpassbare Schallwandler

Beitrag von aktivator »

Hallo

Ich möchte mit diesem Thread die Leute erreichen die Erfahrungswerte mit speziellen Schallwandlern haben, die an die Raumsituation anpassbar sind.

In den Hochglanzprospekten macht das ja den Eindruck als wenn alle Raumprobleme damit gelöst werden. Kann das jemand bestätigen?

g andreas
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Andreas

Welche Lautsprecher meinst du damit konkret?

Man kann jeden Lautsprecher an den Raum anpassen, indem man mit dem Wandabstand variiert die Bassankopplung ändert, und mit der eingewinkelten Ausrichtung die Seitenwandreflexionen reduziert.

Daneben gibt es aktive Lautsprecher, die mit Equalizerfunktionen Raumresonanzen im Voraus aus dem Signal nehmen. Bei Subwoofern wird das gelegentlich automatisch gemacht (Sunfire, Velodyne), auch bei Vollbereichlautsprechern von B&O. Bei den B&O sieht man eine kuriose Form, die das Rundstrahlverhalten homogen gestaltet, das ist eine Geschichte für sich.

Zur Raumanpassung müsste auch das Abstrahlverhalten der Mitteltöner und Hochtöner anpassen können, das geht aber nicht so einfach.

Den Kernzusammenhang beschreibt Floyd E. Toole hier:
The Acoustics and Psychoacoustics of Loudspeakers and Rooms

Und dann gibt es mittlerweile viele Versionen von Raumkorrektursystemen, entweder als Gerät oder im Computer, jeweils nach Messung wird eine entgegengesetzte Frequenzkurve gestaltet.

Grüße Hans-Martin
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Andreas,

in Ergänzung zu den Ausführungen von Hans-Martin möchte ich noch anfügen, dass bei den meisten Raumanpassungen / Ortsanpassungen meistens verschwiegen wird, dass es sich bei der Korrektur nur um die eine Seite der Korrektur nhandelt - nämlich den Frequenzgang. Die zweite Hälfte der notwendigen Korrektur besteht in der Harmoniserung des Phasenverhaltens bzw. der Gruppenlaufzeit. Gerade Eingriffe in den Frequenzgang oberhalb von 100 Hz (und erst recht ab 500 Hz) führen unweigerlich zu Phasensprüngen, die sich hörbar negativ auf die Raumabbildung des Lautsprechers auswirken.

Da ist es m.E. schon besser, zunächst einmal auf sogenannte mechanische Raumkorrektur zurückzugreifen (geschickte LS-Positionierung, Absorber etc.), die deutlich nebenwirkungsfreier sind. Erst das, was man mit diesen Maßnahmen nicht beheben kann, sollte dann über Ortsfilter vorgenommen werden - oder noch besser durch ein elektronische Raumkorrekturprogramm, welches Frequenzgang plus Phase korrigiert - z.B. wie das von mir favorisierte Acourate Pro (siehe entsprechende Threads im Forum).

Grüße
Fujak
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aktivator
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Beitrag von aktivator »

Hallo
Hans-Martin hat geschrieben:Welche Lautsprecher meinst du damit konkret?
Ich dachte mal ich stelle die Frage so einfach wie möglich ,sozusagen den Kern der Sache. Also die Quintessenz der Frage. Und dachte alle wissen was ich meine. :(

Also da wir uns ja im Aktivforum befinden meine ich natürlich einschlägige Aktivlautsprecher. Die da wären Abacus, Genelec, Adam, Backes, KSdigital etc. Hier ein Auszug von Backes Prime Serie vieleicht stellvertretend für alle:
Backes & Müller hat geschrieben:Auf der Rückseite stehen Ihnen jeweils vier Regler zur Anpassung der Akustik an Ihre Raumsituation und Ihren individuellen Hörwünschen zur Verfügung. Sie können die Gesamtlautstärke des Lautsprechers einstellen, den Pegel des Hochton- und der Tieftonverstärker anpassen oder mit dem fgu Regler eine Anpassung an die unterste Grenzfrequenz des Raumes vornehmen.
Ja, und das 1x1 der Schallwandler-Aufstellung kenn ich auch. Soweit es in einem Wohraum umsetzbar ist.

Sollte von Ihrem Hörplatz aus die Rückseite mit den Klangreglern zu sehen sein,ist das zwar bequem für die Einstellmöglichkeiten aber dem Klanggenuss nicht förderlich. Bitte drehen Sie die Lautsprecherfront wieder zu sich. :mrgreen:

Also wer hat sowas in Gebrauch und teilt seine Erfahrung mit mir?
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meroVinger-audio
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Beitrag von meroVinger-audio »

Hallo,

die meisten aktiven Lautsprecher meinen mit "Raumanpassung" per se nicht eine Anpassung im Sinne eines Room Perfect von Lyngdorf oder einer Einmessung wie bei TacT, von solchen Systemen wie Acourate ganz zu schweigen.

Unsere Lautsprecher sind im Gegensatz zu solchen, die "fertig" kommen und ein paar Regler auf der Rückseite haben, im Frequenzgang bis hin zu völligem Unsinn voll programmierbar. Der Effekt dabei ist zwar, dass man auch bei sehr sehr kritischen Räumen deutlich mehr noch "retten" kann als bei solchen, die nur im Rahmen von ein paar dB eine Anpassung in bestimmten Frequenzbereichen zulassen, jedoch ist dies in meinen Augen hinterher nur "weniger schlimm" und keinesfalls als gut einzustufen.

