Hallo,
ich denke in diesem Thread ist die Fortsetzung einer Diskussion sinnvoller als im Thread über CD-Rippen 2019, abschweifend ab
diesem Beitrag.
analog+ hat geschrieben:Da gehe ich nicht ganz mit. Ich habe keine Platte die jault und wolkig verrauscht daherkommt. Und Gleichlaufschwankungen hatte man schon in den 70ern im Griff, von Billigteilen mal abgesehen.
Hallo Roland,
1981 habe ich auf dem Göttinger Flohmarkt mich meiner Fehlkäufe entledigt, darunter 2 CBS Klavieraufnahmen vor 1972. Der Begriff Modulationsrauschen war mir damals schon geläufig, schließlich klang ein ASC 6004 schon bei 9,5cm fast transparenter als Revox A77 bei 19cm - die kleine Bandberuhigungsrolle (ein Telefunken Patent aus den 1950ern, war auch schon an meinem ersten Magnetophon75, auch an ASC, nicht an Revox). Modulationsrauschen kommt von Bandlängsschwingungen und lässt den Klang rau erscheinen. Mein Nakamichi ZX670 Tapedeck hatte 2 Tonwellen, die das Band im Bereich der Köpfe ruhiger gleiten ließen, der Abstand zwischen A- und W-Kopf ließ eine Entlastung des Andruckfilz zu. Modulationsrauschen lässt sich durch Rauschverminderungssysteme nicht verhindern, es ist schließlich eine Frequenzmodulation, die Seitenbänder erzeugt. Mit dem Klavieranschlag steigt das Rauschen an, mit Verklingen des Tons verschwindet es. Die CBS Platten hatten sowohl dieses Modulationsrauschen wie auch ein hörbares Grundrauschen. Rauschen tauchte für meine Ohren auch bei den Denon PCM Schallplatten auf, digital aufgenommen, unkomprimiert, nicht sonderlich hoch ausgesteuert geschnitten, aber auf das Rillengrundgeräusch zurückzuführen. Wenn man bei der Einlaufrille das unvermeidbare Grundgeräusch hört, und danach eine deutliche Zunahme feststellt, sobald der Regler (Einsteller) für die Schneidemaschine hochgezogen wird, weiß man doch was gespielt wird, CBS rauschte deutlich mehr, Denon nicht.
Ein Nakamichi Dragon TX 1000 war einst eine Sensation, konnte ich mir aber leider nicht leisten. Anhand der Endrille wurde der Teller so verschoben, dass die aufgelegte Platte sauber zentriert wurde, jede Seite hat ihren eigenen Fehler. Wie gesagt, bei Klavier, Gitarre und besonders bei Orgel sollte die Tonhöhe stehen und nicht mit der Umdrehung der LP (mit 0,55Hz) in der Tonhöhe variieren. Hochfrequentes Vibrato wäre Flutter, niederfrequentes ist Wow, auf Deutsch: Jaulen. Mit den Gleichlaufschwankungen des Plattentellers hat das von mir Gemeinte nichts zu tun, ich bezog mich auf den Effekt einer weniger präzise zentrierten Pressung. Als man die Alternative (CD) noch nicht kannte, war das echt lästig, echt unnatürlich. Die übliche seitliche Hin- und Herbewegung des Tonarms bleibt bei korrekter Zentrierung weitgehend aus, das Anschmiegen der Rille an die vorausgehende durch Füllschriftverfahren kann jedoch nicht korrigiert werden.
vergleiche ich jedoch meine alten CBS-Platten mit der entsprechenden CD, ist der Unterschied zugunsten der Platte fast immer deutlich: Die CD klingt nach "totgemastert". Und hat man Platten von z.B. Harmonia Mundi, RCA, auch Philips, oder MPS, Bluenote, ECM, Impulse, Prestige oder Atlantic, dann sind die praktisch immer sauber gefertigt.
Die von mir genannten CBS Platten basierten offenbar auf schlechten Tonband-Aufnahmen, Dolby brachte erst 1968 das Rauschverminderungssystem in die Studios. Klavieraufnahmen haben in ihrem spektralen Inhalt wenig Pegel jenseits 7kHz, weshalb das Rauschen mangels Überdeckungseffekt stärker auffällt. Das Verklingen der Klaviersaite lässt oft eine Pause, in der das Grundrauschen hörbar wird, bevor den nächste Anschlag kommt. Da fand ich die Digitaltechnik in diesen Bereichen doch weniger lästig.
Dritt- und Viertvermarktungen durch Billiglabels hatten allerdings auch immer entsprechende Qualitäten.
Und immer bestimmen der Toningenieur und dann der Masteringingenieur das Endergebnis.Neue Schallplatten sind entweder Remasters von alten (oft mißlungen!) oder Neuaufnahmen. Die klingen dann nicht besser als die CD. Ist die Aufnahme gut, zeigt HiRes dann aber der Platte den möglichen Maßstab. Das kann man z.B. mit Aufnahmen von Acousence gut nachvollziehen.
