Sensorregelung: Verfahren, Messung und Hörbarkeit

JoeBroesel
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Beitrag von JoeBroesel »

Hallo Gert,
zwar schon wieder trocken, aber die Aufräumarbeiten dauern an.

@Richard:
Zur "stabilen Membran": In meinem früheren Leben, als ich noch im Lautsprecherlabor bei Grundig gearbeitet habe, haben wir die Membranstabilität bei den Bass-Chassis immer mit einem Stroboskob sichtbar gemacht. Da sieht man sogar geringste Partialschwingungen, weil die Aufgabe war es, diese zu minimieren.

So ein Stroboskop habe ich mir dann irgendwann mal gekauft, und habe es immer noch. Die Anwendung ist ganz leicht. Einfach einen Sinus auf den LS, und das Stroboskop auf z.B. 1 Hz mehr oder weniger. Dann sieht man die Membran im Zeitlupentempo sich bewegen. Das geht am einfachsten bei Bass-Chassis, weil da bewegt sich was.

Meine BM20 habe ich damit auch mal überprüft, die Chassis waren aber tadellos. Keine Partialschwingungen, auch bei extremen Auslenkungen.

Gruß
J.
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Joe,

das ist interessant und bestätigt zumindest das Ergebnis der gefalteten Messungen, dass die Basschassis mit 180 Hz Trennfrequenz im sicheren Bereich betrieben werden (hätte mich auch gewundert...); und darüber sind die TT ja auch ausgeblendet.

Aus Deinem Beitrag erkenne ich nicht ob Deine Strobsskopie auf die Basschassis beschränkt war oder nicht: Hast Du vielleicht auch andere Töner "beblitzt"?

Gruss,
Winfried
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JoeBroesel
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Beitrag von JoeBroesel »

Hallo Winfried,

ab einer bestimmten Frequenz war das einfach zu laut, wenn man gut sichtbare Membranauslenkungen haben wollte, weil man mußte ja direkt dabeisitzen, und andererseits war das Stroboskop damals auch nicht so schnell. Am einfachsten ging es so bei 20-40 Hz.
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schauki
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Beitrag von schauki »

Hallo Joe!

Ja, so soll es sein, die Frage aber wieder, wie würde es ohne Regelung aussehen, bzw. kann eine Regelung gar gegen Membranschwingungen ( :D ) etwas ausrichten. Also sozusagen indirekt über die Schwingspule auch dort was bewirken - kann ich mir schon zum Teil vorstellen.

Auf der anderen Seite sollte es bis zu einer gewissen Frequenz, ka=1 mit Partialschwingungen ohnehin nicht wirklich Probleme geben. Überhaupt immer eine recht gutes Mittel um Bösheiten aus dem Weg zu gehen, mit kleinen Treibern gegen die Wellenlänge zu halten. Was natürlich im HT irgendwann nicht mehr funkt.

