Studio-Monitore vs. HiFi-Lautsprecher

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Rudolf
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Studio-Monitore vs. HiFi-Lautsprecher

Beitrag von Rudolf »

Hallo zusammen,

auch wenn der technische Unterschied angesichts unseres Schwerpunktes auf Aktivlautsprechern nicht groß ist - sowohl Studiomonitore als auch viele der hier diskutierten HiFi-Lautsprecher nutzen Aktivtechnik - finde ich es trotzdem interessant, mögliche Unterschiede zu thematisieren. Hierzu möchte ich aus einem Beitrag aus dem ASR-Forum zitieren:
Duke aus dem ASR-Forum hat geschrieben:Small studio monitors for mixing are normally used nearfield in exceptionally well-treated rooms, with the listener in exactly the correct location. Home audio speakers are typically listened to at greater distances in rooms which have little if any acoustic treatment, and listeners may well be in less-the-optimum locations. So the direct sound is normally prioritized for small studio monitors, whereas the in-room response within a larger listening window is often given greater consideration, if not outright prioritization, in a home audio application.

Also, a mixing monitor is a tool whose job includes exposing faults so that the engineer can correct them. A different philosophy often prevails in home audio - the idea is more likely to be "good sound even if the recording is iffy", rather than "ruthlessly expose the flaws in the recording".

And of course appearance matters a lot more for home audio than for recording studios.
Übersetzung:
Kleine Studiomonitore zum Abmischen werden in der Regel im Nahfeld in besonders gut behandelten Räumen verwendet, wobei sich der Hörer genau an der richtigen Stelle befindet. Heimkino-Lautsprecher werden in der Regel in größerer Entfernung in akustisch wenig oder gar nicht behandelten Räumen gehört, und die Zuhörer befinden sich möglicherweise an weniger optimalen Standorten. Daher wird bei kleinen Studiomonitoren in der Regel dem Direktschall Vorrang eingeräumt, während bei Heimaudioanwendungen der Raumantwort innerhalb eines größeren Hörfensters oftmals ein stärkerer, wenn nicht sogar ein bevorzugter Stellenwert eingeräumt wird.

Außerdem ist ein Abmischmonitor ein Werkzeug, dessen Aufgabe es ist, Fehler aufzudecken, damit der Tontechniker sie korrigieren kann. In der Heimanwendung herrscht oft eine andere Philosophie vor - der Gedanke ist eher „guter Klang, auch wenn die Aufnahme nicht ganz in Ordnung ist“, als „schonungslos die Fehler in der Aufnahme aufdecken“.

Und natürlich spielt das Aussehen bei Heimaudio eine viel größere Rolle als in Aufnahmestudios.
"Duke" hat, wie ich finde, die Unterscheide sehr gut herausgearbeitet. Insbesondere finde ich seinen Punkt interessant, dass HiFi-Lautsprecher die Hörsituation in einem typischen Wohnzimmer, die sog. "in-room response" stärker berücksichtigen. Das führt fast zwangsläufig dazu, dass deren Frequenzgänge oftmals nicht wie am Strich gezogen aussehen, sondern den mit zunehmendem Hörabstand stärker werdenden Raumeinfluss quasi vorab berücksichtigen - mit dem Risiko, dass die antizipierte, spezifische Hörsituation nur bei einigen wenigen Endanwendern vorliegt.

Braucht man also frei nach dem Motto "auf jeden Topf passt ein Deckel", nur lang zu genug suchen, um einen HiFi-Lautsprecher zu finden, der (zufällig) in die eigene Hörsituation passt? Oder ist es zielführender, ins große Regal der Studiomonitore zu greifen und diese so aufzustellen / so zu korrigieren, bis eben dieser Zweck erreicht wird?

Viele Grüße
Rudolf
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matia100
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Beitrag von matia100 »

Hallo Rudolph,
Rudolph hat geschrieben:Oder ist es zielführender, ins große Regal der Studiomonitore zu greifen und diese so aufzustellen / so zu korrigieren, bis eben dieser Zweck erreicht wird?
Ganz klar, das sehe ich für mich als zielführender an. Wenn das gewünschte dann Ergebnis erreicht ist und man ist immer noch der Meinung (ich nicht) das etwas für die Augen gefälligeres her muß, steht einem ja das große Regal an Heim- und Hifi-Lautsprechern offen. Sehr schnell wird man bemerken, das wenn man seinen Kandidaten gefunden hat der aufgerufene Preis sehr viel höher ausfallen wird.

Aber jeder nach seinem Gusto.

