Hallo zusammen,
shakti hat geschrieben:
Mit Verblueffung wurde dann festgestellt, dass auch Lautsprecher anderer Marken mit dieser Art der Aufstellung eine groessere Hoerzone und haeufig einen besseren Klang boten. Kurzum, Anfang der 90'er war diese Aufstellung schon einmal populaer (auch Audio Physic empfahl diese Aufstellung bei einigen Modellen).
Hier einmal ein paar Grundlagen zur Lautsprecher Aufstellung im Raum, die auch auf die starke moegliche Performance der der "RXL" Aufstellung hinweist:
http://www.fl-electronic.de/live_connec ... llung.html
(@Eberhard, danke für den Link, E.J. Jordan gehört zu einem meiner "Lieblingsautoren" ... dieses Paper war mir noch nicht bekannt)
"RLX" oder "Xcross" - oder wie man es auch immer nennen mag - versucht u.a. ,
time-intensity trading zu nutzen, um den Sweetspot zu erweitern.
Im (fast) Idealfall hätte man zwei LS mit recht uniformer Richtcharaktersitik über der Frequenz, die z.B. ein Kardioid sein könnte. Man kreuzt die Hauptabstrahlachsen nun deutlich
vor dem Hörer (anstatt direkt am Hörplatz oder dahinter) und erreicht (wenn's passt) Folgendes:
Rücke ich z.B. als Hörer nach links, dann kommt der linke LS näher und der Schall des linken LS kommt früher bei mir an, die Phantomschallquellen würden nach links wandern, jedoch soll dies ausgeglichen werden, indem ich gleichzeitig in die Hauptabstrahlachse des rechten LS hineinrücke und aus dem des linken LS heraus ...
"Links früher" (Bsp.) soll also im Idealfall durch "rechts lauter" (und "links leiser") ausgeglichen werden. Das Umgekehrte würde natürlich passieren, wenn der Hörer nach rechts rückt. Die Stereohörzone würde also größer und im Idealfall würden dadurch mehr Hörer darin Platz finden.
Dieses Paper von Phillips befasst sich übrigens mit der Entwicklung von Richtcharakteristiken für Lautsprecher, die Time vs. Intensity Trading unterstützen sollen:
http://www.extra.research.philips.com/h ... aar03c.pdf
Eine weitere Eigenschaft solch stark eingewinkelter Aufstellungen wäre mit den meisten LS eine Betonung der kontralateralen (gegenüberliegende Wandseite des LS) Reflexionen gegenüber den ipsilateralen (von gleicher Wandseite des jeweiligen LS).
Die ipsilateralen Reflexionen - insbesondere wenn sie aufgrund zu geringer Wandabstände zu früh am Hörplatz eintreffen (zusätzlich evt. noch spektral unausgewogen, "nicht-diffus" und im Pegel zu hoch sind...) - können die Stereoabbildung beeinträchtigen, während die kontralateralen Reflexionen zumindest deutlich später am Hörplatz eintreffen und diesbezuglich weniger "risikobehaftet" sind.
Außerdem erzeugen die kontralateralen Reflexionen stärkere seitliche (Reflexions-) Komponenten aufgrund der seitlicheren Einfallswinkel am Hörplatz. Diese senken tendenziell den IACC Wert (Interaural Cross Correlation) im Indirektschall des Raums und sorgen damit für einen bezüglich empfundener Räumlichkeit "konstruktiveren" aber zugleich die Lokalisation "weniger störenden" Nachhall(*).
Ferner darf man auf ein ausgewogeneres Spektrum bei den kontralateralen Reflexionen hoffen, denn die kontralateralen Reflexionen werden eher vom "nahe der Achse" Frequenzgang des jeweiligen LS "angeregt" und der ist meist ausgewogener als unter größeren Winkeln außer der Achse. Natürlich spielt die Ausstattung der Wände hier eine entscheidende Rolle ...
