Liebe Musikliebhaber und HiFi-Verrückte,
uns mit unserem Hobby beschäftigen, sowohl, was die musikalische Seite als auch was die technische betrifft, macht uns Freude und eint uns hier im Forum. Manch einer von uns kocht sein Süppchen aber eher im Stillen. Das Salz in diesem Süppchen sind immer wieder gegenseitige Besuche. Mit Horst-Dieter, dessen Forumsname Horse Tea ich selten gelungen finde und der vom Versuch stammt, einem Amerikaner seinen Namen beizubiegen, war ich schon ein Weilchen im Emailaustausch, nachdem ich seinen Linn auf der Digitalseite modifiziert hatte, und zwar als Quelle für seinen Meitner DAC. Es ist ein MA-1 V2, er hat das Upgrade zum Zweier kürzlich bei Meitner machen lassen. Diesem Gerät, mit dem auch Reiner (easy) in der gleichen Kombi hört (G-Linn als Digital-Lieferant), eilt ein ziemlich guter Ruf voraus, so dass ich Horst-Dieter fragte, ob er denn nicht einmal damit vorbeikommen wolle. Der vereinbarte Termin war heute. Wir hatten das Treffen aber natürlich ordentlich vorbereitet, wie sich das für unser Forum gehört. Zunächst haben wir Hörtestfiles ausgetauscht, per Mail über die verschiedenen Stücke und ihre Eignung für den Vergleich diskutiert und uns schließlich auf eine gemeinsame Liste von 10 Files geeinigt, 6 von ihm und vier von mir. Tatsächlich gehört haben wir dann aber mit drei von ihm und drei von mir - ich kenn das schon, man muss sich auf ein paar wenige Files konzentrieren, damit man zum Ziel kommt.
Und wie schon beim Esoteric D03, der kürzlich zum Test und anschließend zum Umbau hier war, besteht die besondere Herausforderung darin, dass der Meitner keine Lautstärkeregelung hat und ich die deshalb offline im Digitalbereich machen muss.
Horst-Dieter kam und brachte zusätzlich zum Meitner noch seinen Linn mit (wär nicht nötig gewesen, davon habe ich drei). Und verschiedene Digitalkabel, teilweise noch in der Tüte versteckt:
Das Test-Setup war so:
Der G-ADS2 DAC, der schwarze im unteren Fach, geht einmal analog per XLR direkt an die Umschalter vor den AGM 9.4. Von denen habe ich ja
kürzlich samt XLR-Verkabelung berichtet. Zweitens geht er über ein Digitalkabel zum Meitner (Oyaide FTVS-510, passend konfektioniert für BNC am Linn und Cinch am Meitner). Dessen Analogausgang wiederum geht über ein zweites identisches XLR-Kabelpaar an den anderen Eingang des Umschalters.
Nach der Begrüßung kam erst einmal Arbeit auf uns zu: Ich hatte mir bereits von allen 10 Hörtestfiles notiert, was eine gute Abhörlautstärke am Linn dafür ist - man kann ihn digital in 1dB-Schritten einstellen und jeder Schritt ist auch exakt 1dB. Manche Files also z. B. mit Stellung 76, manche mit 78 oder manche mit 80. Nun haben wir mit einem voll ausgesteuerten 1kHz-Sinus die Ausgangsspannungen beider Geräte gemessen und dann die Umrechnungsfaktoren bestimmt - ich hatte dafür bereits eine kleine Exceltabele vorbereitet, damit das zügig geht. Das Procedere ist
hier genauer beschrieben. Nach der Rechenarbeit kontrolliert man einmal über alles, indem man den ebenfalls mitgefalteten 1kHz-Sinus wieder über beide abspielt und dann hoffentlich die gleiche Spannung an beiden sieht. Irgendwo war noch ein kleiner Fehler drin, der Meitner deshalb 0,07dB zu leise, also nochmal die ganze Prozedur, nur zur Übung, nicht zur Strafe, und am Ende waren die Ausgangspannungen aufs Millivolt gleich.
Kann losgehen!
Sonata Sopra La Monica From Sacra Partitura For Bassoon, Violin And Basso Continuo. Dieses Stück von Horst-Dieter kennt er sehr gut, vor allem das Fagott und dessen richtige Klangfarbe. Interessant, die beiden Kandidaten spielen ziemlich unterschiedlich. Der Linn sehr direkt, der Meitner dagegen kommt wie auf Samtpfoten daher. Hätten wir nicht aufs mV genau gemessen, ich hätte gewettet, dass er ein klein wenig leiser ist. Sehr entspannt, die Meitner-Darbietung. Im Bass ganz unterschiedlich: Der Linn ungeheuer straff und tief, der Meitner mit einem kleinen Bauchansatz bei 100Hz, darunter eindeutig weniger als beim Linn. Nächstes Stück, Klavier. Da bin ich drauf geeicht. Wie ein Steinway klingt, vor allem, wenn man selbst dran sitzt, weiß ich. Wir nehmen den langsamen Satz aus Beethovens op. 101 A-Dur. Es spielt Igor Levit:
Diese Runde geht klar an den G-Linn. Er zeichnet insbesondere den Bass-Bereich eindeutig klarer durch und grenzt die einzelnen Anschläge besser voneinander ab. Wir sind uns beide einig, dass der Meitner da ein bisschen Soße drüber gießt, ein bisschen erinnert das an Röhren-K2.
