Einsatz des DEQX PDC 2.6p als aktive Weiche, LS und Raumentzerrer (Teil 1)
Dies ist ein erster Bericht über den Einsatz des digitalen Vorverstärkers, um an "Selbstaktivierung von passiven LS" interessierten Leuten einen Einblick in die FIR Weichenwelt zu geben. Nicht zuletzt beschreibe ich hier vor dem Hintergrund der recht "populär" gewordenen FIR Lautsprecher/Raumkorrektoren (Audiovolver, B&M, usw.), an einem Beispiel wie die Erzeugung einer FIR Aktivweiche und Frequenz-/Phasengang-Lineariesierung mit dem DEQX PDC 2.6p funktioniert. Dies ist ein "dokumentierter Kennelerndurchgang" um das Prinzip und die Prozesse zu verstehen,
die Ergebnisse sind weder optimal noch endgültig!
Die Frequenzgang und Phasenlinearisierung nebst Sprungantwort- und Gruppenlaufzeit-Optimierung werden in 8 Schritten gemacht, das ist Teil 1.
In Teil 2 werde ich (einige alternative) "Profile" vorstellen, in Teil 3 geht es dann an die Raumkorrektur und die (Klang-)Präfernzeinstellungen. Hörtests werden jeweils nach Möglichkeit eingestreut.
Die prinzipielle Darstellung des Linearisierungsprozesses erfolgt am Beispiel einer Box [normalerweise wird das natürlich für 2 Stereo LS parallel durchgeführt um möglichst gleiche (Mess-)Bedingungen und zugleich paarigen Pegelangleich zu garantieren].
1. "Kennenlernen" des LS durch Messung der einzelnen Chassis
Zunächst ein Projekt angelegt (diesen Schritt überspringe ich), damit es strukturiert und organisiert zugeht, sonst kommt man beim Probieren/Entwickeln leicht durcheinander. Der LS wird ca. in der "3-dimensionalen Raummitte" angeordnet (in meinem Falle steht die Box auf einem ca 50 cm hohen Podest), das Mikrofon 1 m entfernt vom LS, mittig zwischen Hoch und Mitteltöner ausgerichtet. Dann wird der PDC über USB an den PC angeschlossen, das Mikrofon verbunden, der Messpegel eingestellt und dann ein automatischer Messablauf gestartet, in meinem Falle für "3-Wege Aktivsystem".
Das Messystem stellt bei der Messung den Störpegel/-abstand fest und bewertet die "Vertrauenswürdigkeit" in dB. Alles über 40 dB ist OK. Die resultierenden Daten werden auf dem PC abgelegt, für die nächsten Schritte benötigt den PDC zunächst nicht, weil alles auf dem PC berechnet und "simuliert" wird.
2. Auswahl des Auswertungszeitfensters
Weil die LS ja im Raum gemessen wurden, werden nur die Daten ausgewählt, die nicht aus Reflektionen stammen. Im folgenden Diagramm ist das Nutzsignal zu sehen und die erste Reflektion bei ca. 11 ms. Da muss die Begrenzungszeit hin.
3. Messwertglättung
Jetzt geht es schon an die Kalibrierung. Die aufenommenen Daten sind ja sehr "uneben" oder "zitterig", darum besteht die Möglichkeit der Messwertglättung. Man kann also experimentieren, welcher Glättungsfaktor später die besten Resultate bringt, indem man verschiedene Kaibrierungs-Profile erzeugt, die man dann im Vergleich anhört.
Vom Hersteller wird 50% Glättung als guter Ausganswert für Experimente ampfohlen.
4. Übergangsfrequenzen
Wir haben es ja nicht mit einem fertig aufgebauten LS, sondern "nur" mit zusammengebauten Einzelteilen zu tun, also ist die Frequenzweiche nicht "gegeben", wie bei Lyngdorf oder Audiovolver 2, sondern ist Teil des Kalibrierungs und Optimierungsprozesses und macht die Entwicklung flexibler aber auch komplexer. Hier werden die FIR Weichenfilter Frequenzen und Steilheiten gewählt. Das System gibt eine Empfehlung vor, die man "nach Sachverstand" ändern kann.
