NNEU hat geschrieben:Ich hatte mal einen TacT Vorverstärker (Lyngdorf ist aus TacT entstanden).
Dieser hatte mich von der Wandler-Qualität absolut überzeugt, die Korrektur empfand ich jedoch als miserabel.
Der TacT hat nicht in der Zeit-Domäne korrigiert. Soweit ich weiss, ist das auch bei Room-Perfect der Fall. Lyngdorf gibt hierzu keine technischen details preis.
Hallo Noel,
ich benutze TacT RCS2.2X, dessen Gehäusedesign von Peter Lyngdorf gestaltet wurde, als er geldgebender Partner bei TacT war. Nach dem Streit und der Trennung von seinem Partner wurde ein eigenes System entworfen, dessen Gehäusedesign (DPA-1, TDAI2200RP) mit dem markanten Drehrad übernommen wurde.
TacT benutzt Dirac Impulse, hat nur eine Messposition, mittelt aus einer Anzahl identischer Messungen, wobei der Störabstand entscheidend verbessert wird. 9 Speicherplätze für Korrekturalternativen sind möglich, aus beliebigen Messungen und Zielkurven abgeleitet.
Die Zielkurven sind entweder aus einer großen Auswahl nach bestimmten in der Bedienungsanleitung genannten Kriterien auszuwählen, oder man gestaltet seine eigene Kurve anhand der Messung auf dem Schirm durch Neuzeichnen. Da das Klangergebnis durch die Korrektur wunschgemäß beeinflusst wird, kommt dem Zielkurvendesign eine Schlüsselrolle zu, anders ausgedrückt, wenn es dem Benutzer nicht gelingt, die Zielkurve so zu gestalten, dass das Ergebnis auch gefällt, hat er offenbar aus seinen eigenen Fehlern bei Zielkurvenauswahl und Bearbeitung nicht hinreichend gelernt. Das System verlangt bewussten Einsatz eines PC. Delay wird aus der Pulsantwort ermittelt und automatisch eingestellt (bei einem Gebrauchtgerät können die händisch den Speicherplätzen zugewiesenen Delay- und Leveleinstellungen des Vorbesitzers erhalten geblieben sein, weshalb man erst einen "Factory Reset" machen sollte.
Die TacT-Mikrofonkalibrierungen wurden im eigenen Haus, aber offenbar an unterschiedlichen Tagen mit unterschiedlichen Aufstellungseinflüssen durchgeführt, ich habe 50 Mikrofonkalibrierungen von Mitforenten ausgewertet und konnte deutliche Abweichungen, aber auch bei diesen auffällige Übereinstimmungen seriennummerähnlicher Kalibrierungen feststellen, was zu der Konsequenz führte, auf die Kalibrierung ganz zu verzichten, wenn man den Hochtonbereich von der Korrektur ausschloss. Denn die meisten Messmikrofone sind zwischen 50Hz bis 3kHz hinreichend linear. Messchriebe von DPA (ex B&K) verschiedener TacT-Mikrofon Exemplare zeigen eine hohe Übereinstimmung im FG, was mich bewog, mittels Excel einen eigene Kalibrieransatz zu gestalten, indem die Kalibrierdaten der Mikrofone zur Mittelwertbildung gebracht wurden und anschließend geglättet wurden. Diese Methode habe ich prinzipiell in meiner Wehrdienstzeit bei der Luftwaffe abgeschaut. wo jährlich das Kalibriermobil in die Radarstellung kam, ein LKW mit Container, indem alle Messgeräte zusammengetragen wurden und auf den gemeinsamen Mittelwert justiert wurden. Wenn man ein Thermometer kauft, sollte man eines wählen, was den Mittelwert aller anzeigt, ein bewährtes Verfahren ...
