Liebe Freunde der Vintage-Analogtechnik,
nihil.sine.causa hat geschrieben:Gert hat sich mittlerweile intensiv mit meinem Dolby-System beschäftigt und wird sicher etwas dazu schreiben …
hier die offene Dolby 363 ohne Einschübe:
Die Einschübe sind mit Blechen abgeschirmte, kompakte Einheiten. Zerlegt und die beiden Platinen aufgeklappt sehen die so aus:
Haralds Klangeinstufung
nihil.sine.causa hat geschrieben:Die Qualität war aber leider recht bescheiden für meine Ohren. Vor allem war das Resultat verhangen, es fehlte die feindynamische und räumliche Finesse – kein Vergleich zu Bandaufnahmen ohne Dolby.
wundert wenig, wenn man sich die verwendeten OPs anschaut: 4556 als Ausgangstreiber, 4558 im Basisgerät, und in den Cat300 finden sich TL062, TL070, TL072 und LF442. Wenn man die vielen Doppel- und teilweise sogar Vierfach-OPs (TL074) mal einzeln rechnet, kommen da 400-500 OPs zusammen, wenn man die 363 mit zwei Cat. No. 300 betrachtet. Die liegen zwar nicht alle im Signalweg, aber dennoch viele davon. Und die Spannungsversorgung geht sicher auch besser.
Kein Problem, möchte manch einer sagen, am Netzteil kann man immer was machen und dann alle relevanten OPs durch z. B. LME49710 bzw. 49720 ersetzen und gut ist's. Nach etwas Nachdenken ist dann allerdings gar nichts mehr gut, weil man ein bisschen den Wärmehaushalt der Kiste im Auge behalten muss. 200x 10mA Ruhestrom eines LME49720 macht 2A. Bei einer ungesiebten Spannung vorne nach dem Gleichrichter von 2x22V macht das 2A mal 44V gleich 88W, die irgendwo in Form von Wärme hinwollen, abgesehen davon, dass weder der vorhandene Trafo noch das Netzteil dahinter das liefern könnten. Das ist in der engen Kiste nicht machbar, und vor allem im Inneren der Cat300 würde die extrem eng gepackte Elektronik den Hitzetod sterben.
Die verwendeten 4558 und TL072 wollen gerne 3-4mA Ruhestrom, die LF442 0,4mA und die TL062 nur 0,2mA.
Leider ist in den Service-Unterlagen zwar der Schaltplan des Basisgeräts komplett enthalten, aber die Schaltung der Cat No. 300 ist nur teilweise abgedruckt. Über das Herzstück, nämlich die A- und SR-Kompressoren, deckt Dolby das Mäntelchen der Black Box. Denkt man aber über die Schaltung ein wenig nach und schaut sich die vorhandenen Pläne genauer an, liegt folgender Schluss nahe:
In den Cat. No. 300 sind die OPs im direkten Signalweg als TL072 ausgeführt. Sowohl der TL062 wie der LF422 sind nicht wirklich HiFi-Signal-tauglich und werden dazu verwendet, die Signalhöhen in den einzelnen Frequenzbereichen zu bestimmen und die Verstärkungsfaktoren einzustellen. Also gibt es keinen Grund, die TL062 und LF442 zu tauschen, das bringt klanglich genau nichts.
Es gibt inzwischen durchaus OPs, die ähnlich wenig Ruhestrom brauchen wie der TL072 und tolle Performance im HiFi-Bereich abliefern, z. B. der OPA 1642, ein Doppel-OP und wie der TL072 mit FET-Eingang. Er braucht nur 1,8mA pro OP. Also, warum nicht einfach die vielen TL072 und auch 4558 alle durch OPA 1642 ersetzen? Ganz einfach, dagegen spricht, dass es die OPAs nur noch in SMD gibt - das bedrahtete DIP-Gehäuse verwendet eh niemand mehr bei einer Neuentwicklung.
Wo ein Wille, da ein Weg. Viele Stunden später:
Das sind unzählige OPA 1642 auf winzigen Adaptern. Damit müsste der Stromverbrauch insgesamt ungefähr so sein wie vorher.
Zunächst habe ich mir das Basisgerät vorgenommen, zu Beginn das Netzteil. Hier die rausoperierte Platine, links unten das Netzteil mit einer Standardschaltung aus vier Gleichrichterdioden, 2x 2.200µF Siebelkos und die übliche Regelung mit LM317/337:
Folgende Maßnahmen:
1. Alte Gleichrichterdioden raus, durch gute Schottkydioden ersetzt.
2. Die beiden Siebelkos mit 2,2mF/25V raus und durch Panasonic FC 3,9mF/35V ersetzt.
3. Vor den beiden Reglern Lastwiderstände 4,7Ohm/2W eingebaut. Misst man den Spannungsabfall daran, kann man so einfach den Gesamtstrom bestimmen, und die Regler müssen ca. 2V weniger Spannung wegheizen, vorher 7V, jetzt 5V, was immer noch üppig reicht zum Regeln (und zum Heizen
.
4. Nach den 4,7Ohm nochmal 2x3,9mF/35V Pana FC. Dieses RC-Glied siebt die Spannung vor den Reglern enorm und hält die HF vom Netz fern.