5. Kalibrierungsgrenzwerte.
Da wir hier den LS und (noch) nicht den Raum linearisieren, ist das Ziel zunächst einen möglichst linearen Verlauf im vertrauenswürdigen Bereich der Daten zu erreichen. Zum Beispiel: Untere Grenzfrequenz 200 Hz um weniger Raumeinfluss zu haben, obere Grenzfrequenz 32 kHz um die Hochtönerresonanz bei 27 kHz noch zu bedämpfen. In der Vertikalen sind die max. Anhebung auf 6 dB und die max. Dämpfung auf ca. 20 dB gestellt, um alle Unebenheiten "einzufangen".
Wir wollen aber auch Phase und Gruppenlaufzeit "geradebiegen", darum gibt es Einstellungen für die max. tolerierte Gruppenlaufzeit des kalibrierten LS. Auch das resultierende Toleranzfeld für die Frequenzgangbegradigung ist definierbar
6. Chassis-Korrekturfilter und Weichenfilter
Wir sind jetzt soweit, dass Korrektur und Weiche fertig berechnet im PC vorliegen und überprüft werden können. Man sieht die umgekehrten Unebenheiten, die Filterflanken im Diagramm und die eingestellten Parameterwerte im kleinen Fenster darüber. Mit den Buttons "Back" und "Next" kann ma jetzt zwischen den bisherigen Schritten hin und her gehen um Veränderungen vorzunehmen.
7. Verifikation
Ist man mit den Einstellungen zufrieden, clickt man den Button "Verify Results", was eine Messung der LS, jetzt mit allen zuvor eingestellten Parametern vornimmt (der PDC wird dafür "vorläufig" konfiguriert). Auch hier ist wieder die Messqualitätseinschätzung zu beachten.
Ergebnis ist die Darstellung der Messergebnisse der einzelnen Chassis mit Frequenzweiche und Korrekturfiltern "im Eingriff". Die Summation (wir sind bereits "phasenlinear") wird auch darstellbar und zeigt hier noch zitrigen und welligen Verlauf. Wir sind also noch nicht ganz am Ziel, haben also noch Veränderungen zu machen, damit alles "Glatt" wird.
Die Darstellungen sind dazu da, Entscheidungen über Parameterveränerungen zu treffen, was nicht unbedingt trivial ist, sondern sozusagen "die Kür" darstellt. Darin liegt die eigentliche Arbeit zum Ziel des ausgelichenen LS zu kommen. BTW: Warum die Sprungantwort bei 23 ms abbricht weiss ich nicht genau, aber es könnte sein, dass das am eingestellten Messzeitfenster weiter oben liegt. Es geht bei dieser Ansicht wohl eher darum darzustellen, dass/ob die Chassis "zeitgleich" ansprechen und weniger um die "ganze" Sprungantwort... Die hier gezeigten Summen lagen auch als Chassis-Einzelmessungen vor, ich hatte sie wegen der Übersichtlichkeit nur nicht mit abgebildet.
8. Profil generieren und PDC programmieren
Nehmen wir an, wir wären mit dem Ergebnis der Messungen in 7. zufrieden, dann clicken wir den Button "Configure". Damit wird ein Profil erzeugt und auf einem der vier im PDC vorhandenen Profil-Speicherplätze abgelegt.
Jetzt "wäre" es dann soweit zum Musik hören oder zum Raumeinmessen oder zum "Präferenzfilter" Erstellen. Das alles kommt später, wenn ich ernsthaft einige "gute" Profile für meine N804 erzeugt habe (z.B. auch mit Messung unter 30° Winkel usw.), dies hier sollte nur das Prinzip und die Vorgehensweise und exemplarische Ergebnisse zeigen!
Diese Entwicklung mag vielen recht komplex oder schwierig vorkommen und trivial ist das ganze wirklich nicht, aber die angebotenen S/W Wizzards helfen immens an alle Details zu denken und Entscheidungen zu treffen, eine starke Vereinfachung des Vorgehens!
OK, bis zum nächsten Zwischenbericht wird's (hoffentlich verständlicherweise) wieder etwas dauern, denn ich arbeite langsam, wie ihr schon wisst. Zum Hören habe ich ja die Sony-Harsch Lösung im sehr befriedigenden Einsatz, bin also nicht ohne Musik - wenn ich nicht gerade mal wieder einen Hochtöner "abrauche"...
Ich beantworte gerne Eure Fragen, soweit ich eben kann, Anregungen nehme ich wie immer gerne auf!
Gruss,
Winfried