Verfasst: 15.04.2009, 10:28
So Freunde, die Plackerei hat ein Ende. Ich hatte ja nicht mal mehr Zeit, hier im Forum mitzuschreiben - mich erreichten dann emails wie z. B. von Winfried, der mich im wohlverdienten Osterurlaub wähnte, weil man gar nichts mehr von mir höre. Nein nein nein ich habe diese FIR-Kiste zusammen genagelt und mit der Software rumgemacht und gemessen und gemessen und Uli hat sich die paar Kröten für seine Software ganz bitter verdient mit einer Spezialhotline für mich Linuxanfänger, die selbst über Ostern geöffnet hatte. Vielen vielen Dank für die Hilfe, Uli! Dabei ist mir wohl die Forenarbeit etwas entglitten, denn aus dem Augenwinkel habe ich lesen dürfen, dass Kai sich für 2 Wochen bei mir einquartieren will mit seinen MB, ich im Anschluss drei Wochen Urlaub nehmen soll für irgendein CD-Laufwerksprojekt (sowas Antiquiertes ) und was weiß ich was mir noch alles entgangen ist. Schluss damit, ich bin wieder auf dem Plan.
Die FIR-Kiste spielt. Ich werde darüber wohl am besten in zwei Beiträgen berichten:
1. Wie baut man so eine Kiste und wie sieht sie aus
2. Wie klingt das
Punkt 1 kommt in Kürze in meinem Anlagen-Vorstellungs-Thread.
Punkt 2:
Der Grund für die ganze Aktion war ja die Fragestellung, ob die absolute Zeitrichtigkeit von Relevanz ist. Und zwar bei einer Anlage, die, dank Subtraktivweichen, immerhin schon mit einer Phasenstarrheit der Wege zueinander aufwarten kann - was ja im Vergleich zu den Standard-Linkwitzfiltern eine klare Verbesserung der räumlichen Darstellung erbrachte. Deshalb testete ich drei verschiedene Einstellungen:
a) Unkorrigiert
b) Amplituden-Frequenzgang auf Zielkurve, aber minimalphasig korrigiert (guter FG am Hörplatz, aber keine Zeitrichtigkeit)
c) FG wie bei b und Sprungantwort auf absolute Zeitrichtigkeit korrigiert
Zunächst mal war Uli angetan von meinen Messkurven: Man sieht nämlich nicht jeden Tag einen Messschrieb, der bei 10Hz beginnt und dort unten bereits unkorrigiert die volle Amplitude zeigt. Als ich Uli - fishing for compliments - mich selbst beweihräuchernd darauf hinwies, kam als Antwort, beeindruckender als den Bass fände er die extrem niedrigen akustischen Verzerrungswerte. Schluss mit dem Eigenlob, lasst mich zusammenfassen, die Anlage bietet eine gute Basis für ein solches Experiment.
Die hohe Kunst liegt bei einer solchen Raum-Zeitkorrektur (klingt nach Einstein, nicht war?) natürlich in der Filtererstellung, was mit Ulis Software "Acourate" gemacht wird. Ich habe ziemlich viele Filter erstellt und ausprobiert, aber keines klang so gut wie das, das Uli nur aufgrund von meinen Messkurven aus dem Ärmel geschüttelt hat. Er hat dabei als i-Tüpfelchen noch seine Spezialsoftware eingesetzt, mit der die Sprungantworten der beiden Stereokanäle in den ersten ms gematched werden.
Nach einem ersten intensiven Hör-Abend hatte ich eine klare Meinung gebildet. Zur Bestätigung oder zum in-Frage-Stellen bat ich meine arme Frau wieder mal, als Bindtest-Versuchsperson zu fungieren. Nach einiger Zeit kam ihr Urteil: Das eine klingt unmöglich (war a), das andere ist kaum besser (b), und das dritte ist ok (c). Verwöhnte Göre . Nun meine Meinung:
a klingt tonal schlechter als bisher, ist ja auch der unkorrigierte FG. Mit b ist der FG in etwa so, wie ich ihn mit meinem (digital eingeschleiften) Behringer DEQ2496 eingestellt hatte, und so klingt es auch. Ziemlich ok. Bei c passierte aber etwas gänzlich Unerwartetes: Bei exakt gleicher Tonalität öffnet sich ein Raum nach hinten, der sich um so deutlicher von demjenigen bei b abhebt, je komplexer die Musik wird. Also z. B. bei einem Sinfonieorchester, wenn alle Mann ins Rohr blasen dürfen oder auch bei einer Bigband. Schaltet man von c auf b, ist es, wie wenn man den Monoschalter betätigt, aber ein Monoschalter für die Längsachse. Im Vergleich zu c rücken die armen Musiker alle auf dichten Raum gedrängt zusammen, in der Nähe der 2D-Ebene zwischen den Boxen. Eine gewisse Darstellung in der Tiefe bleibt schon, aber bei c kann z. B. ein Holz- oder Blechbläser einige Meter weit hinten auf der Bühne erscheinen, was bei b nicht geht.