5. Nach den Reglern 2x 3,3mF/35V Panasonic FR. Beseitigt vom Regler selbst erzeugten Dreck.
6. Die +-15V-Leitung zur Elektronik wurde aufgetrennt und jeweils ein Widerstand mit 1 Ohm eingesetzt.
7. Danach nochmal 4x 3,3mF/25V Pana FC zur weiteren Entkopplung der OP-Versorgungen. Gesamtansicht:
Den Lüfter habe ich weggelassen, denn der funktioniert eh nicht mehr und Harald will auch ganz sicher keinen Lüfter-Lärm im Hörraum. Thermisch bleibt das bisher laut Harald im Rahmen, wenn man das Gerät nicht länger als 2h am Stück betreibt.
Dann die OPs im Signalweg auf der Hauptplatine. Zuerst die vier Ausgangstreiber-OPs, im Original 4x 4556, ersetzt durch je einen LME49720. Man muss höllisch aufpassen, weil der Lötstopplack damals noch nicht die Qualität hatte wie heute. Wenn man mit dem Entlötsauger auf eine lackierte Leiterbahn kommt, verdampft durch die Hitze der alte Lack sofort und die Leiterbahn ist blank. Da muss man ziemlich aufpassen, dass keine Brücken und Kurzschlüsse entstehen.
Weiter sollten die 18 im Signalweg liegenden 4558 durch OPA 1642 auf den Adaptern ersetzt werden. Ich hatte die benötigten OPA1642 ja schon vorher alle auf Adapter gelötet und mit Lötstiftleisten versehen, siehe oben. Und nun der Schock: Die Bohrungen für die OP-Füßchen sind in der 363 so knapp bemessen, dass die OP-Füßchen gerade durchpassen, aber die Stiftleisten nicht
. Bei den OPs, die nach oben üppig Platz haben, war das kein Problem, da habe ich die Adapter einfach von oben aufgesetzt, eben nicht durchgesteckt und von oben aufgelötet:
Bei den restlichen OPs, die unter den Cat300 sitzen, war das zu hoch. Da musste ich erst die Kunststoffabstandshalter der Stiftleisten rausmachen, die Stifte kürzen und dann eben auch wieder von oben aufsetzen. Ist zwar ungeschickt zum Anlöten, hat dann aber ebenfalls gepasst:
Mir dämmerte aber bereits, dass ich das Problem mit den zu kleinen Bohrungen vor allem bei den Cat. No. 300 kriegen würde. Zum Glück sind das pro Cat300 nur 16 TL072 und ein TL070, der ersetzt werden muss. 16 Doppel- und ein Single-OP hört sich vielleicht zunächst nach gar nicht so wenig an, aber auf einer Cat300 sind insgesamt 80 Doppel-OPs drauf, das relativiert die Sache etwas. Der eine Single-OP TL070 war kein Problem, der wich einem LME49710. Dieser OP, der IC702, ist die zentrale Addier- und Verteilstelle in den Cat300, der sollte von möglichst guter Qualität sein, egal, ob er ein paar mA mehr oder weniger braucht. Bei den anderen 16 kam jetzt aber das Sockel-Durchmesser-Problem. Ich habe in den sauren Apfel gebissen und das so gelöst: Erstmal von jedem OP-Adapter die Stiftleisten wieder runtergelötet. Dann durch jede der acht Bohrungen ein Stück Silberdraht mit 0,6mm Durchmesser gesteckt und verlötet. Das dauert. Dann die TL072 von den beiden Cat300-Platinen runtergelötet (das ist ein ziemlicher Terz bei der Enge auf der Platine), die Löcher alle von Lötzinn befreit und dann die Adapterplatinchen mit ihren rausstehenden Silberdrähtchen durchgesteckt. Das Verlöten muss dann schnell und präzise erfolgen - etwas zu lange an einem Lötpunkt verharrt, und der Silberdraht hat die Hitze bereits zum Lötpunkt auf dem Adapter weitergeleitet und der Draht fällt raus.
Wenn die beiden Platinen der Cat300 zusammengesteckt sind, bleiben nur ca. 10mm Luft zwischen den beiden. Deshalb mussten die Adapter möglich tief eingebaut werden, damit die Platinen wieder zusammenpassen. Sie passen:
Das ist nun der Stand - ich habe also das Basisgerät und eine Cat300 überarbeitet. Bevor ich mich aber an die andere Cat. No. 300 mache, will ich erstmal in Ruhe messen, ob das Ding überhaupt noch funktioniert. Da ist es hifreich, noch einen Original-Einschub zum Vergleich zu haben. Interessant ist, dass die Kiste nach dem Upgrade des Basisgeräts 10mA weniger Strom in jeder Spannungshälfte verbraucht als vorher, und mit dem Upgrade der ersten Cat300 nochmal 20mA pro Hälfte weniger. Mit der zweiten Cat300 sind das dann insgesamt 50mA, die weniger fließen als vorher. Macht bei einer Basisspannung nach dem Gleichrichter von 2x22V immerhin 2,2W, die weniger als vorher verheizt werden. Insgesamt waren das immerhin gut 18W, die die Kiste erwärmt haben, nachher sind's dann noch rund 16W. Das Konzept zum Wärmehaushalt geht also auf.
Die spannende Sache ist jetzt aber erstmal, ob das Signal nach all den Maßnahmen überhaupt noch hinten rauskommt - ich werde berichten.
Viele Grüße
Gert