Hallo,
so - nun steht ja noch mein kleiner Bericht zur BEO von Süsskind aus.
Aber vorab: Ich hatte das besondere Vergnügen, dass Joachim Gerhard (im weiteren J.G.) mir seine Lautsprecher persönlich auf dem Weg von München nach Brilon vorbeibringen konnte. Als der Mann der vor etwa 20 Jahren meine geliebten Virgos gebaut hatte. Nun zusammen auf der Couch zu sitzen und Musik zu hören war ein besonderer Moment in meinem audiophilen Dasein. Und wir hatten sehr viel Spaß!
Die Beo Carbon kam direkt aus der Redaktion der Stereo in München. Diese Woche ist der auch ein großer Bericht über genau diese Exemplare erschienen.
Ein weiterer spannender Aspekt für mich - selten hat man die Chance genau den Lautsprecher zu hören, der in einer Zeitschrift besprochen wird. Ich kann aber auch gleich sagen - der Bericht ist ganz gut - ich könnte ihn unterschreiben. Wer sich für die Lautsprecher interessiert, sollte ihn lesen.
So - wie klingt sie nun?
Bevor wir starteten, haben wir kurz noch die Wilson gehört - J. G. wollte erstmal sehen an welcher Kette sich seine Lautsprecher hier präsentieren müssen. Für den Notfall hatte er übrigens allerlei Netzfilter, Endstufen, Kabel und Messgeräte dabei - in so einer Situation erlebt man scheinbar oft unangenehme Überraschungen. So war das hier aber nicht. Was mich natürlich gefreut hat (und ihn auch).
J. G. war im Gegenteil ziemlich angetan. Acousence hatte er bisher nicht gekannt - aber „die scheinen zu Wissen was sie tun“. Auch das die kleine Linn Endstufe die Wilson so im Griff hat, hatte er nicht erwartet. Ich glaube er dachte Anfangs es wird ein ganz leichtes Spiel gegen die Wilsons hier zu gewinnen - aber auch meine digitale Filterung bekam ein Lob. Es gefiel uns beiden ganz gut was da zu hören war. Die Latte lag also gar nicht so niedrig. Also Umstecken. Wilsons weggeschoben, BEO ausgerichtet usw..
Ideale Bedingungen sollten es schon sein.
Sah dann etwa so aus:
Ich muss sagen die BEOs haben mich optisch ziemlich überrascht. Ich dachte die sind vielleicht etwas klobig - stimmt aber nicht. Sie sehen ziemlich elegant aus, wenn man sie im Raum sieht. Von der Seite haben sie eine pfiffige Linienführung und sehen eher aus wie eine architektonisch / geometrische Skulptur. Wirklich schön und sehr wohnraumfreundlich.
Die dunkle Macht des Bösen...
Top Down oder Bottom Up?
Direkt nach der Wilson die Beo zuhören war spannend. Sie klangen im ersten Moment deutlich frischer und transparenter als die Wilsons. Schnell merkt man das sie auch Bass gut können. Auf jeden Fall klingen sie sehr räumlich, in der Breite wie auch in der Tiefe. Es entsteht ein luftiges leichtes Klangbild mit sehr trockenem, kontrollierten Bass. Wenn man das Bild von Jürgen bemühen möchte - wenn die Wilsons Bottom Up sind, entsprechen die BEOs eher Top Down. Das ist auch J.G.s Philosophie - er denkt seine Lautsprecher vom Hochtöner aus.
Tweeter
Der Frequenzgang ist sehr flach. In den Höhen ist da deutlich mehr als bei meinen gefilterten Wisons gewesen - wo das Target ja oben ein wenig abfällt. Aber ich mochte es - es sind sehr schöne Höhen die der Tweeter hervorbringt. Seidig und unangestrengt. Spätere Versuche mit Filtern brachten hier nicht viel - ich wollte auf diese Höhen einfach gar nicht verzichten.. Ein Target ist scheinbar nicht allgemeingültig.. Selbst kritische Violinaufnahmen klangen hier nie unangenehm scharf. Es blieb immer ziemlich seidig und schön aufgelöst.
Entschlackt
An dieses Wort musste ich oft denken. Es klang für mich als ob das SNR mit diesen Lautsprechern einfach höher ist als bei den Virgos oder auch den Wilsons. Einfach ein wenig transparenter, ja vielleicht ist „schwärzer“ der richtige Ausdruck.
Programmatisch haben die Lautsprecher eigentlich keine Vorlieben. Sie können alles eigentlich gleich gut und die Qualität der Wiedergabe hängt natürlich sehr an der Aufnahme.
Mittelton
Wirklich alles?
