Hallo Freunde des reinen Klangs,
nach der Aufforderung durch den Papst der FIR-Korrekturtechnik
uli.brueggemann hat geschrieben:schreib aber bitte weiter mit der IGK, es macht einfach Spass, Deine Erklärungen zu lesen
mach' ich das natürlich sofort.
Passend zum inneren Mikrofonieeffekt gibt es das Pendant:
Der äußere Mikrofonieeffekt
Insbesondere, wenn mehrere gleiche Treiber sich gemeinsam daran machen, den Schall abzustrahlen, kommt er ins Spiel. Bei an d'Appolito angelehnten Anordnungen gibt's ja von jedem Treiber außer dem Hochtöner zwei oder noch mehr Exemplare. So darf man beispielsweise in einer BM25 oder BM35 symmetrisch zum Hochtöner gleich vier Chassis bewundern, bei der BM50 sogar 6. Oder bei einer FM701 sind zwei Mitteltöner, zwei Mitteltieftöner und zwei Bässe symmetrisch zur Mitte an der Arbeit. Aber nicht nur bei den genannten aktiven Ausnahmekonstruktionen, sondern auch in vielen herkömmlich aufgebauten Passivstrahlern werden mehrere gleiche Treiber eingesetzt.
Das ist eigentlich eine vernünftige Vorgehensweise, man kann damit den erreichbaren Schalldruck erhöhen und auf die Abstrahlcharakteristik Einfluss nehmen. Es lauern aber auch Tücken. Um sie zu verstehen, kann man folgenden Versuchsaufbau machen:
Man nehme zwei gleiche sagen wir 20cm-Tieftonchassis, die beide ein separates, aber gleich aufgebautes geschlossenes Gehäuse besitzen und mit ordentlich Dämmmaterial gefüllt sind. Die beiden Gehäuse stellt man nun ohne direkten "Körperkontakt" nebeneinander, so dass die beiden Chassis nebeneinander zu liegen kommen, wie auf einer gemeinsamen Schallwand, mit einem kleinen sagen wir 1cm-Spalt dazwischen.
Nun wird Chassis 1 mit einer konstanten Spannung, aber mit veränderbarer Frequenz angesteuert, und man misst am zweiten, welchen Prozentsatz dieser Spannung man dort sieht. Die gemessene Spannung kommt nun dadurch zustande, dass das erste Chassis Schall abstrahlt und das zweite als Mikrofon agiert. Die Schallübertragung von Chassis 1 zu Chassis 2 kommt hier außen herum zustande, deshalb äußerer Mikrofonieeffekt.
Der Effekt ist umso stärker, je höher der Wirkungsgrad der Treiber ist. Auch das hat Meriläinen gemessen. Er verwendete Treiber mit 20cm Durchmesser und einem Wirkungsgrad von ungefähr 90db in 1m Entfernung bei den üblichen 2,82V, recht praxisnah also. Bei 100Hz kamen immerhin 2% der Spannung an Chassis 1 an Chassis 2 an, bei 1kHz noch 0,2%. Klingt glaubwürdig, denn durch die im letzten Beitrag gezeigte Integriererfunktion des Chassis, das als Mikrofon dient, muss der Frequenzgang dieses Effektes mit 6dB/Oktave bzw. 20dB/Dekade fallen. 100Hz bis 1kHz ist eine Dekade, und Faktor 10 sind 20dB.
Nun kann man aber noch weiter denken: Diese Spannung wird ja nicht nur dann induziert, wenn Schall vom jeweils anderen Chassis auf die Membran trifft, sondern genauso, wenn Schall vom Raum zum abstrahlenden Chassis selbst zurückreflektiert wird. Der Effekt ist dann natürlich erheblich schwächer, aber wenn man an Situationen denkt, in denen der Tiefbassbereich (sagen wir unter 100Hz) nach hinten an eine Wand oder gar auf den Boden trifft, können auch hier erhebliche Effekte auftreten.
Meriläinen hat noch was Interessantes ausprobiert: Er hat einen Koaxlautsprecher genommen, einen 17er Konus mit Hochtonkalotte im Zentrum. Nun hat er als Chassis 1 den Hochtöner innen genommen und als Chassis 2 den Mitteltieftöner außen. Von 1,8kHz bis 7kHz lag die Spannung an Chassis 2 zwischen 1 und 2%. Das Mitteltieftonchassis strahlt also im Hochtonbereich durch diesen Effekt munter mit ab.
Das bedeutet aber, dass auch ein Hochtöner neben einem Mitteltöner oder ein Mitteltöner neben einem Tieftöner im jeweils anderen Chassis eine ungewollte Schallabstrahlung bewirkt.
Wieder kann man den Effekt bzgl. Schwingspulenantrieb bei IGK ins Leere laufen lassen. Den passiven Abstrahleffekt durch die mitschwingende Membran verhindert man aber wieder nur, wenn man die Membran durch eine Membranregelung festhält.
Viele Grüße
Gert