Die Musik von Südamerika

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
Winfried Dunkel
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Die Musik von Südamerika

Beitrag von Winfried Dunkel »

Teil 1: Hintergründe

Fällt das Stichwort „südamerikanische Musik“, denkt hierzulande fast jeder an „El Condor Pasa“ sowie „die Jungs in der Fußgängerzone“. Das genannte Musikstück dürfte das am meisten verschlissene und mißverstandene überhaupt sein - und „die Jungs in der Fußgängerzone“ spielen es natürlich ebenfalls, weil es bekannt ist und Publikum anlockt...
Machen wir uns frei von Vorurteilen und Emotionen, betrachten sachlich die Fakten, denn gerade die emotionsbefrachtete Herangehensweise verstellt den Blick. Zum Verständnis des „So-Seins“ der südamerikanischen Musik, die wie kaum eine andere aus dem Innersten Wesen der Menschen heraus entstanden ist und immer noch entsteht, sind gewisse Kenntnisse der Hintergründe erforderlich. Diese zur Gänze zu vermitteln, erforderte - legér formuliert - den Umfang des Großen Brockhaus. Daher bitte ich um Verständnis, daß ich rigide einschränken, häufig stark verkürzen und zusammenfassen muß; dem liegt nicht nur die schier unendliche Fülle an Daten und Fakten zugrunde, vielmehr haben wir es hier, wie in anderen Wissenszweigen ebenfalls, mit hermeneutischen Problemen zu tun. Das bedeutet: Es gibt unterschiedliche Lehrmeinungen. Kurzes Beispiel: Die in Ecuador, Perú und Nordbolivien sowie in der argentinischen Provinz Santiago del Estero heute noch lebendige indianische Quechua-Sprache, die sich in sechs Varietäten gliedert, kennt keine grammatischen Fälle im Sinne des Lateiners - so die Lehre der in den achtziger Jahren führenden Universität Bonn (Fachgebiet Altamerikanistik). Die in jener Zeit gleichfalls führende Universität Leyden (NL) lehrte, diese Sprache habe mindestens acht Fälle. Da ich damals hier in Bonn (als nichtstudentischer Schüler) Quechua gebüffelt habe, vertrete ich natürlich die hiesige Auslegung.
Zurück zum Thema: In stark verkürzter Weise möchte ich zunächst auf die historischen Hintergründe zu sprechen kommen, denn die südamerikanische Musik enthält zahlreiche unterschiedliche Stile und Formen: autochthon-indianische, entwickelt-indianische, kontinentalspanische, kreolische und schwarzafrikanische. Eventuell - das aber ist nicht belegt - finden sich auch polynesische Elemente. Wie ist das möglich? Zur Beantwortung dieser berechtigten Frage ist ein Blick in die Geschichte notwendig, was gleichermaßen für die Frage gilt, warum im gesamten Lateinamerika (von Mexico bis Feuerland) Spanisch, in Brasilien dagegen Portugiesisch gesprochen wird. Und Sprache ist Bestandteil der Musik, die, auch in der südamerikanischen, in Liedform oftmals Geschichten erzählt, banale ebenso wie dramatische.

Die „überseeischen Unternehmungen“
Es begann mit jenem Genueser, der im Deutschen Christoph Kolumbus genannt wird; sein Name lautete (italienisch) Cristofero Colombo; die Spanier, in deren Dienste er sich begab, hießen ihn Cristóval Colón - so wollen wir ihn ebenfalls nennen, da er unter diesem Namen Weltgeschichte, wenn auch nicht immer nur positive, geschrieben hat.
Colón unternahm im Auftrag der spanischen Krone die Suche nach dem Seeweg nach Indien. Dies hatte zur Folge, daß die Urbevölkerung des amerikanischen Kontinentes „Indianer“ genannt wurde - und bis heute so genannt wird. Das gesuchte Land, Indien, bezeichnete man als „Las Indias“, ein Name, der nach seiner Entdeckung auf Südamerika übertragen wurde. Cristóval Colón unternahm vier Expeditionen: 3.8.1492 - 15.3.1493, 25.9.1493 - 11.6.1496. Nach der dritten Reise fiel er zeitweilig in Ungnade. Er startete, beginnend am 11.5.1502, eine weitere Fahrt. Colón starb am 20.5.1506 in Valladolid.
Im Zuge der ersten Expedition - man nannte sowas später „die überseeischen Unternehmungen“ - entdeckte Colón, neben weiteren Karibikinseln wie z.B. Cuba, am 6.12.1492 Guanahani, das heutige Haiti. Und er war zeitlebens überzeugt, Indien gefunden zu haben...

Doch steht zunächst die Frage hinsichtlich der Sprachen (Spanisch/Portugiesisch) offen. Dies ist Folge der „Alexanderschen Weltverschenkung“: Papst Alexander VI. verkündete am vierten Mai 1494 seine Bulle „Inter cetera divinae“, in der es hieß: „... Kraft der Autorität des allmächtigen Gottes schenken und übertragen wir Euch, Isabella und Ferdinand, sowie Euren Nachfolgern, zum Lohn für die Besiegung der Ungläubigen Granadas alle Länder und Inseln, die jenseits einer Grenze hundert Meilen westlich der Azoren liegen...“ Damit waren die Verhältnisse klar: Die spanischen und portugiesischen Herrscherhäuser mußten, wie wir heute sagen würden, „an den runden Tisch“, denn Portugal, damals eine Weltmacht, durfte nicht außen vor bleiben. Die Verhandlungen fanden noch im gleichen Jahre statt: In Tordesillas handelte man einen Vertrag aus, der eben „Vertrag von Tordesillas“ genannt wird, demzufolge - ich verkürze jetzt sehr stark - den Portugiesen die östlichen Teile weiter im Süden der Kontinentalmasse und den Spaniern die nördlicheren Partien Südamerikas sowie die Karibik und die nördlich anschließenden Gebiete zufielen. Inwieweit die spanischen Diplomaten die portugiesischen „über den Tisch gezogen haben“, möchte ich nicht bewerten, Fakt aber ist, daß die Spanier dank Colón Kenntnis hatten - und seien es auch nur Gerüchte gewesen - von Goldvorkommen im Norden (siehe: „Castilla de Oro“, „Goldküste“), beziehungsweise Schätzen „indianischer“ Ethnien (gemeint sind das heutige Costa Rica, Nicaragua, Honduras, Guatemala und Mexico), wohingegen die brasilianische Ostküste nichts dergleichen vorwies. Die Länder im Westen des Kontinents waren noch unbekannt und wurden erst später entdeckt. Damit wäre die Frage, warum man nur in Brasilien Portugiesisch spricht, beantwortet - in aller an und für sich unzulässigen Verkürzung.

