Rudolf äußerte den Wunsch, ich solle doch mal einige Empfehlungen zu Alter Musik geben. Dem komme ich gerne nach und stelle Euch hier im ersten Teil zunächst einige Schallplatten vor. Diese sind zwar nur noch Second-Hand auffindbar (hoffentlich!), doch lohnt auch umfängliche Recherche. Im zweiten Teil werde ich eine Anzahl guter CDs zum musikalischen Thema auflisten.
Empfehlungen „Alte Musik“ - Teil 1 (Langspielplatten)
Alle genannten Tonträger bieten vorzügliche Aufnahmequalität.
- Chansons der Troubadours, Telefunken SAWT 9567-B / 6.41126 AW
Studio der Frühen Musik, Ltg.: Thomas Binkley
Die Troubadours, fahrende Dichter-Komponisten im Gebiet der Languedoc (11./12. Jh.), schufen Werke, die ihrer Zeit hinsichtlich Harmonik und Tonsatz weit voraus waren. Sie lassen sich in etwa mit den hiesigen Minnesängern vergleichen. Im genannten Zeitraum residierte u.a. König Alfons VIII. „El Sabio“ (der Weise) genannt, der die Musiker sehr förderte; an seinem Hofe trafen sich Musiker aus allen Gebieten Europas, was zu höchst interessanten Synergien führte. - Musik der Spielleute] , Telefunken 6.41928 AW
Studio der Frühen Musik, Ltg.: Thomas Binkley
Waren Troubadours zu Geld und Ansehen gekommen, engagierten sie Musiker, die ihre Werke vortrugen bzw. begleiteten: die Menestrels (Spielleute). Diese machten sich zuweilen selbständig und komponierten eigene Werke. Diese LP bietet dazu eine gute Übersicht. - Minnesang und Spruchdichtung, Telefunken SAWT 9487-A / 6.41208 AW
Studio der Frühen Musik, Ltg.: Thomas Binkley
Lieder und Spielmusik aus der Zeit der Minnesänger. Wunderbar interpretiert, großartig, wie das britische Ensemble die altmittelhochdeutschen Texte vorstellt. Teils humorvoll dargeboten, wie etwa „Mir hat her gerhart atze ein pfert erschossen z’Isenache ... das was gar drier thaler wert...“ - Villancicos, Harmonia Mundi France HM 1025 (Reissue)
Atrium Musicae de Madrid, Ltg.: Gregorio Paniagua
Die Villancicos, hispanische Bauernlieder, existieren seit der Zeit, da im Süden der iberischen Halbinsel maurische Kalifen herrschten. Seit dem 14. Jh. polyphon. Heute verstehen die Menschen der Region unter Villancicos nur noch Weihnachtslieder. Achtung: Hat mit unserem Weihnachtslieder-Verständnis absolut nichts gemeinsam! Maßstabsetzende Tontechnik, Aufnahme: Jean-François Pontefract. Einer mündlichen Information gemäß arbeitete Pontefract mit Schoeps-Mikrophonen und Röhrenverstärkern, (Konfiguration vermutlich ORTF - die Weiträumigkeit sowie V/H- und O/U-Ortung sprechen dafür), Rauschverminderungssystem Telcom C-4 und einer Schlumberger-Bandmaschine (lizensierter französischer Nachbau der Telefunken M 15). - Tanzmusik der Renaissance, DGA 253311
Ulsamer-Collegium
Ein vorzüglich interpretiertes und aufgenommenes Kompendium zahlreicher Musikstücke jener Zeit. - Tanzmusik des Frühbarock, DGA 2533160
Ulsamer-Collegium
Fortsetzung der o.g. LP, die formale Entwicklung der Musik wird vorzüglich dargestellt. - Tanzmusik des Hochbarock, DGA 2533172
Ulsamer-Collegium
Der Formenreichtum der Musik wächst; hier zeigen die großartigen Interpreten auch die Unterschiede zwischen volkstümlicher und höfischer Musik auf. Die Serie wurde fortgesetzt mit „Tanzmusik des Rokoko“ und „Tanzmusik des Wiener Biedermeier“. - Tanzmusik (1571-1630), DGA-Resonance 2547005
Collegium Terpsichore
Diese 1960 eingespielte LP (Tonmeister: Harald Baudis) ist eine „Zeitmaschine“. Der großartige Tonmeister versetzt den Hörer in den Aufnahmeraum (Oetker-Halle, Bielefeld). Die Aufnahme ist auf schwer beschreibbare Weise „lebendig“, „kommt real anmutend rüber“. Tolle Leistung! Und wenn ich an die Tonbandmaschinen jener Jahre denke ... Telefunken T9 ... ein „sideboardgroßes“ Teil mit Röhrenbestückung, die mittels seitlicher Türen zugänglich war... Übrigens hören wir auf dieser LP - aus 1960, wie gesagt - einen Künstler, der später in seinem Fach zu den besten zählt(e): Hans-Martin Linde, Flöte.