Riccardo Chailly - Beethoven, The Symphonies

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
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JOE
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Riccardo Chailly - Beethoven, The Symphonies

Beitrag von JOE »

Diese bei DECCA erschienene Cassette sämtlicher Beethoven-Sinfonien, eingespielt mit dem Gewandhaus-Orchester, empfehle ich vor allem wegen der interpretatorischen Eigenständigkeit, mit der Chailly die Werke aufführt. Mir scheint sie näher an den Absichten des Komponisten als die meisten anderen Einspielungen und ist geeignet, den uns allen ja hinlänglich bekannten Kompositionen durch eine Art von nicht-nostalgischer Rückbesinnung neue Frische zu verleihen, ohne dabei effekthascherisch zu sein.

Gruß
Joe


Nachtrag: Es gibt übrigens (wie ich gerade erst bemerkt habe) zu allen Sinfonien auf YouTube etwa 10-minütige Interviews mit dem Dirigenten:
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Zeno Cosini
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Beitrag von Zeno Cosini »

Hallo JOE,

danke für den neugierigmachenden Hinweis. Werde mich mal näher darin einhören. Bisher war meine Favouriten-Einspielung diejenige von J.E. Gardiner mit dem Orchestre Revolutionaire et Romantique - abgesehen von einigen Einzel-Einspielungen à la Rene Leibovitzens 9.

Von R. Chailly habe ich eine Gesamt-Einspielung der Symphonien Mahlers mit dem Royal Concertgebouw Orchestra (ebenfalls DECCA), die mir sehr gefällt (das Fragment der 10. hat er mit dem RSO Berlin eingespielt).

Einen schönen Abend wünscht

Axel
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JOE
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Beitrag von JOE »

Ich bin gespannt, zu welchem Resultat Du kommst, Axel!

Inzwischen kann ich noch einen weiteren Nachtrag anfügen, der besser verdeutlicht, was ich eingangs auszudrücken versucht habe:
[url=http://www.dradio.de/dlf/sendungen/neueplatte/1567701/]Ludwig Rink[/url] (Deutschlandfunk) hat geschrieben:Mögen Chaillys schnellere Tempi in langsamen Sätzen gut realisierbar sein, in schnellen Sätzen führt er seine Musiker bisweilen an die Grenze des Machbaren. Dies gilt beispielsweise für den letzten Satz der 2. Sinfonie. Hier spielen alle sozusagen am Limit, doch es gelingt ihnen das Kunststück, dabei nicht gehetzt oder atemlos zu klingen. So etwas kann man allerdings nur mit einem Klangkörper wie dem Leipziger Gewandhausorchester wagen mit seinen Spitzenmusikern in allen Instrumentengruppen. Schwächere Ensembles würden bei dem Tempo vermutlich hoffnungslos einbrechen und vor lauter Starren auf die verlangte Schnelligkeit alle anderen Partiturvorgaben außer Acht lassen. Hier jedoch bleibt alles trotz größter Konzentration noch leicht und locker, gelingt bei aller nötigen Virtuosität immer noch eine überzeugende musikalische Gestaltung.

Vergleicht man die Laufzeiten dieser Beethoven-Sinfonien mit früheren Einspielungen desselben Orchesters unter Kurt Masur, so schafft es Riccardo Chailly in jedem Fall 10-20 Prozent schneller. Er beruft sich auf die Metronom-Angaben und ist ganz eindeutig bestrebt, diesen Hochämtern der Klassischen Musik das Weihevolle zu nehmen. (...)

Alles in allem haben Riccardo Chailly und seine Gewandhausmusiker hier eine höchst beachtenswerte Neuaufnahme aller Beethoven-Sinfonien vorgelegt: Als Basis die grundsolide Klangkultur dieses Leipziger Orchesters mit seinem wunderbaren Streicherklang und den immer äußerst feinfühlig und musikalisch agierenden Bläsern, allesamt zu erstaunlichstem Pianissimo ebenso fähig wie zu einem niemals im Klang hässlichen, aber dennoch kräftigen Fortissimo, dazu die mehr auf der Partitur als auf übernommener Tradition basierenden, sensibel realisierten klanglichen Vorstellungen des Chefdirigenten Riccardo Chailly, in den Tempi deutlich beeinflusst durch die Errungenschaften der historischen Aufführungspraxis, schließlich eine makellose Aufnahmetechnik, die alles dies quasi natürlich und unaufdringlich abbildet. Es könnte gut sein, dass Chailly seinen vielen bereits erhaltenen Schallplattenpreisen für Oper- und Sinfonik-Einspielungen mit diesem neuen Beethovenzyklus einen weiteren hinzufügen wird.
Das Gesamtzitat führt übrigens etliche Musikbeispiele an, die leider nicht mehr aufgerufen, sondern nur an den CDs nachvollzogen werden können.

Gruß
Joe
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JOE
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Beitrag von JOE »

Da wegen der Einstellungen im ah-Forum ja bereits nach ½ Stunde keine Nachträge direkt in einem Beitrag möglich sind, muss ich also diesen 3. Nachtrag separat posten.

So wie ich in meinem Beruf (ausser ein paar rudimentären Angaben) keine Klientenakten gelesen habe, bevor ich nicht ausführlichen Kontakt zu der jeweiligen Person hatte, so höre ich mir auch Musik stets möglichst unvorinformiert und insofern unvoreingenommen an, bevor ich dann was dazu lese. So kann ich die beiden folgenden Texte auch erst jetzt per Link anbieten.
Ich bin vor längerer Zeit auf die Chailly-Interpretation mit dem Gewandhausorchester durch eine Fernsehübertragung der 9. Sinfonie auf Arte (?) aufmerksam geworden und habe seitdem auf das Erscheinen der Box gewartet. Insofern kann es nicht überraschen, dass ich von dem Ganzen angetan bin. Um so mehr wäre ich gespannt, wie es Euch mit der Hörerfahrung geht.

Gruß
Joe
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Zeno Cosini
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Beitrag von Zeno Cosini »

Hallo JOE,

gib mir etwas Zeit, mich zu äußern. Komme gerade nicht so richtig dazu, mich mit dem Thema angemessen zu befassen. Nur soviel vorweg: Die von mir geschätze Aufnahme von J.E. Gardiner ist ja nun auch nicht gerade ein Exempel für "breite" Tempi, so dass ich vermute, dass mir die neue Einspielung ebenfalls gefallen wird.

Vorweihnachtliche Grüße

Axel
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Amati
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Beitrag von Amati »

Hallo Beethoven-Hörer,

ich habe mir die Box ebenfalls gegönnt und habe rückwärts angefangen, mit der 9.
Nun, interpretatorisch gefällt sie mir recht gut, einzig die Aufnahme selbst gibt Anlass zur Kritik.
Ich persönlich vermisse eine etwas breitere Bühne, wie sie diverse andere Aufnahmen sehr wohl aufzeigen, zB Karajans 62er.
Es gibt so mittlerweile so viele Aufnahmen und Interpretation der Symphonien, dass man langsam den Überblick verlieren könnte. Zu meinen Alltime Favoriten gehören neben Fricsay auch Leibowitz und Mackerras, aber auch Karajans 62er. Von den neuen "schnellen" favorisiere ich Järvis mit der Bremer Kammerphilharmonie.

Leider passen oft entweder Orchester oder der Chor bei der 9. nicht. Ich kenne jedenfalls keine, wo ich mit beiden vollauf zufrieden wäre

Peter
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