Dirac ART oder Trinnov Waveforming mit Acourate nachbilden?

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Mr. Durden
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Dirac ART oder Trinnov Waveforming mit Acourate nachbilden?

Beitrag von Mr. Durden »

Hallo allerseits,

vielleicht haben einige schon davon gehört, dass Dirac und auch Trinnov neue Möglichkeiten zur aktiven Raumakustikbehandlung entwickelt haben.

https://www.dirac.com/live/dirac-live-a ... treatment/
https://www.trinnov.com/en/subwoofer-guidelines/

Bei beiden Verfahren werden zusätzliche im Raum vorhandene Lautsprecher genutzt, um aktiv die Raummoden im Bassbereich auszulöschen. Nun stelle ich mir die Frage, ob diese Ansätze nicht auch mit Acourate realisierbar wären. Ganz konkret in meinem Fall, stehen 7 Lautsprecher auf der unteren Höhrebene und 2x2 Subwoofer an der Vorderseite und 2x2 Subwoofer an der Rückseite zur Verfügung. Für einen ersten, vereinfachten Ansatz würde ich nur das vordere 2x2 Subwoofer Array bis ~200Hz akustisch mit den hinteren 4 Subwoofern kompensieren wollen. Diese hinteren Subs würde ich dann einzeln per FIR Filter ansteuern, die vorderen 4 Subs würde ich weiterhin als Array betreiben. Für die Erstellung der 4 Filter für die hinteren Subs habe ich folgende Vorgehensweise in Betracht gezogen:

Messungen:
1.) Sweepmessung des vorderen Subwooferarrays (spielt per Filter nur bis 250Hz) in ca. 5 cm Abstand vor Mitte der Membran bei jedem der 4 hinteren Subwoofer. Als Timingreferenz würde ich dann jeweils den zu messenden hinteren Subwoofer bei 5-6kHz kurz selber spielen lassen. Mit dieser Messung hätte ich dann genau erfasst, was ich phaseninvertiert im Bereich bis 250Hz wiedergeben müsste, um die Schallwelle vom vorderen Subarray auszulöschen inkl. korrektem Delay zwischen vorderem Subarray und hinterem Einzelwoofer.
2.) Sweepmessung jedes hinteren Subwoofers ebenfalls im 5cm Nahbereich bis mindestens 6kHz. Diese Messung wird dann für eine zusätzliche Frequenzgangkorrektur verwendet (um den nicht linearen Frequenzgang der Subwoofer für den Bereich bis 250Hz zu kompensieren) und auch für die Ermittlung der Lautstärke Differenz vorderes Array - hinterer Subwoofer.

Mit diesen insgesamt 8 Messungen sollte ich nun alle Informationen haben, um individuelle Kompensationsfilter für die 4 hinteren Subwoofer zu generieren. Wie genau ich dann die einzelnen Messungen in Acourate verwurstele muss ich nochmal in Ruhe durchdenken, mir geht es aber primär erst einmal nur um das Prinzip.

Die Wiedergabe erfolgt dann mit dem AcourateConvolver, bei dem ich die 4 Filter für die hinteren Subs phaseninvertiert verwende, um die Schallwellen auszulöschen und so quasi den Raum im hinteren Bereich "verschwinden" zu lassen.

Versuch macht auch hier sicher kluch. Aber es wäre trotzdem interessant vorab die Meinungen der Experten hier im Forum einzuholen. Was meint ihr, könnte das mit einer ausgiebigen Mess- und Filtergenerierungsorgie in der Theorie funktionieren?

