Hallo Christian
Mit John Rogers von Ringmat habe ich seit 15 Jahren auch gelegentlich privaten Kontakt (begonnen über ein internationales Forum), kenne aber nicht alle seiner Produkte. Ich halte ein "high-endiges" Netzkabel mit IEC320-Kaltgerätesteckern für eine Ausnahme, die man lange suchen muss (wohl bei im findet). JR ist Jahrgang 1942 und immer noch rege beim Hören, Beobachten von Zusammenhängen und Entwickeln neuer Ideen.
Das habe ich selbst in meiner Sammlung, auf der High-End im Kempinski nach einem längeren Gespräch mit Rob Woodland (Eichmann-CEO) gekauft, das ist schon ein sehr spezielles Kabel, eine ungewöhnliche Ausführung, die in kein Schema passen will. Es klingt gut, aber ein klassisches Netzfilter ist doch anders. Schuko am einen Ende, Kaltgerätekupplung am anderen. Ich kann nicht erkennen, dass da ein Kaltgerätestecker anstelle des Schuko angeboten wird.
Die Diskrepanz ist auch kein Wunder. An einem Verstärker wird ein klassisches Netzfilter weniger Nutzen als Einschränkung bringen, am Tuner, CD-Player, allen digitalen Komponenten, deren wesentliche Arbeitsschwerpunkte im digitalen Bereich, oder im hochfrequenten (dann analogen) liegen, kann der Nutzeffekt den Bremseffekt überzeugend überschreiten. Muss aber nicht so wahrgenommen werden, wenn der persönliche Geschmack nach Temperament ausgerichtet ist, nicht nach Ruhe und Plastizität der räumlichen Abbildung. So kann die Bewertung individuell schwanken, das Thema kontrovers diskutiert werden.
Was ist "ein Netzfilter" überhaupt? Da muss man schon unterscheiden:
Üblich sind die gegensinning bewickelten Kerne, die eine hohe Gleichtaktunterdrückung haben, dem Nutzstrom aber wenig entgegensetzen. Der Innenwiderstand der Spulen soll niedrig und verlustarm sein. Das Filter kann durch weitere Spulen ergänzt werden.
Ein X-Kondensator zwischen Phase und Null auf der Netzseite und 2 Y-Kondensatoren zur Schutzerde (gelegentlich auch zur Netzteil-Masse oder Gehäuse) gehören ebenfalls zum klassischen seriellen Netzfilter.
DeZorel legt bei deren Netzfiltern großen Wert auf absolute Symmetrie der Spulen, ich fand, die Unterschiede sind auch nachvollziehbar.
Zu den seriellen Filtern zählen auch Trenntrafos, da unterscheidet man Ringkerntrafos mit Schutzwicklung(!) zwischen Primär- und Sekundärwicklung, und EI-Kerne mit getrennten Kammern, beide Konzepte können auch per Mittelanzapfung auf Schutzerde gelegt werden, um das Netz zu symmetrieren (Orange Netzfilter der 1980er Jahre ist das erste mir bekannte dieser Art). Schließt man mehrere Geräte an solche Trafos an, merkt man deutlich die Laständerung und den Verlust an überzeugender Performance. Oder man muss fett überdimensionieren. Wenn das nachfolgende Gerät z.B. ein CD-Player mit Netzfilter/Y-Kondensator Reststörungen ableiten will, ist eine Schutzerdung erforderlich, reine Trenntrafos, wo die Schutzerde des Geräts "in der Luft" hängt, lassen noch Steigerung zu, indem die Erdung wiederhergestellt wird.
Gleichstromfilter (die keine HF-Filter sind) werden ebenfalls in Reihe mit dem Gerät benutzt. Der Trafo wird nicht mehr vorgesättigt und das Klangbild kann lebendiger werden, obwohl der Innenwiderstand zum Netz definitiv nicht kleiner geworden ist.