mfg
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Richard,
schauki hat geschrieben:Ja so soll es sein, die Frage aber wieder, wie würde es ohne Regelung aussehen, bzw. kann eine Regelung gar gegen Membranschwingungen ( :D ) etwas ausrichten. Also sozusagen indirekt über die Schwingspule auch dort was bewirken - kann ich mir schon zum Teil vorstellen.
gegen partielle Membranschwingungen bist Du mit der Regelung machtlos. Natürlich kann man argumentieren, dass zumindest die stehenden Wellen in radialer Richtung andere Bedingungen vorfinden, wenn die Membran an der Schwingspule hart eingespannt ist, was sie quasi durch die Regelung wird. Dabei vergisst man aber gerne einen Grundsatz, der in jeder Regelung gilt, nämlich: Schau zu, dass deine Über-Alles-Schleifenverstärkung kleiner 1 ist, wenn die Phase sich um 180Grad gedreht hat, sonst schwingt es. Wenn Du Dir das Gezappel in meiner letzten Messung anschaust, das aus der Sensorik ab 400Hz kommt, hat das sowohl an einigen Spitzen eine erhebliche Amplitude als auch mit Sicherheit allerlei Phasendrehungen dabei. Wenn Du den Regler bis zu dieser Frequenz straff ziehen würdest, würde er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schwingen. Deshalb: gegen Partialschwingungen hilft eine steife Membran mit hoher innerer Dämpfung, und, wie Du richtig schreibst,
Auf der anderen Seite sollte es bis zu einer gewissen Frequenz, ka=1 mit Partialschwingungen ohnehin nicht wirklich Probleme geben. Überhaupt immer eine recht gutes Mittel um Bösheiten aus dem Weg zu gehen, mit kleinen Treibern gegen die Wellenlänge zu halten.
eine niedrige Einsatzfrequenz der Treiber. Das geht aber erst mit Regelung richtig gut, weil man sich sonst nicht getrauen könnte, z. B. einen Mitteltöner bis zu seiner Resonanzfrequenz runter zu betreiben. Will man bei einem Chassis deutlich oberhalb der Resonanzfrequenz und deutlich unter den Partialschwingungen bleiben, bleibt eigentlich gerade mal eine Oktave übrig, in der ich es einsetzen kann. Nimm als Beispiel das gemessene Basschassis der BM20, das kannst Du hochskalieren. Resonanzfrequenz vielleicht bei 50Hz im eingebauten Zustand. Partialschwingungen ab 400Hz. Bleibt man oben vorsichtshalber mal eine Oktave weg, bis 200Hz. Unten eine Oktave weg davon, bis 100Hz. Ist eine Oktave. Da der hörbare Frequenzbereich ca. 10 Oktaven umfasst, bräuchte man jetzt eine 10Weg-Box. Nicht sehr schön zu handhaben mit Weichen- und Abstrahlproblematik. Regelt man die Töner, können sie ideal über zwei Oktaven arbeiten. Wenn Du die Übernahmefrequenzen einer BM12, 18 oder 30 der BM Classic-Line anschaust, siehst Du, dass die Chassis der 5 Wege jeweils ziemlich genau 2 Oktaven machen dürfen. Am jeweils unteren Ende dank Regelung von der Feder-Masse-Reibungs-Problematik befreit, am oberen Ende von den Partialschwingungen dank niedriger Einsatzfrequenz. Wenn's dann ein bisschen Schalldruck mehr sein darf, nimmt man halt ein paar Chassis mehr (BM18, BM30).

Ich denke, aus der Diskussion wird allmählich klarer, dass die Fragestellung "könnte ich bitte ein und denselben Lautsprecher mit und ohne Regelung hören" nicht wirklich Sinn macht. Natürlich, wenn man zunächst aus relativ großer Flughöhe die Angelegenheit betrachtet, ist man versucht, sich diesen Umschalter von geregelt nach ungeregelt zu wünschen. Steigt man aber etwas tiefer in die Thematik ein - wobei wir gerade sind - merkt man, dass der geregelte Lautsprecher die Chassis bei ganz anderen, nämlich tieferen Einsatzfrequenzen betreiben kann. Nähme man den Chassis die Regelung, wäre das unfair im Vergleich, denn die ungeregelte Box wäre mit Sicherheit anders konstruiert worden. Nimm als Beispiel wieder den gemessenen Tieftöner in der BM20. Wenn man die BM20 sieht, ist das schon ein recht stattlicher Sarg, auch wenn's größere Lautsprecher gibt, 1,35m hoch und ein sich in der Höhe ändernder Querschnitt, aber so grob 35cm Kantenlänge. WAF-tauglich ist er aber nicht besonders aufgrund der Größe. Schaut man sich dann das Volumen an, das die Bässe kriegen, rechnet man bei einer ersten Schätzung schon damit, dass das ordentlich ist. Schaut man genauer hin, sind die Wände schon mal 4cm stark und eine Menge Elektronik braucht Platz. Oben hat der Mitteltöner ein geschlossenes Gehäuse, das Volumen fällt damit auch weg für den Bass. Da bleiben vielleicht noch 80 Liter netto übrig. Für vier Bässe! Macht 20l pro Topf. Würde man die Bässe nicht regeln, käme da kein vernünftiger Tiefbass aus den 20cm-Chassis. Man bräuchte also mehr Volumen, größere Töner und/oder weniger Töner - also weniger möglichen Schalldruck. Am besten alles zusammen, und raus käme das Gesicht eines typischen im Bass ungeregelten Lautsprechers, ein riesiges Gehäuse mit einem 30er. Ah, zu groß für die Dame des Hauses, ok, machen wir Abstriche beim Tiefbass und beim Schalldruck. Hm jetzt kommt aber wirklich nicht mehr viel, gut, ein Reflexrohr rein, da kommt wieder mehr Schalldruck. Ok, wummert ein bisschen, der Durchschnittsverbraucher kennt's ja nicht anders. Zugegeben, ich habe etwas überspitzt, aber dennoch sieht die Box ganz anders aus, wenn ich die Regelung weglasse.

