Hallo Holger,schoko-sylt hat geschrieben: ↑26.10.2021, 00:33Letztendlich hört man analog-digital-analog Schallplatte.
Und wie klingt das Ganze? Auf jeden Fall anders als rein digital. Unanhörbar wegen der vielfachen Wandlungen und sonstigen Eingriffe in die analoge Welt, wie man es doch vermuten müsste? Wie Swen schon eingangs andeutete, oftmals gefällt nicht nur ihm das "Analoge" besser, obwohl es das natürlich nach der reinen HIFI-Lehre nicht dürfte, manchmal aber eben auch nicht. Warum klingt analog abgespielte Musik digitalisiert besser als primär digital gespeicherte und abgespielte Musik? Erklärungen hierzu erbitte in diesem Forum ggf. in einem anderen Thread.
1986 schrieb STEREO noch, dass man wegen der Wiederkehrgenauigkeit durch Digitaltechnik auf Klangbeschreibungen bei CD-Playern verzichten würde. Spater besann man sich eines Besseren...
Im Sinne deiner Fragestellung stelle ich mal die Frage, was der Masteringingenieur über das voraussichtliche Ausgangssignal beim Konsumenten ahnen kann, wenn man Vinyl- gegen Digital-Wiedergabe analysiert?
Angenommen, die Pressungen von einer Matritze aus demselben nationalen Presswerk fallen ohne Streuungen aus, wird jedes TA-System seinen Fingerabdruck hinterlassen, dasselbe gilt für den Tonarmeinfluss, Laufwerksruhe (besonders laterale Bewegungen am Tonarmsockel), Rückkopplung aus Korperschall- und Luftschall-Übertragung auf Schallplatte und Tonarm, auch auf das Laufwerk, auch unter Berücksichtigung der Aufstellung in den Raummoden/noden.
Darüber hinaus gibt es Herstellungstoleranzen und Alterungserscheinungen, die auch mit Abnutzung der Nadel und dem oft dementierten Weichmacherverlust der Gummiaufhängung des Nadelträgers einhergehen. Dazu überlagert sich die System-Tonarmresonanz, angefacht von Plattenwelligkeiten, was eine Frequenzmodulation der Musik bewirkt, hinzu kommt die Exzentrizität (Wow=Vibrato) schlecht zentrierter Mittellöcher plus jene Nebeneffekte des Füllschriftverfahren der LP (Rillenelliptizität).
Seitenschrift: Der linke Kanal Left drückt für ein positives Signal die Nadel, während der rechte seine Rillenfllanke zurückzieht. Nichtlinearitäten schaffen eine Art von Dekorrelation der beiden Kanäle.
Der Stereo-Frequenzgang des Systems wird vom Übersprechen (crosstalk) aus dem anderen Kanal beeinflusst, nicht ist das frequenzabhängig sondern überwiegend invertiert (!).
Jede vertikale Nadelbewegung erzeugt gegenphasige Signale und schafft gemeinsam mit dem gegenphasigen Übersprechen eine neue Räumlichkeit und Diffusität.
Die Betriebstemperatur (Umgebungs- und Spiel-bedingt) beeinflusst die Trackingfähigkeit zusätzlich zur Änderung der Nadelaufhängung während der Einspielphase.
Abhängig von der Auflagekraft variiert die Abtastfähigkeit mit Verzerrungen und Intermodulation, beim üblichen, gekröpften Tonarm wird die Zugkraft an der Nadel (Auflagekraft und stetig wandelnde Rillenmodulation =Reibkomponente) per Kräftezerlegung in eine Unbalance der Abtastfähigkeit in beiden Kanälen führen.
Dieser gängige I-, L- oder S-förmige Arm hat nicht nur 2 Nulldurchgänge im horizontalen Abtastwinkel, davor und dahinter wechselt das Vorauseilen der Phase zwischen den Kanälen mit den Nacheilen, mehrfach. Und man findet selbst heute noch Tonarme, die den Azimuthwinkel verdrehen, sobald eine Höhenänderung der Abtastnadel geschieht, wie bei Höhenschlägen oder unterschiedlich dicken Platten oder Matten oder dem Versuch des Users, einen anderen VTA SRA einzustellen, indem der Sockel angehoben /abgesenkt wird.
Wenn in der Digitaltechnik an der Integrität der Daten nichts geändert wird, ist in der gängigen Betrachtung nur das Timing (der resultierende Jitter) noch entscheidend. Diesbezüglich hat sich in den letzten 30 Jahren viel getan, in der Bewusstheit wie in der praktischen Ausführung mittels hilfreicher Geräte.
Deshalb resümiere ich, dass der Tonmeister bei Digital eher weiß, welches Signal an den Verstärker geliefert wird als bei Vinyl, wo die vielen Einflussgrößen ab Pressung eher eine Freestyle-Interpretation des Signal liefern, die wohl aber auch eine Richtung einschlägt, die dem individuellen Geschmack des Users und seinen vielen Kaufentscheidungen entspricht, entgegenkommt.
Wenn bei soviel Sachlichkeit und Nähe zum Signal in der Digitaltechnik nicht soviel Emotionalität rüber kommt wie bei ausgesuchtem Vinyl-Zweig, könnte man die Frage stellen, warum man sich überhaupt bemüht, k2, k3, IM usw. zu minimieren, wie es Digital kann.
Vinyl und Röhren strotzen von Nichtlinearitäten...
Grüße
Hans-Martin