Fortepianus hat geschrieben:Ich fürchte nur, dass Herr Zimmermann von BM gerade in den Herbstferien ist, sonst reagiert er immer sofort (innerhalb von einer Stunde oder so) auf Mails. Naja, warten wir mal auf Montag.
Das muss ich zur Ehrenrettung von BM jetzt doch richtig stellen, ich hatte Herrn Zimmermann eine Mail geschrieben vom Notebook meiner Frau, und den Absender im Mailprogramm nicht auf meine Mailadresse geändert. Deshalb kam bei mir erst mal nichts an, sondern bei meiner Frau. Wo ich nicht nachgeschaut habe. Die Reaktion von BM war wie gewohnt schnell, nett und kulant. Ich werde demnächst wieder einen spielenden Mitteltöner haben und Ihr braucht keine Kollekte dafür anzuleiern. Auch wenn das sehr nett von Euch war
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So, weiter im Text, etwas Theorie zur Regelung. Keine Angst, keine Formeln. Lasst uns diskutieren, was eine Chassis-Regelung theoretisch kann und was sie nicht kann.
Nehmen wir mal an, die Regelung wäre perfekt. Das würde heißen, das System würde die Spannung des Musiksignals exakt in eine Beschleunigung der Schwingspule umsetzen. Der
Schwingspule, nicht der Membran. Solange auf der Membran nirgends ein halbe Wellenlänge des Musiksignals Platz findet, stellt eine konus- oder kalottenförmige Membran auch in recht guter Näherung einen Kolbenstrahler dar - was die Voraussetzung für den Regelungsansatz war, nämlich die Membranbeschleunigung proportional zum Musiksignal zu halten. Passt nun aber auf dem Umfang eine ganze Wellenlänge oder radial eine halbe drauf, kann die Membran in Partialschwingungen aufbrechen. Die Wellenlänge von einem 1kHz-Signal ist 34cm - das ist bei einem Mitteltöner mit gut 10cm Membrandurchmesser gerade der Umfang. Irgendwo in der Gegend von 1kHz wird also das hier diskutierte und gerade ausgebaute
Chassis ein Eigenleben beginnen, das nicht durch eine Regelung beeinflussbar ist. Kein Zufall, dass bei BM diese Miteltöner je nach Modell zwischen 880 und 1300Hz ausgeblendet werden. Ok, das Problem bestünde nicht, wenn das Membranmaterial unendlich steif wäre. Ein solches Material gibt es aber nicht. Diamant ist extrem hart und wird deshalb manchmal bei Hochtönern verwendet, Keramik ist sehr steif, und Kohlefaser ebenso. Alu ist nur so mittelmäßig steif, Papier und die üblichen Kunststoffmaterialien ebenso, und Kevlar ist eigentlich auch ein recht wabbeliges Zeug. Deshalb gibt es die zwei verschiedenen Wege zum Ziel eines guten Membranmaterials, entweder extrem hart, oder, wenn es denn schon schwingt, eines mit sehr hoher innerer Dämpfung, d. h., Schwingungen, so sie denn auf der Membran entstehen, klingen sehr schnell wieder ab.
Unterhalb des Frequenzbereichs, in dem die Membran ihr Eigenleben beginnt, ist eigentlich heile Welt. Nur - das geht beim konventionell angesteuerten Chassis nur so lange, bis man nach unten in den Frequenzbereich stößt, der in die Nähe der Resonanzfrequenz des Masse-Feder-Systems kommt. Hier kann das betrachtete ideal geregelte Chassis das Eigenleben ausschalten - eine Steuerung kann das aber natürlich auch. Wenn auch nicht mit einer Kompensation geänderter Bedingungen (Alterung, Temperatur, Luftdruck etc.), aber in guter Näherung. Ein geregeltes oder vorgesteuertes Chassis kann deshalb bei deutlich tieferen Frequenzen eingesetzt werden als das konventionell betriebene. Wer schon mal den Bass gehört hat, der aus einer kleinen Backes kommt, BM4, BM6, Nano und wie sie alle heißen, weiß, was ich meine.
Ähnliches gilt für die Verzerrungen. Die meisten Oberwellen entstehen auf der Membran oder auf dem mitschwingenden Lautsprechergehäuse, da hilft eine Regelung gar nichts.
Will man die Vorteile eines geregelten oder vorgesteuerten Systems ausreizen, muss man das Chassis also hauptsächlich in dem Bereich betreiben, in dem die Schwingspule noch Herr über die Membran ist. Man versteht nun vielleicht auch, warum es müßig ist darüber zu diskutieren, ob ein Lautsprecherchassis geregelt werden muss, weil es sonst zu nichts zu gebrauchen wäre. Ein geregeltes Chassis kann eben noch viel tiefer sinnvoll eingesetzt werden als ein konventionelles, und das wird dann bei der Konstruktion natürlich ausgereizt. So kommt es aber, dass die geregelten Aktiven meist 4 oder sogar 5 Wege haben - weil dann die Chassis in dem Bereich spielen können, in dem die Membranschweinereien noch keine ausgeprägte Rolle spielen. Die Trennfrequenzen liegen dann meist tiefer, als man das von passiven oder aktiven ungeregelten/ungesteuerten Systemen kennt. Hinzu kommt noch der Effekt, dass bei geschwindigkeitsgeregelten Chassis die Wirkung der Gegenkopplung mit 6dB pro Oktave abnimmt. Je tiefer, desto wirkungsvoller die Regelung. Was natürlich irgendwann an die Grenzen des verfügbaren Hubs und der dann sprunghaft ansteigenden Verzerrungen stößt.
Die Regelung hat also ihre Stärke dort, wo das konventionell angetriebene System mit der Masse-Feder-Reibungs-Schwingungsdifferenzialgleichung kämpft und diese nur mit konventionellen Mitteln bekämpfen kann. Nämlich mit passender Wahl von Volumen und Dämfung. Da zwingt die Regelung der Membran ein gesittetes Verhalten auf. Im Frequenzbereich, in dem die Membran die Qualität dominiert, ist auch die Regelung machtlos.
Viele Grüße
Gert