Viele Grüße
Gert
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Regelungsfans,

evtl. habt Ihr Euch darüber gewundert, dass ich da gar nichts dazu geschrieben habe:
uli.brueggemann hat geschrieben:wenn ich mir Dein letztes Bild anschaue hätte ich doch einen Vorschlag:

Stell doch bitte immer Sollwert und Istwert mir richtiger Polarität dar. Ich würde also die gezeigte grüne Kurve lieber eher umgekehrt sehen (Messwert in richtiger Polarität). Mit FD-Functions - Amplitude Difference kannst Du dann auch die Differnz soll-ist einfach rechnen und anzeigen.
Natürlich wollte ich die Differenz zwischen Eingang und Regelgröße gerne direkt darstellen, bin da aber immer an einem numerischen Problem in Acourate stecken geblieben - das Ergebnis war stets ein merkwürdiges Gezappel. Wenn man mit einem Hochpass faltet, habe ich jetzt zwischenzeitlich in einer Schnellbleiche bei Uli gelernt, gibt das sehr hohe Verstärkungsfaktoren bei niedrigen Frequenzen, wenn man den HP vorher invertiert hat. Deshalb muss man da noch ein Windowing durchführen im Anschluss, jetzt klappt das prächtig. Hier also direkt das Verhältnis von Regelsignal zu Eingangssignal:

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Jetzt sieht man direkt, dass das Chassis bei 16Hz 10dB mehr kriegt als bei 80Hz. Das ist also die zehnfache Leistung, die da reingepumpt wird, damit z. B. der Orgelton bei "Also sprach Zarathustra" auch schön druckvoll kommt. Gut, dass da jedes Chassis 120W kriegen kann bei Bedarf, macht 960W. Da dürfen dann aber auch noch die 260W für die zwei geregelten 25er hinten im DBA mithelfen :mrgreen: . Man sieht, dass bei geregelten Lautsprechern die alte Grundsatzfrage "kann denn Leistung Sünde sein?" ihre ganz besondere Berechtigung hat.

Viele Grüße
Gert
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schauki
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Beitrag von schauki »

Jup, so in etwa habe ich mir das ja gedacht.

Aber ein paar Punkte (wie immer 8) ):

Prinzipiell ist klar dass man mitr einer Regelung gerade nach unten hin Dinge anstellen kann die sonst nicht möglich wären. Natürlich alles innerhalb der Belastungsgrenzen des jew. Chassis. D.h. hier gibts mehr Freiheitsgrade.

Die Frage muss dann aber auch gestellt werden, wozu ein Chassis nach unten hin betreiben, wenn eine höhere Trennung ja auch funktioniert. D.h. trenne ich nun die 1" Kalotte zum 8" bei 1,5kHz und brauche somit eine Regelung, oder baue ich dazwischen einen 3"/4" Treiber dazu und lege die TFs auf 600/3kHz...

Preislich sollte eigentlich die Regelung die billigere Variante sein (weiß aber nicht wie teuer so ein Regler mit drum und dran ist). Träfe jetzt interessanterweise ein Modell von B&M und eines von K&H... zumindest ähnlich.

Wie sieht es in so einem Fall mit dem maximal erreichbaren Pegel aus, respektive mit den Verzerrungen?
Welche Box schlägt sich besser?

Bzgl. Treiber und ihrer Einsatzbereich:
konventionell also ohne Regelung sollten alle halbwegs brauchbaren Treiber min. 2 Oktaven sauber abdecken können. D.h. untenrum noch nicht abfallen, Einsatz über der Resonanzfrequenz und oben ist meist die Eigenbündelung das Problem, noch vor Membranresos. Z.B. eine 3" MT Kalotte 500-2kHz in planer Schallwand. 1" Kalotten HTs daran angeschlossen wären wir bei 8kHz und dort mach dann eh auch schon die Eigenbündelung einen Strick durch die Rechnung, bzw. ist dort eben Schluss, nur kleinere Treiber schaffen Abhilfe, bzw. Bändchen die horizontal klein sind... (RAAL .... "träum").