Ich habe viele LPs und CDs derselben Interpretation (bevor der LoudnessWar einsetzte), die Vergleiche fallen keineswegs tendenziell identisch oder immer ähnlich aus. Viele Remasters in 24 Bit sind erschreckend hoch ausgesteuert und zugleich dynamikkomprimiert, da war die gute alte LP deutlich überlegen. Zwischen Klassik und den Genres Jazz und Pop würde ich einen großen Unterschied machen, weil Klassik selten dynamikkomprimiert wurde.
Und Platten müssen auch nicht knistern, rauschen und knacken: Ist die Platte gewaschen und nicht verkratzt ( zum Waschen gibts von Project ein bezahlbares Teil) rauscht und knackt nichts mehr.
Ich hatte damals eine gute Nadelbürste, und eine Carbonfaserbürste mit Erdungskabel. Meine bewährte Keith Monks Plattenreinigungsmaschine ersetze ich gerade durch eine Ultraschall-Eigenbaukonstruktion.
Ein ordentlicher Analog-Plattenspieler mit gutem Tonarm und hochwertigem Abtaster kostet schnell das 10-fache eines guten digitalen Abspielkonzepts, mit Nadel-Verschleiß und deshalb auch relativ hohen Kosten pro Betriebsstunde. Nach häufigem Abspielen hat der Tonträger zudem einiges an Qualität eingebüßt.
Auf den derzeitigen Messen findet man Plattendreher über 2500€ zuhauf, dazu Tonarmkonstrukte jenseits 1000, Tonabnehmer über 1000€
Mein analoges System kostet ca. 30% weniger als das digitale.
Aber so weit muß man nicht gehen: Ich habe die Gelegenheit, in meinem Plattenladen immer wieder etliche Vintage-Geräte hören zu können. Da erstaunt, wie gut z.B. ein alter Thorens TD115 mit passendem Elac 796 bereits spielt. Ein wenig Pflege (Öl) und einen neuen Riemen vorausgesetzt. Und verpasst man dem dann noch die richigte Tellermatte (bfly-Audio), stellt ihn sauber auf (bfly-Füße) und spendiert ein ordentliches Netzkabel (Supra) spielt der erstaunlich gut auf. Da gibt's noch andere alte Schätze zum Heben, die Preise sind absolut rekordverdächtig niedrig.
Der TD115 wird m.E. völlig unterschätzt, sein DC-Motor (auch beim Linn LP12 ist der allerneueste Schrei ein DC-Motor!) mit dem Schwungradpulley und Tachogenerator war in ähnlicher Form beim TD105 ebenfalls zu finden, er hielt lange Jahre den Stereoplay-Rekord für die geringsten Gleichlaufschwankungen, die dort jemals gemessen wurden. Zum Clearaudio-Plattendreher, der den Rekord in der Werbung für sich reklamierte, habe ich der Redaktion einen Auszug der früheren Ausgabe geschickt, um dem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Beim TD115 hat der interne Winztrafo nur geringe Chancen, per externem Netzkabel gepimpt zu werden. Die Kleingeräte-(8)-Netzkupplung widerspricht mit einem steifen Netzkabel dem Haubendesign, welches nach hinten nicht ausschwenkt. Wo sonst die Haube Platz beansprucht, ist es nun der Netzanschluss. Für diesen Schuss in den Ofen entschädigt aber der Tonarm mit seinem in beiden Richtungen extrem reibungsarmen Kardanlager, ergänzt mit reibungsfreier weil berührungsloser magnetischer Antiskatingeinrichtung mit 3 Magneten, wohl 3, um vermutlich einen angemessenen Antiskatingkraftverlauf zu erzielen, die Skatingkraft ist schließlich beim gekröpften Tonarm niemals linear über den Radius verlaufend. Beim TD115 kann man den ausbalancierten Tonarm anstubsen (oder von der innersten Position loslassen und er wird nach außen pendeln. Ein intaktes Tonarmlager erkennt man daran, dass er mindestens 5 mal hin- und herschwingt, bevor er zur Ruhe kommt. Ich habe ihn damals mit ELAC 796HSP (vandenHul Nadel) gegen den doppelt so teuren Revox mit Tangentialtonarm verglichen, beide hatten ELAC Systemkörper, die Nadel wurde umgesteckt, um diesen Einfluss auszuschließen, und der Thorens behielt in allen klanglichen Belangen die Nase verblüffend vorn. Ich führte das darauf zurück, dass ein ruhig laufender Riemenantrieb einem quarzgeregeltem Direktantrieb nicht unterlegen sein muss, aber dass ein kurzer Tonarm große Winkeländerung bei Höhenschlag oder seitlichen Bewegungen (Exzentrizität, Elliptizität durch Füllschriftverfahren) für das System bedeutet, und ein solcher Tangentialarm hat neben der kardanischen Aufhängung noch in der Schlittenführung ein weiteres Lager mit Spiel. Das deutlich einfachere Thorens Tonarmkonzept mit seinen Rubinlagern schien mir da auch deutlich überlegen.
Grüße
Hans-Martin