Das Tord-Gustavsen-Trio gehört zu meinen Lieblings-Jazz-Trios, und es hat mich gefreut, dass Horst-Dieter auch ein Stück von denen vorgeschlagen hat ("Being There" vom Album "The Ground"):
Zum Klavier gilt das oben gesagte, aber man merkt jetzt beim Schlagzeug auch, dass der Linn einen anderen Punch, eine Unmittelbarkeit hat, die das Schlagzeug für mich echter macht. Man ahnt aber bereits hier, dass der Meitner eine Qualität hat, in der er dem G-Linn überlegen ist: Er füllt den Raum mehr mit Musik aus, Bühne breiter und tiefer. Wir gehen gleich zu den beiden anderen Stücken von Tord Gustavsen, die ich beigetragen hatte, "Sani" und "Karmosin" vom Album "Being There":
Bei "Sani" geht's um Hochtonauflösung, wie das Becken strahlt und glänzt und wie lange der Ton im Raum steht. Also Hochtonauflösung können die beiden Kandidaten beide, das ist erste Sahne, egal, wer spielt. Bei "Karmosin" dagegen geht's um den Punch im Bass, und das kann der Linn besser.
Wir wollen jetzt Klangfarben hören und einen Chor. Nachdem wir allerlei Files, die auch nicht in der vorbereiteten Liste waren, kurz angespielt hatten, wie z. B. das hier
landeten wir wie so oft bei einem Forumsklassiker:
Das ist einfach eine schöne Aufnahme, die eine gute Stimme zu bieten hat (Mercedes Sosa), einen schönen Chor mit toller Staffelung in einem großen Raum, und dann die kleinen Schmankerl wie die Gitarre und die Panflöte, die genau an der richtigen Stelle hingepinnt sein müssen. Und natürlich diese riesige Trommel, deren Töne im Bereich zwischen 20 und 30Hz nur zu hören sind, wenn die Anlage das auch kann.
Der Linn stellt das in gewohnter Klarheit, guter Raumstaffelung und Fokussierung dar. Und jetzt der Meitner: Das klingt ganz grundsätzlich anders! Die Staffelung ist tiefer, die Gitarre weiter vorn, die Panflöte weiter hinten als beim Linn, aber vor allem die Sosa steht zwei Meter weiter vorne! Ok, die Basstrommel weicht der Meitner auf, das zieht sich durch. Aber dieser große Raum ist beeindruckend.
Nach dem Mittagessen testen wir Digitalkabel, Horst-Dieter hat drei mitgebracht. Bisher hatten wir alles mit meinem Standardkabel, dem Oyaide FTVS-510 gehört. Zunächst stöpseln wir ein Wireworld mit Aufdruck Starlight Silver und irgendwas mit Helix und OCC ein, Horst-Dieter erwähnte einen Preis von ca. 100€. Wir testen jetzt alles mit der Misa Criolla. Meine Güte, das Klangbild fällt geradezu in sich zusammen. Die tolle Raumabbildung, die mir so gefallen hatte beim Meitner, war auf ein Fenster geschrumpft, durch das man in den Raum hört, kleiner als mein 80"-Fernseher vorne an der Wand.
Nächstes Kabel, HMS Il Primo. Kostet immerhin 600€. Und kann nichts besser als das Wireworld. Das ist sein Geld nun ganz gewiss nicht wert. Nächster Kandidat, auch der teuerste: Inacoustic Referenz Air 2404. Und der beste. Das Kabel ist noch besser als das Oyaide. Jetzt geht der Raum über die Boxen raus. Kleiner Kritikpunkt von mir, den Horst-Dieter aber nicht mitging: Die Fokussierung ist anders beim Oyaide, für mein Gefühl etwas besser. Beim Inacoustic ist nicht nur der Raum größer, sondern auch der Kopf von Frau Sosa wächst für mein Gefühl auf die doppelte Größe an, und die Gitarre ist etwas zu groß geraten. Aber wenn's gefällt - ich bin jedenfalls mit dem Oyaide zufrieden, das macht für seine Preis (waren es 300€?) alles richtig. Zum Schluss noch schließen wir ein Standard-HF-Kabel mit 75 Ohm Wellenwiderstand aus meinem Fundus an. Das ist jetzt die schlechteste Darbietung des Tages, es ist nicht nur das kleine Fenster, durch das die Musik kommt, auch so manche Klangfarbe stimmt nicht. Die Panflöte klingt einfach nur dünn. Damit war klar: Damit der Meitner gut spielt, braucht er nicht nur einen guten Datenlieferanten, sondern auch ein gutes Digitalkabel.
Fazit bei den DACs: Der Linn ist knackiger und direkter, kann mehr Bass und stellt ihn sauberer dar, der Meitner dagegen punktet mit Entspanntheit und Raumgefühl. Klavier und Schlagzeug geht an den G-Linn, Chor und Kirche an den Meitner.
Nun, und so hören wir weiter zufrieden mit unseren Geräten, Horst-Dieter mit dem Meitner, ich mit dem Linn.
Danke für Deinen Besuch und den weiten Weg, den Du auf Dich genommen hast, Horst-Dieter. Hat Spaß gemacht!
Viele Grüße
Gert