Hallo Jakob
Knick im Hornverlauf - ich hätte schreiben sollen: abrupte Querschnittsänderung, was einem Horn jeglicher Machart immer Reflexionen und Frequenzgangprobleme einbringt.
Meine Bedenken galten vor allem dem Diffuser, dessen Wirkungsweise beim Biegewellenwandler sich mir absolut nicht erschließen wollte und der hier (wie eingezeichnet) nicht hingehört, weil er dem Prinzip Horn deutlich widerspricht. Aber die Beschäftigung mit den Thema lässt mich immer tiefer in eine unschöne Erwartung hineingeraten.
So ein einfaches Horn lässt sich mit 2 Brettern und etwas Rigips oder Wellpappe trapezförmig zugeschnitten schnell mal Improvisieren und auf Trötigkeit oder nasale Verfärbungen prüfen. Die Entlastung im unteren Bereich und die damit verbundene Reduktion von Klirr ist gewiss viel wert. Aber was ist das gegen Verfärbungen im Mittenbereich oder eine Unbalance zwischen Mitten und Höhen? Die oberen Höhen sind beim Manger für mein Ohr zunächst etwas unterrepräsentiert, aber man hat sich schnell eingehört.
Üblicherweise werden die Chassis (stark) eingewinkelt, da gibt es bei Einsatz einer akustischen "Linse" zur "besseren" Verteilung wesentliche Fragen:
Wenn eine abgestrahlte Schallenergie breiter gestreut wird, nimmt sie dadurch zu? Wohl eher ist ein weiterer FG-Abfall zu erwarten. Mit einem Korrektursystem wie Acourate ist das allerdings schnell ausgeglichen.
Kann eine akustische Linse (Diffusor) innerhalb eines Horns sinnvoll eingesetzt werden?
Wohl gar nicht.
Eine Beobachtung mit 2 Paaren Manger MSWs vor 20 Jahren zeigte mir deutlich auf, wie sehr die Exemplarstreuungen in das Ergebnis eingingen, auch der Abstrahl/Hörwinkel. Ohne Symmetrie ging nichts, und die Chassis, fertigungsmäßig damals gut 1 Jahr auseinander, waren untereinander nicht austauschbar, das wird heute vermutlich durch engtolerierte Fertigung anders sein. Aber gerade das Verhalten im Zischbereich lässt die Stimme mal nach rechts oder links ausreißen, wenn die Paarung nicht stimmt. Da ein Horn dann noch zusätzliche Schwierigkeiten einbringt, zum einen werden durch die Hornankopplung eines Chassis FG-Unterschiede betont, zum anderen bringen Hornformunterschiede solche auch hevor.
Wie sehr der FG mit dem Winkel schwankt, zeigt dieses Bild aus HiFi-Test
und bestätigt bei
http://www.troelsgravesen.dk/Manger.htm
Mit Klirrsspitze bei 1,6kHz
Wenn der Übergang zum Kolbenschwinger zwischen 150-300Hz liegt, werden höhere Frequenzen Biegewellen sein.
Das Horn als Faustregel Umfang = Wellenlänge der unteren Frequenz, dann noch als Ansteuerbereich 350-400Hz Hochpass geplant ist, kann nur noch die alles entscheidende Frage kommen, was ein Horn vor einem Biegewellenschwinger macht, der außerhalb seiner Kolbenbewegung betrieben wird. Was wird nun in das Horn eingespeist, Sog oder Druck? Was soll das Horn verstärken, wenn diese gleichzeitig in der Halsebene auftreten?
Wikipedia hat geschrieben:Der Strahlungswiderstand an einem Hornmund kann berechnet werden, ebenso seine Transformation hin zum Hornhals. Dies ist wesentlich für die Hornberechnung. Die abstrahlende Fläche ist nur gedacht, am Hornmund befindet sich keine Membran.
Eine konphas schwingende Membran in einer unendlichen Schallwand wird durch den Strahlungswiderstand belastet. Dies ist die Berechnungsgrundlage für jeden dynamischen Lautsprecher.
Der Manger strahlt aber nicht konphas (gleichphasig) ab, das Wesen der Biegewelle ist eben gerade das nicht. Das Horn kann nur den gleichphasigen Teil anpassen. Der liegt aber unterhalb des Arbeitsbereichs dieses kurzen Horns.
Ich habe noch nie andere Hörner mit Manger gesehen als backloaded, um dem Bass ein Schnippchen zu schlagen, und aus dem Manger einen besseren Vollbreichsstrahler zu machen, angefangen bei HM Basstuba und
Koprowski und
Silbatone.
Wikipedia hat geschrieben:Das Funktionsprinzip eines akustischen Horns ist das eines akustischen Impedanztransformators. Grob vereinfacht könnte man sagen, dass das Horn die Halsfläche (in der Regel die des Treibers) auf die Mundfläche vergrößert. Mit der Flächenzunahme ist eine deutlich bessere Anpassung der akustischen Impedanz des Lautsprechers an die des Umgebungsmediums gegeben, was neben anderen Effekten einen stark verbesserten Wirkungsgrad nach sich zieht.