Viele Grüße,

Stefan
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Mr. Durden hat geschrieben: 03.11.2023, 13:17Nun stelle ich mir die Frage, ob diese Ansätze nicht auch mit Acourate realisierbar wären.
Hallo Stefan,
wenn du die Forumssuche ab 2010 bemühst, wirst du einige tiefgreifende Diskussionen finden.
Gert (Fortepianus) hat für Harald (nihil.sine.causa) eine Sonderversion des AGM5.4 Lautsprechers konfiguriert, wo aus der Frequenzweiche das Signal für die Kompensation durch die rückwärtigen noch zu verzögernden Bässe abgezweigt wurde.
Für einen ersten, vereinfachten Ansatz würde ich nur das vordere 2x2 Subwoofer Array bis ~200Hz akustisch mit den hinteren 4 Subwoofern kompensieren wollen.
Die 200Hz wirst du krass (als absolute Zahl) nach unten korrigieren müssen.
Versuch macht auch hier sicher kluch. Aber es wäre trotzdem interessant vorab die Meinungen der Experten hier im Forum einzuholen.
Es liegt deutlich mehr als 10 Jahre zurück, dass hier ein VBA Virtual Bass Array von Uli vorgestellt wurde, in Acourate gerechnet die Kompensation der LS, die das Signal bereits selbst abgefeuert haben, dann nach Durchlauf durch den Raum mit demselben LS behandelt wurden.
Dirac und Trinnov hinken da irgendwie den Erkenntnissen der Zeit seehr weit hinterher... (gemeint sind als Zeitreferenz unsere Forumsbeiträge und - auch hier - Uli Brüggemanns Acourate)
Grüße
Hans-Martin
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Mr. Durden
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Beitrag von Mr. Durden »

Hallo Hans-Martin,

das Virtuelle Gegenbass Array mit Acourate hatte ich auch schon gefunden.

Soweit ich aber verstanden habe, basieren alle diese Ansätze (auch das klassische DBA, das ich zur Zeit im Einsatz habe) auf der Verwendung des reinen Wiedergabesignals ohne die konkreten raumakustischen Einflüsse zu berücksichtigen. Mit der Messung direkt vor dem Kompensationslautsprecher ermittle ich doch aber das genau dort ankommende Schallsignal um eine größtmögliche Auslöschung zu erreichen. In diesem Signal sind alle Raumeinflüsse (Moden, Zeitverzögerung, Dämpfung, etc.) und auch die Charakteristika der Wiedergabelautsprecher eingeflossen.
Ich hoffe ja mit diesem Ansatz die Nachhallzeiten im Bassbereich noch besser kontrollieren zu können, als es das klassische DBA kann. Für einen Test müsste ich jedoch die hinteren 4 Subwoofer auf eine getrennte Ansteuerung (mit DAC und Endstufe) umrüsten. Daher wollte ich vorab Meinungen einholen, ob dieser Ansatz den Aufwand rechtfertigen könnte.

VG, Stefan
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Stefan,
du brauchst ein großes Zeitfenster, um die von dir genannten Raumeinflüsse (Raummoden, Nachhall) mit zu erfassen.
Dabei vernachlässigst du aber den Grundgedanken, per Gegenbass genau diese sich nicht aufbauen zu lassen. Der Gegenbass soll ja den dort eintreffenden Direktschall "aufsaugen", vernichten, um den Raum nicht weiter anzuregen, z.B. wenn der Haupt-LS den Bass weiter anfacht, der als Raumresonanz hin- und herschwappt.
Ulis neuere Meinung zu dem Thema wäre interessant, denn er hat mit Gegenbass inzwischen über 15 Jahre Erfahrung.
viewtopic.php?p=52567#p52567
Am Ende des Threads weist Oliver darauf hin, dass ein DBA kaum weit über 60Hz hinaus betrieben werden kann, außerdem vorzugsweise, wenn nicht gar zwangsweise, in Mono. Und da kommt der von mir sehr geschätzte David Griesinger mit in die Diskussion, der für die emotionale Wirkung der Musik die Umhüllung des Hörers ("envelopment") beschreibt.
Und es wurde bestätigt, dass der Pegel bei DBA über die Entfernung in viel geringerem Maß abnimmt als bei Punktschallquellen (dem üblichen Ideal der LS, die das dominante Musikspektrum übertragen)
Grüße
Hans-Martin
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SRLIOF
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Beitrag von SRLIOF »