Alles in allem sieht das zunächst so aus, als wäre "RLX" eine tolle Sache, die nur Vorteile bringt ...
Ich bringe jetzt eine persönliche Sammlung von Argumenten und Erfahrungen, die zumindest bei Hörräumen für einzelne Hörer oder kleinere Gruppen aus meiner Sicht eher dagegen spricht:
- die ipsilateralen Reflexionen sind - geeignete Qualität vorausgesetzt - ebenfalls wichtig, leiden aber bei RLX unter dem meist schlechten außer Achse Frequenzgang (für größere Winkel) vieler LS. Es entstehen oft relativ frühe, unausgewogene und meist "dumpfe" Reflexionen in üblichen Räumen, die zusätzlich durch die Übernahmefrequenzen einiger Mehrwegesysteme verfärbt sein können (typische "Aufweitung" der Abstrahlung, wenn ein kleinerer Wandler in üblichem Mehrwegesystem übernimmt ...).
Derart beschaffene ipsilaterale Reflexionen sind bei üblichen im Tiefton und im unteren Mittelton meist monopolar abstrahlenden LS schlicht und einfach "anstrengend" für den Hörer, hängen aber sehr von der Ausstattung des Raums ab.
- Bei LS mit nennenswerter Richtwirkung wird der Direktschallanteil - meist im Mittel-Hochton Bereich - für einen Hörplatz in der Mittelebene merklich abgesenkt, so daß ein eher "entferntes" oder "diffuses" Klangbild ensteht, mit für die mittleren Plätze deutlich erhöhtem Raumanteil. Auch der oberste Hochton ist bei den meisten LS im Direktschall nun nicht mehr hinreichend repräsentiert: Es fehlt dann "Glanz".
Kurzum: Die Richtcharakteristik (auch die Ausgewogenheit des Bündelungsmaßes über der Frequenz) der meisten LS gibt RLX-Aufstellung nicht wirklich her, um eine bestmögliche Wiedergabe zu erreichen.
Bei Fullrange Flächenstrahlern und anderen Fullrange-Dipolen aber u.U. auch bei Kardioiden im Tiefton kommt noch etwas hinzu, wenn keine separaten Subwoofersysteme im Raum vorhanden sind:
- im Tiefton "leben" Systeme mit Dipol-Komponente im Mittel auch von einer verminderten Anregung von Quermoden im Raum, also in Richtung der kleineren Raumdimensionen. Mit RLX (extrem starke Einwinkelung) regen diese Systeme nun u.U. vermehrt Raummoden in Querrichtung an. Dies kann z.B. bei vielen Fullrange ESL im konkreten Raum dazu führen, daß die Vorteile einer guten Impulswiedergabe im Tiefton verloren gehen, und man fast wieder eine "gewöhnliche Box" betreiben könnte, ohne allzu hohen Qualitätsverlust in der Modulationstiefe z.B. des mittleren und oberen Bassbereiches. Auch das hängt natürlich von der konkreten Situation ab: Es gibt kaum "pauschal gültige" Aussagen über die Akustik kleiner Räume ...
Insgesamt halte ich RLX für "eine gute Idee, auf die ich trotzdem gerne verzichte", wenn es um hochwertige Wiedergabe für "ausgesuchte" Hörplätze geht. Man kann aber m.E. Teilaspekte auch in andere Aufstellungsarten "mitnehmen", wie u.a. das "Ausbalancieren" ipsilateraler und kontralateraler Reflexionen im Raum.
Grüße Oliver
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(*) Auch bei den kontralateralen Reflexionen muss natürlich auf geeignete Qualität und geeignete moderate Pegel geachtet werden ebenso auf eine grundsätzliche "Ähnlichkeit" zwischen den Kanälen im Hinblick auf Spektrum und Pegel auch der kontralateralen Reflexionen. Diffuse Reflexionen sind zu bevorzugen.