Hallo Hans Martin,
Hans-Martin hat geschrieben:
Zur Sache: Für mich schließt sich Bassreflex in Verbindung mit Membranregelung aus, der Zugewinn durch BR ist sehr beschränkt, dafür bekommt man reflektierte Mitteltonenergie aus dem Inneren des Gehäuses
Diese Sache - "BR geregelt" - ist hier bisher nicht durchdacht oder gar spezifiziert worden, das werde ich auch vorerst nicht weiter verfolgen.
Nur zwei Punkte kurz hierzu als mögliche Motivation.
- an der BR Abstimmfrequenz bis zu 12dB Hubminderung ("bringt nicht viel" ?)
- benötigtes Verschiebevolumen des treibenden Chasiss sinkt um bis zu Faktor 4
- Dadurch Verkleinerung des Membranradius um bis zu Faktor 2 möglich
Synergieeffekte hieraus wären
gerade im Mittelton und im unteren Hochton (z.B bei 2-Wege Systemen) zu erwarten.
- Denn der Frequenzbereich der partialschwingungsfreien (annhähernd kolbenförmigen) Membranbewegung kann dadurch ohne "Klimmzüge" um min. eine volle Oktave erweitert werden. Damit sind wir beim "neuralgischen Punkt" jedweder Regelung: Nämlich der kolbenförmigen Membranbewegung, welche dafür Voraussetzung ist.
- Das Bündelungsmaß kann mittels kleinerer Tiefton-Membran zu höheren Frequenzen konstanter gehalten werden, was insgesamt den Aufbau von (Kompakt-) LS mit geringen Diskontinuitäten im Bündelungsmaß (Tief-Mitteltöner vs. Hochtöner) erleichtert.
Hans-Martin hat geschrieben:
... dafür bekommt man reflektierte Mitteltonenergie aus dem Inneren des Gehäuses
... wenn dies z.B. bei einem konkreten 2-Wege System tatsächlich einmal schwer in den Griff zu bekommen sein sollte - bei reinen Woofern ist es bei richtiger Dimensionierung kein Thema - dann kann der Port durch einen in dieser Hinsicht geeignet ausgelegten Passivschwinger ersetzt werden:
Das habe ich zuvor bereits als Option erwähnt.
Zu den hier bisher geäußerten Bedenken und Vorstellungen über BR-Gehäuse im Tiefton (auch durch @wgh und @Hans-Martin):
Ich halte alle hier geäußerten Bedenken bis jetzt für "sehr voreilig" und teils auf unzutreffenden Vorstellungen über Gehäuse 4ter Ordnung beruhend.
So sind z.B. Impedanzkurven von Treibern in Gehäusen 4ter Ordnung sehr mannigfaltig:
Es sind Abstimmungen möglich, die sich hier auf den ersten Blick kaum von einem geschlossenen Gehäuse unterscheiden. Auch die Vorstellung, ein Gehäuse 4ter Ordnung sei durch einen "Resonator geringer Dämpfung" hinreichend charakterisiert, ist unzutreffend.
Der Impedanzverlauf bei BR hat im Wesentlichen 3 Frequenzbereiche, die unterschiedlich ausgeprägt sein können und die unterschiedlich ineinander übergehen können. Stark vereinfacht:
- die "untere" tieffrequente Resonanz: Hier sind Massereaktanz des Ports (oder Passivradiators) und der treibenden Membran praktisch "gekoppelt" und "hängen beide an der Federsteifigkeit" der Aufhängung des treibenden Chassis. Die Federsteifigkeit der Gehäuseluft ist hier quasi "wirkungslos". In diesem Modus kann nicht mehr nennenswert Schall abgestrahlt werden. Treibendes Chassis und Port sind mech. "in Phase", aber die Abstrahlung nach außen löscht sich aus. (Beim Übergang vom "mech. Ersatzschaltbild" zum "Abstrahlmodell" muss hier quasi eine "Umstülpung" von "innen" nach "außen" erfolgen, das ist auf den ersten Blick etwas kontraintuitiv.)