Bzgl. Bass/Volumen:
Also ich mache konventionell meist so, 100x Verschiebevolumen des jew. Treibers ist das Nettovolumen. So ergibt das bei meinem 15" etwa 70liter. Da kommt dann natürlich wenig Tiefbass raus, aber im Raum inkl. Roomgain brauchts gar nicht so viel Entzerrung damit sich recht linearer Bass am Hörplatz einstellt. Sind halt Hausnummer 8dB bei 30Hz und Güte 4... die man "vorsteuert".

Wie es mit der Bassqualität steht, kann ich natürlich nur subjektiv sagen, und die ist imho sehr gut. Also im Vergleich zu einigen LSP, die ich im selben Raum hatte, genauso wie beim Hören anderer Anlagen.

Einschätzung??
Hier würde mich einfach mal eine Schätzung interessieren, wieviel/was würde eine Regelung in einem LSP wie der K&H O500C bringen? Nehmen wir die Herstellermessungen (glaube sind aus der PP) als Referenz an, als einzige Quelle und auch nicht detaillierter. Wieviel steigt z.B. der erziehlbare maximal Pegel bei 1% THD?

Wie würde ein LSP aussehen, der die gleichen Ziele verfolgt aussehen? Oder ist das sooo einfach nicht zu sagen? Es kristallisiert sich eben heraus, dass eine Regelung weniger dazu da ist, irgendwelche Parameter zu verbessern, als dazu einen LSP "anderes" zu konstruieren/abszustimmen. Somit ließe sich dann auf Hörerseite wie gehabt nur über Hörvergleich Gewissheit schaffen. Und auf (ich nenns mal) Technikerseite: über Messungen der Gesamtbox.

mfg
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AprilWine
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Beitrag von AprilWine »

Moin,

ich möchte da nochmal zwischen quatschen: Wäre denn bei guter Vorsteuerung und einer guten Regelung nicht ein Breitbänder das Maß der Dinge (wenn man mal den erreichbaren Schallpegel außen vor läßt)?

Gruss Stefan
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schauki
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Beitrag von schauki »

Hallo!

Bzgl. Breitbänder:
Sofern der jetzt mal angenommen ein 6,5" ist, weil irgendwo sollte er ja zuminest an ein Sub System angebunden werden können, dann ist ab einer gewissen Frequenz ganz sicher Partialschwingungen vorhanden die nicht geregelt werden können.

Und auch die restlichen Probleme beim Einsatz von BB bleiben bestehen, z.B. stark frequenzabhängige Bündelung (nicht BB typisch, sondern Dimensionsabhängig).

mfg
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AprilWine
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Beitrag von AprilWine »

Hi Schauki,

Klirr und Bündelung ist klar. Dachte da an den Visaton B200 oder Fostex FX200.

War halt nur ein Gedankengang. Ich habe dann halt nicht die Nachteile eines Mehrwegesystems.

Gruss Stefan
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schauki
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Beitrag von schauki »

Ja, das stimmt, man hat halt die Nachteile eines Breitbänders.

Kommt drauf an was man für wichtiger hält. Ich z.B. sehe im Sinne von neutraler Wiedergabe einen Breitbänder als ungeeignet an.

mfg
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

AprilWine hat geschrieben:Wäre denn bei guter Vorsteuerung und einer guten Regelung nicht ein Breitbänder das Maß der Dinge (wenn man mal den erreichbaren Schallpegel außen vor läßt)?
Bei Breitbändern haben wir halt das auch sonst schon auftretende Problem, dass die Regelung standardmäßig nur in dem Bereich sinnvoll einsetzbar ist, in dem die Membran noch genau das macht, was die Schwingspule ihr aufträgt. Mit einer Pappe wird man nicht so weit hoch kommen, aber mit einer Metallmembran (so wie in den exzellenten "Alpair"-Breitbändern von markaudio.com) geht da schon was, prinzipiell... auch wenn man irgendwas gegen die zwar höher, aber dafür umso kräftiger einsetzenden Resonanzen tun muss (schon am Chassis). Bei den Alpairs liegt der Breakup-Peak so um 7...14kHz, je nach Modell. Ich denke mir, dass man also nicht weit über 1...2kHz kommen wird mit einer Regelung, aber das ist ja auch schon was.

