Hallo Fujak,
Hallo Nils,
Hallo liebe Forenten zusammen,
es hilft vielleicht, sich in Bezug auf Raummoden gelegentlich wieder klar zu machen, wie groß - oder auch klein
- Schallwellenlängen vom Tiefton bis in den Mittelton
wirklich sind ...
Eine "hörplatzbezogene Raumkorrektur" kann als Anhaltspunkt nur einen räumlichen "Gültigkeitsbereich" haben, der weit unterhalb etwa 1/4 Wellenlänge bei derjenigen Schallfrequenz liegt, um die es jeweils bei der "Kompensation" von Moden am Hörplatz geht:
Bewegt sich der Hörer um 1/4 der Wellenlänge (konkrete Feinheiten wie Art der Moden, Bewegungsrichtung des Hörers etc. lasse ich bewusst einmal aus ...), so kann er sich bereits von einem
Druckmaximum einer zu kompensierenden stehenden Welle in ein
Druckminimum bewegt haben.
Damit wäre die für den Hörplatz errechnete Korrektur (z.B. eine Pegelabsenkung) am neuen Hörplatz bereits in eine kapitale Verschlechterung ("Verschlimmbesserung" durch "Korrektur") umgeschlagen.
Das
raumakustische Grundproblem beim Betrachten von Frequenzgängen an verschiedenen Hörplätzen im Tiefton ist also deren
räumliche Varianz, die durch eine hörplatzbezogene elektronische Korrektur allein nicht verändert wird: Ralf Berres hatte weiter oben bereits darauf hingewiesen.
Ein Abstand (als eine Art mittlerer "Bewegungsradius" des Hörers) für echte "Gültigkeit" einer Korrektur ist von daher noch geringer als 1/4 der Wellenlänge anzusetzen, wenn der Hörer sich z.B. in Ausbreitungsrichtung einer Axialmode bewegt:
Wenn sich der Schalldruck der Mode am Messort - ausgehend von einem Hörplatz im Druckmaximum - um weniger als 3dB (Faktor 0.707: Halbierung der Schallintensität ["Schallleistungdichte"] am Messort) verringern soll, damit ein Korrekturfilter "hinreichend gültig" bleibt, dann sollte der Hörer innerhalb 1/8 der Wellenlänge "auf seinem Platz bleiben" mit cos(45°) = 0.707 .
Frequenz............1/4 Wellenlänge (ca.)........1/8 Wellenlänge(ca.)
40Hz..................2.14m............................1,07m
80Hz..................1.07m............................54cm
160Hz.................0.54m............................27cm
320Hz.................0.27m............................13cm
640Hz.................0.13m............................6,5cm
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Die gesamte Idee der "hörplatzbezogenen Raumkorrektur" beginnt also spätestens irgendwo im Bereich um 400Hz sehr "seltsam" zu werden, d.h. sich selbst aufzulösen:
Wenn es sich um einen Hörraum mit "definiertem und eingemesssenem Einzelhörplatz" handelt, dann beträgt die Bewegungsfreiheit um 400Hz nur noch ca. 1 Dezimeter, damit "Hörplatzkorrekturen" wirklich noch als solche bezeichnet werden können:
"Bitte also stets den Schraubstock am Hörplatz für das Einspannen des Kopfes bereithalten ..."
Desweiteren kommt man im Tiefton bzw. unteren Mittelton oberhalb 300Hz bald in einen Bereich, wo es aufgrund des geometrischen oder auch akustisch wirksamen Ohrabstandes (ca. 14cm bzw. 21,6cm
http://www.sengpielaudio.com/DerOhrabstand-Welcher.pdf) schwer fällt, für alle relevanten Situationen eine Kompensation u.a. für Quermoden zu erreichen, die etwa für beide Ohren gleichermaßen gültig wäre ...
Bei Sitzgruppen
mit mehreren Hörplätzen (z.B. mit Abständen >0.5m) ist eine platz-spezifische Kompensation bereits bei sehr viel tieferen Frequenzen nicht mehr möglich:
Hier kann man sogar den Sinn einer "hörplatzspezifischen Kompensation" oberhalb der Schröderfrequenz des Raums grundsätzlich bezweifeln, denn es muss dann zumindest über mehrere Hörplätze gemittelt werden.
U.a. deshalb gibt es ein "gut beackertes" Teilgebiet in der Akustik, das sich mit der Tieftonwiedergabe in akustisch kleinen Räumen befasst (*).
Es ist nicht etwa so, daß auf diesem Gebiet tätige Autoren (auch als Forscher und/oder Entwickler) nur "theoretische" oder "sinnlose" Vorschläge und Techniken diskutieren würden, weil sie z.B. noch nichts von "digitaler Raumkorrektur" (DRC) gehört hätten ...
Von diesem Verdacht sind Autoren wie etwa Prof. Anselm Görtz mit seinem "DBA" Ansatz oder Earl Geddes mit seinem Multisubwoofer Ansatz sicher weit entfernt. Denn auch ihre Ansätze beruhen auf elektronischer Filterung von Teilschallquellen im Tiefton, welche an den Hörraum bzw. eine Hörzone angepasst werden.
Es geht in
raumakustisch wirksamen Ansätzen (s.o.) also auch darum, das Grundproblem - nämlich die räumliche Varianz der Schalldruck-Frequenzgänge im Tiefton an unterschiedlichen Hörplätzen - anzugehen. Das bedeutet, u.U. hierfür auch ursächlich wirksame Lösungen zu suchen und zu finden.
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Zur Reihenfolge von Maßnahmen bei hohen Qualitätsanforderungen an die Wiedergabe:
1. Raumakustisch wirksame Maßnahmen (*)
2. Hörplatzbezogene Kompensation (falls diese danach noch benötigt oder überhaupt sinnvoll)
Hörplatzbezogene Kompensation ist keine raumakustisch wirksame Maßnahme, sondern belässt die Raumakustik, wie sie ist. Dazu gehört auch die räumliche Varianz (hörplatzspezifische Varianz) von Schalldruckfrequenzgängen im Tiefton.
Grüße Oliver
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(*) Einige Anregungen zum Thema finden sich u.a. hier:
http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... 93&start=0