Hornguru hat geschrieben: ↑22.10.2019, 20:36
Hallo Holger,
Ich kopiere mal aus unserer privaten Diskussion die Themen hierher, da es ums gleiche geht:
Hast du das Horn gefaltet? Ist ja doch sehr groß.
Wie hast du den Hals und Druckkammer gelöst? Thema Phaseplug.
Ein großer Konustreiber lässt idR ja viel Luft zum Horneingang...
Fotos und Messungen interessieren mich natürlich auch.
Am meisten aber deine persönlichen subjektiven Klangeindrücke von Drums, Percussions und Explosivität.
In diesem Bereich haben mich LowMid Hörner immer am meisten überrascht.
Viele Grüße
Josh
Hallo Josh,
als Gegenfrage: Würdest du mit deinem Wissen ein für dich ultimatives Midbass-Horn falten? Der einzige Grund, den man meiner Meinung nach dafür anführen könnte, ist die unangenehme Größe eines nicht gefalteten Hornes, so dass man zum Platzsparen Faltungen vornimmt, um die Tiefe des Gehäuses zu verringern. Diesen Kompromiss wollten David Haigner und ich aber auf keinen Fall eingehen, da damit natürlich zusätzliche Probleme mit Reflektionen, Kammfiltereffekten, Betonungen einzelner Frequenzbereiche etc. verknüpft sind. Aber das ist dir als altem Horn-Aficionado ja alles bekannt! Kurz gesagt, es ist natürlich ungefaltet. Da ich auch groß bin, darf das Horn auch groß sein, Josh. Außerdem war noch soviel Platz da.
Vorweg möchte ich alle Forenten noch um Nachsicht bitten, wenn die Beschreibungen des neuen Midbass-Hornes sehr euphorisch und ein wenig nach Eigenlob, das bekanntermaßen stinkt, oder einen Lobgesang mit entsprechender Werbung für David Haigner klingen. Das liegt mir fern, aber die Beschreibung des neuen Hornsystems erfordert Erläuterungen und Einschätzungen. Diese beruhen bisher lediglich auf Davids, Ulis, Franks, Torstens und meinen eigenen Hörerfahrungen mit dem neuen Midbass-Horn. Es handelt sich also um einen eingefärbten Erfahrungsbericht, da wir alle unter Druck standen, das neue Hornsystem besser zu finden als das alte, eben weil es neu und damit besser ist. Das ist nun mal so bei HIFI, wie ihr alle wisst.
- Andere zukünftige Hörer mögen anderer Ansicht sein, die Beschreibung ist daher rein subjektiv, nicht jeder mag ein Hornsystem mit all seiner Direktheit und Dynamik! Zur Zeit wird auch noch viel an den Frequenzweichen, Übergangsfrequenzen etc. "gebastelt", der jetzige Zustand kann sich daher noch etwas, wenn wohl auch nicht grundlegend, ändern.
Trotzdem oder gerade deswegen: David Haigner gilt unter Hornliebhabern als eine Institution, ist persönlich ein sehr zurückhaltender Mensch, der aus seinem enormen Wissen kein Aufsehen macht und angenehm bescheiden auftritt. Ihm und seinen Ausführungen zu folgen oder Diskussionen zwischen Uli Brüggemann und ihm zu erleben, ist immer ein besonderes Vergnügen, soweit ich den nötigen Sachverstand dazu mitbringe.
Wer sich mit Hörnern für den gewünschten Midbass-Bereich auseinandersetzt, wird feststellen, dass es diesbezüglich weltweit viele Threads gibt, die im Wissen um die Wichtigkeit dieses Frequenzbereiches entstanden sind. Leider gibt es nur wenig wirkliche umsetzbare praktikable Lösungen, von denen allerdings keine meinen über Jahre entstandenen Wünschen und Vorstellungen (Abstrahlverhalten, Klang, Verarbeitung, Treiberwahl etc.) entsprachen, so dass ich nach einer neuen Lösung suchte. Da David Haigner mir bereits ein speziell für meinen Hörraum konstruiertes und nach Meinung vieler anderer Hörer exzellentes, unkonventionelles Tiefbasshorn gebaut hat, habe ich meine Wünsche, Gedanken und Vorstellungen mit ihm diskutiert. Ohne seine Kompetenz wären meine eigenen Ideen und Simulationen (u.a. mit Hornresponse und AJHorn) hinsichtlich eines Midbass-Hornes allerdings in eine andere, leider verkehrte Richtung gelaufen. Das von mir primär wegen der besseren akustischen Ladung tiefer Frequenzen favorisierte Exponentialhorn (siehe Kolbrek et al.) und die aus meinem eigenen Untersuchungen/Erkundigungen abgeleiteten Vorstellungen sind heute größtenteils Makulatur. Nicht alle technischen Gegebenheiten und Konstruktionsprinzipien des neuen Hornes verstehe ich, weil ich eben kein Akustiker oder "Hornlautsprecherhersteller" bin, aber zur Not helfen mir meine fachkundigen Freunde weiter.
Ich habe mich vorher lange mit alten Western Electric Hörnern befasst, die regelmäßig auf der HighEnd für Furore sorgen und sie auch als Hörner für den Grundtonbereich ins Auge gefasst, dann allerdings wieder wegen meiner Ansicht nach schwer zu bändigender Laufzeitdifferenzen der einzelnen Frequenzen in den gefalteten Hörnern und der noch schlechteren Integrationsmöglichkeit aufgrund noch größerer Abmessungen verworfen. Bei meinem Horn für den Grundtonbereich sollten nach Möglichkeit keinerlei schon konstruktionsbedingte Verfärbungen etc. implementiert werden, es sollte so kompromisslos wie möglich sein und trotzdem an die Tradition eben dieser alten Hörner anknüpfen.