Grüße, Klaus
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Regelungsfreunde,

eigentlich wollte ich gerne noch ein paar akustische Verzerrungsmessungen nachschieben, aber es gibt da ein kleines Problem. Die externe Soundkarte Phase26 USB, mit der ich messe, steuert selbst soviel Klirr bei, dass der Klirr von was auch immer ich an meiner Anlage messen möchte, im Vergleich dazu irrelevant ist. Ich bin der Sache nachgegangen, man kann ja einfach den Line-Ausgang der Soundkarte mit dem Line-Eingang verbinden und sich anschauen, was passiert. Nun, wie gesagt erhebliche 2. Harmonische, egal bei welchem Pegel. Digital raus aus der Kiste, über meinen DA geschleift und wieder rein in den Line-In: Wieder diese 2. Harmonische in gleicher Höhe. Es ist also der Input dieses miesen Stückchens Hardware. Es gibt zwei umschaltbare Inputs, und bei beiden ist das gleiche Verhalten zu beklagen. Nun kommt da noch dazu, dass die Soundkarte mich während einer Messung immer wieder gerne mit einem kleinen Klick ärgert, der das Resultat für die Tonne prädestiniert. Alle Einstellungen bzgl. Latency, Prio etc. im ASIO-Treiber waren da erfolglos. Ich habe mir jetzt eine Tascam US-144 bestellt, nachdem Rudolf und Thomas Gutes darüber berichtet haben und hoffe auf bessere Werte.
schauki hat geschrieben:Somit ließe sich dann auf Hörerseite wie gehabt nur über Hörvergleich Gewissheit schaffen. Und auf (ich nenns mal) Technikerseite: über Messungen der Gesamtbox.
Da habe ich aber dennoch etwas anzubieten. Ich habe mir die Rohdaten einer der Messungen am Hörplatz rausgesucht, mit denen ich meine FIR-Korrekturfilter erstellt habe. Diese Messung ist nicht über das Notebook mit externer Soundkarte gemacht worden, sondern direkt auf der kleinen lüfterlosen Linuxkiste, die nachher die FIR-Filter in den digitalen Signalweg reinfalten darf. Dazu läuft auf dem Linuxrechner ein vorher in Acourate erstellter Sinussweep, und die eingebaute Soundkarte, eine M-Audio Delta Audiophile 2496, nimmt über einen externen Mikrofonvorverstärker das Signal auf. Die Kiste faltet das gleich mit dem Korrekturfilter für das individuell kalibrierte Mikro samt VV (Forumsmitglied Pico sei Dank) und Soundkarte. Das Ergebnis wird in den RAM geschrieben und nach der Messung auf den USB-Stick geschoben, auf dem auch nachher die FIR-Filter liegen. Dieser File wird dann offline im Notebook erst mal mit der Inversen des Messfiles zur Impulsantwort des Systems gefaltet. Daraus lässt sich alles weitere berechnen, so auch die harmonischen Verzerrungsanteile des Signals. Dies ist nämlich ein äußerst eleganter Nebeneffekt dieses Verfahrens, zu dem Ulis Acourate den Zugang bietet: Neben dem Hauptimpuls, der bei der Faltung zur Systemimpulsantwort entsteht, gibt es noch weitere Nebenimpulse, die auf der Zeitachse links vom Hauptimpuls liegen. Sie repräsentieren, zeitlich separiert, die einzelnen harmonischen Verzerrungen. Nun weiß ich bei der Messung des gesamten am Hörplatz ankommenden Spektrums natürlich nicht mehr so genau, woher diese Oberwellen im einzelnen rühren. Sie können von der Elektronik, den Chassis, dem mitschwingenden Lautsprechergehäuse, einer resonierenden Tischplatte oder was auch immer herrühren. Speziell im Bass kommt noch dazu, dass dieser in meinem Hörraum durch das DBA von 4 Lautsprechern mit insgesamt 10 geregelten Töpfen erzeugt wird. Egal, was am Hörplatz ankommt, zählt schließlich:

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Die Kurven stellen die Differenz (in dB) zum Hauptsignal dar, sind also direkt als Verhältnis (in Prozent) interpretierbar.