Will man in einem Raum mit herbem Hall oder extremen stehenden Wellen darüber Korrekturen durchführen, so wird man schnell feststellen, dass dies praktisch kaum möglich ist. Gerade in halligen Räumen kann man so gut wie nichts ausrichten außer vielleicht die Mitten und Höhen etwas abzumildern.

Der Effekt ist dann aber nur, dass Direktschall mit Reflektionen zwar im Mittel wieder eine Frequenzgangkurve hervorbringt, die durchaus auch linear sein kann, aber das richtet sich ausschließlich danach wie gemessen wird. Ein kurzer Burst wird den Frequenzgang ohne Hall widerspiegeln und sicherlich dementsprechend völlig verzogen sein. Ein Dauersignal mitsamt allen Anregungen des Raumes hingegen kann dann linealglatt sein. Umgekehrt erhält man die Ausgangssituation.

Freilich spricht heute jeder von Raumanpassung, ich würde aber eher von Geschmacksanpassung als sinnvollem Ausdruck sprechen. Raumanpassung funktioniert dann, wenn der Raum schon recht gut ist und noch das i-Tüpfelchen gesetzt werden soll. Oder natürlich wenn mein persönlicher Geschmack einfach von einem glatten Frequenzgang oder den Vorstellungen des Entwicklers abweicht.

Daher würde ich in jedem Fall erstmal versuchen den Raum so weit wie möglich zu entschärfen, die optimale Aufstellung zu finden und DANN solche "Wundermittel" ihren Zauber wirken lassen.

In sehr kritischen Räumen kann es im Mittelhochtonbereich helfen, wenn man stärker ins Nahfeld geht oder Lautsprecher auswählt, die stark bündeln und diese auf die Ohren einwinkelt oder sogar vor den Ohren die Hörachsen kreuzen lässt, sofern z.B. der Frequenzgang des LS auf 15 oder 30° Abhörwinkel optimiert ist.

Oft sind die althergebrachten Tricks gar keine schlechten. Der dicke Teppich zwischen Hörer und Boxen, die fluffigen Vorhänge, die die großen Fensterflächen verdecken, wenn man hört oder auch einfach die Familie dazu animieren während des Hörens mit im Raum zu sein. Daunenjacken und korrekte Platzierung der einzelnen Herrschaften verbessern die Ergebnisse... :wink:

Das was Backes und Müller anbietet halte ich für recht seriös und es spiegelt meine Erfahrungen wider. Mehr Einfluß verbessert die Situation nicht wirklich.

Abacus verbaut z.B. auch DSP-Bausteine in bestimmten Lautsprecherserien und verzichtet dennoch auf die vielfältigen Möglichkeiten hier FQ-Gänge an den Raum anzupassen. Eben aus besagten Gründen, würde ich schätzen.

Meine persönliche Meinung zu dem Thema.

Viele Grüße

Peter
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Im Sinne von Raumanpassung halte ich die serienmäßig in den meisten einstellbaren LS vorzufindenden Möglichkeiten gelinde gesagt für "rudimentär" bzw. für eine temporäre Notlösung, jedenfalls für suboptimal und höchstens zu begrenzter "Geschmacksanpassung" tauglich.

Beispiel: Tieftonpegel- und/oder untere Grenzfrequenzverstellung ist zur Raummodenbekämpfung so gut geeignet wie mit Schrot aus 20 m auf eine 10 cm Zielscheibe zu schießen :wink: , man handelt sich breitbandige tonale Defizite ein.

Gezielt einzugreifen ist da erfolgversprechender, mit einem einfachen, analogen, parametrischen Equalizer (Beispiel) oder digitalen Convolver-Geräten (DEQX usw.) oder PC Software (Acourate, RoomEQWizzard und andere) kann man einer oder mehr Raummoden viel besser zu Leibe rücken als mit TT-Pegel oder unterer Grenzfrequenz allein. Ja, mit geeigneter Messtechnik geht das alles dann noch besser... 8) Geithain LS haben ja ein Raumanpassungsfilter, ich glaube das ist eine Art analoger PEQ.

Mechanische Raumakustikmaßnahmen (leider oft abhängig von optischer Akzeptanz) sind sehr wirkungsvoll um Reflektionen, Hall und Echos zu behandeln. Lautsprecher "Bordmittel" (Ausnahme: LS mit von aussen programmierbaren DSPs wie z.B. BM-35) sind da mMn gar nicht geeignet. Da ist Aufstellung verändern zielführender: Rücken, Drehen, anderer Hörplatz, ...

Mein derzeitiges Fazit: Bei den meisten aktiven wie passiven LS gibt es keine Raumanpassungsmöglichkeit, die diese Bezeichnung ernsthaft verdient.

Gruß,
Winfried

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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Andreas,

im Vergleich zu Passivlautsprechern, die über keinerlei Anpassungsmöglichkeiten verfügen, sind die Klangregler von Aktivboxen schon ein großer Schritt nach vorne, z.B. dann, wenn die Boxen wandnah aufgestellt werden (müssen) oder wenn der "Werksklang" an den persönlichen Geschmack angepasst werden soll.

Wer aber erst einmal ein echtes Korrektursystem eingesetzt hat, wird fortan die Finger von Klangreglern weglassen.

Viele Grüße
Rudolf
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