Kommen wir nun zur eingangs aufgeworfenen Frage, wie die unterschiedlichen musikalischen Formen und Stile entstanden. Vor der Eroberung kannten die Ureinwohner (bezogen auf das Reich der Inka, Westseite des Kontinents, es erstreckte sich über ca. 4.000 Kilometer vom heutigen Südkolumbien bis Nordchile und existierte von ca. 1200 bis zum 16.11.1532) ausschließlich Flöten (in zahlreichen Varietäten, dazu später mehr) und Schlaginstrumente (Idiophone, Membranophone); einige Quellen nennen eine Art primitiver „Geige“, vermutlich ein Bogen, dessen Sehne gestrichen oder gezupft wurde. Gerade Flöten und Rhythmusinstrumente wurden virtuos beherrscht und wiesen teils hochentwickelte Konstruktionen auf, die sich bis in die Jetztzeit erhalten haben, teils auch weiterentwickelt wurden. Am Hofe des Inka gab es die „pinkulluri“, die Flötenspieler, die zu offiziellen Anlässen, aber auch bei Festen, aufspielten. Dies zeigt den hohen Stellenwert, den die Musik genoß, dokumentiert zudem die tiefe Verbindung der Menschen mit ihrer Musik - woran sich bis heute nichts geändert hat. Damit sind die Wurzeln der tradierten indianischen Musik Südamerikas deutlich, doch wäre noch zu untersuchen, wie die neuzeitlichen Formen zustande kamen, die zahllose Verbindungen, Vermischungen und gegenseitige Befruchtungen aufweisen; der Musikologe nennt dies Synkretismus. Zur Klärung dieser Frage müssen wir nochmal kurz einen Abstecher in die Geschichte machen.

Die wirtschaftlich höchst erfolgreichen überseeischen Unternehmungen brachten im Laufe der Zeit zahlreiche spanische Ethnien in das nördliche Südamerika, von wo aus, eben auch Sagen und Gerüchten folgend, Expeditionen in westlicher Richtung stattfanden; und im Verlaufe einer solchen entdeckte ein gewisser Balboa die Landenge von Panama und den dahinter liegenden Pazifik, den man „Südmeer“ nannte. Aktiv und unternehmungsfreudig wie stets, erkundeten die Spanier die pazifische Westküste des Kontinents; auf diese Weise kam Francisco Pizarro nach Perú (damals Birú genannt). Pizarro, vom Eroberer Mexicos und Bezwinger der Azteken in Tenóchtitlan (das heutige Mexico-Stadt), Hernando Cortéz, dem Königshaus wärmstens empfohlen, erhielt den Titel eines Generalkapitäns und erreichte im zweiten Anlauf - nach einem vorherigen, desaströsen Versuch - die Küste des heutigen Perú, wo ihm und seinen 150 Soldaten (einige Quellen nennen die Zahl 180) ein Floß begegnete, das mit Menschen unbekannten Aussehens besetzt war und eine große Menge goldener Kunst- und Kultgegenstände transportierte. Für die Inka besaßen Edelmetalle keinerlei pekuniären Wert (Geld war übrigens unbekannt, es gab nur Tauschhandel), es diente lediglich Kunst- und sakralen Zwecken, und so gaben sie den Spaniern Gold als Begrüßungsgeschenk. Das war der Anfang, inwieweit die Sache später eskalierte, gehört nicht hierher. Gesagt sei dennoch: Unstreitig fanden im Laufe der Jahrzehnte von Eroberung und Bewirtschaftung Greueltaten statt, doch darf man bei deren Nennung und Bewertung nicht einseitig betrachten. „Die bösen Spanier“ trifft den Kern der Sache ebensowenig wie „Die guten Indianer“. Beidseitiges Betrachten der Medaille ist erforderlich. Doch damit genug.

Die zeitgeistig teils eskalierenden Methoden der wirtschaftlichen Nutzung der neuen Länder schlossen die entsetzliche Sklaverei mit ein. Cristóval Colón wurde auf seiner ersten Reise von einem Dominikaner-Bischof begleitet: Bartolomé de las Casas. Dieser machte sich zum Fürsprecher der indianischen Ethnien, regte schlußendlich an, die den schweren Arbeiten nicht gewachsenen Indianer durch Schwarzafrikaner zu ersetzen - im besten Willen, die Indianer zu schützen, initiierte er den Import eben schwarzafrikanischer Menschen und gilt daher (fälschlich) als „Vater der Sklaverei in Südamerika“.
Die Afrikaner, teils uralten Kulturen entstammend, brachten das Wissen um Funktion und Bau ihrer Musikinstrumente mit (als Beispiel sei die Marimba genannt) - und natürlich ihre Lieder und Melodien, die im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte sich mit den indianischen vermischten, sich gegenseitig inspirierten: Synkretismus.
Es entstand die Mischkultur der Kreolen (indianisch/afrikanisch), was wiederum ganz eigene Musikformen im Gefolge hatte. Dies ist neuerlich nur ein Beispiel, denn Südamerika - gemeint sind Ecuador, Perú und Bolivien im speziellen - wurde zum vielzitierten Schmelztiegel zahlreicher Ethnien, Völker und Kulturen ... sogar Chinesen, die Ende des 19. Jahrhunderts der große amerikanische Eisenbahn-Bauingenieur Henry Meiggs ins Land (Perú) holte, könnten ihre Spuren hinterlassen haben, was aber wiederum nicht belegt ist.
Und nicht zu vergessen der logischerweise starke spanische Einfluß: Aus Spanien kamen die Streich- und Zupfinstrumente, die Blechblasinstrumente sowie die Musikformen, die großzahlig arabisch/maurischen sowie persisch/farsischen Ursprungs waren. Die beliebtesten Zupfinstrumente Südamerikas, Gitarre (Guitarra) und Charango, brachten die Spanier mit (in Sachen Flöten konnte man zumindest den Indianern nicht Neues bieten). Der Charango seinerseits entstand aus der von den Spaniern in Land gebrachten Vihuela, einer sog. Kurzhalslautengitarre, sie sieht ungefähr aus wie eine „Minigitarre“. In Südamerika erfuhr dieses Instrument eine dreifache Wandlung: 1) Es entstand der „Quatro“ mit vier einfachen Saiten bespannt, 2) der „Charango de Madera“ mit Holzkorpus und vier Doppelsaiten, 3) der „Charango de Quirquincho“ mit Korpus aus einem Gürteltierpanzer und ebenfalls vier Doppelsaiten. Als seltene Sonderform sei noch der „Charengo“ genannt, eine bolivianische Kürbislaute mit fünf Doppelsaiten. Dann muß noch die „Arpa“ erwähnt werden: Die Arpa (spanisch für „Harfe“) existiert heute in zahlreichen Bauformen, die von Venezuela über Ecuador und Perú bis nach Paraguay gespielt wird. In der Regel besteht die Arpa (zumindest habe ich sie in Ayacucho [Perú] selbst so gesehen und aufgenommen) aus einem Resonanzkörper etwa in Form und Größe einer kleinen Badewanne, aus dem eine „liegende halbe Harfe“ emporwächst, die von unten nach oben gespielt wird (die Saiten liegen horizontal, aufsteigend).
Weitere Instrumente werde ich im nächsten Teil beschreiben.

