Hans (Silbersand Emotion 5, Abacus C-Box 2)

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Bei Vorstellungen steht die persönliche, subjektive Erfahrungswelt des Verfassers im Vordergrund. Insbesondere soll die Vorstellung als "Visitenkarte" des Mitglieds gewürdigt bzw. respektiert werden. Dialoge sollten hier vorrangig mit dem Verfasser und nicht mit Dritten geführt werden. Siehe auch die Forumsregeln.
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Kienberg
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Beitrag von Kienberg »

Hallo Hans,

willkommen hier bei den Aktiven.

Eine Empfehlung für einen Lautsprecher an Hand theoretischer Überlegungen oder Nachschauen in Datenblätter will ich Dir nicht geben. Lautsprecher muss man hören, hören und nochmals hören und dabei seine Musik dabeihaben und dann bei jedem Test entscheiden, ob die Wiedergabe das eigene Klangideal repräsentiert.

Daher möchte ich Dich darin bestärken, Deinen Weg M1 solange zu gehen, bist Du ein Produkt gefunden hast, das Deine Anforderungen erfüllt und im Preis passt.

Meine Anforderungen an einen Lautsprecher besteht darin, das Liveevent aus Oper und Konzertsaal möglichst unverfälscht zu Hause zu Gehör zu bringen. Dazu gehört auch Jazz, soweit er frei von el. Instrumenten ist, denn diese können ja zu Hause eigentlich nur die während der Aufführung benutzten PA-Systeme authentisch wiedergeben (sicher, wenn's gefällt und ordentlich rockt, kanns trotzdem passen :wink: :mrgreen:).

Diese Anforderung erfüllten bei mir in den letzten 35 Jahren nur geregelte Aktivsysteme von B&M und Silbersand. Jeder Versuch "fremd zu gehen", sei es mit Elektrostaten (z.B. Infinity IRS) oder Regielautsprecher wie z.B. Genelec, Geithain oder K+H, schlug fehl. Ich habe zwar im WZ, am Plama-TV und am PC diverse Genelec im Einsatz, die tönen ordentlich, aber sie vermitteln mir nicht das "Ding an sich", den Konzertsaalklang.

Meine Referenz seit zwei Jahren, die ich nun auch seit einigen Monaten besitze, ist die FM 701 der Firma Silbersand. Diesen Ausnahmelautsprecher wirst Du ja bei Johannes Krings hören können und, auch wenn er Dein Budget sprengt, höre in Dir im Vergleich zu den Systemen an, die Deinem Kostenlimit entsprechen. Die Herren Krings und Zingel haben ja durchaus Alternativen im Bereich geregelte Aktivlautsprecher in der Vorführung.

Wenn Dir eines dieser Systeme beim Hören passt, kannst Du, falls die Preise nicht passen sollten, zwecks "Best Buy" Ralf Gottlob konsultieren.

Gruss Sigi
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hans
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Beitrag von hans »

Hallo Sigi,

danke für deine Zuschrift. Den auch von dir aufgezeigten Weg werde ich - sehr neugierig - in den nächsten Wochen beschreiten und anschließend über meine Erfahrungen berichten.

Dank Rudolfs Hilfe bin ich jetzt auch meine Bilder losgeworden. Sie geben (mit etwas Phantasie) einen Eindruck über meine aktuelle Hörsituation wieder; die vielen Balken und Schrägen stellen in der Praxis doch so etwas wie Diffusoren und Reflektionsflächen dar, die, so vermute ich, das Klangbild beeinflussen können.

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Gruß

Hans
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axxxxx

Beitrag von axxxxx »

Hans,

an Deiner Stelle würde ich den kleinen Tisch rauswerfen und das Sofa weiter nach hinten stellen - dann ist der Rasen gemäht.

Wann gehst Du denn nun auf Deine Hörreise?
Butter bei die Fische!

Gruß
Kai
wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hans,

danke für die Bilder. Interessanter Aufbau. Ich mache übrigens mit dem zum Zimmerzentrum hin orientiert Hörplatz gute Erfahrungen. Es scheint als hättest Du da ein ca. gleichseitiges (Hör-)Dreieck. Als Vorteil dieser Hörplatzposition empfinde ich das Vermeiden von Störung durch frühzeitige Reflektionen von hinten, was (bei) der Räumlichkeit zugutekommt. Schrägen machen sicher etwas an Klang und Raummoden, aber damit habe ich leider (oder ein Glück :wink: ) keine Erfahrungen.

