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Raummessung: Mono-Summe vs. L/R
Verfasst: 21.05.2025, 09:12
von Junakreiter
Hallo Liebe Spezialisten,
Ich habe folgende Frage: Bei der Messung des Frequenzganges an meiner Hörposition messe ich klarerweise Links und Rechts, aber auch die Summe aus beiden Kanälen. Ich will ja auch wissen, wie der Frequenzgang im Mono Fall aussieht.
Nun ergeben sich hier durchaus gröbere Unterschiede (klarerweise vor unter bis 1khz). Sprich Links und Rechts allein schauen gut aus, Mono summiert sich aber ungleichmäßig über das Frequenzspektrum.
Dass hier der Raum nicht perfekt ist, ist klar.
Mich würde aber interessieren, wie stark ich die Messungen L/R zu Mono bewerten soll.
Ist die Mono Messung egal ? oder Ist sie gar wichtiger als L/R ?
Grüße Alex.
Verfasst: 21.05.2025, 10:09
von uli.brueggemann
Ein Frequenzgang als Ergebnis einer Fourier-Transformation zeigt die frequenzabhängigen Amplituden im eingeschwungenen Zustand. Dasselbe gilt auch für die Phase.
Nun müssen ja die Phasen links und rechts nicht notwendigerweise identisch sein. Dies zeigt sich dann vor allem bei Unsymmetrien im Raum. Das betrifft auch die Einrichtung. Bei wem sind z.B. Fenster, Türen, Möbel vor und hinter dem Hörplatz perfekt symmetrisch eingerichtet?
Wenn sich nun z.B. die Phasen links/rechts bei einer beliebigen Frequenz um 180° unterscheiden gibt es sogar eine Schallauslöschung während sich bei einem Phasenunterschied 0° die Schallsumme verdoppelt.
Es ist also davon auszugehen, dass die Monosumme immer einen überraschenden Frequenzgang ergibt. Zusätzlich kann es auch passieren, dass z.B. der linke Schallanteil aufgrund einer linksseitigen Reflektion zusätzlich geschluckt wird. So dass der rechte Anteil damit lauter wird. Was dann bewirkt, dass die Monosumme nicht stabil aus der Mitte kommt sondern je nach Frequenz links/rechts wandert. Damit wird dann ein Frequenzgemisch in die Breite gezogen. Ein Indiz hierfür könnten dann übergroße Münder bei Stimmen sein.
Grüsse
Uli
Verfasst: 21.05.2025, 10:28
von h0e
Hallo Alex,
meiner Erfahrung nach ist es wichtig die frühen Reflexionen zu bewerten und zu minimieren.
Diese sind erst einmal viel schädlicher als Ungleichheiten L/R, die im IACC Wert dargestellt werden.
Viele trimmen ihre Anlage auf einen maximalen IACC, dass muss aber nicht immer richtig sein.
Man muss sich die Kurven anschauen und richtig interpretieren, wie Uli auch immer betont.
Grundsätzlich ist schön symmetrisch und gleich das Idealziel, aber in einer realen Welt geht das meist nicht so kompromisslos.
So kann Acourate ein tolles Tool sein, um frühe Reflexionspunkte zu finden und zu mildern, Bassmoden auf ein verträgliches Maß zu drücken, Phasenverschiebungen über den Frequenzgang anzugleichen etc.
Mein Ansatz ist dabei möglichst viel ohne Eingriff in das Signal zu machen, sprich durch Aufstellung und Raum.
Im zweiten Step dann, wenn eben notwenig behutsam in das Signal einzugreifen.
Dabei gilt für mich eben nicht viel hilft viel, sondern lieber etwas weniger Korrektur, weil es sonst in meinen Ohren etwas zu leblos wirkt. Am Ende hilft aber nur selbst probieren, denn was für mich und meine Anlage passt, muss bei Dir noch lange nicht zu einem Klang führen, der Dir gefällt.
Grüsse Jürgen
Verfasst: 21.05.2025, 11:18
von Junakreiter
Hallo Uli, Jürgen,
Danke für eure Antworten.
Mein Raum ist stark asymmetrisch und klar sollte primär der Raum und die Geometrie verbessert werden.
Ich bin aber keineswegs unzufrieden mit dem Klang. Gerade im Stimmbereich ist die Mitte fantastisch. (Koax)
Meine Frage geht eher dahin, ob die Mono Summe eventuell sogar die wichtigere Größe ist als die Kanäle einzeln ?
lg Alex.
Verfasst: 21.05.2025, 11:48
von uli.brueggemann
Junakreiter hat geschrieben: 21.05.2025, 11:18
Meine Frage geht eher dahin, ob die Mono Summe eventuell sogar die wichtigere Größe ist als die Kanäle einzeln ?
Könnte man fast meinen. Die Frage ist bloss, was damit dann tun? Ein Loch im Mono-Frequenzgang zu korrigieren (boost) wäre falsch, es ist ja evtl. die Phase, die das bewirkt. Passend wäre es, dann die Phase zu verschieben. Wofür bei Acourate dann das Macro6 gedacht ist (bis max. 200 Hz, nicht darüber). Das ist dann deutlich hörbar und der Verstärker wird nicht zusätzlich belastet. Aber: auch das hat eben seine Grenzen, man muss wissen (lernen) was man tut.