Um das Thema „musikalischer Synkretismus“ zu beschließen, komme ich auf die schon erwähnten Polynesier zurück. Im 19. Jh. wurde die Südseeinsel Tokelau von einem peruanischen (!) Sklavenschiff heimgesucht und bis auf 80 Verbliebene entvölkert. Wohin man die bedauernswerten Menschen verfrachtet hat, konnte ich nicht eruieren. Denkbar und naheliegend aber ist, daß Perú und/oder Bolivien das Ziel war. Besonders Bolivien kommt in Betracht, weil bei Potosí enorm reiche Silbervorkommen abgebaut wurden („Silberberg von Potosí“) und billige Arbeitskräfte beständig gesucht waren... Ob, und wenn ja, wieviele Überlebende ihren Bestimmungsort erreichten, weiß man nicht, und es erscheint unwahrscheinlich, daß die Polynesier, so sie eben irgendwo in Südamerika ankamen, in der Lage waren, ihre reiche Musikkultur weiterzuführen...

Soweit die viel zu kurze und zu viele Einzelheiten notwendigerweise übergehende Einleitung in die südamerikanische Musik. Ich hoffe, dennoch ein wenig Interesse geweckt zu haben, den folgenden „Kapiteln“ Lesezeit zu widmen. Im zweiten Teil werde ich die Instrumente vorstellen, die heute in der synkretisierten Musik erklingen und auch einige mythologisch basierte Besonderheiten nennen.

Gruß: Winfried
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Michael
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Beitrag von Michael »

Hallo Winfried,

das ist ja eine ganz tolle Hintergrundinformation über die Südamerikanische Musik, geprägt von größter Sachkenntnis und wunderbar spannend geschrieben, da freue ich mich schon sehr auf die Fortsetzung!

Auch deine Vorstellung und Hintergrundinfos über Alte Musik waren toll!

Deine Sachkenntnis erinnert mich an Holger (Dr. Holger Kaletha aus Bielefeld), der ebenfalls von profunder Sach-/Musikkenntniss geprägte Musikempfehlungen hier im Forum veröffentlicht hat - sie sind sicherlich auch für dich sehr lesenswert.

Leider haben wir schon lange nichts mehr von Holger gehört, sehr, sehr schade.

Aber du machst bitte weiter, wir freuen uns drauf!

Schöne Grüße aus Bonn, vermutlich von "gleich um die Ecke".

Michael (ebenfalls aus 53125 Bonn)
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Winfried Dunkel
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Beitrag von Winfried Dunkel »

Hallo Michael,

danke für die Blumen! Diese Musik liegt mir halt ganz besonders am Herzen und daher macht es viel Freude, darüber zu schreiben. Die Fortsetzung ist in Arbeit, weil's aber streckenweise etwas "puselig" ist, kann es noch ein paar Tage dauern, bis ich Teil 2 hier einstellen kann.

Auch 53125 Bonn - ich sag's doch: Die Welt ist ein Dorf!

Gruß: Winfried
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Winfried Dunkel
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Beitrag von Winfried Dunkel »

Hallo,

hier nun der zweite Teil zum Thema. Es hat etwas länger gedauert, weil eine Menge Fakten in möglichst knapper Form darzustellen war.


Die Musik von Südamerika

Teil 2: Instrumente

Im ersten Teil habe ich bereits einige Musikinstrumente genannt. Nachstehend möchte ich die wichtigsten weiteren aufführen, die wir auf den zahlreichen LPs und CDs hören können, aber auch - weil’s wirklich interessant ist - auf einige Sonderformen eingehen. Beginnen wir logischerweise mit den autochthonen Instrumenten, die ich in der Reihenfolge aufliste, wie sie mir intuitiv in den Sinn kommen; dabei dürfte sich automatisch eine Abfolge ergeben, welche die Häufigkeit des Erscheinens auf Tonträgern impliziert. Als Ausnahme ist das nachstehend erstgenannte Instrument zu betrachten, es spielt im Leben der Landbevölkerung im Andenhochland noch heute eine wichtige Rolle.
Hinsichtlich der Schreibweise der Instrumente finden wir auf/in etlichen Covern/Booklets teils babyloneske Sprachverwirrungen: Munter werden spanische und Quechua-Schreibweisen vermischt, was für Verständnis und Wiedererkennung nicht gerade hilfreich ist, weshalb ich (natürlich außer bei Instrumenten importierter Herkunft) die Quechua-Schreibung einsetze, die auch die Aussprache des jeweiligen Begriffes wesentlich deutlicher darstellt. Bei den Kurzvorstellungen der wichtigsten Instrumente bitte ich zu berücksichtigen, daß keine verbindlichen „Konstruktionsvorschriften“ bestehen, denn die Instrumente werden manuell mit einfachen Mitteln hergestellt und unterliegen damit persönlichen Variationen des jeweiligen Verfertigers. Meine Beschreibungen basieren größtenteils auf eigenen Untersuchungen. Bildmaterial liegt leider nicht oder nur in mangelhafter Qualität vor, weshalb ich keine Illustrationen anbieten kann - diese finden sich, wie ich feststellte, jedoch u.a. bei Wikipedia (mit teils unkorrekten Beschreibungen); wegen der Urheberrechte darf ich von dort keine Abbildungen übernehmen. Die Tonträger, die ich später vorstellen werde, verfügen oftmals über entsprechende Photos oder Zeichnungen der erklingenden Instrumente - damit lassen sich die nachstehend beschriebenen im Klangbild leicht lokalisieren und erkennen, zuweilen werden erklingende Instrumente während des Musizierens angekündigt, wie z.B. „¡Esos pingullos!“ - „Das sind die pingullos!“; allerdings ist demgegenüber stets mit frappierender Kreativität der Musiker zu rechnen, die eindeutige Zuordnungen mitunter erschweren - selbst erlebt: Bei einem Live-Mitschnitt stand ein Stück mit charango in der Melodieführung auf dem Programm. Der Musiker hatte jedoch vergessen, den charango mitzubringen ... er wußte sich zu helfen, umgriff den Hals seiner Gitarre in etwa halber Höhe mit der ganzen Hand (erzeugte so die Wirkung eines Kapodasters) und spielte auf der hell und reduziert klingenden Gitarre den charango-Part... Leider saß ich mit meinem Aufnahmegerät zu weit entfernt, als daß ich hätte sehen können, wie er es schaffte, dennoch die gehörten Melodien zu spielen. Und außerdem, das sei gestanden, war ich mit der seinerzeit (1988) brandneuen digitalen DAT-Technik ausgelastet...

Die Musik des Andenhochlandes ist pentatonisch (Fünftonreihe), daher sind die Instrumente entsprechend gestimmt (es gibt Ausnahmen). Ob die Pentatonik - in Verbindung mit zahlreichen ungewöhnlichen Rhythmen - einen Teil der akustischen Faszination erzeugt, kann ich nur vermuten. Zu den wichtigsten Musikformen später mehr.