Gruss,
Winfried
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aktivposten
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Beitrag von aktivposten »

Hallo,
aston456 hat geschrieben: ...das Sofa weiter nach hinten stellen...
das würde ich nicht machen. Das Stereodreieck ist so gut und ein Hörplatz hinten an der Wand hat nur Nachteile.

Gruß
Holger
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hans
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Beitrag von hans »

Hallo Kai,
der Witz mit dem Tisch war nicht schlecht :) - das ist mein Esstisch, immerhin 150 cm lang und bisher zentraler Ort, wenn ich Essensgäste habe !!! Den wirst du zu schätzen wissen, wenn du mich mal besuchst :cheers: Meine Hörreise beginnt am 21.März in Taunusstein und soll am 25. in Essen enden. Ich werde Protokoll führen und berichten.
Gruß, auch an Winfried

Hans
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Kienberg
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Beitrag von Kienberg »

Abgesehen vom Wegfall des Esstisches,
wäre Dein Vorschlag, Kai, nicht zielführend,
denn dann würden die Holzständer einen Teil der "Bühne" verdecken... und wer will schon hinter Säulen hören, selbst hier

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ist das keineswegs erstrebenswert... dort hinten befinden sich nur ein paar Stehplätze. :wink: :mrgreen:

Gruss
Sigi
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axxxxx

Beitrag von axxxxx »

Freunde,
dass der Esstisch 1,50m lang ist, hat sich für mich optisch nicht ergeben. Aber einen halben Meter kann man das Sofa schon noch nach hinten schieben - wenn man denn will. In dem Setting würde ich meinen, daß die 933K (wenn man denn Geithain gehen will...) das Maximum darstellen. Und ob eine BM 12/Silbersand 401 nicht schon zu mächtig wären, vermag ich nicht zu beurteilen.

@Hans
Ist auf dem letzten Bild das Haus abgebildet, in dem sich Deine Wohnung befindet? Oben, wo das Licht brennt? Lübeck ist einfach eine schöne Stadt...

Gruß
Kai
hans
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Wenn einer eine Reise macht ...

Beitrag von hans »

Noch einmal zur Erinnerung: Ich beabsichtigte, vom 21.3. bis zum 25.3. 2010 eine Sinnesreise anzutreten. Sie sollte mich zu den Gipfeln der Musik, der bildnerischen Kunst und der Völlerei führen (letzteres war so nicht vorgesehen, ergab sich aber bereits am ersten Tag).

Ausgangspunkt war meine aktuelle Heimatstadt Lübeck, die Ziele waren Taunusstein bei Wiesbaden, Bonn und Essen. Auf dem Heimweg führte mich ein kleiner Schlenker nach Duisburg.

Erhofft hatte ich mir, neben den schon oben erwähnten vielfältigen sinnlichen Eindrücken auch Klarheit darüber, welcher aktive Lautsprecher mich in den nächsten Jahren begleiten könnte.


Erster Teil: Taunusstein

Nach rund siebenstündiger Fahrt mit der Bahn und dem Bus (ich besitze kein Auto, habe mich aber mit diesem selbst gewählten Umstand in den letzten Jahren sehr gut arrangiert) lande ich in Taunusstein. Es ist Sonntag, der 21. März, es nieselt etwas. Claus Bücher feiert das 20-jährige Bestehen seines Ladengeschäftes und hat an diesem Wochenende nicht nur geöffnet, sondern dieses Jubilaeum auch mit einem Rahmenprogramm versehen. Für dieses komme ich zwar zu spät, treffe aber gegen 16.15 Uhr noch einige Gäste an. Viele davon aus dem Open-End-Forum von Charly, der auch da ist und dem ich als erstem die Hand schüttle, halte ich ihn doch für Claus Bücher. Den Claus lerne ich dann natürlich auch noch kennen, er stellt mir freundlicherweise seine Frau und seine Mutter vor, außerdem seinen Mitarbeiter Martin K., der für mich noch eine wichtige Rolle an diesem und am folgenden Tag spielen sollte.

