Hallo liebe Freunde der externen Taktung,
immer wieder taucht die Frage auf, soll die externe 10MHz-Clock ein Sinus- oder lieber ein Rechtecksignal abliefern?
Damit habe ich mich ein wenig beschäftigt und will ein bisschen tiefer in die Materie einsteigen. Zunächst muss man sich klar machen, dass ein Clocksignal etwas ganz anderes ist als ein digitales Datensignal. Das Datensignal sollte möglichst steile Flanken haben, um den sog. dateninduzierten Jitter klein zu halten, und es braucht einen möglichst reflexionsfreien Abschluss in erster Linie am Empfänger. Läuft doch etwas reflektiert zurück, hilft die senderseitige Impedanzanpassung, das Reflektierte zu absorbieren, so dass es nicht wieder von Neuem auf die Reise geschickt wird. So weit so klar.
Ein Clocksignal dagegen sieht im Idealfall immer gleich aus, vom Beginn einer Periode aus betrachtet. Die besten Clocks laufen sinusförmig, z. B. ein Quarz in einer Colpitts-Schaltung (ist ein alter Hut, ich habe die kennengelernt im Alter von 13 im Fernsteuerbuch von Kosmos, und da gab es die Schaltung auch schon lange). Nun muss aber irgendwann in einer digitalen Schaltung, die nur 0 oder 1 versteht, aus dem sinusförmigen Signal heraus entschieden werden, oberhalb welcher Schwelle man das Sinussignal als 1 interpretiert und unterhalb davon dann als 0. Das macht ein Komparator - er hat an einem seiner Eingänge eine Referenzspannung anliegen, und alles, was am anderen Eingang darüber ist, ergibt 1 und alles, was darunter ist, wird als 0 ausgegeben. Ein Gerät, das eine externe Clockspannung akzeptiert, hat hinter dem Clockeingang immer so einen Komparator, um möglichst unabhängig auf verschiedene Signalformen und -amplituden reagieren zu können. Allerdings jittert so ein Komparator immer ein bisschen, sei es durch eigene Rauschvorgänge, sei es über die Referenzspannung. Die wird irgendwo aus der Versorgungsspannung gewonnen, und wenn die rauscht (und das macht sie immer mehr oder weniger), rauscht auch die Referenzspannung. Die zappelt also ein bisschen rauf und runter und verändert damit den Punkt auf dem Verlauf der Clockspannung, an dem über 0 oder 1 entschieden wird:
Macht man in der Clock selbst aus dem Sinus schon ein Rechtecksignal, baut man dort auch einen Komparator rein. Und der jittert dann mit dem Komparator im Empfänger um die Wette
. Aber betrachten wir jetzt die Übertragungsstrecke und zunächst eine sinusförmige Übertragung. Wie hier im Thread schon erwähnt wurde, hat man es da etwas einfacher. Wird am Ende des Kabels wegen Fehlanpassung etwas reflektiert, addiert sich das nach einmal hin und zurück zum ursprünglichen Sinus hinzu, und Sinus plus Sinus gleicher Frequenz gibt immer noch einen Sinus gleicher Frequenz. Aber jetzt kommt's: Die Amplitude ändert sich! Und ob sich die Amplitude des Sinus ändert oder man die Komparatorspannung oben im Bild verschiebt, ist egal, das Resultat ist Jitter.
Nun mag man argumentieren, wenn die Amplitude sich zwar durch die Reflexion ändert, aber dann immer gleich bleibt, gibt das auch keinen Jitter. Soweit richtig, aber die Amplitude bleibt nicht gleich. Originaler Sinus und reflektierter Sinus überlagern sich immer wieder zu unterschiedlichen Zeitpunkten, weil die Laufzeit hin und zurück auf dem Kabel nicht genau im ganzzahligen Verhältnis zur Periodendauer des Taktsignals steht. Könnte man also die Kabellänge genau auf die Taktfrequenz abstimmen? 10MHz hat eine Periodendauer von 100ns, und auf einem Kabel von 10m Länge braucht man hin und zurück gerade ungefähr 100ns. 1:1, passt doch. Kleiner Schönheits- oder auch Denkfehler: Man kriegt die Kabellänge gar nicht so genau hin - 0,01mm zu lang oder zu kurz wäre ein Millionstel falsch, und das ergibt bei 10MHz eine Schwebungsfrequenz von 10Hz. Und gerade bei 10Hz hat sich der Clockhersteller furchtbar Mühe gegeben, dass kaum noch was aus der Clock rauskommt, z. B. -145dB/Hz, und unser Kabel in Kombination mit dem Komparator am Eingang verhunzt das alles. Hinzu kommt, dass die Reflexionsstelle räumlich gar nicht so scharf definiert ist.