1) Blasinstrumente

waqra puku (Muschelhorn)
Dient noch heute ländlicher ritueller Musik, z.B. Rufung des Regens, rituelle Untermalung bei bestimmten festlichen Veranstaltungen.

kena
Das wohl bekannteste Instrument: Aufschnittlose Flöte aus Schilf- oder Bambusrohr, wird in vielen unterschiedlichen Größen gefertigt und teils hübsch verziert. Es gibt kena* in der Größe einer „halben Blockflöte“ bis hin zu solchen mit Abmessungen etwa einer Altblockflöte. Die Bezeichnung für große Varianten lautet „kena kena“ oder „hatun kena“ (Verdoppelung des Begriffes bezeichnet im Quechua „vielzahlig“ bzw. in übertragenem Sinne „groß“; „hatun“ bedeutet „groß“). Die kena klingt, je nach Größe und Spielweise, angenehm und kann zu hohen Lautstärken gebracht werden, wobei es möglich ist, sie bis zu „ätzend“-scharfen Höhen zu treiben. Stets aber wirkt sie „führend“, läßt sich jederzeit heraushören.

pingullu (auch: pingullo)
Ecuatoriansche Varietät der kena, klingt zumeist etwas weicher als diese.

siku (span.: zampoña)
Ein panflötenartiges Instrument, über das man eine Doktorarbeit schreiben könnte, so vielgestaltig und mythologisch verwurzelt ist es. In Kürze: Die siku wird in zahlreichen unterschiedlichen Größen angefertigt, von etwa 30 cm maximaler Rohr- oder Pfeifenlänge bis hin zu rund einem Meter messenden Typen. Alle aber weisen folgende „Regelkonstruktion“ auf: Die oben über die Kanten angeblasenen Pfeifen sind teilweise gedackt (= unten verschlossen) und in zwei voreinanderliegenden Reihen angeordnet, wobei von rechts nach links die Pfeifenlängen stufenweise kürzer geraten. Man unterscheidet die Varianten „ira“ (6 + 6 Rohre) und „arka“ (7 + 7 Rohre). Die ira gilt als weiblich, die arka als männlich. Beide siku dürfen aus mythologischen Gründen keinesfalls gleichzeitig erklingen - und praktisch alle Musikgruppen halten sich daran. Weil jedoch häufig beide Bauformen in ein Musikstück eingebunden sind und die siku gerne links bzw. rechts außen postiert werden, ergibt sich beim Hören das, was man „Ping-Pong-Effekt“ nennt. Unvorbereitete Hörer monieren in diesen Fällen, der Tonmeister habe Spielereien veranstaltet. Hat er nicht, das ist vorbildgetreue Aufnahme und Wiedergabe! Der Klang der siku ist „rauchig“, sie bildet keinen „blühenden Ton“ wie etwa die kena, doch eignet ihr wohl gerade deshalb ein ganz eigener „exotischer“ Reiz. Die großen Varietäten der siku, „hatun siku“ oder „siku siku“ genannt (ohne Diversifizierung der realen Größe), können ein fürwahr gewaltiges Schallvolumen entwickeln; ist die Aufnahme entsprechend, erreicht die hatun siku bei der Wiedergabe enorme Autorität. Die hatun siku werden zuweilen chorisch, wechselweise in ira- und arka-Gruppen, bei rein instrumentalen Stücken zur Totenklage gespielt, die in der Quechua-Sprache „ayarachi“ heißen, und sorgen in diesen Fällen für solide Gänsehaut, besonders, wenn zusätzlich nach jeweils einer bestimmten Abfolge von Takten, das waqra puku seinen schauerlich klagenden Ton dazugibt...

rondador
Panflötenartiges Instrument mit einreihiger Pfeifenanordnung, klanglich der europäischen Panflöte ähnlich. Die Pfeifenlänge steigt von kurz nach lang, allerdings mit unregelmäßigen Maßen; das Instrument verfügt normalerweise über 31 Pfeifen.

tarka
Eine aus Holz gefertigte, meist mit kunstvollen Schnitzereien verzierte Kernspaltflöte, deren Klang weich und ausdrucksvoll daherkommt und an unsere Altblockflöte erinnert. Der Korpus ist wechselweise halbrund und vierkantig ausgeführt und weist ein recht beträchtliches Gewicht auf. Auch die tarka existiert in unterschiedlichen Größen. Ich habe damals als Souvenier ein Exemplar von 49 cm Länge mitgebracht - die Schnitzerei zeigt das Gesicht eines Indianers, der die siku spielt.

* Der Plural von „kena“ lautet im Quechua „kenakuna“ (-kuna ist das Pluralsuffix). Im Deutschen steht dagegen auch im Plural die Form „kena“ (gilt beispielhaft für alle Begriffe). Die oft anzutreffende Pluralschreibung „kenas“ ist ebenso falsch wie „Inkas“.

In Bolivien besteht eine große und langjährige Tradition des Flötenbaus, wobei der Begriff „Flöte“ nicht recht passend scheint, alldieweil teilweise Instrumente gefertigt werden, die bisweilen beträchtliche bis enorme Abmessungen aufweisen (hierzu liegen keine eigenen Beobachtungen und Untersuchungen vor, ich beziehe mich daher auf Fachliteratur):

lichiwayu
Eine Art „kena“ von etwa anderthalbfacher Armlänge und einer Dicke, die man mit der Hand gerade umfassen kann.

charkas
Eine beim Spielen senkrecht gehaltene „Monsterflöte“, auf deren Rückseite das dem Musiker zugewandte Mundstück angebracht ist. Die charkas ist ungefähr mannshoch.

hatun tukuna
Ungefähr von Länge und Umfang der charkas, besitzt die hatun tukuna ein Blasrohr in der Art unseres Fagotts und wird mit seitlich gelegtem Kopf gespielt, um die Grifflöcher überhaupt erreichen zu können.

flauta
Diese etwa ein Meter lange Flöte ist leicht gebogen, ihr Korpus unregelmäßig zwischen dicker und dünner schwankend.

lakita
Eine Variante der siku mit drei, vier oder mehr Rohren.

Soweit die Kurzübersicht zu diversen Flötenbauarten im Andenhochland, die man als „autochthones Instrumentarium“ bezeichnen darf. Das bedeutet: Diese Instrumente stammen aus dem Andenhochland und unterliegen keinen oder nur minimalen außerandinen Einflüssen. Anzumerken wäre noch, daß - und diese Tradition wird heute noch in Bolivien sehr gepflegt - in ländlichen Gemeinden die „Indigena-Musik“ vorherrscht. Das bedeutet: Instrumente werden in aller Regel nicht gemischt, man spielt Zupf-, Streich- und Blasinsinstrumente niemals gemeinsam, teilweise erklingen auch lediglich Gruppen chorisch gespielter Flöten einer Bauartfamilie, allenfalls rhythmisch begleitet von diversen Schlaginstrumenten. Dies meinte ich eingangs mit autochthon-indianischer Musik, welche sich für unsere Ohren als recht sperrig bis eintönig erweist, gleichwohl, um einmal „poetisch“ zu werden, den Atem der Geschichte vermittelt. Die „entwickelt-indianische“ Musik öffnet sich äußeren Einflüssen, indem sie außerandine Elemente synkretisiert und damit für unser Klangempfinden deutlich melodischer und „schöner“ gerät. In der Summe finden wir auf den meisten Veröffentlichungen Musik, welche alle in Südamerika gegebenen Formen und Stile enthält und dadurch oftmals zu echten Klanggenüssen führt, über die ich noch berichten werde.
In den Städten des peruanischen Andenhochlandes besteht zudem die musikalische Kultur der „bandas“. Der Begriff kennzeichnet Gruppen, die ausschließlich Blechblasinstrumente wie Trompete, Posaune, Fanfare etc. spielen und anläßlich diverser Festlichkeiten auftreten. Eine solche banda erlebte ich live bei einer Hochzeit in der peruanischen Hochlandstadt Huancayo ... es war laut und teilweise „schräg“. Mit Blechbläsern assoziiert man üblicherweise mexikanische Musik - frage mich bitte niemand, auf welche Weise dies nach Perú kam...

