Da ich auch hier bereits einige Threads diesbezüglich gesehen habe, und darüber hinaus wie in den letzten Jahren aus der Hifi-Hersteller-Ecke immer mehr "audiophile LAN-Switche" neu platziert werden, wollte ich meine Erfahrung teilen.
Vorab:
Ich bin nicht der Hifi Elektrik- & Akkustikspezialist wie viele von Euch, ich komme aus der reinen IT und Netzwerkbereich, hier speziell aus dem Rechenzentrumsumfeld, Carrier, Hyperscaler (AWS, Azure, GCP), Enterprise WLAN/Outdoor Mesh und hatte/habe tagtäglich mit "Netzwerk/IPv4/v6" und viel mit Netzwerkoptimierung zu tun
Der Fokus meiner Aussagen bezieht sich auf Heimnetzwerke und Consumer-Devices!
Was brauchen wir an Bandbreite?
(SACD: 5.6 Mbps)
Bsp. TIDAL (lossless)
- Tidel mit Master (MQA/Atmos): 24 Bit/96-352kHz (je nach Aufnahme) - up to 9 Megabit pro Sekunde (Mbps)
- Tidal mit Hifi: 16-Bit/44.1 bzw. 24-Bit/44.1-96kHz (je nach Aufnahme)- up to 1.37 Megabit pro Sekunde (Mbps)
Bsp.: NAS/FLAC
- ~5 Megabit pro Sekunde (Mbps)
P.S.: Netflix
- HD (1080p): 5 Megabit pro Sekunde (Mbps)
- 4k UHD-Stream: min. 15 Megabit pro Sekunde (Mbps)
Generell:
- Im Datacenter/Carrier oder hyper-converged (Neudeutsch für Software-defined-everything) Umfeld gibt es seit Jahrzenten hochoptimierte LAN-Komponenten (aktuell 400Gbit/s aka 802.3bs - wo auch schon mal 12.8Tbps auf der Backplane transportiert werden)
- Phyische Server Netzwerkinterfaces (NIC's) kommen nur noch ganz selten zum Einsatz, da ja alles virtualisiert wird und dadurch ein "großer modularer Server" mit x-NICs zum Einsatz kommt (hier ist es gängig mit 10 oder 40Gbit/s zu arbeiten, oder direkt auf ein sog. Switchfabric geschaltet werden)
- Diese Switchfabrics haben hochoptimierte Backplane & Interface-Karten, die nur auf Netzwerktransport ausgelegt sind und gibt es auch mit Beschleuniger (FPGA's/SR-IOV), um maximalen Durchsatz (100G+ pro Interface) zu gewährleisten
- Verkabelung findet auch hier meist mit Cat 7/7a/8 statt und LWL (SM/MM) nur bei Komponenten-übergreifenden Highspeed-Links (also mehr als 10G+)
- Preislich reden wir hier von Geräten die bei 50k€ beginnen
Warum erwähne ich das? Derlei Komponenten gibt es in keinem Consumer-Device und auch nicht bei irgendwelchen "Highend Hifi LAN-Switches" für 2.000€ (gerne lasse ich mich vom Hersteller das Gegenteil erklären, aber bitte nicht mit external Netzteil & Cloacking - wir reden über IPv4 und die altbekannten Probleme aus dem OSI-Layer)!
LAN Switches
- Jeder halbwegs vernünftige Gigagabit-Switch von D-Link, TP Link, Netgear ist für den durschnittlichen Nutzer mehr als ausreichend
- Ausnahme: wer extensiv Musik von NAS-Speichern oder Server zieht, sollte schon mal überlegen einen Switch zu holen, der nicht nur Gigabit auf der Brochüre hat, sondern sich die Specs des Durchsatzes per LAN-Port ansehen (am Besten mit SFP+). Hier gibt es schon Top-Geräte für 500-800€, Bsp. HPE OfficeConnect 1850 24G 2XGT Switch!
