Hallo zusammen,
in der Hoffnung, diesen Thread wieder beleben zu können, möchte ich meine Erfahrungen vorstellen, wobei ich mich in diesem Beitrag ausdrücklich nur auf Basswiedergabe bei Musik beschränke, Heimkino ist ausgenommen. Ausgangsbasis für dieses Projekt ist ein Paar Backes & Müller BM20 aus den frühen 80ern, die ich völlig verbastelt für kleines Geld vor einiger Zeit im Internet ersteigert habe.
Als erstes habe die Weichen- und Regelelektronik entfernt, eine (modifizierte) Behringer dcx2496 anstelle der Original-Frequenzweiche implantiert und versucht, mithilfe der verfügbaren Equalizer ein brauchbares Ergebnis zu erzielen. Aber egal, wie ich auch rumgetrickst habe, der Bass war nicht hörenswert. Einen Grund dafür vermutete ich in dem unbedämpften Hörraum, der zu einem kuriosen Frequenzgang führt:
Bild 1: Frequenzgang original
Dieses Diagramm wurde mit einem einfachen Schallpegel-Messgerät aufgenommen, dessen Mikrofon sich im Abstand von 2,5 cm mittig vor der obersten Bass-Membran befand. Nur die vier Basschassis wurden ohne Weiche und Equalizer von den eingebauten Verstärkern angesteuert.
Der Raum ist ca. 6 m lang und gut 4 m breit, die Lautsprecher stehen einen halben Meter vor der Stirnwand. Das Verhalten sieht nach Raumresonanzen aus, die im Oktavabstand aufeinander folgen.
Bild 2: Raumresonanzen?
Um meine Vermutung zu überprüfen, habe ich das gleiche Messgerät eine Etage höher vor dem Mitteltöner angebracht (weil diese Position für eventuelle spätere Messungen exakt reproduzierbar ist), der Rest der Versuchsbedingungen ist gleich geblieben. Voila:
Bild 3: Raumresonanzen!
Da ich coronabedingt eine Menge Freizeit hatte, habe ich mich daran erinnert, dass ich vor knapp dreißig Jahren schon einmal eine „Aktive akustische Basskorrektur“ (Elektor Heft 7/93, Seite 116) in meine damaligen Lautsprecher mit gutem Erfolg implantiert hatte, und mich dann entschieden, diese Technik noch einmal einzusetzen, um die Basswiedergabe in einem kritischen Raum zu verbessern.
Da ich -ebenfalls coronabedingt- keine Lust hatte, mich auf der Suche nach geeigneten Bauteilen in den entsprechenden Läden umzuschauen, habe ich meinen Bastelbestand inventarisiert und die Schaltung dann so umdimensioniert, dass ich mit vorhandenen Bauteilen auskam. Das von Elektor vorgesehene Subsonicfilter habe ich weg gelassen und die erforderliche Phasendrehung um 180° ohne Einsatz eines zusätzlichen Operationsverstärkers realisiert, so dass ich nur einen Doppel-OP benötige. Lediglich geeignete Elektretkapseln habe ich im Internet bestellt.
Nach vielen Vorversuchen habe ich mich entschieden:
1. nur ein Mikrofon (MCE-4001) für alle vier Basschassis einzusetzen
2. das Mikrofon 1,5 cm vor der Staubschutzkappe anzubringen
3. den Regelungseingriff auf 8,0 dB zu begrenzen.
Der mechanische Aufbau sieht primitiv aus, erfüllt aber seinen Zweck:
Bild 4: Mikrofongalgen
Nun, was hat´s gebracht?
Das Impulsverhalten ist in Bild 5 dargestellt: unten das Original, darüber das ursprüngliche Verhalten, ganz oben mit Regelung. Als Messsignal dient ein 400 Hz-Sinussignal, bei dem jede fünfte Schwingung stummgeschaltet ist. Die Veränderung ist deutlich zu sehen.
Bild 5: Impulsverhalten
Das Diagramm zeigt:
1. der Abfall zu tiefen Frequenzen ist beseitigt / überkompensiert
2. der Einfluss der Raumresonanzen ist deutlich gemindert
3. im Einsatzbereich von 30 bis 180 Hz ist die Abweichung < +/- 2 dB
4. mit einem einfachen
RC-Filter (220 n/27kΩ) oder
5. einer entsprechenden Einstellung der dcx2496 < +/- 1 dB
Bild 6: Frequenzgang mit Regelung
Ohr und Auge liefern an Eindrücken:
1. der Bass ist frei von Resonanzen und nah am Original
2. Membranbewegungen sind auch ohne Subsonicfilter moderat
3. Türen kann man öffnen, ohne dass die Membranen flattern
4. man kann folgenlos die hohle Hand vor das Mikrofon halten.
Das System ist unter allen im Alltag vorkommenden Umständen stabil, einfach in vorhandene Lautsprecher zu integrieren und mit nur einem Potentiometer den eigenen Vorstellungen entsprechend abzugleichen. Wer will, kann die Regelung deutlich strammer einstellen (ich habe es bis ca. 12 dB ausprobiert), handelt sich neben Vorteilen wie strafferem Bass und linearerem Frequenzgang aber auch Nachteile wie Membranflattern bei offenem Fenster bis hin zu Pfeifen bei Annäherung an das Mikrofon ein.
Der Aufbau wurde bewusst „luftig“ gehalten, um eventuelle nachträgliche Modifikationen ohne großen Aufwand realisieren zu können. Gedrängt aufgebaut passt er ohne Gleichrichtung und Spannungsstabilisierung sicherlich in eine Streichholzschachtel.
Bild 7: Aufbau
Ich kann die Schaltung jedem Spielkind empfehlen, das mit wenig Material- und finanziellem Einsatz eine Möglichkeit zur Verbesserung der Basswiedergabe ausprobieren möchte. Das ist nämlich ein weiterer Vorteil dieses Ansatzes: man kann bei umsichtiger Planung und Ausführung alle Eingriffe spurlos zurück bauen.
Mit Hoffnung auf viel Resonanz
Tobias