Musik benötigt Rhythmen, folglich finden wir auch in Südamerika entsprechende Instrumente. Es existieren zahlreiche Formen, die sowohl mit den bei uns üblichen vergleichbar sind, als auch völlig eigenständige Kreationen. Sicher fanden im Laufe der Jahrhunderte auch hinsichtlich dieser Instrumente Übernahmen bzw. Beeinflussungen außerandiner Bauformen statt, dennoch lassen sich autochthone Instrumente auffinden.

2) Schlag- und Rhythmusinstrumente

wankara
Eine doppelfellige Röhrentrommel, die praktisch bei jedem Musikstück den Takt angibt. Sie ist etwa so groß wie eine Landsknecht- oder Schnurtrommel. Die Besonderheit stellt das Fell dar, an dem die Haare belassen werden, was den typischen trocken-bedämpften Klang hervorruft.

tinya
Kleine, tambourinartige Trommel (ohne Schellen).

bombo
Große (Länge ca. 1 m), sehr schallenergetische Trommel; wird gerne im Hintergrund positioniert und gibt dem Klangbild wahrhaft Autorität. Der Name des Instruments scheint onomatopoetischen Ursprungs, jedenfalls ließe sich ihr Klang mit diesem Wort beschreiben.

bombo legüero
Größer als der bombo, diente diese Variante möglicherweise auch als Nachrichtenübermittlungs-Instrument. Die enormen und tieftönigen Impulse stellen Aufnahme- und Wiedergabetechnik vor eine echte Aufgabe... Der Zusatz „legüero“ soll besagen, daß der Schall eine Legua weit zu hören ist. Dies dürfte aber ins Reich der Erzählungen gehören, denn die Legua ist eine geländeabhängige Wegstunde und definiert ca. 500 m bis ca. 4,5 km. Die akustische Überbrückung einer Distanz von 500 m mag ja noch angehen, doch viereinhalb Kilometer...? Das /ü/ wird wie /u/ gesprochen; die Triame weist im Spanischen darauf hin, daß der Vokal mitzusprechen ist, fehlten die Pünktchen, würde der Spanier „legero“ sagen.

cajón
Diese Trommel darf man als Unikum bezeichnen: Sie besteht aus Holz, besitzt ein würfelförmiges Hohlgehäuse mit einem Schalloch und hat die Größe etwa eines bequemen Hockers - und so wird sie auch gespielt: Der Musiker sitzt auf dem Instrument und schlägt mit den flachen Händen (bzw. teils variierend Ballen, Knöchel) auf die vorne unter ihm befindliche Wand des Würfels. Die cajón ist sehr impulsschnell und selbst in lauten Tutti-Passagen stets akustisch präsent.

bongo und Artverwandte
Es existieren weitere zahlreiche Trommeln wie der genannte bongo, sie aufzuzählen wäre müßig, da nicht nur regionale Unterschiede bestehen, sondern zudem Musikgruppen mitunter spezielle Formen verwenden. Das wird vollends verwirrend, wenn (erlebt und aufgenommen!) eine peruanische Formation venezolanische Weisen spielt und gewissermaßen live vorführt, was man unter Synkretismus zu verstehen hat...

chakchas
Dies ist ein absolut typisches andines Rhythmusinstrument und gehört zum autochthonen Bereich. Die chakchas besteht aus bis zu 100 Ziegen- oder Schweinehufen, die an etwa dreiviertel Meter langen Schnüren befestigt sind. Der Musiker hält die oben verbundenen Schnüre hoch und schüttelt das Hufesammelsurium in vertikaler Richtung, wodurch ein helles, raschelndes Geräusch entsteht, das leise, doch unüberhörbar die Melodien akzentuiert.

reco-reco
Zwei geraffelte Holzstäbchen, die im Takt geschlagen und übereinandergestrichen werden, wobei helle, deutlich akzentuierte Impulse entstehen, die sich reizvoll ins Klanggeschehen integrieren.

Streich- und Zupfinstrumente stammen in ihrer Grundform sämtlich aus Europa (siehe z.B. charango) und erfordern daher keine detaillierte Betrachtung; die in Südamerika entstandenen Veränderungen sind akustisch und optisch auffallend genug. Zu arpa und marimba habe ich bereits einige Worte geschrieben, die ich ggf. im Rahmen von Tonträgervorstellungen ergänzen werde.
Bisher war nur von Ecuador, Perú und Bolivien die Rede; mit Kolumbien habe ich mich bislang nicht beschäftigt. Venezuela besitzt eine eigenständige, karibisch beeinflußte Musikkultur, deren Melodien „ohrwurmig“ sind und auf wunderbar klingenden Instrumenten gespielt werden - auch hier einiges mehr, wenn Tonträger vorgestellt werden. In Argentinien und Chile finden wir ebenfalls autochthone Klänge, doch stammen aus diesen beiden Ländern die wohl größten und berühmtesten Musiker des Kontinents, welche das große musikalische Potential nicht nur auschöpf(t)en, vielmehr beständig weiterentwickeln. Auch dies wollen wir im Rahmen der Tonträgerempfehlungen näher anschauen.

Besetzungen
Die „klassische“ urbane Besetzung besteht aus vier bis sechs (zuweilen auch mehr) Musikern mit den Instrumenten kena, siku, guitarra, charango, wankara und chakchas; gesungene Parts übernimmt (selten) ein separater Sänger, meist jedoch besorgen Charango- und/oder Gitarrenspieler das Singen. Es gibt zahlreiche wirkliche Künstler unter den andinen Musikern. Ich habe im Juni 1983 in Cuzco (Perú) selbst erlebt (und aufgenommen), wie der kena-Spieler passagenweise gleichzeitig mit den chakchas den Rhythmus unterstützte.
Wie schon gesagt, sind die Musiker sehr kreativ und spielen tradierte Melodien, die an und für sich eben für gleichfalls tradiertes Instrumentarium gedacht sind, zuweilen auch auf völlig neue Weise. Im Juni 1983 zeichnete ich in Huancayo die Darbietung der Gruppe „Los Signos del Perú“ auf - und war zunächst enttäuscht, traten die Männer doch mit Violine, zwei Gitarren und Akkordeon an! Und mit dieser völlig untypischen Instrumentierung spielten und sangen sie u.a. alte Weisen der Anden. Erst später erkannte ich den Wert dieser Aufnahme.
Die kena wird aus Bambus- oder Schilfrohr gefertigt, schrieb ich weiter oben. Nun, man muß in Südamerika mit allem rechnen: In Ayacucho fand eine Tonaufnahme mit der Gruppe „Centro Artístico Ayacucho“ statt. Das achtköpfige Ensemble musizierte mit einer Violine, Gitarren, charango und weiteren Zupfinstrumenten aus der Familie der Mandolinen und Banjos (mit gewissen Modifikationen) ... der „Gag“ war die melodieführende kena - ein Aluminiumrohr (!) mit dem dennoch näherungsweise typischen Klang.
Meine Schlußfolgerung kann daher nur lauten: Verallgemeinern sollte man in Sachen südamerikanische Musik tunlichst nicht, denn es gibt immer Ausnahmen, die für Erstaunen sorgen. Es sei nochmals ausdrücklich betont, daß ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann und will - mein Anliegen ist lediglich, einiges Grundverständnis zu vermitteln.
Und ehe ich’s vergesse: Die Kleinschreibung der Instrumentenbezeichnungen folgt den grammatischen Regeln des Quechua, wo außer Eigen- und Ortsnamen sowie Titeln alle Wörter in Kleinschrift stehen; dies gilt auch für das Spanische, in dem allerdings zudem auch Anreden mit großem Anfangsbuchstaben versehen werden.