Bei meinen geliebten Aufnahmen von klassischer Gitarre hatte ich kleine Probleme. Da bin ich natürlich extrem drauf geeicht - ich denke aber es ist auch ein sehr empfindlicher Klang. Der im Vergleich zum Klavier kleine Impuls beim Anschlag der Saite bestimmt den kompletten Klang der Gitarre. Kleinste Nuancen entscheiden hier zwischen gut und böse…
Was es genau ist, kann ich nicht sagen aber ich habe etwas den originären Klang der Instrumente, die teilweise gute kenne vermisst. Ich würde sagen impulsive Klänge die besonders in den Mitten spielen klingen nicht so neutral wie der Rest des wunderbaren Lautsprechers. Evtl. hörte ich hier das material der Chassis etwas durch. Es wird ja in allen drei Carbon verwendet. Aber das ist nur eine Vermutung.
Wenn wir bei perkussiven Impulsen sind. Hier war ich von der Wilson ziemlich verwöhnt. Ich finde das ist, was die am besten konnten - jeder Trommel-, Snare-, Basedrum-, Bongo- usw. Schlag hat mir da Gänsehaut gemacht. Es war immer plastisch und untenrum sehr satt und körperlich. Hier spielt die BEO deutlich zurückhaltender, schlanker, sicher präziser, vielleicht könnte man sagen analytischer. Hier werden sich die Geister vielleicht scheiden. Ich mag wahrscheinlich aber "etwas mehr Butter bei die Fische“.
Hört man sich allerdings einen Bach Doppelchor an - erkennt man den Preis. Hier mulmt es dann bei Wilson, einzelne Stimmen sind nicht mehr so klar raushörbar usw. Nicht so bei den BEOs - wunderbare Transparenz. Eine große Freude. Generell machen Stimmen sehr viel Spaß. Sie klingen sehr natürlich und toll aufgelöst.
Bauch sagt Wilson, Kopf BEO
Hier übrigens ein Klangtip für Stimm- und Basswidergabe:
https://open.qobuz.com/track/97548659
Bass
Also Bass können die wirklich gut. Entgegen dem Datenblatt würde ich aber sagen eher bis 30Hz als bis 20Hz. Bis dahin aber wirklich spektakulär gut. Es klang für mich, als wären alle meine Raumprobleme einfach ausgeschaltet. Es ist ein richtig knackiger Bass, der hier spielt und durchaus auch die Magengrube massieren kann. Klasse. Wo viel definierter Bass auf der Aufnahme ist - wird er auch wiedergegeben. Bassdrummfelle hört man selten so präzise ausschwingen..
Vermisst habe ich Bass trotzdem manchmal - klar hier komme ich nun von den Wilsons - bei Orchesteraufnahmen. Hier scheint das untere Ende am meisten Bedeutung zu haben. Erst wenn da bis ganz unten alles da ist - beginnt man die Kontrabässe irgendwie authentisch zu spüren. Das klappte hier nicht so wie ich mir das wünschte. Alles andere, Jazz, Funk, Bigband, Pop, Beatles - wunderbar im Bass. Ich würde fast sagen traumhaft. Es scheint auch so zu sein das das „AirBass“ System tatsächlich sehr sehr wenig klirr im Bass erzeugt. Sagt J.G. und hat auch die Stereo so bestätigt. Die Ohren sagen das auch.
Uns nun?
Die Lautsprecher wurden nun nach über zwei Wochen wieder abgeholt. Es war toll die Lautsprecher anzuhören und ich denke das viele Hörer damit sehr sehr glücklich werden können. Mir hat aber zu meinem persönlichen Glück noch ein klein wenig was gefehlt um mich nun für die nächsten Jahre zu entscheiden. Bei einer neuen Box müsste das ja so sein.. Mein Gefühl war, dass es noch einen anderen Lautsprecher gibt, der besser zu mir passt.
Alle Besucher sowie auch meine Familie waren von der Box begeistert. Und zurecht. Aber wir wissen ja alle - das Bessere ist der Feind des Guten. Und da findet sich immer was.
Wie gehts weiter?
Ich stand heute Morgen vor einer Entscheidung - ich hatte ein sehr gutes Angebot für eine gebrauchte Magico A3 und für eine Verity Parsifal Encore. Das war nicht leicht. Vielleicht verrückt - aber ich habe die Verity "blind" genommen. Das Risiko ist gering, der Preis ist gut.. Sie kommt am Dienstag zu mir.
Ich bin gespannt auf diesen Lautsprecher. Eigentlich hatte ich mich schon ein wenig auf die Magico eingeschossen - dann kam plötzlich die Verity in meine Aufmerksamkeit.
Tolles Detail für mich: Der Mitteltöner spielt von 150Hz bis 5500 Hz. Das reizt mich nach den vielen Erfahrungen, die ich nun machen durfte extrem. Das sollte doch Kohärent klingen. Zudem hat sie eine formidable Reputation. Ich bin gespannt und hoffe mich nicht zu ärgern die Magico ausgeschlagen zu haben..
Viele Grüße
Sebastian
So sehr ich meine Virgos gemocht habe - es muss nun einfach was Neues sein..