Es hängt aber sehr stark von der Aufnahme ab. Steril und lieblos zusammen Gemischtes bleibt flach, ob b oder c. Aber Top-Aufnahmen wie z. B. der Bigband-Ausflug von Robbie Williams "Swing When You're Winning" klingen grandios. Übrigens finde ich die genannte CD die einzig Anhörenswerte von ihm. Aber auch Rainers Beethoven-Tipp für 10Euro ist fantastisch in der Tiefe gestaffelt!
In meinem Hörbericht zur FM701 schrieb ich was von dem Einatmen, das bei Stadtfeld gleich nach den ersten 10s im ersten Stück zu hören ist. Meine Frau meinte, es klänge nun (bei c) nicht mehr so asthmatisch (wie bei b) - sie hat als Internistin da eine berufsbedingte Urteilskraft. Aber auch ich als einfacher Elektriker finde, dass das Atmen natürlicher klingt.
So, was heißt das jetzt? Ich bin völlig ratlos, weil all die Literatur, die ich mir bisher zu dem Thema reingezogen habe, das Gegenteil behauptet. Die Gruppenlaufzeit, die es bei mir max. zu korrigieren gibt, liegt im Bass bei 4ms. Alles unter 10ms sei dort nicht hörbar, heißt es. Bei höheren Frequenzen sinke die Wahrnehmbarkeitsschwelle auf 0,5ms ab, aber ebenso sinkt die GLZ-Verzerrung meiner Anlage, die stets unter den angegebenen Literatur-Werten liegt.
Ich stelle mal einen ersten zarten Erklärungsversuch zu Diskussion:
Bei den bisherigen Versuchen wurde zwar die GLZ der Weiche und des Chassisversatzes soweit einigermaßen ausgeglichen, aber die Präzision, mit der Ulis Software die Sprungantwort am Hörplatz restauriert, wurde dort nicht erreicht. Und möglicherweise tritt der gehörte Effekt erst ein, wenn diese Präzision erreicht wird.
@Franz (dessen Audiovolver II ebenfalls Ulis Filteralgorithmen verwendet):
Bei Dir gab's ja nicht nur die Gruppenlaufzeit, sondern auch den Amplituden-FG zu korrigieren. Nachdem Du Dich jetzt an die neue Tonalität gewöhnt hast - stellst Du bei Dir auch diese Zunahme der räumlichen Tiefe fest?
Das Ergebnis hat mich dazu animiert, einen weiteren Test an einer anderen Anlage, bei meinem Freund Helmut zu unternehmen. Ich schraube gerade eine weitere FIR-Kiste zusammen (jetzt weiß ich ja, wie's geht). Helmut hat eine Anlage (von mir aufgebaut), die ich für konseqent halte:
Sonos im ganzen Haus, Musik kommt nur von der Netzwerkplatte oder vom Internet. Schlafzimmer Sonos ZP120 mit kleinen Nubertboxen, ist zum Einschlafen oder Wecken ok. Terasse ZP120 und JBL Control1G, sind wetterfest. Und der Rest alles aktiv: Küche ZP90 mit ADAM A5, Arbeitszimmer/Bibliothek ebenfalls ZP90 plus A5, und im Wohnzimmer, wo hauptsächlich Musik gehört wird, Sonos ZP90, der am Analogausgang ein Pärchen Backes & Müller BM2 versorgt. Das klingt schon ganz erstaunlich gut!
So, und diese ZP90-BM2-Kombi kriegt jetzt auch eine FIR-Kiste. Die Soundkarte frisier' ich so, dass der Analogausgang was taugt. Dann kommt der ZP90 per S/PDIF an die FIR-Kiste und der Analogausgang an die BM2. Lautstärkeregelung wie bisher über's Sonos (gibt ja, wie schon oft hier diskutiert, 24bit aus, so dass kein Klang-Verlust bei 16/44,1k-Wiedergabe auftritt). An den Analogeingang kommt übrigens das bereits von der Glotze Lautstärke-geregelte TV-Signal, das einen zweiten Filtersatz zu den BM2 durchläuft - der aber nur minimalphasig korrigiert. Damit ist für Lippensynchronität gesorgt, und die eingebauten Tröten in der Flachglotze schlagen die BM2 mit links, auch wenn der Raum nur minimalphasig korrigiert ist. Die vier Filtersätze (2x minphasig für TV am Analogeingang, 2x linphasig für Sonos am Digitaleingang) laufen parallel, was das 1GHz-Motherbördchen gut auslastet. Es geht, habe ich schon mal ausprobiert. Man muss dann nichts umschalten, Glotze an, Ton kommt, Sonos an, Ton kommt auch. So ist zumindest der Plan.