Im Teil 3 werde ich einige Begebenheiten bei meinen seinerzeitigen Live-Aufnahmen vor Ort erzählen, die der Selbstironie ebenso Raum geben wie sie weitere Erkenntnisse im Umgang mit der südamerikanischen Musik vermitteln. Und die ersten Tonträger sollen genannt werden.

Gruß: Winfried
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Michael
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Beitrag von Michael »

Hallo Winfried,

eu tiro meu chapel, tantas informacoes. Foi muito interessante!
Voce tambem tem inform. sobre musica brasileira??

Ate mais e muito obrigado!

Michael (aus Bonn)
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Winfried Dunkel
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Beitrag von Winfried Dunkel »

rimaykullayki taytay Miguel,

achachallawya Brasiliapa takinkunamanta manatam yachanichu... So, das war die "Rache" auf Quechua für Deine portugiesischen Zeilen (grins). Soll heißen: Leider weiß ich so gut wie nichts über die brasilianische Musik. Das hat "lerntechnische" Gründe, ich muß immer historische, kulturelle und sonstige Hintergründe "mitnehmen", sonst wird's nichts. Durch meine Beschäftigung mit Geschichte, Kultur und Politik der Inka, Völkerkundliches also, kam ich zur Musik der Länder des ehemaligen Reiches - und weil ich sie vor Ort aufzeichnen wollte, bin ich ans Quechua geraten, das sich später dann irgendwie verselbständigte. Dadurch liegt mein musikalischer Schwerpunkt in Ecuador, Perú, Bolivien, Argentinien und Chile - Länder, die (das heutige Argentinien und Chile partiell) zum Inka-Reich zählten. Hört sich etwas verschroben an, ist aber so ... "Strickmuster des Gehirns"...
Venezuelas Musik gefällt mir sehr gut, doch darf ich mir nicht anmaßen, Analysen zu versuchen; ich kenne einige Formen und Instrumente, das war's dann aber auch schon. Gilt auch für Paraguay und Uruguay. Das Gebiet ist derart vielgestaltig, daß eine Begrenzung einfach unumgänglich ist, denke ich jedenfalls. Hinzu kommt, daß ein Ethnomusikologe mir mal sagte, man solle nur über Dinge schreiben, die man selbst gesehen und untersucht hat. Da halte ich mich dran.
Brasilien - ein faszinierendes Land ... nur sehe ich auch angesichts meines Alters (bin Jahrgang 1948) keine Chance mehr, es so zu verstehen (besonders durch Reisen) wie Perú "und Umgebung". Wäre die Musik Brasiliens nicht ein Thema für Dich? Wenn du schon die Sprache beherrschst...

Beste Grüße: Winfried
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seth
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Beitrag von seth »

Ich habe selber 7 Jahre in Perú gelebt, kenne aber lateinamerikanische Musik seit ich denken kann.
Mein Urgrossvater arbeitete um die Jahrhundertwende zunächst in Kuba als Zuckerrohrarbeiter und später in Argentinien als Gaucho. Leider vernichtetet die Weltwirtschaftskrise sein Erspartes (es traf ihn auf der Schiffsrückfahrt nach Spanien). Viele entschieden sich gleich in der Verzweiflung über Bord zu springen. Er tat es erfreulicherweise nicht und brachte viele Erfahrungen und Lieder aus dem neuen Kontinent. In meiner Sammlung tummelen sich natürlich diverse Preziosen, die ich jedem ans Herz legen kann: Inti Illimani, Yma Sumac, Lila Downs, Atahualpa Yupanqui, José Larralde, Los Chalchaleros, Mercedes Sosa und vieles mehr.

Und gerade über Aktivlautsprecher klingen sie unglaublich gut :D .
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Winfried Dunkel
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Beitrag von Winfried Dunkel »

Hallo "seth",

großartig - auf die genannten Interpreten werde ich noch zu sprechen kommen! Besonders Inti Illimani und Mercedes Sosa, die leider kürzlich verstorben ist, verehre ich sehr.

Und die phantastischen Aufnahmen z.B. des Labels "pläne" mit Inti Illimani (und z.B. Quilapayun) kommen über Aktivmonitore in der Tat großartig rüber!

Gruß: Winfried
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seth
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Beitrag von seth »

Susana Baca habe ich vergessen, die einmal bei mir zu Hause bei einem Empfang war; wunderschöne Stimme. Neben der Musik Lateinamerikas schätze ich auch sehr die oftmals sehr tiefgründigen, poetischen und philosophischen Texte diverser Interpreten. Dagegen ist Timberlake und Co. schon sehr infantil :? .

Gruss, Carlos
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Höhlenmaler
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Beitrag von Höhlenmaler »

hallo

Zur Musik aus Südamerika möchte ich unbedingt den brasilianischen Musiker
Tom Zé hinzufügen.
Mit den Instrumenten die Winfried hier vorstellt, hatte ich beim Eintrag einer Platte, Incantation - Cacharpaya (Panpipes Of The Andes), bei Discogs zunächst dewegen Probleme, weil die Instrumente dort nicht alle in der sogenannten Credit Role verfügbar waren. Die musste ich dann hinter Einträgen in eckigen Klammern hinzufügen. Besser als Incantation gefällt mir Rupay, deren Musiker ich allerdings nicht ihren Instrumenten zuordnen kann, weil dazu nix auf dem Cover zu lesen ist. Rupay ist wohl auch eine echte authentische Kapelle aus den Anden, hingegen Incantation, da bin ich mir nicht sicher, die scheinen in London zu leben.
Gut gefällt mir auch der Gitarrist Segundo Bautista aus Ecuador. Zu dem oder seiner Musik finde ich nur spanische Texte Internet, dier ich nicht verstehe. Die Platte von ihm, Junto A Mi Guitarra Vol.2 habe ich noch nicht bei Discogs eingetragen.
Besonders gerne höre ich auch eine Platte von Vinicius De Moraes aus Brasilien: En La Fusa (Mar Del Plata)
Diese Platten sind mir bis auf die von Tom Zé alle auf Flohmärkten in die Hände gefallen. Ein Doppelalbum mit Mariachi Musik aus Mexico, von Mariachi Miguel Diaz - Les Veritables Mariachis, habe ich gestern bei Discogs eingetragen. Auch hier fehlen alle Angaben zu den Musikern auf dem Cover.