Die untere Grenzfrequenz wird durch das Momentum der Öffnungsfunktion (beim Exponentialhorn durch die Hornkonstante) und in ganz wesentlichem Sinne auch durch die Mundöffnungsfläche bestimmt. Ein den 4-Pi-Raum beschallendes Horn (freie Aufstellung, ohne benachbarte Wände in nennenswertem Abstand) erfordert eine Mundöffnung, deren Umfang der tiefsten zu übertragenden Wellenlänge entspricht.
Die akustische Impedanz am Hornhals des konischen Horns, die dem Frequenzgang im unteren Frequenzbereich eines Horns weitgehend proportional ist, weist einen vorzeitigen Abfall zu tiefen Frequenzen hin auf. Je nach gewählter Geometrie des zu vergleichenden in Länge, Hals- und Munddurchmesser identischen konischen Hornes und des Exponentialhorns liegt die untere Grenzfrequenz des konischen Horns um wenigstens zwei Oktaven über der des Exponentialhorns. Allerdings ist die Welligkeit im unteren Frequenzbereich deutlich geringer.
Andere Hornkonturen bzw. Regeln der Bestimmung der Querschnittsflächen bewirken entweder ungünstigere Impedanzanpassungen oder einen weitaus welligeren Frequenzgang.
Sehr bedenklich finde ich die Formgebung des Hornmundes, bei dem die Schallwelle sich ablösen soll. Üblicherweise findet sich ein Öffnungswinkel bei 90°, der sich hier in dem konischen Horn erheblich kleiner darstellt. Am Hornmund geht der Schalldruck plötzlich auf Null, weil die Ankopplung an die Umgebung rundum geschieht - ohne jegliche Überleitung (wie sie besonders gut bei Kugelwellenhörnern geschieht).
Dieses Horn hat also eine Menge von Problembereichen, teilweise sogar kontraproduktiv. Es soll den unteren Bereich des Mangers unterstützen, ist dafür nicht groß genug, und der MSW bringt im Arbeitsbereich nicht die erforderliche gleichphasige kolbenförmige Bewegung. Dieser wird auch durch das Hochpassfilter der Weiche unterdrückt.
Der Hochtonbereich soll breiter gestreut werden, das konische Horn wirkt aber eher als Waveguide mit mehr Bündelung.
Der obere Bereich wird nicht durch Hornwirkung unterstützt, dann steht dem ohnehin schwachen Hochton-Bereich nicht nur keine akustische Verstärkung zur Verfügung, sondern ich befürchte, die gegenphasigen Schwingungen heben sich sogar auf, sobald sie an den Hornwänden reflektiert sind. Immerhin kann der Manger Frequenzen abstrahlen, die längs wie quer 30mal in das Horn passen. Da die hohen Frequenzen innerhalb der Schwingspule abgestrahlt werden, die etwa 1/3 des Chassisdurchmessers und damit des Hornhalses ausmacht, werden seitliche Anteile auf die Hornwände treffen, die die Richtwirkung verstärken, noch strikter danach verlangen, auf Achse zu hören. Und jegliche akustische Linse davor wird nicht funktionieren
Es steckt von meiner Seite keine böse Absicht dahinter, wenn ich nicht verstehen kann, was an diesem Horn-Konzept überhaupt aufgehen kann. Ich fände es viel naheliegender, gleich Messungen mit Acourate zu machen und die Problembereiche durch geschickte Frequenzweiche zu umgehen. Ich habe vorher-nachher Gegenüberstellungen des MSW mit Acourate gesehen, die waren recht eindrucksvoll und zeigten ein verblüffendes Steigerungspotential. Ob damit die 1,6kHz Problematik sich auflösen lässt, kann vielleicht Uli sagen.
Meine ersten Hörner habe ich vor 40 Jahren gebaut, weder das Klinger Mitteltonhorn aus Gips-verstärkter Pappe noch das aus Spanplatte gebaute Eckhorn (Wireless World "A Concrete Corner Horn" by Toneburst) konnte befriedigen, kein Wunder, es fehlten wesentliche konstruktive Elemente vom Hornhals in den Plänen, u.a die richtigen Treiberchassis. Das begriff ich erst, als ich gute 10 Jahre später das Klipschorn nachbaute.
Nach Coral-Plänen baute ich backloaded Hörner für Breitbänder, die prima und unkaputtbar Parties beschallen, Sporthallengröße kein Problem. Ohrenfreundlicher audiophiler Klang ist allerdings nicht ohre Stärke, dafür gehen sie mächtig drauflos und machen an, wenn Party angesagt ist.
Basshörner in der Ecke lassen keine zeitkoinzidente Mitteltöner-Integration zu. Das habe ich gelernt, als ich dann ein Eckhorn gemauert hatte und der Rest sich einfach nicht integrieren ließ. Mit Ripol Bässen ist man weg von der Ecke, da kann man die anderen Chassis mit mehr Spielraum platzieren, aber nun gibt es ja Convolver und mit dem richtigen Konzept kann man Optik-orientiert gruppieren und mit Rechenleistung viele Fehler zum Guten wenden, besonders, wenn auf der Zeitebene Korrekturen möglich sind.
Alles nur Gedanken, und bitte auch so verstehen. Ein "Ich habe es ja gleich gesagt" wird von mir nicht kommen. Wer Horn sagt, meint selbst in bester Ausführung auch Kompromisse. Ich wünsche dir, dass die ausgeführte Praxis meine theoretischen Aspekte widerlegen kann.
Grüße Hans-Martin