Gruß
Matthias
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Dilbert
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Beitrag von Dilbert »

Hallo Rudolph,

das Argument, das HiFi-Lautsprecher schon den Raum besser berücksichtigen als Studio-Geräte, kann man aus meiner Sicht so nicht stehen lassen. In der Regel ist es doch so, das Studio-Monitore ein viel stärkeres Bündelungsmaß haben und damit weniger mit dem Raum interagieren. Das führt aber zwangsläufig zu einem kleineren Sweet-Spot, was eben auch gewöhungsbedürftig ist.
Die Interaktion mit den Räumen kann man doch nicht vorhersagen, dazu gibt es doch viel zu viele unterschiedliche Parameter, von Holzwänden und viel Teppich bis Betonwände, viel Glas, Schieferboden und wenig Mobiliar.
Ich denke technisch wäre es möglich, bestimmte Typen von Räumen zu klassifizieren und dann Lautsprecher für diese Raum-Typen auszulegen und dann auch so zu bewerben, Marketingmäßig wohl eher nicht :-)
Der Gegenpohl sind für mich Flächenstrahler und Rundum-Strahler, die einen tollen Raumklang bieten, aber damit einhergehend weniger Präzision.

Grüße

Frank
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Lauthörer
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Beitrag von Lauthörer »

Hallo,

ich denke, die Frage stellt sich zunehmend weniger. Nur mal als Beispiel. Die gesamte Produktpalette von Neumann und Genelec hat Einzug in viele Heimaudiozimmer gefunden. Eine Manger C1 findet man hingegen auch in Studios. Für mich ist das eine Frage des Preises. Nicht auszudenken, wenn eine Neumann KH 420 oder KH 150 von einer Highend Lautsprechermanufaktur angeboten würde.

Grüße Andreas
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Frank,
Dilbert hat geschrieben: 02.05.2024, 11:31 Hallo Rudolph,

das Argument, das HiFi-Lautsprecher schon den Raum besser berücksichtigen als Studio-Geräte, kann man aus meiner Sicht so nicht stehen lassen. In der Regel ist es doch so, das Studio-Monitore ein viel stärkeres Bündelungsmaß haben und damit weniger mit dem Raum interagieren. Das führt aber zwangsläufig zu einem kleineren Sweet-Spot, was eben auch gewöhungsbedürftig ist.
Ich meine mal gelesen zu haben, dass unser Gehirn beim Betreten eines Raumes eine gewisse Raumakustik antizipiert. Die Kunst besteht, glaube ich, darin, den akustischen Fußabdruck des Raumes mit in die Wiedergabe einfließen zu lassen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass wir mit der (linearen) Wiedergabe fremdeln. Aus meiner Sicht stellt sich die Frage, ob die oftmals verwendete Harman-Korrekturkurve (angehobener Bass, leicht abfallender Frequenzgang zu den hohen Frequenzen hin) genau dies in jeder Hörraumsituation gewährleistet. Dann wäre man mit Hornlautsprechern und einer entsprechenden DSP-Korrektur optimal bedient. Oder ob man doch besser (etwas) "natürlichen" Diffusschall mit einbezieht. Das andere Extrem sind sicherlich die von dir erwähnten Rundum-Strahler.
Die Interaktion mit den Räumen kann man doch nicht vorhersagen, dazu gibt es doch viel zu viele unterschiedliche Parameter, von Holzwänden und viel Teppich bis Betonwände, viel Glas, Schieferboden und wenig Mobiliar.
Genau das ist das Problem, und deshalb sehe ich die "klassische" Suche nach dem richtigen HiFi-Lautsprecher eher als Lotteriespiel. Ausleihen, hören, ausleihen, hören, usw. usf.
Ich denke technisch wäre es möglich, bestimmte Typen von Räumen zu klassifizieren und dann Lautsprecher für diese Raum-Typen auszulegen und dann auch so zu bewerben, Marketingmäßig wohl eher nicht :-)
Ich glaube schon, dass Hersteller von HiFi-Lautsprechern das genauso machen. Das Problem sind dann allerdings die Messschriebe, die nicht mehr so gerade aussehen wie diejenigen von Studiomonitoren.
Der Gegenpohl sind für mich Flächenstrahler und Rundum-Strahler, die einen tollen Raumklang bieten, aber damit einhergehend weniger Präzision.
siehe meine Anmerkungen oben

Viele Grüße
Rudolf
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Dilbert
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Beitrag von Dilbert »

@Rudolph: welche Meßschriebe? :)

Frank
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Frank,

na ja, wenn ich als Hersteller bestimmte Aufstellungs- bzw. Ausstattungsvarianten des Hörraums "antizipiere", wird bei einer Frequenzgangmessung im Freifeld bzw. mit dem Klippel NFS kein gerader Messschrieb herauskommen.

Viele Grüße
Rudolf
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Dilbert
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Beitrag von Dilbert »

Sorry, ja das ist ja richtig, ich meinte nur, von wem außer den Studio-Fritzen gibt es denn Meßschriebe .... und die HiFi-Fachblätter messen ja Lautsprecher nun auch nicht wirklich.....

Frank
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