Jetzt kommt sicher als erstes die Frage, bei welchem Pegel war das denn. Kann ich nicht genau sagen, es war ordentliche Abhörlautstärke, etwa bei der Lautstärkeeinstellung, mit der ich normalerweise höre. Da der Messfile den Sinussweep aber mit nahezu Vollausteuerung an den DA liefert, ist das schon eher unangenehm in der Lautstärke. Vielleicht 95dB? Schauen wir uns das Ergebnis mal der Reihe nach an. Die rote Kurve ist diejenige, die meist am höchsten liegt. Das ist die vom Gehör eher als angenehm empfundene 2. Harmonische. Sie hat einen steilen Peak bei 55Hz. Da liegt offensichtlich eine Resonanzfrequenz im Bass. Von welchem Lautsprecher, kann man aber nicht sagen - vielleicht die BM6 hinten mit dem 25er im relativ kleinen Gehäuse, vielleicht die BM20 mit den vier 20ern. Es gibt noch kleine Nebenmaxima bei ca. 30, 40 und 70Hz. Den absolut höchsten Wert jedenfalls nimmt die 2. Harmonische mit -40dB bei 55Hz an. Das ist genau 1%. Selbst ganz unten, bei 12Hz, liegt die 2. Harmonische nur bei 0,2%, und oberhalb von 150Hz pendelt sie sich irgendwo bei -65dB, also 0,05%, ein. Erst bei 22kHz steigt der (als einziger ungeregelte, aber stromgegengekoppelte) Superhochtöner ER4 langsam wieder in Richtung 0,5%. Die höheren Harmonischen (dargestellt sind die 2. bis 5.) liegen meist noch darunter. Grün ist die 3., blau die 4. und braun die 5. Harmonische. Wo bei den niedrigen Werten vielleicht sogar schon die Verzerrungen der Soundkarte die Messung dominieren, kann ich nicht sagen. Falls das so wäre, wären die tatsächlichen Werte eben niedriger.

Jetzt wäre mein Wunsch, dass wir zum Vergleich einfach mal die Messkurven von Richard anschauen. Jeder von uns beiden hat ja sein System optimiert, Richard ohne Regelung, ich mit. Dann können wir sehen, ob man mit der geregelten Technik bzgl. der Verzerrungen niedrigere Werte erwarten darf oder nicht. Mein Hauptaugenmerk lag aber bisher nicht darauf, die Anlage auf möglichst geringen Klirr zu optimieren. Dinge wie Impulsverhalten, Frequenzgang, Gruppenlaufzeit, Abstrahlkeulen (S-Weiche!) und Raumresonanzfreiheit im Bass waren im Vordergrund. Richard wollte nun aber gerne wissen, was es mit den Harmonischen bei geregelten und ungeregelten Lautsprechern auf sich hat. Ich bin gespannt auf den Vergleich!

Viele Grüße
Gert
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Beitrag von Fortepianus »

Liebe Regler :mrgreen: ,

hier auf gleiche Weise gewonnene Messwerte einer aktuellen BM2, die bei meinem Freund steht. Auch hier habe ich die Messwerte aus den Rohdaten extrahiert, die ich für die FIR-Filtererstellung gemessen hatte:

Bild

Die Messung ist am Hörplatz, Seitenlänge des Stereodreiecks ist 4m, Raumgröße etwa 70qm. Da hat das kleine Böxlein ganz schön was zu tun.

Viele Grüße
Gert
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schauki
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Beitrag von schauki »

Hallo!

Kann ich machen!
Ich verwende den Acourate LSR und habe so die Pulse48L.tri Datei.

Was genau muss ich jetzt in Acourate auswählen um dort hinzu kommen?
Unter "Log Sweep -> Extract Pulses & harmonic distortion" funkt nicht weil Samplerate nicht "übereinstimmt".

Bzw. fängst du was mit den .tri Datein etwas an?
Habe da zwar auch nicht auf den Pegel geachtet, und aktuell nur eine Messung ohne EQ (nur Trennungen in der DCX aktiviert, 2x 48dB LR)
Hier wäre das jedenfalls:
http://www.schauki.at/messungen/Pulse48L.rar
Die Endung ist rar, weil sonst mein Server das nicht zulässt, also auf .tri umbenennen.

Bin noch nicht so fit mit Acourate.

Habe zwar mit ARTA bzw. STEPS gemessen, aber finde jetzt komischerweise die Messungen vom HP nicht...
Hier mal nur den MT gemessen bei 110dB lt. meinen billigen SPL-Meter und THD:
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mfg

P.S. hatte mal ne böse Klirrspitze bei 500Hz, was etwa der TF (521Hz) entspricht - hat sich als schppernder Deckel am Sat-Receiver entpuppt. Und erst KSTRs Basstestsignale bei ordentlichem Pegel ... ist halt doch mit recht viel Holz das Zimmer, und den Heizkörper sollte ich auch mal (naja seit 3 Jahren) ruhig stellen :oops:
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