Ein großvolumiges Horn musste es unbedingt sein wegen der Abstrahlcharakteristik und des gewünschten Frequenzbereiches, da die untere Grenzfrequenz u.a. von der Hornmundgröße abhängig ist. Aufbauend auf Davids über 30 Jahre erworbener Expertise in der Konstruktion von Hörnern bat ich ihn nach Vorlegen meines gewünschten "Lastenheftes" um den Bau eines (seines nach eigenen Worten bisher größten jemals gebauten) Midbass-Hornes. Die Gesamtgröße beträgt je Horn 74,5 cm H x 118 cm B x 140 cm Tiefe bei einem Gewicht von ca. 180 kg, wie bereits von Torsten erwähnt. - Meine Frau meinte bei der Lieferung, als ich selbst etwas irritiert war wegen der Dimensionen, sie hätte es sich nach meinen Erzählungen vorab noch größer vorgestellt. Das nur zwischendurch zum Thema WAF und ein großes Dankeschön an meine liebe Frau Katrin.
Natürlich wird der Hörraum optisch nicht schöner (Kann den überhaupt noch etwas verschandeln, so wie er jetzt schon aussieht?), das Horn ist extrem unhandlich und groß, so dass andere Positionierungen allein nicht möglich sind, aber der Klang entschädigt für alles! Nicht nur geht eine atemberaubende Dynamik und Klarheit des Midbass-Bereiches mit dem Horn einher, vielmehr werden auch feinste Verästelungen des übrigen Frequenzbereiches nochmals akzentuiert, die Räumlichkeit hat sich insbesondere in der Tiefendarstellung wesentlich gewandelt. Stimmen klingen ausnehmend authentisch. - Diese rudimentären Aussagen als Antwort zu deinen Fragen hinsichtlich des Klanges, Josh. Viel besser kann ich den Klang ohne erheblichen Zeitaufwand leider nicht in Worte fassen, außerdem ist das Schriftliche und mein Hörempfinden bezüglich des neuen Hornes genau wie Papier geduldig. Man muss es einfach gehört haben! Ich habe in meinen Räumen jedenfalls bisher noch keine bessere Musikwiedergabe wahrgenommen, aber was soll ich auch sagen.
Die messtechnischen Daten, die noch aufbereitet werden, sind hervorragend, der IACC liegt ohne Treiberlinearisierung oder sonstige Gimmicks bei Verwendung von Bessel R-Filtern 2. Ordnung bei über 97% (sagt aber auch nur bedingt etwas aus und war schon immer hoch), die Gruppenlaufzeit ist deutlich verbessert und jetzt hervorragend, die Fenstergröße der Excessphase in Makro 4 kann jetzt mit 5 statt wie bisher in den letzten 10 Jahren mit 3 gerechnet werden, ohne dass es zu Problemen kommt. Aber das Beste von allem ist der Klang!
Der verwendete Altec-Treiber ist Davids Lieblingstreiber für den Midbassbereich. Er hat viele positive Eigenschaften, die ihn von anderen Treibern unterscheiden. Zum einen weist er neben weiteren "netten" Thiele-Small-Parametern wie niedriger Membranmasse einen für einen 12-Zolltreiber sehr geringen Cms-Wert auf (ein Wert, der die mech. Nachgiebigkeit der gesamten Aufhängung wie Sicke, Compliance etc. beschreibt). Das Ansprechverhalten ist damit sehr direkt und unmittelbar. Er ist im Gegensatz zu PA-Treibern nur mit 150 Watt belastbar, kann aber auf Grund seines hohen Wirkungsgrades (96dB/Watt) und des eingesetzten Hornes sehr hohe Schalldruckpegel von über 120dB erzeugen, die ich natürlich nicht brauche, obwohl ich Lauthörer bin. Bei einem Schalldruckpegel von ca. 96/98dB liegen die Verzerrungen des neuen Hornes bei gemessenen 0,1% laut Davids vorläufiger Messung vor Ort. Das ist schon außergewöhnlich gut. Ein Phaseplug wird nicht benötigt, da der Übertragungsbereich locker bis 600Hz reicht und eine Abstrahlung noch höherer Frequenzen nicht erwünscht ist, da der anschließende TAD 4003-Treiber das besser kann. Die Kompression des Treibers ist sehr gering, weil David der Ansicht ist, dass eine (zu) hohe Kompression (mit dem Vorteil eines allerdings noch höheren Schalldruckpegels) klangschädlich ist. Sie liegt mit 400 cm² Hornhalsfläche bei einer Abstrahlfläche des Treibers von ca. 502 cm² (entsprechend ca. 20% Kompression) weit oberhalb der als maximal empfohlenen Kompression (mit einer Hornhalsfläche von ca. 50% der gesamten Abstrahlfläche des Treibers, das wären also 251 cm²). Der Treiber sitzt auch nicht, wie üblich, in einer knapp bemessenen Rückkammer, sondern hat ein Äquivalenzvolumen von über 400 Litern.
Abschließend noch einmal herzlichen Dank an meinen Freund Uli für seine intensive Hilfe bei der Anpassung des neuen Hornes in das Gesamtsystem mit Tausenden von Fragen u.a. bezüglich der Interpretation der Sprungantworten und weichenimmanenter Besonderheiten in der Sprungantwort, sowie vieler anderer komplexer Fragestellungen, die nur er beantworten kann.
Weitere Informationen, sofern gewünscht, folgen. Morgen gibt es Bilder, wenn der Upload gelingt, lieber Simon!
Grüße aus der schönen Hafenstadt Hamburg,
Holger