Plattenspieler läuft zu langsam

Nebusaradan
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Plattenspieler läuft zu langsam

Beitrag von Nebusaradan »

Hallo liebe Aktivhörer,
bin seit kurzem wieder gelegentlicher Plattenhörer und vielleicht hätte jemand einen Tipp für mich. Ich frage einfach mal in die Runde...

Mein alter Saba PSP 910 lässt sich per Pitch Control sehr schön auf 33,33 Umdrehungen (laut App RPM Speed) einstellen. Aus Komfortgründen wollte ich jetzt einmal einen Vollautomaten (Toshiba SR Q 660) austesten, der mir vor einiger Zeit zugelaufen war und vielleicht später in der Zweitanlage einsetzen.

Leider hat dieser keine Pitch Control und läuft laut App nur auf 33,2 - und das hört man m.E. auch. Wenn ich versuche, ihn über die beiden Potis auf der Motorplatine schneller zu stellen, gelingt dies nicht, weil der Quarz-Lock versucht, ihn immer wieder auf 33,2 einzubremsen.

Kann man das irgendwie umgehen oder woran könnte das überhaupt liegen mit der niedrigen Geschwindigkeit? Ist der Quartz defekt oder liegt es an der aktuellen Netzspannung, mit der solche Vintage-Geräte nicht klarkommen?

Viele Grüße Didi
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Didi,

vielleicht hilft die Bedienungsanleitung?

https://archive.org/details/manual_SRQ6 ... 4/mode/2up

Viele Grüße

Jochen
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Nebusaradan
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Beitrag von Nebusaradan »

Hallo Jochen,
wow, vielen Dank für die schnelle Antwort! Das Service Manual hatte ich tatsächlich nicht gefunden. Danke für den Link! Sieht leider nur viel komplizierter aus, als ich mir das laienhaft vorgestellt hatte. Ich bräuchte ein Oszilloskop und einen 'Period-Counter" (was immer das auch ist?). Das überfordert mich wahrscheinlich und ob mich das ans Ziel führt..?. Werde noch ein bisschen recherchieren. Vielen Dank erst einmal.
Viele Grüße, Didi
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Didi,
nach 40 Jahren kann auch der Quarz gealtert sein, aber das reicht nicht aus, um das geschilderte Phänomen zu erklären.
Wenn das Motor=Tellerlager warmgelaufen ist, ändert sich was? Alte Schmierung verhärtet?

Ich habe auch nur hier ein Schaltbild gefunden (selbst bei vinylengine.com findet man nichts):
https://archive.org/details/manual_SRQ6 ... ew=theater
Unten auf one-page-view klicken, dann hat man es scharf.
VR1 wird 33UpM zugeordnet.
Wenn das einen Einfluss auf die Drehzahl hat, und du eine Messmöglichkeit für die Drehzahl (du hattest 33,2UpM genannt) könntest du die Poti-Position markieren und vorsichtig verändern, um zu sehen, ob sich an der Drehzahl etwas in die gewünschte Richtung ändert. Es wäre den Versuch wert. Ein Oszilloskop brauchst du nicht, wenn du das Ergebnis anders messen kannst.
Zu dem proprietären TM4503P findet sich kaum was im Netz, nicht kommerziell gefragt, nicht aktuell.
Eine Überlegung wäre, wie groß die Abweichung vom Soll ist. 0,1 von 33,3 sind nur 0,3%. Hört man das auch noch? Eine Variation um 6% in beide Richtungen war einst DUAL-Satandard, jeweils ein Halbton. Von Linn gab es für den LP12 ein Quarz-Stroboskop zu der speziellen Stroboskopscheibe. Ich hatte die glückliche Gelegenheit, mir eine Scheibe aus einer Menge von geschätzt 20 aussuchen zu dürfen. Die Wahl fiel auf das Exemplar mit dem am besten zentrierten Mittelloch (die anderen wären eigentlich der Quarzreferenz nicht angemessen gewesen, das Geeier ist absolut kontraproduktiv).
Beim LP12 hat man mit der Neigung der Motorwelle die Geschwindigkeit feinjustiert. Und ich habe den Eindruck , dass +0,2% Abweichung nach oben den Klang nervös machen, während bei -0,2% es ins Langweilige, Uninspirierende übergeht.
Die Krux bei großen Stroboskopscheiben ist, dass man nicht zugleich einstellen und spielen kann. Denn die Schallplattenrille erfährt eine Reibung mit der Nadel, die abbremst, und beim Riementriebler ist das ein Thema, wechselt man Riemen, darf man neu einstellen. Beim Direkttriebler soll der Regelkreis sowas ausgleichen.
Also versuch dein Glück an VR1!
Grüße
Hans-Martin
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hans-Martin hat geschrieben: 31.12.2023, 19:13 Also versuch dein Glück an VR1!
Hallo,