Und genaugenommen müsste man dann je Ohr die Monosumme erfassen, evtl. per Kunstkopf die Schallbeugung um den Kopf herum ebenfalls. Blöd bloss, dass eine leichte Kopfverschiebung/-drehung bereits alles zunichte machen kann.
Also: nicht allzu päpstlich sein.
Grüsse
Uli
Verfasst: 21.05.2025, 13:22
von Hans-Martin
uli.brueggemann hat geschrieben: 21.05.2025, 10:09Nun müssen ja die Phasen links und rechts nicht notwendigerweise identisch sein. Dies zeigt sich dann vor allem bei Unsymmetrien im Raum. Das betrifft auch die Einrichtung. Bei wem sind z.B. Fenster, Türen, Möbel vor und hinter dem Hörplatz perfekt symmetrisch eingerichtet?
Wenn sich nun z.B. die Phasen links/rechts bei einer beliebigen Frequenz um 180° unterscheiden gibt es sogar eine Schallauslöschung während sich bei einem Phasenunterschied 0° die Schallsumme verdoppelt.
Es ist also davon auszugehen, dass die Monosumme immer einen überraschenden Frequenzgang ergibt. Zusätzlich kann es auch passieren, dass z.B. der linke Schallanteil aufgrund einer linksseitigen Reflektion zusätzlich geschluckt wird. So dass der rechte Anteil damit lauter wird. Was dann bewirkt, dass die Monosumme nicht stabil aus der Mitte kommt sondern je nach Frequenz links/rechts wandert. Damit wird dann ein Frequenzgemisch in die Breite gezogen. Ein Indiz hierfür könnten dann übergroße Münder bei Stimmen sein.
Hallo Uli,
ich habe schon sowohl Räume erlebt, wo hinter dem Hörplatz der Nachhall des Raums aufgrund von Unsymmetrie in der Raumform wie auch in der Möblierung unterschiedlich nachklang, deutlich hörbar.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass eine Mono-Bass Messung als Teil einer Analyse aufschlusseich sein kann, zumal besonders in der Hochzeit der Stereo-Langspielplatte bei deren Produktion gern Wert auf phasengleiche Bässe, wenn nicht sogar Monobass, gelegt wurde. Da war
You Look Good To Me (Oscar Peterson Trio; We Get Requests) eine seltene Ausnahme.
Ein unterschiedliches L/R-Phasen-Verhalten im Bass wird von David Griesinger (Lexicon) sogar als Vorteil gesehen, wenn es um die Umhüllung des Hörers mit Musik geht. Meine Experimente, im Bass einen Kanal (mit Adobe Audition) um 90° zu drehen, führten aber nicht zu mehr Zufriedenheit bei mir.
Wenn Seitenwandreflexionen die Frequenzgänge L und R gegensinnig vorbogen (meist im Bereich 200-500Hz) , fand ich eine mathematische Analyse der Wege /Ursachenforschung hilfreich, die mit Symmetrierung des LS-Set-Ups im Raum endete. Wenn das nicht machbar war, half als Lösungsversuch, die unausweichlichen Dips / Auslöschungen in die Zielkurve beider Kanäle hineinzuarbeiten. Dann war die Kanalabweichung minimiert, aber der FG eben nicht mehr so glatt wie ursprünglich angestrebt, ggf. begleitet von Verfärbungen. Man hat die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub...
Zurück zur reinen Bass-Betrachtung:
Wie verhält sich da das von dir einst vorgeschlagene Virtual Bass Array? Ich meine, was L und R bei Räumen mit unterschiedlicher Länge betrifft, oder bei unterschiedlichen natürlichen Absorbern (Fenster, Türen, etc.) auf der jeweiligen LS-Achse.
Grüsse
Hans-Martin
Verfasst: 21.05.2025, 15:55
von uli.brueggemann
Ein Einarbeiten von Dips in die Zielkurve bedingt einen Verstärkerboost. Das Hineinstecken von zusätzlicher Energie zur Kompensation von Dips ist nicht immer produktiv. Zumindest wenn man feststellt dass die Addition der Pulse neue Dips ergibt obwohl der einzelne FG ok ausschaut. Dann machen passende Phasenschiebereien eher Sinn.
Und das macht das Macro6, wie bereits genannt, eigentlich ganz prima.
Das virtuelle Bass-Array tut hier auch nicht mehr. Es korrigiert ja wiederum jeden Kanal für sich und betrachtet nicht das Zusammenwirken, sprich die Summe.
Grüsse
Uli
Verfasst: 21.05.2025, 19:06
von Junakreiter
Hans-Martin hat geschrieben: 21.05.2025, 13:22
Man hat die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub...
Hallo Hans-Martin,
Das ist schon mal ein Anfang
lg Alex.