- 10Gbit/s in einem Heimserver macht nur dan Sinn, wen Ihr VMWare ESXi oder XEN drauf laufen habt, aber sicher nicht wenn Ihr Musik streamt, egal ob HiRes oder nicht
- Wenn managed Switches nutzt, darauf achten aktuelle Firmware einzuspielen
- Früher (10+ Jahre) war es manchmal ganz hilfreich Full-Duplex einzuschalten, macht jetzt keinen Sinn mehr
- Jumbo-Frames (wen jemand der Meinung ist er braucht 10Gbit-Interface), nicht nutzen! Da nur interessant für größere Dateien und nicht FLAC/AAC/MP3-Dateien und im Consumer-Bereich nur Probleme, weil Endgerät nicht damit umgehen kann
- VLAN & QoS: wer kein IPv4-Profi ist, bringt gar nix Zuhause und wenn Ihr Skype/Teams/TV habt, auch uninteresant (außer ihr habt hunderte von Endgeräten in Eurem Home-LAN
LAN/NIC-Ports Server, NAS, Streamer ...
- Das Bottleneck ist seltenst das CAT 5+ Kabel, LAN-Switch für 50€ oder die Fritzbox!
- IPv4 (TCP/IP) bleibt und ist das Hauptproblem und nur wenn der Hersteller sich die Mühe macht in seinem OS-Kernel TCP/IP Tuning vorzunehmen und genau auf die NIC abzustimmen, dann hat man die
perfekte Netzwerk-Kette - zumindest seitens Streamer
- Am Ende ist ausschlaggebend der genutzte OS-Kernel und wie die Netzwerk-Treiber justiert sind
(NAS Server, oder Raspi's haben hier immens hohes Optmierungspotential -Streamer habe ich nie aufgeschraubt, glaube aber nicht das hier einer der Hersteller das Rad neu erfunden hat)
- Natürlich auch welcher Codec benutzt wird, am Ende ist es hier die Kombination von CPU & RAM
- Jede halbwegs vernünftige SSD wie eine Samsung Evo 860 (~150€, 1TB) ist ausreichend, da braucht man keine Enterprise-SSD holen. Warum? Frage ist immer welche SATA-Bridge verbaut wurde und in einem Streamer/NAS kommt sicher nur Standard zum Einsatz und kein Enterprise-Server-Grade (Bsp. SAS-4 oder PCIe Gen4)!
- 10Gbit/s NIC's oder auch 100Gbe Adapter (Intel hat hier einige Angebote) sind ausschließlich für Virtualisierungsserver angedacht und bringen Euch sicherlich nichts, auch wen Ihr mal schnell vom NAS <> Laptop/Server ein Backup ziehen wollt (immer das Betriebssystem der limitierende Faktor!)
Da hier im Forum LINN ja sehr aktiv ist und "die" Referenz im Streamer/DAC-Umfeld ist, wäre es super wenn Ihr dazu was sagen könnt, wie Ihr mit dem Thema Netzwerk-Optimierunge innerhalb Eurer Geräte (HW/SW) umgeht?
Verkabelung
- Das LWL besser als ein vernüftiges Cat6/7/7a sein soll, ist leider für den Home-Bereich nicht korrekt
- Sehr gute Cat 7a Kabel liegen bei ~1-2€/m (ohne Stecker), wer sich für zuhause ein Cat7 Kabel 3m für 10€ holt, hat schon was vernünftiges
- LWL (multimode) macht Sinn bei Neubauverkabelung, aber auch da purer Luxus ohne Zugewinn (oder jemand hat ein Schloss als Anwesen
- Sollte jemand "Fiber-to-the-House" haben, auch hier braucht er nicht direkt zu seinem Server LWL koppeln
- Selbst im Rechenzentrum kommt nicht per-se LWL zum Einsatz, sondern gut isolierte Cat7/7a/8 Kabel
- Aufpassen bei den RJ45 Stecker, da gerne mal die "Nasen" kaputt gehen und dann nicht mehr richtig feststecken - auswechseln!
