Hallo Otto
eigentlich wollte ich noch einen Nachsatz posten: Die Problematik des Höhenschlags wurde 1980 in
diesem AES-Artikel beschrieben.
Grundlegende Aspekte veröffentlichte Poul Ladegaard (B&K)
Audible Effects of Mechanical Resonances in Turntables, er beschäftigte sich 1977 ausgiebig mit den spektralen Auswirkungen, das Thema Subchassis stand allerdings nicht im Vordergrund.
Aus meiner Sicht der Dinge gibt es in der Nähe einer Resonanz 3 charakteristische Zustände:
Unterhalb der Resonanzfrequenz folgt die Masse eher der Anregung.
Oberhalb der Resonanzfrequenz bleibt die Masse eher in Ruhe.
Bei der Resonanzfrequenz schwingt die Masse entgegengesetzt zur Anregung.
Wenn ein Plattenspieler immun sein soll gegenüber Körperschall, sollte seine Federfüsse-Masse-Resonanzfrequenz möglichst niedrig liegen, denn dann werden alle höheren Frequenzen weggefedert, je mehr Frequenzabstand zur Störung, desto besser. Dabei dürfte man aber nicht vergessen, dass Federn und Dämpfung auch Nebeneffekte haben, indem sie frequenzabhängige Kennlinien haben.
Wer eine Hallspirale kennt, versteht, was ich meine. Die weiche Feder überträgt alle Frequenzen - mit zeitlicher Verzögerung. Und Dämpfung? Der klassische Versuch, Korken am Faden im wassergefüllten Zylinder, zeigt auch, dass ich nur schnell genug am Faden reißen muss, um den ganzen Zylinder kurzzeitig anzuheben, denn Dämpfung ist eine geschwindigkeitsabhängige, der Bewegungsrichtung entgegengesetzt orientierte Größe.
Ich denke, ein einfaches Feder-Masse System reicht nicht, 2 unterschiedliche Feder-Masse Systeme kaskadiert können erfolgreicher sein (z.B. Gummifüße/Zarge + Spiralfedern-Chassis)
Da die aufgelegten Schallplatten sehr individuelle Höhenschläge haben, sollte die Kernproblematik System/Tonarm so abgestimmt sein, dass Welligkeiten nicht zur Katastrophe führen, die Nadel aus der Rille springt. Eine Resonanzfrequenz nahe 10Hz ist besser als nahe 5Hz. das setzt aber entweder einen sehr leichten Tonarm voraus oder eine niedrige Nadelnachgiebigkeit (entsprechend hohem Auflagedruck und ggf. dem befürchteten Platten/Nadelverschleiß, wenn die bewegte Masse größer ist).
Ohne Frage ist eine plane Schallplatte (Ausgangszustand) besser als eine verzogene (nur eine Frage der Zeit, der falschen Lagerung etc.).
Wenn man bei einem Plattenspieler ohne Subchassis eine seitliche Störung durch Stoß (z.B. von rechts) einbringt, kann man folgende Beobachtung machen: Das Chassis weicht samt Platte nach links aus, einschließlich Tonarmlager. Das System springt aus der Rille, bewegt sich nach rechts zum Außenrand der Platte entgegen der Stoßrichtung.
Es gibt 2 Alternativen der Auflagekrafteinstellung:
Der Arm wird statisch ausbalanciert, eine Feder stellt den Auflagedruck ein (Drehmoment der Massen bleibt ausgeglichen).
Der Arm wird statisch ausbalanciert, eine Verstellung eines Gewichtes (Änderung des Drehmoments) stellt den Auflagedruck ein.
Bei beschleunigten Drehvorgängen zählt jedoch das
Massenträgkeitsmoment, und dessen Schwerpunkt liegt nicht im Drehzentrum.
Die räumliche Abweichung von Tonarmlager-Drehzentrum und Trägheitsmomenteschwerpunkt ist mMn der Grund, weshalb der Tonarm ausweichen muss, sofern die Kraft nicht durch die Achse der beiden Vorgenannten geht.
Das gilt für horizontale Beschleunigungen genauso wie für vertikale.
Damit ist erklärt, warum die Subschassis (oder Federung eines Chassis bis zum Masselaufwerk) mit seiner Resonanzfrequenz hinreichend Abstand zur System-Tonarmresonanz haben muss. Denn wenn das Chassis aufwärts schwingt, wird der Arm das System in Gegenrichtung bewegen, und nur eine hinreichend höhere S-TA Resonanzfrequenz kann für gleichphasige Bewegung des Systems sorgen.
Es erklärt auch, weshalb eine vertikale Schwingung nicht in eine horizontale Komponente übergehen darf, wie sie Kegelfedern eintragen können. Darin liegt das Geheimnis vieler Subchassis-Plattenspieler, dasselbe Modell kann nach einem Transport schlechter klingen, nur weil sich der Federsitz verschoben hat, oder eine der Federn verdreht ist und die Bewegungen der anderen nicht hinreichend kompensiert. Beim Linn LP12 kann man evtl. bis zu 2 Stunden an diesen "Stellschrauben" zur Optimalstellung drehen, damit meine ich nicht die selbstsichernden Muttern, deren Aufgabe ausschließlich die Anhebung der Federsitze, also die horizontale Ausrichtung des Chassis ist.
Von der
Seite
Auf Höhenschlag reagiert der Arm mit Nachschwingen, dabei kommt es zu einer Frequenzmodulation
Wenn man Antiskating mittels 300Hz steigender Amplitude einstellt, dass die Kanalsymmetrie beim Abtasten auch bei hohen Amplituden gewahrt bleibt, kann man auf dem 2-Kanal-Oszilloskop sehen, wie bei leichten Erschütterungen die Phasenbeziehungen zwischen den Kanälen wegschwimmen und die Verzerrungen zwischen den Kanälen pendeln, mit der S-TA-Resonanz.
Wenn (zeitlich nach Newton) Euler Plattenspieler gekannt hätte, hätte er schon fast alles erklären können.
Heutzutage sollte die Oberstufenphysik ausreichen (Irrtümer vorbehalten).
Grüße Hans-Martin