Ich bin sehr gespannt darauf, welche Verbesserung bei dieser Anlage zu hören sein wird. BTW: Auch wenn man Ulis "Acourate" nur auf seinem eigenen Rechner installiert hat, muss man sich erneut um die Lizenzfrage bemühen, wenn das Ergebnis der Berechnungen bei jemand anderem eingesetzt wird. In diesem Fall habe ich das natürlich mit Uli abgesprochen.
Viele Grüße
Gert
Die FIR-Kiste spielt. Ich werde darüber wohl am besten in zwei Beiträgen berichten:
1. Wie baut man so eine Kiste und wie sieht sie aus
2. Wie klingt das
Punkt 1 kommt in Kürze in meinem Anlagen-Vorstellungs-Thread.
Punkt 2:
Der Grund für die ganze Aktion war ja die Fragestellung, ob die absolute Zeitrichtigkeit von Relevanz ist. Und zwar bei einer Anlage, die, dank Subtraktivweichen, immerhin schon mit einer Phasenstarrheit der Wege zueinander aufwarten kann - was ja im Vergleich zu den Standard-Linkwitzfiltern eine klare Verbesserung der räumlichen Darstellung erbrachte. Deshalb testete ich drei verschiedene Einstellungen:
a) Unkorrigiert
b) Amplituden-Frequenzgang auf Zielkurve, aber minimalphasig korrigiert (guter FG am Hörplatz, aber keine Zeitrichtigkeit)
c) FG wie bei b und Sprungantwort auf absolute Zeitrichtigkeit korrigiert
Zunächst mal war Uli angetan von meinen Messkurven: Man sieht nämlich nicht jeden Tag einen Messschrieb, der bei 10Hz beginnt und dort unten bereits unkorrigiert die volle Amplitude zeigt. Als ich Uli - fishing for compliments - mich selbst beweihräuchernd darauf hinwies, kam als Antwort, beeindruckender als den Bass fände er die extrem niedrigen akustischen Verzerrungswerte. Schluss mit dem Eigenlob, lasst mich zusammenfassen, die Anlage bietet eine gute Basis für ein solches Experiment.
Die hohe Kunst liegt bei einer solchen Raum-Zeitkorrektur (klingt nach Einstein, nicht war?) natürlich in der Filtererstellung, was mit Ulis Software "Acourate" gemacht wird. Ich habe ziemlich viele Filter erstellt und ausprobiert, aber keines klang so gut wie das, das Uli nur aufgrund von meinen Messkurven aus dem Ärmel geschüttelt hat. Er hat dabei als i-Tüpfelchen noch seine Spezialsoftware eingesetzt, mit der die Sprungantworten der beiden Stereokanäle in den ersten ms gematched werden.
Nach einem ersten intensiven Hör-Abend hatte ich eine klare Meinung gebildet. Zur Bestätigung oder zum in-Frage-Stellen bat ich meine arme Frau wieder mal, als Bindtest-Versuchsperson zu fungieren. Nach einiger Zeit kam ihr Urteil: Das eine klingt unmöglich (war a), das andere ist kaum besser (b), und das dritte ist ok (c). Verwöhnte Göre . Nun meine Meinung:
a klingt tonal schlechter als bisher, ist ja auch der unkorrigierte FG. Mit b ist der FG in etwa so, wie ich ihn mit meinem (digital eingeschleiften) Behringer DEQ2496 eingestellt hatte, und so klingt es auch. Ziemlich ok. Bei c passierte aber etwas gänzlich Unerwartetes: Bei exakt gleicher Tonalität öffnet sich ein Raum nach hinten, der sich um so deutlicher von demjenigen bei b abhebt, je komplexer die Musik wird. Also z. B. bei einem Sinfonieorchester, wenn alle Mann ins Rohr blasen dürfen oder auch bei einer Bigband. Schaltet man von c auf b, ist es, wie wenn man den Monoschalter betätigt, aber ein Monoschalter für die Längsachse. Im Vergleich zu c rücken die armen Musiker alle auf dichten Raum gedrängt zusammen, in der Nähe der 2D-Ebene zwischen den Boxen. Eine gewisse Darstellung in der Tiefe bleibt schon, aber bei c kann z. B. ein Holz- oder Blechbläser einige Meter weit hinten auf der Bühne erscheinen, was bei b nicht geht.
Es hängt aber sehr stark von der Aufnahme ab. Steril und lieblos zusammen Gemischtes bleibt flach, ob b oder c. Aber Top-Aufnahmen wie z. B. der Bigband-Ausflug von Robbie Williams "Swing When You're Winning" klingen grandios. Übrigens finde ich die genannte CD die einzig Anhörenswerte von ihm. Aber auch Rainers Beethoven-Tipp für 10Euro ist fantastisch in der Tiefe gestaffelt!