Meinen Koffer stelle ich in einer Ecke ab und beginne, mich in aller Ruhe umzuschauen, den angebotenen Kaffee zu trinken und mich über die Zwiebel-Mettbrote von Frau B. sen. herzumachen. So gestärkt, beginne ich meine Hörreise im Blauen Salon (ich weiß nicht, wie der Raum sonst bezeichnet wird, halte aber meine Bezeichnung für angemessen, er strahlt sehr viel technische und künstlerische Würde aus, wenn es denn so etwas gibt ... Farbpsychologisch bin ich nicht so ganz fit, vermute aber hör-unterstützende Wirkungen bei der Anwendung der Farbe blau...- beruhigende zum Beispiel).

Vorgeführt wird sowohl analog (Dr. Feickert TWIN, versehen mit einem Tonabnehmer von Einstein), als auch digital. Letzteres sowohl per HDX, mit verkabeltem neuen DAC, und vom CD-Player 555 – alles Produkte der Firma Naim (die dazu gehörenden Netzteile etc. unterschlage ich jetzt einmal, weil mir auch die Bezeichnungen außer dem PSX nicht geläufig sind).

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Gehört wird über die Lautsprecher 802K (aktiv) und 160 (Standlautsprecher, passiv, hier unterstützt durch einen Einstein-Verstärker). Schon die passiven Lautsprecher der Firma Geithain klingen überraschend gut aufgelöst, der Bass ist in diesem Raum mehr als passabel (obwohl es sich um ein Bassreflexsystem handelt :D), aber auch diese Lautsprecher kosten doch schon richtiges Geld. Wie relativ gutes Hören sein kann, erlebe ich dann mit der 802 K. Alles, was mir vorher über die 160er schon gut gefiel wurde noch besser, viiiel besser. Wurden dadurch die 160er schlechter? Nein, es ist halt auch hier, wie im restlichen Leben: wenn man etwas Besseres hört, relativiert sich alles, was vorher war. Da die 802 K eh nicht in mein Budget passen, nehme ich sie als state of the art Produkt zur Kenntnis. Ich weiß jetzt, was möglich ist.

Im zweiten Raum (überwiegend grün gehalten, aber immerhin mit blauer Seitenwand) gibt sich die Gelegenheit, einen meiner Kandidaten zu hören – die 901 KA.

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Vorgeführt wird sie an Elektronik der Firma BMC (oder BCM – meine Aufzeichnungen sind da etwas widersprüchlich- das mag daran liegen, dass ich vor 40 Jahren mal einen Mini fuhr, der von der Fa. British Motor Company nach Hamburg importiert wurde – schöne Erinnerung an eine verrückte Zeit – und sich dadurch diese Kürzel bei mir eingebrannt haben). Aber, was wichtiger ist als meine pubertären Erinnerungen: Die Dinger (CD-Laufwerk und Wandler/Vorstufe) klingen phantastisch an den 901 KA. Ich frage Martin, der mir hilft, mich zu orientieren, was das Kürzel KA bedeutet. „Keine Ahnung“ antwortet er, irgendwie folgerichtig. Das K steht für die nierenförmige Abstrahlung dieses Lautsprechttypus, das A steht nicht für AKTIV, sondern beschreibt die Lautsprecher, die eine „Metallmütze“ tragen (die Bilder erklären hoffentlich besser, was ich unter Metallmütze verstehe).

Morgen (mein eigentlicher Hörtermin ist am Montag), soll ich die 901 KA an Elektronik von Naim hören, die B.. sind nur heute hier – Vorserienmodelle. Hinter dieser Firma steht, so erklärt mir der freundliche Vertriebsmensch, der auch den Deckel der Geräte lüftet und das Innenleben („modular aufgebaut und daher zukunftssicher“) erklärt, der Entwickler Carlos Kandeias – der Kandeias, der früher in der Nähe von Hamburg wohnte, und mir vor fünfundzwanzig Jahren eine blitzsaubere mehrfach regelbare Phonovorstufe baute, die auch noch außergewöhnlich gut klang. Die Hifi-Welt ist klein, möchte man da sagen, irgendwann läuft man sich immer mal wieder über den Weg (auch wenn C. K. jetzt in China lebt, ist das wohl nicht auszuschließen).