Hallo,
Das Trinnov Waveforming ist kein klassisches DBA, es geht viel weiter.
Das geht eher in Richtung Wellenfeldsynthese, da gibt es viel mehr Möglichkeiten als beim DBA.
Gruß
Stefan
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Peter Pan
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Beitrag von Peter Pan »

Hallo Stefan,
im Prinzip sollte dein Vorgehen möglich sein. PSI erzeugt mit seinem AVAA auch ein Signal, dass Raummoden bedämpft. Dort wird ein Mikrofon eingesetzt, dass den Schall misst und mit einer geeigneten Übertragungsfunktion an einen Lautsprecher schickt. Auch du musst das Schallsignal vor deinem Subwoofer kennen. Dazu musst du die Übertragungsfunktion von deinen Lautsprechern zu der Raumecke wo der Woofer steht messen. Die Invertierte davon muss nun dein Lautsprecher erzeugen. Und jetzt fangen die Probleme an. Ich denke mal dein Subwoofer hat an beiden Enden des Übertragungsbereichs ziemlich steile Flanken. Das bedeutet, dass die Phase des Eingangssignals sehrt stark gedreht wird. Im schlimmsten Fall irgendwo um 180° (Das macht jedes Filter 2. oder höherer Ordnung) Dann aber wird aus dem invertierten Eingangssignal anstelle einer Gegenkopplung eine Mittkopplung und die Raummode wird sogar noch verstärkt. Diese Bereiche können entschärft werden indem man den Frequenzgand am unteren und oberen Ende „gemütlicher“ ausklingen lässt. (Sollte mit Acourate möglich sein) Die Grund-Verzögerung des Woofers kann mit Acourate kompensiert werden. Die frequenzabhängige Phase einfach so hinzudrehen wie man möchte geht leider auch mit Acourate nicht immer. Der Frequenzgang definiert immer die minimal mögliche Phase, zumindest wenn man kein Pre-Ringing haben möchte.
Du solltest also in der Raumecke mal mit und ohne Kompensation messen um zu sehen ob mache Frequenzen nicht sogar verstärk werden.
Du siehst also das Ganze wird sehr schnell ziemlich komplex und ist stark von deinem Setup abhänig.
Was du aber machen kannst ist eine von deinen Boxen vom Verstärker abtrennen und einen Woofer anschließen.
Dann kannst du mal etwas experimentieren ob du die Moden von einer Box mit einem Woofer zumindest teilweise in den Griff bekommst.
Ich bin allerdings nicht der Profi in Systemtheorie und Regelungstechnik. Ich habe dir mal meine Sichtweise dargestellt. Wenn ich einen Denkfehler gemacht habe lasse ich mich gerne belehren.
Ich hätte das auch gerne mal ausprobiert, aber mein Verstärker wird über seinen USB Eingang betrieben. (Klingt damit am besten) Damit ist das Ausgangsignal nicht mehr synchron zum Eingangssignal und eine Kompensation nicht möglich. :cry:
Grüße
Peter
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atmos
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Subwoofer inversiv betreiben

Beitrag von atmos »

Peter Pan hat geschrieben: 07.11.2023, 23:52 Hallo Stefan,
im Prinzip sollte dein Vorgehen möglich sein. PSI erzeugt mit seinem AVAA auch ein Signal, dass Raummoden bedämpft.......
Grüße
Peter
Hi, Peter,
die Raummoden werden nicht bedämpft, sondern den Bassfrequenzen, die die Raummoden anregen, wird die Energie entzogen.

Nubert hatte mal Subwoofer im Programm, die inversiv betrieben werden konnten und so, rückwärtig aufgestellt, genauso wirkten.