Aber nun stellen wir uns mal vor, dass wir gar nicht einen Sinus vorne ins Kabel reinschicken, sondern ein Rechteck. Ein Rechteck ist mathematisch betrachtet eine Summe verschiedener Sinuswellen, und zwar eine theoretisch unendliche Reihe der Grundwelle mit den ungeradzahligen Oberwellen, addiert mit bestimmten Amplitudenverhältnissen. Jetzt haben wir es also nicht mehr mit einer Sinusfrequenz zu tun, sondern mit vielen, sehr vielen sogar. Und ein Kabel hat nun auch noch unterschiedliche Laufzeiten für verschiedene Frequenzen, Dispersion nennt man das. Dass das Gebilde, dass da am Ende des Kabels entsteht, wenn Reflexionen im Spiel sind, nicht mehr so richtig vorhergesagt werden kann und alles, nur kein sauberes Rechteck mehr ist, liegt auf der Hand.
Was kann man tun? Für sauber definierte Wellenwiderstände und Abschlüsse sorgen ist das A und O. Also habe ich mal meinen Nanosekunden-Pulsgenerator ausgepackt und gemessen. Afterdark hat mir freundlicherweise ein 75Ohm-Kabel mit 1m Länge beigelegt, und das habe ich zunächst vermessen. Schau hin, 70,4 Ohm ist aber gar nicht genau 75Ohm. Ich krame ein einfaches Messkabel aus meinem Fundus raus, auf dem 75Ohm steht, und siehe da, es hat genau 75Ohm. Weiter geht's mit dem Eingang des EtherRegen. Ich habe nämlich schon viele Digitaleingänge vermessen, und kaum einer hatte wirklich 75Ohm. Anders beim ER, der hat wirklich saubere 75Ohm. Der Messimpuls, den ich in das oben für gut befundene Kabel reinschicke, verschwindet ohne messbare Reflexion im ER. Aber ein bisschen was kommt immer zurück, auch wenn das unterhalb meiner Messschwelle liegt. Und dafür wäre wichtig, dass die Afterdark aus Sicht der rückwärts laufenden Welle ebenfalls 75Ohm am Ausgang anbietet. Ich schicke also zunächst im ausgeschalteten Zustand der Giesemann Emperor rückwärts über das 75Ohm-Kabel meine scharfen ns-Pülschen rein. Die werden munter reflektiert, und zwar ist das Ergebnis recht ähnlich, ob ich die Afterdark-Clock anschließe oder nicht. Also sozusagen eine Art offenes Ende. Ok, aber die Clock war ausgeschaltet, und wenn sie läuft, ändert sich vermutlich ihr Innenwiderstand. Lässt man sie laufen, kann man aber nicht mehr sauber messen, weil sich die Messimpulse und der 10MHz-Sinus asynchron überlagern, da sieht man quasi nur Müll. Ich gehe so vor: Ich schließe den Ausgang der Clock so ab, dass im passiven (ausgeschalteten) Fall ein sauberer Abschluss entsteht. Dann schalte ich die Clock ein, triggere den Oszi extern auf den eingespeisten Impuls und schaue mir im Einzelschussverfahren an, wie sich der Messimpuls auf dem 10MHz-Sinus überlagert. Nun variiere ich den Abschlusswiderstand, bis ich hier die Reflexion verschwinden sehe. Diese Anpassung verringert die Ausgangsamplitude ein bisschen, aber der ER läuft damit immer noch einwandfrei.
So, das war jetzt aber ein ziemlich akademisches Rumgefummel am letzten Prozent, könnte man mir vorhalten. Ich gehe mit der modifizierten Afterdark und dem sauberen 75Ohm-Kabel in den Hörraum und schließe alles an. Während die Afterdark auf Betriebstemperatur hochläuft (das sieht man am Strom, der reinfließt - geht er runter, ist sie aufgeheizt), läuft der Kaffee durch und ich schiebe die fünf Stücke der Playlist aus meinem letzten LWL-Test rein. Klingt super, keine Frage, das war aber vorher auch schon so. Allerdings merke ich, dass ich die Playlist komplett durchgehört habe, als die Musik aufhört. Vielleicht war es doch noch ein bisschen sauberer als vorher?
Viele Grüße
Gert