Es ist nach 18.00 Uhr, Claus Bücher besteht darauf, dass ich mit ihm und dem „Team“ essen gehe. Ein Grieche, gleich in der Nähe, „so was hast du noch nicht kennen gelernt“ meint er. Und es ist so. Der Grieche heißt Goldener Engel, aber in der Küche geht es traditionell mediterran zu. Diverse Vorspeisen, Gegrilltes und Überbackenes – ich verliere den Überblick und freue mich an der guten Stimmung, die herrscht.

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Gegen 22 Uhr nimmt mich Konrad Wächter (WSS-Kabel) mit in mein Hotel (Danke nochmals, Konrad) – der erste Tag war anstrengend, bezogen auf meinen „Auftrag“ aber schon recht viel versprechend.

Montagvormittag werde ich von Rolf vor meinem Hotel abgeholt. Rolf (der die Wahrheit hört - zumindest im Open-End-Forum) war auch einer der Gäste am gestrigen Tag und hatte keine Lust mehr, spät abends nach der gemeinsamen Völlerei nach Hause zu fahren und war bei einem Bekannten untergekommen. Heute will er mit mir zusammen bei Claus noch einmal die 901 KA hören, diesmal an Naim Elektronik (Naim Pre 202, Naim CD5x).

Jetzt kann ich auch meine mitgebrachten drei CD´s auspacken. Die da sind:
- Jethro Tull: A little light music (Liveaufnahme einer Welt-Tournee im Jahre 19..)
- Strauß: Die Fledermaus (legendäre Kleiberaufnahme mit den Bayerischen Symphonikern)
- Chris Barber: Who´s Blues (Originalpressung, ziemlich alt, von Bell records)
Für mich reichen diese drei Scheiben aus, um die für mich wichtigen Informationen zu erlangen (Im Übrigen: alle meine bisherigen und zukünftigen Beurteilungen von Elektronik und Lautsprechern sind subjektiv. Ich gebe ausschließlich MEINE Meinungen und Empfindungen wieder, jede andere Auffassung ist gleichberechtigt wichtig und genau so wahr!).

Im Naim CD-Player liegt Who's Blues „At the Jazz Band Ball“ – Die Dynamik ist umwerfend, das frische Blech klingt ungemein differenziert auf einer sehr breiten Bühne. Auch leise klingt es hervorragend. „Snag it“: Die manchmal sehr enge Abgrenzung der gestopften Trompete zur benachbarten Posaune, die leicht zu Überlagerungen führen kann, ist hier überhaupt nicht auszumachen. Jedes Instrument hat seinen Platz. Ein tiefer konturierter Bass, wie ich ihn noch nicht kenne, macht Lust auf mehr.

Der Can Can in der Fledermaus kommt ungeheuer dynamisch daher. Die gestrichenen Bässe grollen, dass es eine Freude ist. Auch hier: Das Blech strahlt wie poliert. Und laut kann ich hören wie nie zuvor. Der Lautsprecher macht alles mit. So gut habe ich noch nie vorher Musik gehört!

Die recht höhenbetont aufgenommene Scheibe von Jethro Tull wird ohne Schärfen auf einer schmaleren Bühne reproduziert. Auch diese Vorführung ist für mich ein Highlight. Auch Rolf hört „seine“ Scheiben und kommt für sich wohl zum gleichen Ergebnis: Die 901 KA sind im Preis-Leistungsverhältnis wohl das Beste, was wir beide in unserer Hifi-Karriere gehört haben.