Mit Ulis GoodVibration Software (gewissermaßen ein geistiger Zwischenschritt von TacT zu Acourate) hat Uli aus den Dirac Pulsen die frühen Reflexionen (z.B. Seitenwände) herausgerechnet und psychoakustisch bewertet in die Korrektur einfließen lassen, ebenso eine bequeme Art der Begrenzung der Korrektur (Ausschluss des Hochtonbereichs) ermöglicht. Die damit erzielten Ergebnisse sind noch einmal hörbar besser als mit der TacT-eigenen Software.
Lyngdorf setzt drei Chirp-Signale ein (Grundton, in Vollbereich übergehend, Oberton, man denkt, es sind 2 Messsignale, aber die Spektralanalyse des Signals zeigt tatsächlich 3 Strukturen), mittelt aus diversen Messpositionen, wobei eine Messposition am Hörplatz besonders gewichtet wird (Focus, 8 Focuspositionen sind möglich), aber auch abgewählt werden kann (Global). Die Korrektur folgt einer einzigen Zielkurve, die den typischen Mikrofonfrequenzgang berücksichtigt. Es wird beschrieben, dass die Korrektur zu den Höhen hin ausgeblendet wird.
Das System schließt den Einsatz eines PCs aus, bewusst wurde auf eine einfache Handhabung Wert gelegt, indem zufällig gewählte Mikrofonstandorte ausreichen, um hinreichend "RoomKnowledge" zu erhalten, prozentual im Display angezeigt. Delay wird händisch eingestellt, weil die unterschiedlichen Mikrofonpositionen und Messsignale darüber keine Information liefern.
Außer dem Gehäuse kann man zwischen TacT RCS und Lyngdorf RP keine Ähnlichkeiten feststellen, nur, dass nach Auswahl der TacT-Zielkurve, die der Lyngdorf-Kurve am nächsten kommt, auch die Korrekturergebnisse ähnlich sind.
Man sollte erwarten, dass alle Korrektursysteme nach Korrektur gleichlautende Ergebnisse liefern, aber das ist offenbar nicht der Fall, weil die Zielsetzungen unterschiedlich gestaltet sein können. Bei Harman wurden im Zuge der Entwicklung eines eigenen Korrektursystems Hörvergleiche des eigenen mit im Markt vorhandenen Systemen (Acourate war nicht unter den verglichenen Systemen) durchgeführt und die Jury bewertete im Blindtest das Lyngdorf RoomPerfect am besten, Audyssey am schlechtesten, alle Systeme nach Herstelleranweisungen eingesetzt. Die Diskrepanz zwischen den beiden Ergebnissen von automatisierten Systemen deutet auf die Vielfalt klanglicher Kriterien, was aber auch bedeutet, das eine Vielzahl von Stellschrauben dem Benutzer ermöglicht, seine hochindividuellen Fehler einzubauen, ohne es zu merken, außer, dass man mit dem Ergebnis noch nicht restlos zufrieden ist.
Zu welchen Ergebnissen das flache Denken des Anwenders führen kann, ließ sich aus der Diskussion der Vorführungen des Genelec Messsystems auf den diesjährigen Messen herauslesen. Lapidar kann man erklären, dass ein solches Werkzeug bei unsachgemäßer Handhabung entsprechend unzureichende Ergebnisse erzeugt, so wie ein gutes Musikinstrument einen Spieler braucht, der das Instrument beherrscht, sonst mag man nicht gern zuhören.
Es liegt nahe, dass anspruchsvolle Korrektursysteme eine Lernkurve des Benutzers mit sich verlangen. Es ist nicht gesagt, dass ein anderes Korrektursystem automatisch zufriedenstellendere Ergebnisse liefert, vielmehr ist zu befürchten, dass grundlegende Fehler wiederholt werden, so wie ich schon 12 Klaviere ausprobiert habe, ich immer noch nicht Spielen gelernt habe.
Grüße Hans-Martin
P.S. Systeme mit einem geglätten FG haben auch einen besseren Phasengang, was bedeutet, dass rein FG-orientierte Systeme auch auf der Zeitebene wirken. Das wird gern werbemäßig ohne Gewichtung als
alternative Fakten dargestellt