Hörbericht Silbersand FM 701 bei Johannes Krings in Bonn
Nach den vielen begeisterten Berichten, wie toll die FM 701 bei Johannes Krings aufspielen würde, und meiner Erfahrung mit diesem Ausnahmelautsprecher bei dessen "Generalprobe" im Juli in Zweibrücken, ging ich mit sehr grossen Erwartungen in diese Hörsitzung. Zumal es ja nur bei Herrn Krings möglich ist, den zweiten Boliden, die BM 35, aus dem dt. Spitzentrio (BM 35, FM 701, RL 800 K), im Vergleich durch Umschalten zu hören.
Beide LS sind ähnlich aufgestellt und wurden von den Herstellern selbst eingemessen bzw. haben ein "GO" zur Kundenvorführung bekommen, die Chancengleichheit ist also gewährleistet. Zum Abhören habe ich z.T. die gleichen Einspielungen verwendet, wie wir sie bei Peter am HE-WE in Odelzhausen hören konnten. Von Zeit zu Zeit wurde auch die BM 35, zur Orientierung, in den Test einbezogen.
Folgendes Material aus dem Bereich Klassik und Jazz wurde gehört:
Darüber hinaus haben wir
- den Track 15, Percussion Ensemble, aus der hier allseits bekannten und beliebten Manger-CD,
- die CD-Version der BlueRay Einspielung von Benjamin Brittens "Simple Symphonie" (Trondheimsolistene) und
- einen Mitschnitt eines Interviews mit Zubin Metha des ORF gehört.
Ich werde nun einige meiner, natürlich absolut subjektiven, Höreindrücke bei diesen Stücken beschreiben.
Bei den ersten zwei Scheiben werde ich etwas ins Detail gehen, da ich daran am besten deutlich machen kann, warum für mich die FM 701, ohne "Wenn und Aber" ab sofort die Referenz bei Lautsprechern darstellt.
Canadian Brass
eines der besten Blechbläserensembles, bestehend aus 2 Trompeten, Horn, Posaune und Tuba. Diese Scheibe benutze ich seit über 20 Jahren zum Einpegeln und Justieren meiner Geräte, ich habe jeden Ton im Ohr, kenne die Sitzordnung bei der Aufnahme und für mich ist diese "das Messgerät" schlechthin.
- Schon nach kurzer Zeit war ich überrascht, was die FM 701 an Präzision, Klangfarbenreichtum, Wiedergabe kleinster Details, die ich selbst auf dieser CD noch entdecken konnte, hörbar macht. Ob in den höchsten Registern der Trompeten (im Track 10 spielt Frederic Mills eine Hoch-B Trompete) oder im Tubaspiel von Charles Daellenbach (einer der weltweit besten Tubisten) mit seinen "tiefschwarzen Bässen", hier bleibt nichts verborgen, beim Einsatz der Posaune hat man den Eindruck, sogar das Stützmikro orten zu können. Das Horn wurde nicht verdeckt, war klar halb links hinten und neben der etwas weiter rechts spielenden Tuba zu orten. Der Einsatz der Posaune kam überaus charakteristisch, deutlich links vor der Tuba und etwas hinter der 2. Trompete ganz rechts. Eugene Watts spielt eine Posaune, die eher zum "weichen Blech" tendiert, so deutlich habe ich das nur über die 701 gehört.
Diese 5 Musiker werden geradezu "holographisch" abgebildet, und dieser Eindruck verändert sich nicht, ist unabhängig davon, ob im 2-fachen Forte oder im doppelten Piano geblasen wird. Bei allen Tracks der Canadian Brass CD war dies alles immer wieder zu hören.
Nun wird ja oft die Meinung vertreten, die Musik kleiner Blechbläserensembles könnten alle guten Lautsprecher problemlos abspielen. Das stimmt insofern, dass man eine Trompete immer sofort zu erkennt, beim "weichen Blech", z.B. Horn, Tenorhorn und Flügelhorn trifft das schon weitaus weniger zu. Aber die FM 701 kann bei Blechbläsern etwas wiedergeben, was ich so bei keinem Lautsprecher bisher hörte: Die feinen, allein durch Details in der Bauart, wie Legierung/Stärke des Blechs, Ziehverfahren (gehämmert oder gewalzt), Elastizität des Schalltrichters und Beschichtung, Mechanik der Ventil-Maschine, etc., bedingten Unterschiede macht dieser LS hörbar!
Ein Instrumentenmacher mit etwas Erfahrung kann hören, ob eine Bach, Lechner, Selmer, oder Yamaha geblasen wird. Wer schon mal erlebt hat, wie ein Orchestermusiker beim Instrumentenbauer SEINE Trompete oder Tuba aussucht, der weiss, was ich meine. Leider geben die Labels den Hersteller der verwendeten Instrumente nicht bekannt (sogar beim Klavier kommt das immer wieder vor).
Als Rudolf am späten Nachmittag zur Hörsitzung dazukam, habe ich ihm diese Eigenschaft der FM 701 mittels einer alten Tuba, die bei Herrn Krings als Dekoobjekt rumsteht vor "Ohren" geführt. Bei dieser Tuba sitzt zwar die Maschine fest, aber sie hat immer noch eine passable Ansprache und man konnte die charakteristische Klangfarbe im Krings'schen Abhörraum gut erkennen und mit der Wiedergabe der Tuba durch die 701 vergleichen.
Anmerkung: Auf BM 35 klingt es anders, man meint die Bläser spielen weiter weg, nicht in 3 Meter Entfernung, und die Bühne wirkt grösser.