Rainer (Eusebius) guckt kurz bei Claus Bücher rein und bietet uns an, seine 901 K (ohne Mütze) zu hören – „nur eine Autostunde entfernt“ - und scheint fast ein bisschen traurig, dass ich das Angebot nicht annehme. Aber zum Schluss meines Aufenthaltes bei Claus Bücher möchte ich doch noch einmal die 802 K hören und dabei zwischen dem mit dem DAC aufgewerteten HDX und dem Superplayer 555 umschalten. Zwischen diesem Gerät (555) bzw. der Gerätekombinationen (HDX zzgl. DAC) liegt eine Preisdifferenz, für die ich eine 901 K erstehen kann. Als HDX-Besitzer bin ich natürlich besonders neugierig. Der Unterschied ist gering, aber wahrnehmbar: Die 555 spielt die vorgegebene Musik insgesamt einen Tick ruhiger, es ist ein bisschen mehr Fluss zu erkennen, tonal unterscheiden sich beide Kombinationen nicht wahrnehmbar. Die Unterschiede bewegen sich im Minimalbereich, aber sie sind letztlich da. Und das ist an diesem Vormittag nicht nur meine Meinung ...

Am frühen Nachmittag verabschiede ich mich von Claus Bücher, von Martin, von Rolf und Frau Bücher sen., die mich Mittags noch mit Kaffee und Kuchen verwöhnt.

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Ich bin sicher nicht das letzte Mal hier gewesen. Nicht nur, dass ich hervorragend Musik hören konnte, ich wurde auch von Claus wie ein Familienmitglied behandelt. Lieber Claus, ich habe mich in Taunusstein bei dir sehr wohl gefühlt, lieber Martin, danke für deine Unterstützung, die nicht selbstverständlich ist. Ich saß kaum im Zug und habe euch beide schon vermisst. Danke.


Zweiter Teil: Bonn

Dienstag früh, ich habe um 10 Uhr einen Termin bei Johannes Krings in der Kaiserstraße.

Es ist schwer, bei J. Krings eine Beurteilung zu einem Lautsprecher, den man dort gehört hat, abzugeben. Es sind einfach zu viele Unbekannte, die den Eindruck evtl. in eine ungewollte Richtung lenken. Fünfundzwanzig(!) Paare Lautsprecher, nebeneinander, übereinander. Marken wie Backes & Müller neben Silbersands und anderen in diesem Kontext fast untergehenden Firmen.

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Im Hintergrund - rund 10 Meter entfernt – spielt eine Silbersand FM 701 Klavier. Nein, natürlich spielt sie selbst kein Klavier (obwohl ich auch in den Räumen ein Klavier entdecke), aber es klingt so, als wenn ein großer Flügel gespielt wird. Live. Ungeheuerlich. Ich wende mich nahe Liegendem bzw. Stehendem zu. J. Krings erläutert mir die Unterschiede zwischen alten und neuen B&M, zwischen B&M und Silbersand und sowieso nahezu alles zum Thema Aktivlautsprecher. Sehr fundiert klingt das, J. Krings kann Fakten interessant verpackt vermitteln.

Eine Stunde ist um. Jetzt folgt nach der Theorie der praktische Beweis. BM 4, BM 10 und BM 18 wechseln sich ab, beinahe allen gelingt es, mir ein verzücktes Lächeln in das Gesicht zu zaubern (blödes Grinsen würde ich auch akzeptieren), alle klingen wirklich gut, teilweise sehr gut. Will man mehr? Will ICH mehr? Vielleicht die Silbersands hören, die sich um meinen Hörplatz gruppieren, fast, als wollten sie aufpassen, dass keiner das Weite sucht. Das tue ich auch nicht, ich bin ja schließlich freiwillig hier. Die FM 401 erklingt. Sehr schön. Geht noch mehr? Klar! FM 501, ca. 13 Jahre alt, mit eingebauter Vorstufe und zugehörigem Kontroller. Alt aber gut. Wie ein gut gereifter, im Barrique-Fass gelagerter, spanischer Wein. Den J. Krings auch vertreibt. Als grande reserva würde man einen Wein bezeichnen, der die selben Meriten aufweist wie dieser gut gelagerte Lautsprecher. Setzen wir doch auf die geforderten 16.000 € noch eins drauf – ich bewege mich eh schon in preislichen Regionen, die bisher nicht eingeplant waren – und höre eine FM 501 neuerer Bauart, mit dem Hochtöner der FM 701 ausgerüstet. Es perlt noch ein bisschen mehr, Bach hätte seine helle Freude, aber 24.000 € sind auch eine ganz besondere Ansage, die mich bei aller Verzückung schlucken lässt. Als ich nach drei Stunden gehe (meine eigenen CD´s habe ich im Übrigen nicht gehört, es war einfach nicht wichtig) weiß ich: Eine Silbersand wäre wohl was für mich. Und wenn schon, dann eine FM 501 mit diesem wunderbaren Hochtöner. Träumen ist erlaubt, habe ich meinen Kindern beigebracht und nehme dieses Privileg jetzt auch für mich in Anspruch.