- die Abstimmfrequenz Fb: Hier ist die Impedanz minimal durch verringerte Membrangeschwindigkeit (oft ergeben sich 12dB Hubreduktion). Treibende Membran und Port haben 90 Grad Phasendifferenz. Die Geschwindigkeit des Ports (oder PR) ist maximal, damit auch die Schallabstrahlung durch den Port.
- die obere Resonanz: Hier sind treibende Membran und Port mech. in Antiphase (Abstrahlung jedoch jedoch in Phase s.o.) Es entsteht eine Resonanz (sehr!) vergleichbar mit derjenigen des geschlossenen Gehäuses: Membran und Port arbeiten gemeinsam auf die Federsteifigkeit des Gehäusevolumens.
Kombinierte Massereaktanz der Membran und des Ports werden gleich der Federwirkung des Gehäuses.
Man muss sich von der Vorstellung lösen, hier sei "etwas außer Kontrolle" oder die hohe Resonanzgüte des Gehäuses bei Fb schlage sich beim Gehäuse 4ter Ordnung irgendwo direkt "nach außen" in den Bewegungsgrößen nieder.
Es sind u.a. Abstimmungen mit resistiven Komponenten (Leckagen) möglich, die z.B. einen progressiven Impedanzverlauf bis zur unteren Resonanz aufweisen: "Antiresonanz" bei Fb und obere Resonanz treten dann nicht sichtbar in Erscheinung. Umgekehrt ist bei sehr "tiefen" Abstimmungen oft nur die obere Resonanz deutlich erkennbar.
Es ist mir auf den 1. Blick nicht einsichtig, warum solche Systeme nicht mit einer Regelung versehen werden könnten. Nur so in's Blaue:
- Es wäre vermutlich eine angepasste Hochpassfilterung des Eingangssingals notwendig.
- Die "Antiresonanz" bei Fb (geringe Membranbewegung und Impedanz aber hohe Bewegung des Ports) müsste bereits im Sperrbereich des Hochpasses liegen.
- Eine Erhöhung der Membrangeschwindigkeit - durch Gegenkopplung gegenüber dem ungeregelten Fall - wäre unterhalb der Eigenresonanz nicht in dem Maße erforderlich wie bei "kleinen" (Gehäusevolumen klein gegen Vas) geschlossenen und sensorgeregelten Boxen.
Die Regelung eines BR Systems wäre als Entwicklungsaufgabe wohl weit weniger spektakulär, als viele sich das hier vorstellen. Wie beim geschlossenen Gehäuse auch würde das Vorhandensein der Regelung sich natürlich auf eine mögliche Dimensionierung auswirken.
Möglicherweise könnten z.B. bei korrekter Auslegung jetzt auch Chassis für BR eingesetzt werden, deren Parameter dies sonst nicht als günstig erscheinen lassen.
Ich will das jetzt nicht ausweiten, jedoch wundert es mich, daß hier offenbar noch nichts getan wurde, und sei es nur rein "explorativ".
Das dürfte m.E. auf ein "Denken in Lagern" zurückzuführen sein. Das geschlossene Gehäuse ist ein Netzwerk 2ter Ordnung, das BR-Gehäuse ist hingegen ein Netzwerk 4ter Ordnung, welches von seinen Auslegungsmöglichkeiten das geschlossene Gehäuse praktisch "mit einschließt". So sehe ich es jedenfalls bereits sein Jahrzehnten und so "denke" ich auch BR-Abstimmungen, welche ich für bestimmte Einsatzbereiche benötige (z.B. bei aktiver oder passiver Ansteuerung).
Möglicherweise bestehen hier noch Gelegenheiten in der Elektroakustik: Es gibt davon m.E. noch sehr viel mehr mehr als man gemeinhin denkt. Stellt sich "BR-geregelt" bei näherer Betrachtung - die wir hier im Forum m.E. an dieser Stelle nicht leisten können - als "nicht attraktiv" heraus: OK. Aber dafür sehe ich "a priori" wirklich keinen Grund.
Grüße Oliver