Die überaus präzise Wiedergabe kleinster Änderungen in der Spielweise wird in den Takten mit Dämpfereinsatz besonders gut erkennbar. Ich kennen keinen Lautsprecher, der die Unterschiede zwischen Harmon-, Straight- und Cupdämpfer so deutlich darstellt.
Eine weitere Erfahrung mit der 701 möchte ich hier anführen. Ich habe mich vor die Box gestellt, mein Ohr ca. 30 cm vor den Hochtöner gehalten und konnte so, im "Ultra-Nahbereich", das gesamte Frequenzspekrum der Canadian Brass ausgewogen, also nicht etwa hochtonlastig, hören, WOW!!
Gustav Mahlers 3. Symphonie
gespielt vom Bayerischen Staatsorchester unter Zubin Metha im Grossen Saal des Wiener Musikverein am 16.9.2004. Die Einspielung liegt als SACD in 5.1 im Vertrieb von FARAO Classics vor. Sie kann aber auch in Stereo auf normalen CD-Spielern zu Gehör gebracht werden. Gehört wurden Track 1 bis 3, unter Zuhilfenahme der Partitur:
- Die berühmte Einleitung, die ersten 5 Takte werden allein unisono von 8 Hörnern gespielt, Mahler schreibt hier "Kräftig. Entschieden" vor, und die FM 701 konnte mich auch dabei voll überzeugen. Die Hörner waren sehr schön halblinks hinten zu hören.
Ab Takt 6 setzen die Streicher, Fagott und Contrafogott, Posaunen und Kontrabasstuba, sowie die Pauken mit einem doppelten Forte ein. Ich war erstaunt, welche Differenzierung der einzelnen Stimmen in diesem Forteschlag hörbar wurden und mit welcher unbändigen Kraft die 701 hier zu Werke ging.
Ab Takt 14 wird ein Triller der Cran Cassa mit 2 Schwammschlägel vorgeschrieben, spätestens hier zeigt sich, zu welcher Präzision ein Lautsprecher in der Bassauflösung fähig ist. Die 701 reproduzierte die einzelnen Anschläge klar und deutlich als Einzeltöne. Die Anschläge waren weich, da wurde kein Holzschlägel verwendet, sondern, wie Mahler es vorschreibt, der Schwammschlägel. Es war nichts nichts verschwommen, kein einheitliches "Grummeln" wie so oft an dieser Stelle zu hören.
Auch die folgenden Triolen (ab Takt 25) der Cran Cassa kamen überaus präzise und sehr gut im Raum ortbar.
Die Streicher wurden wunderbar chorisch wiedergegeben, und die Anordnung im Raum (erste Geigen mitte bis links aussen, zweite rechts, Chellis dahinter und die Bässe ganz hinten) war absolut stimmig, sowohl bei leisen wie bei den Fortepassagen (3-faches Forte in den Takten 90 -93)
Dieses 3-fache Forte kam mit solcher Wucht aus dem Lautsprecher, dass man instinktiv kurz zurückwich. Ich habe meinen Schallpegelmesser ausgepackt und eingeschaltet. Dann haben wir uns die Takte 90 - 93 nochmals und noch lauter angehört. Ergebnis: Die FM 701 erreichte 112 db in der Spitze, die beteiligten Instrumente waren auch bei dieser Lautstärke klar, deutlich und verzerrungsfrei hörbar. Sicher auch ein Ergebnis, das die Qualität des Abhörraumes im Krings'schen Studio dokumentiert.
Anmerkung zur BM 35: Wir haben diesen Teil auch mal über die BM 35 laufen lassen. Meine Eindrücke, wie ich sie bei Peter von der 3. Mahler in Erinnerung hatte, wurden voll bestätigt. Den Unterschied zur FM 701 möchte ich wie folgt chrakterisieren: Die FM 701 spielt, wie es wohl Zubin Mehta während seines Dirigats hörte, die BM 35 spielt, wie ich es im Parkett in der 12. Reihe Mitte hörte.
Track 2 (ab Takt 13/3) ist durch das wunderschöne Posaunensolo bekannt. Die Silbersand stellte dieses eindrucksvoll und strahlend über das Orchester, der Dialog mit Hörnern, Trompeten und Streichern wurde bestens herausgeschält, auch hier wieder, so habe ich das in seiner Detailauflösung noch nie gehört, die Anmerkung zur BM 35 oben, wurde auch hier bestätigt.
Dito im Track 3, ich fing an Mahler zu geniessen und dabei die Testaufgabe einfach zu vernachlässigen. Man läuft ja immer wieder Gefahr, bei solch Ausnahmelautsprechern sich der Musik zu widmen und vergisst dann schnell, jedes Detail zu bewerten und zu dokumentieren.
Dabei habe ich das "Dirigentenpodest" verlassen und mich immer weiter von der FM 701 entfernt. (Ist im Wohnraumstudio gut möglich, am anderen Ende ist man fast soweit entfernt, wie in der 20. Reihe im Saal.) Und hier die nächste Überraschung: Auch in dieser Hörposition spielt "da vorne" das Bayerische Staatsorchester, wird das Ambiente des Grossen Saales im Musikverein sehr gut rübergebracht!
Nach diesem "Hörmarathon" hat uns Johannes Krings noch mit einem vorzüglichen Tropfen aus seinem Weinkeller überrascht.
Gruss Sigi
PS: Morgen werde ich wieder mal "das Ding an sich" hören, in der Wiener Oper steht ein Don Carlos an, diesmal in einer rel. konservativen Inszenierung, wie ich sie als "Staubi" nun mal mag