Gruß Ingo
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Winfried Dunkel
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Beitrag von Winfried Dunkel »

seth hat geschrieben:Susana Baca habe ich vergessen, die einmal bei mir zu Hause bei einem Empfang war; wunderschöne Stimme. Neben der Musik Lateinamerikas schätze ich auch sehr die oftmals sehr tiefgründigen, poetischen und philosophischen Texte diverser Interpreten. Dagegen ist Timberlake und Co. schon sehr infantil :? .

Gruss, Carlos
Hallo Carlos,

Susana Baca - sie war bei Dir persönlich zu Besuch... Nochmals: Die Welt ist ein Dorf. Im Jahre 1986 habe ich im Auftrag des peruanischen Fremdenverkehrsamtes (damals ansässig am Roßmarkt in Frankfurt/Main) eine Tonaufnahme mit Susana Baca gemacht, im Schloßtheater zu Moers, in "staubtrockener" Akustik. Es war die rundum schönste Aufnahme meiner "Laufbahn", nicht technisch gesehen (das lief mit einfacher Reportagetechnik: Uher Report Monitor, 2x beyerdynamic M 201 N), sondern wegen der wunderbaren Atmosphäre, die diese hinreißende Künstlerin, diese wunderschöne zimtfarbene Kreolin, entstehen ließ. Völlig unkompliziert, einfach nur Mensch. Die Aufnahme erschien auf Kassette; sie hat bei mir nach wie vor einen Ehrenplatz, weil sich halt nur gute Erinnerungen mit ihr verbinden - und deshalb liegen hier zwei DAT-Kopien des Masterbandes, die ich, jetzt inspiriert, noch heute mal wieder anhören werde...

Gruß: Winfried
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Winfried Dunkel
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Beitrag von Winfried Dunkel »

Hallo,

eigentlich hatte ich vor, zunächst noch einiges zum musikalischen Umfeld zu schreiben. Angesichts des großen Interesses scheint es mir jedoch sinnvoller, zunächst ganz konkret eine Anzahl von Tonträgern vorzustellen - dann kann ein Meinungs- und Informationsaustausch mit realen Bezugnahmen laufen. Ich mache mich sofort an die Arbeit!

Gruß: Winfried
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seth
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Beitrag von seth »

Susana Baca ist in der Tat eine tolle Frau, sehr elegant und sehr bescheiden. Keine Attitüden wie die heutigen "Superstars", deren dürftige Stimme meist durch eine Überdosis Dekolleté kompensiert wird. Nach dem Empfang (ich war damals Geschäftsführer eines deutschen Unternehmens) habe ich sie auch öfters im Supermarkt in Miraflores beim Einkaufen getroffen. Müsste auch irgendwo noch Fotos haben.
Ansonsten freu ich mich natürlich sehr auf Winfrieds nächste Beiträge. Gruss, Carlos
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Winfried Dunkel
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Beitrag von Winfried Dunkel »

Hallo,

um lange Wartezeiten zu vermeiden (das Auflisten von Tonträgern mit Bestellnummer und Kurzbeschreibung ist recht "puselig" und damit zeitaufwendig), habe ich in den Dateien meines PCs gestöbert und die nachstehenden Empfehlungen gefunden. Diese hatte ich vor etwa einem Jahr bei einem anderen Forum als Musiktips eingestellt - ich bitte mir nachzusehen, daß ich hier nun eine "Zweitverwertung" vornehme. Die Texte sind, soweit erforderlich, überarbeitet und aktualisiert. Und Neues kommt selbstverständlich sukzessive hinzu - versprochen!

Die Musik von Südamerika

Teil 3a: Tonträger

Die nachfolgend genannten Tonträger möchte ich diesmal nicht rigide nach LP/CD sortieren, sondern, damit diejenigen, die keinen Plattenspieler betreiben, nicht unnötig warten müssen, sie in bunter Reihung auflisten.
Alle hier vorgestellten Langspielplatten wird man „ergoogeln“, auf Plattenbörsen und in Second-Hand-Shops suchen müssen; mitunter mühselig und zeitraubend, doch es lohnt sich! Gleiches gilt für die CDs, doch da sie neueren Datums sind, dürfte es u.U. leichter sein, sie zu erhalten; bei „Amazon“ z.B. habe ich diverse CDs gefunden, die ich empfehlen werde.

Mercedes Sosa: „Todavía Cantamos!“
(CD) Tropical Music 680.919
Mercedes Sosa starb in diesem Jahr. Mit großer Bestürzung reagierte ich auf diese Nachricht ... „la voz“, „die Stimme“, ist für immer verstummt. Doch ihre Schallplatten und CDs bleiben uns. Mercedes Sosa, geboren in Tucumán (Argentinien), dürfte die wohl stimmgewaltigste Sängerin Südamerikas gewesen sein - selbst weltweit gibt es sicherlich (wenn überhaupt) nur ganz wenige, die an sie heranreichen. Die Stimmlage läßt sich nicht so ohne weiteres festlegen, da Mercedes Sosa in den tiefsten Altlagen gleichermaßen traumhaft sicher agierte wie im Mezzo- und Sopranbereich. Auffallend die Leichtigkeit und Souveränität, mit der sie selbst heikelste Passagen meisterte, stets mit hörbaren Reserven. Gleich, ob ein lauter Ton lange gehalten werden muß und anschießend rasche Taktfolgen zu bewältigen sind: die Sosa beherrschte ihre Kunst wie kaum eine andere, kommt immer locker und ohne jede Anstrengung rüber: von leise angehauchten Tönen bis hin zu dynamischer Eruption. Auf „Todavía Cantamos“ brilliert die große Sängerin, begleitet von erstklassigen Musikern und sehr guter Tontechnik (Polygram Argentina), vorwiegend mit komponierten Werken, deren meiste politische Hintergründe bzw. Thematik besitzen. Titel 5 („Siembra“, „Saat“) versteht jeder, der ein paar spanische Vokabeln kennt ... und das packt zu! Selbst beim zigsten Hören überläuft mich jedesmal eine Gänsehaut, wenn Mercedes mit kraftvoller Stimme, voller Energie singt ... singt? ... nein: eine flammende Anklage gegen die damalige Militär-Junta erhebt, nicht plakativ wie hierzulande üblich, sondern poetisch, umschreibend - und genau das trifft den Nerv:

„Meine Gitarre, mein Freund,
Spricht die Sprache des Wassers und der Steine,
Der Gefängnisse, der Mitte, des Feuers und des Salzes.
Meine Gitarre
Bringt die Dämonen der Zärtlichkeit und des Sturms.
Sie ist wie ein Pferd,
Das in der Nacht den Leib aufreißt.
Sie küßt den Blitz
Und fordert die Herren über Leben und Tod heraus.
Meine Gitarre, mein Freund,
Sie ist der Pflug, der im Dunkeln
Die Zeit des Lichtes sät.
Meine Gitarre ist mein Volk, Freund.“


Mercedes Sosa ... man muß sie einfach gehört haben! Ihre gesanglichen Vorträge sind mit Worten nicht zu beschreiben - meine diversen „Workshops“ zum Thema Musik beendete ich jedesmal mit dem oben genannten Titel. Als Mercedes’ Stimme verklungen war, konnte man gewissermaßen eine Flaumfeder fallen hören, so fasziniert war das Publikum von dieser großen Sängerin... Und nun ist sie tot ... unfaßbar...