Verfasst: 21.05.2025, 23:35
von Hans-Martin
uli.brueggemann hat geschrieben: 21.05.2025, 15:55
Ein Einarbeiten von Dips in die Zielkurve bedingt einen Verstärkerboost. Das Hineinstecken von zusätzlicher Energie zur Kompensation von Dips ist nicht immer produktiv. Zumindest wenn man feststellt dass die Addition der Pulse neue Dips ergibt obwohl der einzelne FG ok ausschaut. Dann machen passende Phasenschiebereien eher Sinn.
Und das macht das Macro6, wie bereits genannt, eigentlich ganz prima.
Das virtuelle Bass-Array tut hier auch nicht mehr. Es korrigiert ja wiederum jeden Kanal für sich und betrachtet nicht das Zusammenwirken, sprich die Summe.
Hallo Uli,
ich habe mich da vielleicht nicht unmissverständlich genug ausgedrückt. Ich meinte natürlich, wenn auf dem einen Kanal ein Einbruch festgestellt wird, sollte nach meiner Vorstellung der andere Kanal diesen auch erhalten, um beiden Kanälen dieselben Ergebnisse aufzuzwingen.
Es ist abwegig, eine Auslöschung des einen Kanals zu kompensieren (das allein ist schon ein NoGo) und dann dieses auch noch dem anderen Kanal aufzutragen, wo es nicht erforderlich gewesen wäre, sprich überflüssig. Ich bin mir sicher, dass wir da einer Meinung sind.
Also noch mal ganz klar (für die Mitleser): wenn die Messung einen Dip zeigt, hat das meist einen Hintergrund, der sich mit simpler Pegelanhebung nicht einfach ausgleichen lässt, weil auch mehr Pegel aus dem LS dieselbe Problematik auf dem Weg zum Hörer erlebt. Es kann nicht durch vermeintliche (aber völlig unangemessene) Kompensation aus dem anderen Kanal ausgeglichen werden. Ein solcher Versuch würde die Kanalungleichheit nur noch weiter verstärken, was sich kontraproduktiv für die Abbildung erweist.
Ceterum censeo die Monobassmessung kann hilfreich zum Verständnis sein, bleibt aber akademisch.
Grüße
Hans-Martin
Verfasst: 22.05.2025, 08:02
von Junakreiter
Hallo !
Wenn ich das zusammenfasse ist die Mono Messung durchaus aussagekräftig, kann zum Verstehen des Ganzen beitragen.
Ich muss mich aber fragen, ob und wie ich hier überhaupt signaltechnisch eingreifen kann.
(es sei denn ich benutze Acourate)
lg Alex,
Verfasst: 22.05.2025, 09:31
von Hans-Martin
Hallo Alex,
wenn ich an Gerts (fortepianus) Methode denke, mit einem phasengleich gegenüber im Raum aufgestellten Subwoofer die Grundmode zu bekämpfen, ist das ja eine völlig andere Herangehensweise an dasselbe Thema als mit einem verzögerten gegenphasig angesteuerten Sub an derselben Stelle.
Ich habe in meinem 2.2 System strikte Symmetrie, und auch wenn ich lateralen Moden nicht denselben Stellenwert einräume, ist eine seitliche Verschiebung der Bässe in Musik hörbar. Sobald der 2. Sub hinzukommt, spielt er in das Modenmuster mit hinein. Dabei würde ich von Phasengleicher Ansteuerung der Bässe ausgehen.
Grüße
Hans-Martin
Nachsatz zu meinem (auch vor)letzten Beitrag: Mit der Methode, die Zielkurve der Messung nachzuzeichnen, hebt man die Korrektur in dem betreffenden Bereich auf, billigt diese Abweichung.
Verfasst: 22.05.2025, 20:12
von Junakreiter
Hallo Hans-Martin,
Ich versteh nicht wirklich worauf du hinauswillst.
Ist nun "perfektes" Mono wichtig ? Wichtiger als zwei "perfekte" Seiten ? oder nicht ?

lg Alex.
Verfasst: 22.05.2025, 20:38
von Hans-Martin
Hallo Alex,
weder, noch
Es spricht nichts dagegen, die Einzelmessungen von L bzw. R zu vergleichen und als dritte Vergleichsgröße LR-Mono hinzuzunehmen.
Falls sich keine Unterschiede ergeben: wunderbar, einfach
Wenn die Mono-Messung etwas anderes ergibt: Gehirn einschalten, nach Ursachen suchen, Differenz verstehen, erklären und die Konsequenzen daraus ziehen, mit Neuzeichnen der Zielkurve Kompromisse vermitteln.
Grüße
Hans-Martin
Verfasst: 23.05.2025, 00:13
von Lauscher
Hallo Hans - Martin
Danke für Deine Zusammenfassung.
Viele Grüße
Jens
Verfasst: 21.06.2025, 16:29
von Studioblitz
Hallo Hans-Martin und Kollegen,
danke für eure Ausführungen. Ich habe eben damit angefangen, meine neuen Focal Solo 6Be einzumessen, die ich seit ein paar Tagen besitze. Dafür ist dieser Thread Gold wert, ihr habt mir Anregungen gegeben, in deren Richtung ich noch nicht gedacht habe.
Viele Grüße
Andreas