- Latenz, Jitter und Bandbreite (reicht auch Standard-Cat6) sind hier im Bereich Verkabelung sekundär (außer Billigkabel/Stecker), hier wieder ausschlaggebend die "komplette Netzwerkkette" und wie das Betriebssystem (TPC/IP) + eingesetzte Software auf die NIC abgestimmt wurde
WLAN
- Hier gibt es deutliche Unterschiede bei den Herstellern, auch wenn immer mehr oder weniger die selben WLAN-Chipsätze zum Einsatz kommen
- Ob Ihr 802.11ax (2.4/5/6Ghz aka Wifi6) oder 802.11ac Access-Points für Eure Übertragung nehmt, spielt im Heimbereich keine große Rolle (glaubt nicht dass ein Tablet/Smartphone auf Android oder iOS-Basis Durchsatz von 10Mbit/s auf Ihrem Radio hinkriegen - 10 Antennen erforderlich!)
- Natürlich ist die Aufstellung wichtig und immer die Angaben des Herstellers beachten (nicht alle sind autom. für Deckenmontage, an der horizontalen Wand, oder einfach nur auf einer Ablage geeignet)
- Wer eine saubere Abdeckung haben möchte, sollte zwingend auf AP's zurückgreifen, die an der Decke montiert werden, da deren Antennenabstrahlverhalten das Optimalste ist (ohne zusätzliche, abstehenden Antennen, verbaut meist 4x4 MIMO). Hier sind aus dem semi-professionellen Bereich empfohlen: Ubiquiti Networks UAP-AC-PRO, oder Aruba Instant On AP15 (RW) Access Point (nein, Geräte wie Fritzbox, Netgear, Apple können hier auf keinen Fall nur annähernd diese Qualität & Bandbreite leisten!)
- 5GHz ist zu bevorzugen, bei guter Abdeckung im Hause (aufpassen, viele Geräte gehen schon mal in 2.4Ghz per-Default, immer prüfen und 5Ghz forcieren, wenn unterstützt)
- Derlei AP's benötigen PoE-Switche (externe Netzteile an der Decke will keiner haben und auch nicht für 24x7 Dauereinsatz optimal)
- Wer mehrere AP's hat, sollte den Weg über zentrale WLAN-Controller gehen, ist nichts anderes als intelligenter Switch mit PoE-Ports, der auch die Konfiguration für AP's steuert. Hier sei zu empfehlen: Aruba 6000 16-Port Switch (R8N89A) oder Ubiquiti Dream Machine Pro - worüber Ihr natürlich auch direkt Eure Server/NAS-Komponenten anschließen solltet
Bluetooth apt-X
- verspricht nahe-CD Qualität (16-bit/44.1 kHz), da aber Bluetooth im 2.4Ghz Frequenzband unterwegs ist, wie viele IoT/WLAN/Smartphones/Tablets/Sonos-Player etc - störanfällig und die Onboard Bluetooth Empfänger immer schlechte Antennen haben.
- Wer es nutzen möchte, sollte auf einen guten 5.0 Empfänger achten und niemals weiter entfernt <5m (auch wenn 10m noch halbwegs geht und theoretisch 200+m, aber nur wenn ein IoT-Device mit wenigen Bytes sendet/empfängt)- Vom Chipsatz her gibt es meines Wissen eh nur Qualcomm, da patentiert
Für mich persönlich im Hifi HiRes/lossless Bereich nichts zu suchen und würde diese "Störquellen" immer am DAC/Streamer/Amp ausmachen!
Wie sieht meine Hifi LAN-Kette aus?
Sehr simpel, da nur Wohnung mit 4 Räumen.
AVM Fritz!Box/7590 <CSL CAT7 Kabel Baumwollmantel> Powerline/devolo multiroom kit (3 Adapter)
<CSL CAT7 Kabel Arikseen geflochten flach> Netgear (lüfterlos)
ProSafe GS108E <CSL CAT7 Kabel Arikseen geflochten flach> Streamer/AMP/Sonos Port/TV
Alle Geräte wo WLAN abschaltbar ist und nicht benötigt, deaktivert. Alle paar Monate nutze ich
https://www.metageek.com/inssider/ um zu sehen was sich aktuell alles im WLAN rumtummelt/stört. Devolo Cockpit Software um zu sehen das Powerline-Verbindungen vernünftige Bandbereite haben (im Schnitt liegen die bei mir bei 180Mbit/s).
P.S: Fritz!Box 7590 is ganz okay: 4x4 MIMO WLAN (Qualcomm/Atheros), 4GbE LAN Ports, 512MB RAM, CPU/1GHz
Grüße
Gerald