In meinem Hörbericht zur FM701 schrieb ich was von dem Einatmen, das bei Stadtfeld gleich nach den ersten 10s im ersten Stück zu hören ist. Meine Frau meinte, es klänge nun (bei c) nicht mehr so asthmatisch (wie bei b) - sie hat als Internistin da eine berufsbedingte Urteilskraft. Aber auch ich als einfacher Elektriker finde, dass das Atmen natürlicher klingt.
So, was heißt das jetzt? Ich bin völlig ratlos, weil all die Literatur, die ich mir bisher zu dem Thema reingezogen habe, das Gegenteil behauptet. Die Gruppenlaufzeit, die es bei mir max. zu korrigieren gibt, liegt im Bass bei 4ms. Alles unter 10ms sei dort nicht hörbar, heißt es. Bei höheren Frequenzen sinke die Wahrnehmbarkeitsschwelle auf 0,5ms ab, aber ebenso sinkt die GLZ-Verzerrung meiner Anlage, die stets unter den angegebenen Literatur-Werten liegt.
Ich stelle mal einen ersten zarten Erklärungsversuch zu Diskussion:
Bei den bisherigen Versuchen wurde zwar die GLZ der Weiche und des Chassisversatzes soweit einigermaßen ausgeglichen, aber die Präzision, mit der Ulis Software die Sprungantwort am Hörplatz restauriert, wurde dort nicht erreicht. Und möglicherweise tritt der gehörte Effekt erst ein, wenn diese Präzision erreicht wird.
@Franz (dessen Audiovolver II ebenfalls Ulis Filteralgorithmen verwendet):
Bei Dir gab's ja nicht nur die Gruppenlaufzeit, sondern auch den Amplituden-FG zu korrigieren. Nachdem Du Dich jetzt an die neue Tonalität gewöhnt hast - stellst Du bei Dir auch diese Zunahme der räumlichen Tiefe fest?
Das Ergebnis hat mich dazu animiert, einen weiteren Test an einer anderen Anlage, bei meinem Freund Helmut zu unternehmen. Ich schraube gerade eine weitere FIR-Kiste zusammen (jetzt weiß ich ja, wie's geht). Helmut hat eine Anlage (von mir aufgebaut), die ich für konseqent halte:
Sonos im ganzen Haus, Musik kommt nur von der Netzwerkplatte oder vom Internet. Schlafzimmer Sonos ZP120 mit kleinen Nubertboxen, ist zum Einschlafen oder Wecken ok. Terasse ZP120 und JBL Control1G, sind wetterfest. Und der Rest alles aktiv: Küche ZP90 mit ADAM A5, Arbeitszimmer/Bibliothek ebenfalls ZP90 plus A5, und im Wohnzimmer, wo hauptsächlich Musik gehört wird, Sonos ZP90, der am Analogausgang ein Pärchen Backes & Müller BM2 versorgt. Das klingt schon ganz erstaunlich gut!
So, und diese ZP90-BM2-Kombi kriegt jetzt auch eine FIR-Kiste. Die Soundkarte frisier' ich so, dass der Analogausgang was taugt. Dann kommt der ZP90 per S/PDIF an die FIR-Kiste und der Analogausgang an die BM2. Lautstärkeregelung wie bisher über's Sonos (gibt ja, wie schon oft hier diskutiert, 24bit aus, so dass kein Klang-Verlust bei 16/44,1k-Wiedergabe auftritt). An den Analogeingang kommt übrigens das bereits von der Glotze Lautstärke-geregelte TV-Signal, das einen zweiten Filtersatz zu den BM2 durchläuft - der aber nur minimalphasig korrigiert. Damit ist für Lippensynchronität gesorgt, und die eingebauten Tröten in der Flachglotze schlagen die BM2 mit links, auch wenn der Raum nur minimalphasig korrigiert ist. Die vier Filtersätze (2x minphasig für TV am Analogeingang, 2x linphasig für Sonos am Digitaleingang) laufen parallel, was das 1GHz-Motherbördchen gut auslastet. Es geht, habe ich schon mal ausprobiert. Man muss dann nichts umschalten, Glotze an, Ton kommt, Sonos an, Ton kommt auch. So ist zumindest der Plan.
Ich bin sehr gespannt darauf, welche Verbesserung bei dieser Anlage zu hören sein wird. BTW: Auch wenn man Ulis "Acourate" nur auf seinem eigenen Rechner installiert hat, muss man sich erneut um die Lizenzfrage bemühen, wenn das Ergebnis der Berechnungen bei jemand anderem eingesetzt wird. In diesem Fall habe ich das natürlich mit Uli abgesprochen.
Viele Grüße
Gert