Und damit ich etwas Abstand bekomme, gehe ich in das Kunstmuseum Bonn. Und lasse meine Augen schwelgen in der von mir so geliebten Kunst der klassischen Moderne, die hier besonders schön und vielfältig dargeboten wird. August Macke ist ein Sohn der Stadt, dessen Werke hier neben vielen anderen ausgestellt werden, aber auch das Haus, in dem er (er starb sehr jung) zuletzt mit seiner Familie lebte, ist erhalten und als kleines Museum zu besichtigen.

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Das alles gibt mir den inneren Ausgleich wieder, den ich nach meinem Besuch bei J. Krings dringend benötige – ich war kurz davor, spontan 24.000 € auszugeben.


Dritter Teil: Essen

Nach einer unruhigen Nacht in Bonn reise ich heute früh nach Essen. Da die Bahn sich verspätet (kommt manchmal vor :D, aber auf den Autobahnen gibt es ja auch manchmal einen Stau ...), muss ich mich beeilen um Christoph Zingel, mit dem ich um 11 Uhr verabredet bin, nicht allzu lange warten zu lassen. Mein inneres Gleichgewicht ist beinahe wieder hergestellt, der Erlebnisschock Silbersand FM 501 / FM 701 ist verarbeitet, mich kann nichts mehr erschüttern. Denke ich.

In der Isenbergstraße betreibt Chr. Zingel ein Ladengeschäft, das nach Anmeldung auch betreten werden darf. Chr. Zingel ist jung, sympathisch, offen und neugierig. Jemand, den man spontan mag. Mir ging es jedenfalls so. Chr. Zingel hatte sich auf meinen Besuch vorbereitet und auf der einen Seite des großen Hörraums ein Paar Adam Beta neben einem Paar BM 15 aufgestellt. Preisklasse bei beiden so gut um die 20.000 €. Die Musik kommt vom Server – später, aufgrund von Funktionsstörungen des Sonos vom CD-Player (Restek, Typenbezeichnung weiß ich nicht). Die Lautsprecher sind umschaltbar, ich mache von dieser Möglichkeit anschließend regen Gebrauch. Die Adam Lautsprecher sehen mächtig und schwarz aus, sind aber gänzlich ungeregelt. Seit gestern weiß ich, was eine Regelung kann und auch macht – bin ich schon voreingenommen? Nein, den Unterschied im Bassbereich kann ich hören, die BM 15 ist da eindeutig im Vorteil. Auch der Grundtonbereich der Backes & Müller gefällt mir besser. Es sind keine besonders großen Unterschiede, aber bei dem Preis, der verlangt wird, ist das Erbsenzählen erlaubt, denke ich (Chr. Zingel stimmt mir da zu) und schiebe die Adams gedanklich zur Seite. Physisch macht das später Chr. Zingel und stellt die BM 15 so auf, dass sie meiner Hörposition zu Hause entsprechen (3 Meter Basisbreite, 2,5 Meter Hörabstand). Ich höre meine drei CD's und bin zufrieden. Ein anderer Raum, ein anderer Lautsprecher als gestern und doch klingt es (fast) so gut wie in Bonn. Oder habe ich mich nur so schnell an dieses neue Niveau gewöhnt?