Gruß
Günther
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

atmos hat geschrieben: 09.11.2023, 11:29Nubert hatte mal Subwoofer im Programm, die inversiv betrieben werden konnten und so, rückwärtig aufgestellt, genauso wirkten.
Hallo Günther,
bei der Grundresonanz des Raums "schwappt" die Welle hin und her; während im eingeschwungenen Zustand das positive Maximum am Lautstprecher besteht, existiert das inverse Signal auf der gegenüberliegenden Wand. Das gilt für alle ungeradzahligen Vielfachen der Frequenz. Würde man zeitgleich einen Sub am anderen Ende des Raums invertiert ansteuern, verstärkt er die Letztgenannten sogar.
Erst mit einer auf die Raumlänge gerechneten Zeitverzögerung, die der Laufzeit der Welle zum Raumende entspricht, kann der genannte, invertierte Zusatzlautsprecher so arbeiten, wie es der Vorstellung entspricht.
PSI hat eine gänzlich andere Arbeitsweise, indem man mit Schnelle / Druck spielt.
Grüße
Hans-Martin
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atmos
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Invertierte Schallabstrahlung

Beitrag von atmos »

Hans-Martin hat geschrieben: 09.11.2023, 13:27 ....
Hallo Günther,
bei der Grundresonanz des Raums "schwappt" die Welle hin und her; während im eingeschwungenen Zustand das positive Maximum am Lautstprecher besteht, existiert das inverse Signal auf der gegenüberliegenden Wand. Das gilt für alle ungeradzahligen Vielfachen der Frequenz. Würde man zeitgleich einen Sub am anderen Ende des Raums invertiert ansteuern, verstärkt er die Letztgenannten sogar....
Grüße
Hans-Martin
Hi, Hans-Martin,
zum DBA heißt es bei Nubert:

Das Verzögern des Slave-Out-2-Signals ist besonders bei einem
DBA wichtig (Double Bass Array, siehe Aufstellungshinweise S. 10).

Dieses Array stellt die wahrscheinlich wirkungsvollste Methode zur
Unterdrückung von Raumresonanzen dar. Es funktioniert durch die
Verzögerung der Basswiedergabe der hinteren Subwoofer – sie
warten, bis die von vorne abgestrahlte Wellenfront hinten ankommt
und löschen dann durch eine invertierte Schallabstrahlung diese
Welle aus.

Dadurch können sich Raumresonanzen gar nicht erst
aufbauen.
Die Verzögerung der hinteren Subwoofer wird entspre-
chend der Raumlänge (in Metern) eingestellt.

Gruß
Günther
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Mr. Durden
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Beitrag von Mr. Durden »

Hi,

ein DBA habe ich ja bereits im Einsatz, das auch soweit zufriedenstellend funktioniert. Nur wollte ich nun das ganze weiter verbessern, ähnlich zu den Ansätzen von Trinnov und Dirac ART. D.h. für weitere im Raum befindliche Lautsprecher müssen "geeignete Gegensignale" erzeugt werden. Nur wie man halt zu geeigneten Signalen kommt (mit entsprechenden Delay, Phase und Frequenzgang) das ist die große Frage.

Das Messen vor dem Lautsprecher, der das Gegensignal abspielt, kann ja als erster Ansatz nicht so verkehrt sein. Das Problem wie Hans-Martin auch schrieb, wird wohl das passende fenstern bzw. sonstige aufbereiten des Signals sein. Vielleicht sollte ich einfach mal das Messequipment aufstellen und ein paar Messungen machen. Die zusätzlichen Endstufen bzw. Umrüstung des hinteren Arrays auf Einzelsubwoofer brauche ich ja noch gar nicht anzugehen. Wenn Messungen vorhanden sind, kann man damit ja weiter arbeiten bzw. etwas experimentieren.
Kann man eigentlich mit Acourate eine Messung nach einem fixen Zeitpunkt und nicht Frequenzabhängig (FDW) fenstern? Die Zeitverzögerung zu der man das Signal analysieren müsste erhält man ja präzise aus der Messung, wenn der hintere zu messende Sub bei 5-6kHz mitspielt und damit der Peak festgesetzt wird. Somit sollte man doch präzise das vom vorderen Array abgestrahlte Signal ermitteln können, das beim 1. Durchlaufen durch den Raum bei der Gegenschallquelle ankommt. Alle weiteren Auswirkungen des Raumes finden dann ja zeitlich erst später statt.

VG, Stefan

Die sich ergebende Diskussion zur Subwoofern, Aufstellung und Ortung habe ich hierhin verschoben. Grüsse Jürgen
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