Hallo Hans-Martin,
Sehr interessant, dass es bereits in den 30er Jahren Abhandlungen über das Thema 'Lautstärkeempfinden' gab. Ich fände es spannend, herauszufinden, ob diese mit den heutigen Erkentnissen im Wesentlichen übereinstimmen.
Hans-Martin hat geschrieben:
[...]
EBU-R128 hat offenbar auch nur zum Ziel einen Zahlenwert von Lautstärke zu mitteln.
[...]
Über die Dynamik des Stücks sagt das nichts aus, kurzzeitige Spitzen werden ignoriert, weil sie zum Lautstärkeeindruck nichts beitragen.
'Nichts' würde ich nicht sagen. Aber sicher nicht 'Alles'.
[...]
So gesehen würde ich aus dem LRA-Wert auch keinen Qualitätseindruck ableiten wollen, aber vielleicht muss ich mich mit dem Aspekt noch beschäftigen.
[...]
Sehe ich auch so. Ich denke, die Argumentation ist eher andersherum zu führen.
Zweck der EBU R 128 und ITU-R BS.1770-3 ist nicht, einen Wert für die Loudness zu ermitteln, der dann ein alleiniges, absolutes Qualitätskriterium darstellt.
Ziel ist es vielmehr, ein allgemeingültiges Messverfahren und Kriterien bzw. Standards zu entwickeln, welche eine 'angemessene' Vergleichbarkeit der Lautheit zwischen verschiedenen Produkten/Programmen/Quellen ermöglichen und damit die Basis für eine Normalisierung darstellen.
Die vorangegangenen Methoden, nämlich das Heranziehen des Spitzenpegels (Peak Normalisation) hatten ja letztendlich zum Loudness War geführt.
Eine entscheidender Teil der EBU R128 Empfehlung ist, dass über die Laufzeit ein Zielwert von -23 LUFS +-1 LU bei der Austrahlung eines Programms einzuhalten ist. Massiv komprimierte Musik (oder andere Quellen) wird also gandenlos runtergeregelt.
Das Ziel, ein Stück oder Programmabschnitt lauter klingen zu lassen, kann also nicht mehr über eine übermäßige Kompression erreicht werden, diese wird also dahingehend uninteressant.
Zitat aus einem der Papiere: "the concept of loudness normalisation according to R 128 actually encourages more dynamic mixing!"
Darüber hinaus finde ich es sehr begrüßenswert, dass über Standards wie 'EBU R 128' oder 'ITU-R BS.1770-3'
Messgrößen definiert werden, die eine weitgehend allgemeingültige Vergleichbarkeit ermöglichen und in der gesamten Wertschöpfungskette berücksichtigt werden (können).
Letztendlich ist eine Software oder Hardware, die solche Standards implementiert, nichts anderes als ein Messinstrument, welches erstmal nackte Zahlenwerte liefert. Diese Werte zu interpretieren und seine Schlüsse daraus zu ziehen ist wieder ein ganz anderes Thema.
Ich persönlich bin beim Herumspielen mit Musicscope, Audacity etc. für mich zu der Erkenntnis gekommen,
dass es unterschiedliche Lautheits- bzw. Dynamikbegriffe gibt, die irgendwo alle eine Rolle spielen und erst zusammen den Gesamteindruck beschreiben.
Zum Einen wäre da die Dynamik über die gesamte Laufzeit des Stückes, also das Delta zwischen leisen und lauten Passagen.
Zum Anderen die Kurzzeitdynamik. Also der Pegelunterschied, der z.B von den Spitzen eines im Takt spielenden Schlagzeuges gegenüber dem Rest der Musik erzeugt wird.
Ein 'EBU mode' Loudness Meter berücksichtigt dies auch in etwa, weil es laut EBU Tech Doc 3341 drei Skalen abbilden soll:
Momentary Loudness (abbreviated “M”) – time window: 400 ms
Short-term Loudness (abbreviated “S”) – time window: 3 s
Integrated Loudness (abbreviated “I”) – from ‘start’ to ‘stop’
Apropos Schlagzeug ... um zum Thema zurückzukommen.
Fehler, wie sie in der referenzierten Aufnahme gemacht wurden, sind - da sind wir uns einig - sicher mit reinen Loudness- oder Peak-Level-Messungen nicht oder nur bedingt aufzudecken. Das war auch nicht meine Absicht, als ich die Screenshots eingestellt hatte. Ich wollte lediglich noch ein wenig zusätzliches Material liefern, zu dem was Uli gepostet hatte.
VIele Grüße
Matthias