Hallo zusammen, ich wünsche zuerst einmal ein gutes Neues Jahr!
In den letzten Beiträgen lese ich gerade ein paar Dinge, zu denen ich etwas beizutragen hätte:
Bzgl. Franz und der unterschiedlichen Lautheit: Ich kenne den Effekt. Meiner Meinung nach kommt das durch einen Pseudopräsenzeffekt beim Runtersampeln auf CD-Format. Die ganzen Artefakte durch die Impulsverbreiterung erzeugen ganz einfach ein gewisses Maß „Frequenzmüll“, der sich bei hohen Frequenzen auswirkt. Ein durch den Filter erzeugter Vorschwinger ist auch ein Einschwingvorgang, der dann dem natürlichen zusätzlich überlagert wird. Nach dem Downsampling klingt eine Aufnahme immer etwas „brillanter“ und damit i.d.R. auch lauter. Das ist aber eine künstliche Brillanz. Deshalb bei Vergleichen auch immer aufgepasst. Ist das Ausgangsmaterial sehr grundtönig oder die Ausrichtung der Anlage so, dann kann man beim direkten Umschalten diesen Effekt zunächst auch mal leicht als besser beurteilen.
Das Stichwort Blindtest und Studien ist mal wieder gefallen. Ich habe ja schon oft gegen diese Tests argumentiert, aber ein aktueller Anlass zeigt mir gerade deutlicher als je vermutet, wie unsinnig diese ganzen Tests sind, die angeblich fehlende Unterscheidbarkeit beweisen. Ich sollte an einem ABX-Blindtest teilnehmen, mit dem Klangunterschiede von Summierungen mit unterschiedlichen DAWs getestet werden sollten. Als ich die Beispiele gehört habe, habe ich mich aber geweigert. Die Signalqualität – ich meine jetzt die technische Signalqualität – war einfach so schlecht, dass das ein Lotteriespiel hätte werden müssen. Ich kenne die Art Unterschiede und die sind so subtil, wenn überhaupt in einem Versuch hörbar, dann ist höchste Signalgüte Pflicht. Solche Tests kann man doch völlig vergessen, weiß man nichts über die Beschaffenheit der Testsignale. Da es aber keine objektiven Parameter gibt, die so etwas wie Klang allumfassend exakt beschreiben, wird man das Dilemma nie lösen können. Sprich: Wenn ich nur Testsignale mit geeigneter Beschaffenheit hernehme, kann ich alles beweisen.
Wenn man mal kurz etwas genauer darüber nachdenkt, wird jeder unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass akustische ABX-Blindtests nur für Positivbeweise taugen. Wenn eine statistisch signifikante Häufung für A oder B zu finden ist, kann ich von einem entsprechend sicheren Ergebnis ausgehen. Denn weil blind getestet, ist bei sauberer Versuchsdurchführung das Ergebnis zuverlässig. Wenn es aber keine Häufung für A oder B gibt, liefert der Versuch einfach kein Ergebnis. Die Folgerung, darin einen Beweis für die Nichtexistenz von Unterschieden zu sehen, wird in unserer Branche zwar ständig gemacht, ist doch aber grober Unfug. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir demnächst lesen dürfen, dass wissenschaftlich ganz sauber in einem ABX-Blindtest bewiesen wurde, dass alle DAWs gleich klingen. Nur dumm, dass das kaum ein Anwender bestätigen kann. Aber das kennen wir ja …
Übrigens zur ewigen Diskussion à la „CD-Abtastrate ist genug, weil der Mensch keine höheren Frequenzen hört“. Neulich hatte ich eine Eingebung
Ne, Spaß beiseite, es kamen nur jetzt endlich mal ein paar entscheidende Impulse zusammen und der Gedankengang war dann gar nicht mehr so schwer: Wer mich schon länger kennt weiß um meine zahlreichen Beiträge zum Thema. Auch alles vielleicht interessant und nun nicht unbedingt überholt, aber im Kern war alles viel zu kompliziert gedacht.
Das Argument mit dem Hörvermögen war schlicht der größte Bluff der (Audio)Geschichte, der rundum so überzeugend vorgetragen wurde, dass man gar nicht merkt wie simpel der große Irrtum zu entlarven ist: Denn es wird mit einer einzigen Eigenschaft (dem Frequenzumfang) eines hochgradig nichtlinearen Systems (des menschlichen Hörsystems) argumentiert, um eine Vereinfachung in einem linearen System zu rechtfertigen (Linearität im naturwissenschaftlich-technischen Sinn). Das ist schlicht und einfach so nicht zulässig.
Unsere technischen Systeme verhalten sich i.d.R. linear – zumindest ist es das Ziel eines jeden Entwicklungsingenieurs – und somit auch die Aufzeichnung per PCM auf CD. Wenn ich in einem solchen linearen System die Bandbreite beschränke, impliziere ich eine Reduktion des Auflösungsvermögens im Zeitbereich (siehe Küfermüller, altes Thema, bestreitet ja auch niemand). In einem nichtlinearen System gilt der Zusammenhang jedoch nicht. Wenn ich also beim Menschen die Bandbreite messe, kann ich KEINEN Rückschluss auf das Auflösungsvermögen im Zeitbereich ziehen. Diese Eigenschaft müsste somit beim Menschen separat untersucht werden, bevor hier etwas vernachlässigt wird. Es gibt keine Aussage darüber und dennoch wird etwas weggelassen. Die Präzision in der Zeitebene könnte zwar zufällig so schlecht sein, dass die bei der CD gemachte Vereinfachung zufällig nicht schadet. Mit Wissenschaft hat das jedoch nichts zu tun. Wenn nun irgendjemand auch noch behauptet, dass er bei Übertragung der gesamten Signalanteile (auch über 20kHz) Unterschiede hört, so taugt das Argument mit der Frequenzbandbreite genau NULL als Gegenargument! Das Schlüsselwort ist der Begriff Linearität.
Es gibt in der Audiotechnik übrigens ein konkretes Beispiel für ein solches Verhalten. Das ganz spezielle Mikrofon des Typs Neumann M150 zeigt im Frequenzschrieb einen Abfall schon bei 17kHz. Es kann aber Impulse von einer Breite von knapp 7µs abbilden. Will man diese Impulse beispielsweise in einem digitalen PCM-System aufzeichnen, so braucht man mindestens 63kHz Bandbreite und somit 126kHz Abtastrate. Wie passt das zum Frequenzschrieb? Ganz einfach: Diese sehr spezielle Kapselkonstruktion ist einfach auch ein nichtlineares System. Die Nichtlinearität ist aber anscheinend in geradezu genialer Weise so ausgelegt, dass sie sich für die Aufgabe Musikaufzeichnung ganz hervorragend eignet. Ich bin nicht der Einzige, der dieses Mikrofon bzw. seinen legendären Vorgänger M50 für eines der besten Mikrofone hält. Gerade die Detailgenauigkeit und somit die Abbildungsschärfe im Zeitbereich, gerade bei so komplexen Klangbildern wie einer Mahlersymphonie, ist einfach grandios. Aber wie gesagt, laut Frequenzschrieb würde die Bandbreite der CD dicke reichen. Tatsächlich findet man aber in realen Aufnahmen noch mächtig viel Signal bis über 40/45kHz. Allein dieses eine Gerät beweist, wie wenig aussagekräftig der Frequenzbereich ist, hat man kein lineares System.
Viele Grüße
Ralf