Eine Silbersand muss zum Vergleich her. Sie steht noch auf der anderen Seite des Raumes und nennt sich Emotion 5. Die insgesamt 5 Chassis (daher wohl auch die Namensbezeichnung) verteilen sich auf je zwei Tief- und Mitteltöner, die das Hochtonchassis in der sog. d'Apollito Anordnung einrahmen. Diese Anordnung soll wohl ein akustisches Zentrum erzeugen und dem Ideal der Punktabstrahlung nahe kommen. Helles hübsches Furnier auf einer Standbasis aus Acryl. Sehr schlank und mit kleineren Membranflächen als die 501 ausgestattet sieht sie nicht so aus, als wenn ich von ihr Bassorgien erwarten könnte. Erwarte ich auch nicht, aber sie versteckt sich doch ein bisschen. Die Emotion 5 klingt nicht nur unspektakulär (was im besten Sinne neutral heißen könnte), sondern sie lässt die Musik nur wie durch ein Fenster betrachtet auf mich wirken. Ein ziemlich kleines Fenster, finde ich. Nachdem die erste Runde schon an die BM 15 gegangen war (ein knapper Punktsieg, kein K.O., um in der Boxersprache zu bleiben), hatte ich jetzt doch ein bisschen mehr Gegenwehr erwartet. „Wir stellen die Emotion 5 um“ entscheidet Chr. Zingel und trägt die 60kg (je LS) auf die andere Raumseite, neben die BM 15.

Und dort entfaltet sie sich. Was eine andere Platzierung ausmachen kann, ich glaube es kaum. Auch das Umschalten ist jetzt wieder möglich. Klar, im Bassbereich ist die BM 15 deutlich überlegen, aber die Bühne ist bei der Silbersand genau so breit wie bei der Backes, dafür aber ein ganzes Stück tiefer. Das überrascht auch Chr. Zingel. Und im Hochtonbereich spielt die Emotion 5 auf dem gleichen hohen Niveau, wie gestern die neuere FM 501 – Kunststück, haben sie doch beide das Chassis der 701.

Chr. Zingel weist mich darauf hin, dass bei ihm alle Lautsprecher im Bass sehr reduziert klingen würden – ein Raumphänomen, an dem er arbeitet. Bei mir zu Hause würde der Bass der Emotion 5, zudem bei wandnäherer Aufstellung als hier, noch deutlich zulegen. Ist das mein neuer Lautsprecher? Wenn der Preis nicht wäre (ab 18.500 €) und ich die neuen Module von Silbersand schon gehört und verworfen hätte vielleicht.

Ich vereinbare mit Chr. Zingel, dass ich wiederkomme, wenn die neuen Module vorführbereit bei ihm stehen. Ich weiß aber auch, dass diese Module selbst in der kleinsten Konfiguration mit einem Bass-, einem Mittelton und einem Hochtonchassis nicht unter 20.000 € zu haben sein werden.

Als ich nach drei Stunden Chr. Zingel verlasse und mich auf den Weg in das neu eröffnete Folkwang Museum mache (die am 20.3. dort eröffnete Ausstellung ist mit das Schönste, was ich in der letzten Zeit gesehen habe, für Liebhaber der klassischen Moderne ein MUSS) – der Fußweg dauert gut 10 Minuten - ziehe ich ein vorläufiges Fazit meiner Hörreise:

Unter Beachtung des mir selbst gegebenen Budgets gibt es nur einen Lautsprecher, der für mich in Frage kommt und das ist die Geithain 901 K(A). Ich würde sie jeder in dieser Preisklasse angebotenen (neuen) Backes & Müller vorziehen. Wäre ich bereit, mein Budget deutlich zu erhöhen, könnte ich mir sehr gut eine Emotion 5 in meinem Hörraum vorstellen. Eigentlich finanziell außerhalb meiner Möglichkeiten liegt die in Bonn gehörte neuere FM 501. Aber von ihr träumen möchte ich noch dürfen ...

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Danksagung an: Claus Bücher, Martin, Konrad, Sam, Rolf, Frau Bücher sen. (mit der ich das Interesse an der darstellenden Kunst teilen konnte), Frau Krings und Dackel-Nachwuchs Tim, Johannes Krings für das neue Fundament, Christoph Zingel für seine freundliche Offenheit und allen: Danke für die Zeit, die ihr mir geopfert habt!

Hans
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hans
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Beitrag von hans »

Hallo Kai, habe erst jetzt deinen Beitrag vom 02.03. gelesen: Ja, so schön romatisch wohne ich. Und ja, Lübeck ist nicht nur Weltkulturerbe, sondern auch tatsächlich eine Reise wert (wie du weißt).