Dann gibt es auch parallele Netzfilter, die vor dem Gerät zwischen Phase und Nulleiter geschaltet sind, den Widerstand zwischen Netz und Gerät nicht erhöhen. Da gibt es RC-Kombinationen (z.B. Enacom), die auf Frequenzen ab 200kHz abgestimmt sind, das Ding von PS-Audio mit der blauen Leuchtdiode, die zugleich anzeigt, was hier "vernichtet" wird. es gibt viele Anbieter ähnlich gestrickter Ausführungen. Bei
http://www.russandrews.com findet man eine große Bandbreite der von mir genannten "Netzfilter".
Ebenfalls parallel kann man eine große Induktivität anschließen, die Gleichstromanteile abfließen lässt.
Und zuletzt gibt es ein Paket von Kondensatoren parallel zum Gerät, je nach Größe der Kapazität ändert sich der Klang, vermutlich eine Resonanzerscheinung mit dem Netzteil .
Mit dem Noise Sniffer von Audio Prism kann man Störanteile auf dem Netz demoduliert hörbar machen. Man hat allerdings schon Ruhe, wenn nur ein Gerät mit Netzfilter und X-Kondensator an die Netzleiste angeschlossen hat. Man kann dann nichts mehr mit dem Gerät unterscheiden, wohl aber mit dem Ohr, wenn nadere Geräte mit oder ohne Filter betrieben werden. Die Freude über die deutliche Anzeigemöglichkeit von Störungen findet dann ein jähes Ende.
TMRudolph war schon in den 1980er Jahren Vorreiter mit Netzfiltern und Netzkabeln (Ursprung: Eupen) und Netzleisten mit diesen ferritummantelten und abgeschirmten Netzzuleitungen. Aus seiner Druckschrift konnte man lernen, dass ein gemeinsames Netzfilter vor einer Verteilung nach einer besonderen Betrachtung und Behandlung von Geräten verlangt, die selbst Störungen ins Netz zurückgeben, wie Tuner, CD-Player, Linn Lingo..., da ist ratsam, diese von den anderen Geräten durch eigenes Netzfilter noch zu entkoppeln und die Störungen im (Eupen-) Kabel zu absorbieren, abzubauen.
Netzfilter wirken nicht beliebig breitbandig, über 100MHz versagen sie. Ratsam wäre auch, nach dem Netzfilter abgeschirmte Leitungen zu verwenden, weil diese sonst wie Antennen Störungen wieder einfangen. Netzfilter ist nicht gleich Netzfilter, die Stromauslegung sollte zur Anwendung passen. Ein 16A Filter wirkt wenig mit einem CD-Player, ein 1A-Filter sollte mit einem fetten Leistungsverstärker nicht kombiniert werden.
Eine Netzverteilung mit gemeinsamem Netzfilter hat also ihre Tücken. Ich habe die Erkenntnisse von TMR damals gut nachvollziehen können, behaupte mal, sie sind auch heute noch uneingeschränkt gültig. Folglich gehört ein gemeinsames Netzfilter nur dann in eine Netzverteilung, wenn der Benutzer eine hinreichende Anleitung bekommt, störende Geräte entsprechend zu isolieren.
Die obige Aufstellung ist gewiss unvollständig, ich habe sie zusammengeschrieben, um die Vielfalt und die nötigen Konsequenzen aufzuzeigen. Die vielen kommerziellen Trittbrettfahrer, die Netzleisten auch mit Filter anbieten, wissen teilweise nicht, was passiert, folglich können sie den Käufer auch nicht beraten, wie er das Produkt optimal einsetzen kann. Unzufriedenheit ist dann schon vorprogrammiert. Deshalb gehen die Meinungen auseinander.
Grüße Hans-Martin
P.S.
Mit einem auf das Gerät abgestimmten X-Kondensator kann man ein vorgeschaltetes Netzfilter im Niederfrequenzbereich kompensieren. Da steigt die Akzeptanz sofort, weil die unerwünschten Nebeneffekte reduziert werden, die Nutzeffekte bleiben.