das dachte ich auch, war mir aber nicht sicher. Und wenn ich es richtig verstanden habe, darf man es damit nicht übertreiben, weil sonst der Quarz es besser weiß?

Viele Grüße

Jochen
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo,
die Trimmpotis stellen von der Betriebsspannung aus die Sample-and-hold Kreise ein. Der Chip bekommt ein Signal von dem Frequenzgenerator, der die Tellerdrehzahl abtastet, sowas wie ein Tonkopf, an dem eine Zähnung vorbeizieht.
Der Quarzoszillator ist eine Frequenzreferenz, die heruntergeteilt wird und dann ist noch ein Phasenkreis.
Ein Blockschaltbild vom TM4503P ist ja dabei, allerdings keine genaue Funktionsbeschreibung.
Grüße
Hans-Martin
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Nebusaradan
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Beitrag von Nebusaradan »

Hallo ihr Beiden,
ja, der Quartz weiß es wohl besser. Wenn ich an VR1 vorsichtig drehe, passiert erst einmal nichts. Ab einem bestimmten Punkt flackert die Quartz Lock Anzeige und die Geschwindigkeit fängt an zu schwanken bei weiterem Drehen springt sie auf ca. 34,x und bleibt dann auf dem höheren Wert konstant und die Anzeige bleibt aus... Ich interpretiere das so, dass die Regelung ab einem Punkt den Ausgleich nicht mehr schafft bzw dann nicht mehr eingreift. Ärgerlich ist nur, dass leider zu niedrig geregelt wird bzw. die Regelung gerade in dem interessanten Bereich stört.

Ganz links sitzt laut Service Manual anscheinend der Quartz (x-tal). Könnte ich den einfach stilllegen? Oder sollte ich versuchen, einen neuen Quartz einzulöten, falls er vielleicht wirklich einfach nur altersschwach ist? Ich schaue mir das nachher noch einmal an... Viele Grüße Didi
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Didi,
wenn du den Quarz entfernst, geht vermutlich gar nichts mehr. Vielleicht kommt es sogar zu Beschädigungen.
Mich würde interessieren, wie du die Drehzahl gemessen hast, schließlich hast du geschrieben, dass sie bei 33,2UpM liegt.
Meint das 33,21 oder 33,29?

Bei genauer Betrachtung der Schaltung findet man
C108 und C115 sind Elkos mit 0,1uF,
C106 1uF
C 104 /105 sind 3,3uF bipolare Elkos

Nach 40 Jahren kann man sich fragen, welche Lebensdauer vonden verwendeten Elkos erwartet werden kann.
Zum Vergleich: 5uF Elkos werden in Datenblättern 1000 h Brauchbarkeit unter genannten Bedingungen zugewiesen. Größere Elkos halten länger, und kleinere Werte...
Wenn eine Schaltung nicht wie erwartet funktioniert, würde ich zuerst diese Elkos tauschen.

Man kann einen Quarz "ziehen", siehe: https://www.mikrocontroller.net/topic/520751, aber der Bereich deckt nicht deinen Bedarf.
Grüße
Hans-Martin
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Nachsatz:
C116 0,47u
und C111 mit 1u
sind auch Verdächtige
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Nebusaradan
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Beitrag von Nebusaradan »