Gruß Hans
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axxxxx

Beitrag von axxxxx »

BRAVO! TOLLER Bericht - tolles Ergebnis. Zu dem exakt gleichen Ergebnis bin ich auch gekommen. Die 501 habe ich bislang nicht gehört, aber die fabulöse 701. Aber die braucht viel Raum zum Atmen und viel Spielraum auf dem Konto.
In der Summe aller Eigenschaften sind die Geithains ungeschlagen.
GO for it Amigo!

Gruß
Kai
Franz
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Beitrag von Franz »

Chapeau, Hans, welch ein Bericht. :cheers:

Ich kann deine Höreindrücke samt und sonders - auch in deinem persönlichen Fazit - bestens nachvollziehen. Vielen herzlichen Dank, daß du uns Leser mitgenommen hast auf diese Reise. Solche Berichte lese ich immer ganz besonders gerne.

Gruß
Franz
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Kienberg
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Beitrag von Kienberg »

Hallo Hans,

besten Dank für diesen schönen, interessanten und kurzweiligen Reisebericht zu den Quellen der besten Aktivlautsprecher, die man hier bei uns kaufen kann.
hans hat geschrieben:... Charly, der auch da ist und dem ich als erstem die Hand schüttele, halte ich ihn doch für Claus Bücher.
Das finde ich doch "sauglatt"...musste laut lachen über diese Bemerkung :mrgreen:
hans hat geschrieben: „Snag it“: Die manchmal sehr enge Abgrenzung der gestopften Trompete zur benachbarten Posaune, die leicht zu Überlagerungen führen kann, ist hier überhaupt nicht auszumachen. Jedes Instrument hat seinen Platz. Ein tiefer konturierter Bass, wie ich ihn noch nicht kenne, macht Lust auf mehr.
Kenne dieses Stück sehr gut, kann daher Deine Beschreibung bestens nachvollziehen.
hans hat geschrieben:Eine Silbersand wäre wohl was für mich. Und wenn schon, dann eine FM 501 mit diesem wunderbaren Hochtöner. Träumen ist erlaubt habe ich meinen Kindern beigebracht und nehme dieses Privileg jetzt auch für mich in Anspruch.
Freut mich, dass Du schon nach so kurzer Zeit zu diesem Urteil kommst....genauso tönen Traumlautsprecher :D
hans hat geschrieben:Das alles gibt mir den inneren Ausgleich wieder, den ich nach meinem Besuch bei J. Krings dringend benötige – ich war kurz davor, spontan 24.000€ auszugeben.
Warum eigentlich nicht, in der Musikwiedergabe gilt für mich seit Jahrzehnten der Satz:
Alle Macht den Lautsprechern, daher sollte man dort auch sein Geld vergraben, so erhält man den grössten Return (...da kommt selbst das beste Derivat nicht mit :wink: :mrgreen: )


Wünsche Dir nun ruhige, gelassene Tage...und die richtige Entscheidung.

Gruss
Sigi
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Pistentiger
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Beitrag von Pistentiger »

Hallo Hans,

auch ich bin relativ neu hier und habe gerade Deinen interessanten Beitrag gelesen und zugleich dann auch gesehen, dass Du aus dem hohen Norden kommst - dann nimm auf jeden Fall AUCH mal Kontakt zu Uwe Jessen auf, der dürfte ja dann ganz in Deiner (relativen) Nähe sein, zur Zeit noch in Lensahn, im Internet findest Du ihn unter www.jessen-highend.de oder www.aktivlautsprecher.com.

Kann ich Dir, so wie sicherlich viele andere hier, nur allerwärmstens empfehlen. Auch ich habe sagen wir mal - naja - nicht unbedingt optimale Raumverhältnisse - und besitze seit kurzem eine BM4 - mit der ich denke mal, wenn ich die Raumakustik noch etwas optimiere - sicherlich lange Freude haben werde.

Dir in diesem Sinne noch viel Spass hier im Forum und viel Erfolg bei Deiner Suche.

Jürgen
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Fortepianus
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Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Hans,

danke für Deinen äußerst lesenswerten Bericht, in dem Du uns an Deinem Weg zu neuen Lautsprechern teilhaben lässt. Wirklich ein Genuss, den mit feinem Humor gewürzten Bericht zu lesen.

Viele Grüße
Gert
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