„La Marimba Indienne“
(LP) ARION 30062, Tonmeister: Claude Morel
Ein hochinteressantes und klanglich vorzügliches Kompendium südamerikanischer Musik, das auch zwei Titel aus Mexico enthält (La Rielera, La Zandunga). Der LP-Titel zeigt sich etwas verwirrend, da die Marimba kein indianisches, sondern ein schwarzafrikanisches Instrument ist. Da es jedoch erfolgreich in die mittel- und südamerikanische Kultur involviert wurde, kann man das dennoch so stehen lassen. Die Gruppe „Los Calchakis“ interpretiert furios jedweden Stil, mit genau dem richtigen Habitus: Eine Schallplatte, die man immer wieder gerne auflegt, da die melodiösen, rhythmisch-tänzerischen Weisen „Ohrwurmqualitäten“ haben. Dynamisch, weiträumig, mit allen Meriten, die Tonmeister Morel wie nur wenige andere beherrschte; eine sichere Empfehlung, nicht zuletzt, weil auch die selten zu hörende mesoamerikanische Trommel „Teponatzli“ ihr schwingend-resonierendes Klangbild einbringt. Gagreich: Die Trennrillen zwischen den Titeln sind bespielt - vor „La Rielera“ schnauft eine Dampflok, läßt einen schrillen Pfiff ertönen...

„Peuples Du Sud“ (Völker des Südens)
(LP) ARION 34740, Tonmeister: Jean-Pierre Pelissier
Ebenfalls eine musikalische Reise durch den Kontinent, besonders geeignet, den Einstieg in die Klänge Südamerikas zu finden, da diese LP nicht zuletzt unter highfidelen Gesichtspunkten Maßstäbe setzt: Spitzenpegel bis zu +5 dB (die meisten LPs liegen bei 0, bzw. +1 bis + 3dB), sagenhafte tonale und Impulszeichnung: jede Stimme, jedes Instrument kommt „near perfect“ rüber, eingefügt in weite Räumlichkeit. Das fordert natürlich seinen Tribut: Je Seite gibt’s nur rund 16 Minuten Laufzeit; die Einlauf- und Trennrillen sind auffallend knapp, offensichtlich hat man um jeden Millimeter gekämpft, um möglichst nicht zu nahe an die dynamisch problematischeren Innendurchmesser zu kommen. Vorzügliche, praktisch störfreie Pressung (ich hatte das Glück, diese LP vor Jahren neu kaufen zu können) - ein musikalisches wie tontechnisches Gustostück. Faszinierend, wie der Sänger von „Los Calchakis“, einer argentinischen Gruppe, naht- und mühelos das mexikanische „Diego Ribera“ mit dem Kippen in die Kopfstimme beherrscht, begeisternd, mit welcher Selbstverständlichkeit sämtliche Instrumente nicht nur gespielt, sondern zu virtuosen Darbietungen gebracht werden.
Das etwas arg bunte, „overstylte“ Cover sollte nicht abschrecken: Der Inhalt ist Spitzenklasse!

Joël Perri: „Sopla del viento“
(LP) EULP 1029, Vertrieb lag früher bei ARC-Music, Hamburg
Mit dieser künstlerisch, aufnahme- und preßtechnisch ausgezeichneten LP erwirbt der Interessent Werke eines höchst bemerkenswerten Musikers: Joël Perri, gebürtiger Franzose, hat die Musik Südamerikas derart verinnerlicht, daß sein Äußeres etwas Indianisches ausstrahlt. Großartiger Virtuose der er ist, beherrscht er zahlreiche der teils sehr schwer zu spielenden Instrumente jenes Kontinents. Auf dieser LP liefern sowohl er als auch Tonmeister Ingo Schütte (Lamplight Studio, Hamburg) ein Meisterstück: Perri hat im Mehrspurverfahren sämtliche erklingenden Instrumente gespielt! Mancher wird nun abwinken - und liegt damit falsch! Die Urmusikalität des Joël Perri, kongenial unterstützt von Ingo Schütte, brachte ein Endergebnis hervor, das von der von einer Gruppe simultan eingespielten Aufnahme nicht zu unterscheiden ist. Zwei Traditionals stehen Kompositionen (überwiegend von Perri selbst) gegenüber, die alle in den andinen Formen gehalten sind. Eine mehr als hörenswerte Schallplatte. Daß es sicher nicht leicht sein dürfte, sie zu finden, sei zugegeben.


Pablo Cárcamo: „Mi Chiloé“
(LP) EULP 1095
Diese 1990 bei ARC erschienene Langspielplatte bringt uns die Musik des südlichen Chile und der vorgelagerten Insel Chiloé zu Gehör: Unverkennbar südamerikanisch, dennoch irgendwie „anders“. Melodische Klänge, Komponiertes und Tradiertes, von Pablo Cárcamo (geb. 1951) ohrwurmig arrangiert. Zugegeben - dem Ganzen haftet ein bißchen Schlager-Attitüde an; muß es aber stets tiefschürfend und bedeutungsschwanger sein? Ich denke: nein. Das hier ist Musik zum Taktmitklopfen, sie macht einfach Laune. Letzteres wird durch „saugute“ Tontechnik und praktisch störfreie Pressung noch gefördert. Der LP liegen die Texte bei (spanisch), doch man muß die Worte nicht unbedingt verstehen - die Musik nimmt den Hörer bei der Hand und sagt ihm, er solle jetzt mal allen Streß vergessen und sich einfach in die Klänge hineinfallen lassen. Die frappierende Weiträumigkeit bietet in Verbindung mit der spürbaren Dynamik - besonders bei geschlossenen Augen - sehr viel Live-Anmutung. Wenn im Titel „La Isla“ (Seite 2, take 3) Meeresrauschen die Melodie untermalt, eine schreiende Möwe vorbeifliegt und die klangschönen Instrumente erklingen, bekomme ich richtig Lust, doch noch einmal nach Südamerika zu reisen...

Gruß: Winfried
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Winfried Dunkel
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Beitrag von Winfried Dunkel »

seth hat geschrieben:Susana Baca ist in der Tat eine tolle Frau, sehr elegant und sehr bescheiden. Keine Attitüden wie die heutigen "Superstars", deren dürftige Stimme meist durch eine Überdosis Dekolleté kompensiert wird. Nach dem Empfang (ich war damals Geschäftsführer eines deutschen Unternehmens) habe ich sie auch öfters im Supermarkt in Miraflores beim Einkaufen getroffen. Müsste auch irgendwo noch Fotos haben.
Ansonsten freu ich mich natürlich sehr auf Winfrieds nächste Beiträge. Gruss, Carlos
Hallo Carlos,

da Du in Lima gelebt hast, kennst Du vielleicht den Mann, der mir die Kontakte zu "Sonorama Radio" (Huancayo) geknüpft hat, wo ich die erste meiner Tonaufnahmen in Perú durchführte: Alcibiades Salazar, damals (1983) Inhaber von "Radio Barranca"? Das unter dem Stichwort "Welt ist Dorf"...

Gruß: Winfried
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