Hallo Hans-Martin, das mit dem Tausch der Elkos ist ein guter Hinweis... Das gucke ich mir mal an. Gemessen habe ich mit der kostenlosen Handy App RPM Speed. Telefon wird dafür zentral auf den Plattenteller gelegt. Wenn ich meinen Saba Dreher per Pitch Control auf ca. 33.2 runter regele, klingt es dort genauso (wie Du beschrieben hast) "langweilig/uninspiriert" bzw. für mich tendenziell leicht nervig - besonders bei Streichinstrumenten. Das fällt aber wahrscheinlich nur auf, wenn man es direkt vergleicht bzw. man weiß, dass es besser geht... Viele Grüße Didi
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Didi,
es ist exakt 50 Jahre her, dass ich bei einem (Luftwaffe-)Kameraden war, der einen Lenco Plattenspieler mit Stoboskop hatte. Er wandte sich ab, ich stand abdeckend vor seinem Plattenspieler (also Doppelblind-Bedingungen) und variierte die Geschwindigkeit. Als er "Stop" sagte, kontrollierte ich das Stroboskop. Es stand! Er verblüffte mich damit, dass er die richtige Geschwindigkeit heraushören konnte. Ich habe das erst 20 Jahre später verstanden. Mediziner würden vermutlich die Lehrbuchmeinung wiederholen, in welchen Toleranzbereichen man Tonhöhen unterscheiden kann. Vermutlich würden sie die Geschichte anzweifeln...
Man sollte den Mut haben, den eigenen Ohren zu vertrauen.
Grüße
Hans-Martin
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Joerghag
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Beitrag von Joerghag »

Nebusaradan hat geschrieben: 01.01.2024, 12:41 ...Gemessen habe ich mit der kostenlosen Handy App RPM Speed. ...

Hallo Didi,
die App zeigt schon deutliche Unterschiede von ca. 2% je nach Handy (Apple/Android)
Da würde ich mich jetzt nicht wirklich drauf verlassen. Im Web findet man ein Test-Video, wo
die App bei IOS schneller und bei Android langsamer anzeigt.
Vielleicht läuft der andere Plattenspieler auch zu schnell.

Gruß Jörg
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Didi,

sorry, ich hab nicht Alles gelesen, aber hast Du einfach mal eine 50Hz Stroboskopscheibe auf die drehenden Plattenteller gelegt und damit bei künstlichem Licht (z.B. Glühlampe oder Energiesparlampe) geschaut wie sich das Rasterbild verhält?

Grüße,
Winfried

PS: Die 50Hz Netzfrequenz ist schon sehr genau!
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo,
die Netzfrequenz wurde früher u.a. als Referenz für Uhren benutzt, da hieß es, trotz der +/- 0,2Hz Toleranz (entspricht +/- 0,4%) würde die Anzahl der Zyklen innerhalb von 24 Stunden konstant bleiben (Digitaluhr, Elektor, ca 1974).
Bei Plattenspielern mit Synchronmotor hilft ein netzbetriebenes Stroboskop nicht weiter, die Drehzahl kann leicht wechseln und man merkt nichts, weil das Strobo dieselbe Tendenz nimmt.
Ein Interessanter Artikel zum Thema Netzfrequenz beachtet auch die heutige Photovoltaik: https://www.next-kraftwerke.de/wissen/4 ... roblematik, da sieht man in grafischer Form den Verlauf realer Frequenzschwankungen.
Allgemeiner gehalten ist Wikipedia
Weil auf die Netzfrequenz kein Verlass ist, wenn es um Präzision geht, hat Linn ein quarzgetaktetes Stroboskop mit 300Hz gebaut, dazu eine entsprechend feiner gerasterte Stroboskopscheibe.
Grüße
Hans-Martin
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Nebusaradan
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Beitrag von Nebusaradan »

Hallo Jörg, vielen Dank für Deinen Hinweis, dass die App doch nicht so zuverlässig ist, wie ich gedacht habe... Tatsächlich zeigt das Stroboskop meines Saba Drehers auch, dass nach Android-App eingestellt der Teller ein klein wenig zu schnell läuft, weil der Lichtpunkt dann tatsächlich ganz langsam wandert. Spannendes Thema... Wenn ich Winfried und Hans-Martin richtig verstanden habe, bekäme ich mit einer zusätzlichen Stroboskop-Scheibe und einer netzunabhängigen Lichtquelle das präziseste Ergebnis... Und könnte damit gewissermaßen sogar die Handy-App "kalibrieren" bzw. die richtige Geschwindigkeit herausfinden. Klingt interessant. Habe noch eine Plattentellerauflage mit Stroboskop-Markierungen. Muss nur noch eine geeignete Lichtquelle (Taschenlampe?Handylampe?) herausfinden.Werde ich ausprobieren... Viele Grüße Didi
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