Stromnetz aus audiophiler Sicht

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Gionni
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Stromnetz aus audiophiler Sicht

Beitrag von Gionni »

Hallo zusammen,

Netzgeräte, die in Deutschland mit dem Stromnetz verbunden sind, müssen mit den 230V bei 50Hz funktionieren. Die Frage ist, wie sich das Ganze aus audiophiler Sicht darstellt. Hat die Frequenz Einfluss auf die Brummspannung?

Die Brummspannung ist abhängig von:

der Kapazität des Ladekondensators CL,
der Zeit (Frequenz), mit der der Ladekondensator aufgeladen wird,
der Größe der Belastung/Stromentnahme.

Die Brummspannung ist umso kleiner, je:

größer die Kapazität von CL ist,
größer RL/kleiner IL ist,
größer die Frequenz ist.

Da ich eine programmierbare Wechselspannungsquelle besitze, habe ich getestet, wie sich eine Änderung der Frequenz auf den Klang auswirkt. Getestet habe ich das Ganze an 2x Neumann KH120 Lautsprechern und einem DAC von Gustard.

Die Verbindung zur Quelle erfolgte optisch. Die Wechselspannungsquelle habe ich auf 115V und 250Hz eingestellt, was einer Reduktion der Brummspannung um den Faktor 5 entsprechen sollte. Die Neumann-Lautsprecher vertragen einen Spannungsbereich von 100-240V AC, der DAC kann über DIP-Schalter auf 115V eingestellt werden. Wie von den meisten Herstellern angegeben, ist auf den Geräten 50/60Hz vermerkt.

Klanglich war dies bisher die größte Steigerung, die ich durch eine Änderung an der Audiokette gehört habe. Alle Parameter haben sich verbessert.

Die Frage, die sich nun stellt, ist: Sind die 50Hz und deren Harmonische der Grund allen Übels? Die von mir getesteten Geräte laufen zumindest unter meinen Versuchsparametern ohne erkennbare Probleme, auch keine störenden Geräusche, etc.


Lg
Gio
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SolidCore
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250Hz

Beitrag von SolidCore »

Hallo Gio

Ich hätte nun angenommen, das so manche Netzteile bei 250hz "zicken".
Mit den 250hz erzeugst du natürlich ein anderes Störspektrum, das wirkt sich, oder auch hat bereits, eine andere klangliche Auswirkung.

Ein "Wechselrichter" hat hinzu aber noch andere Parameter als ein Stromnetz. Wie ist denn zb die Impedanz der Quelle ?
Das Stromnetz liegt typisch so bei 2-3 Ohm.

Ein Symmetriertafo würde alternativ dazu Ausgleichsströme verringern. Wichtig bleibt aber: Alles, was klanglich gefällt, ergibt Sinn.

Gruß
Stephan
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Gionni,
ich vermute mal, dass deine programmierbare Spannungsquelle praktisch einen geringeren Quellwiderstand bei 115 V als bei 230V hat. Ideale Spannungsquellen haben 0 Ohm.
Ein Trafo mit 115 V Wicklung hat gegenüber der 230V Wicklung die geringere Induktivität auf der Primärseite. Das dürfte vorteilhaft sein. Dein DAC hat ein Linearnetzteil mit Trafo und Spannungsreglern nach den Siebelkos.
Schaltnetzteile wie bei Neumann können bei der niedrigeren Spannung (115V statt 230V) weniger Ladung aufnehmen, was einen Nachteil darstellen dürfte (bei meinem Raumkorrektursystem mit SNT hörbar).
Wenn der Elko mit 500Hz statt 100Hz nachgeladen wird (Brückengleichrichter, Linearnetzteil), fährt die nachfolgende Stufe mit höherer Betriebsspannung, weil der Ripple am Siebelko geringer bleibt, es wird ja schneller nachgeladen.
In vielen Internetforen findet man ein großes Vertrauen in die PowerSupplyRejectionRatio, wo also dank Gegenkopplung die Schaltung am Ausgang keine Auswirkungen (Sekundäreffekte) der Stromversorgung zeigen soll. Praktisch kann ich das nicht bestätigen.
Die Geräte reagieren auch auf den Klirr, die Oberwellen. Ohne klingt nach unseren Diskussionen am besten. Aber die Verfünffachung der Frequenz setzt auch ein besonders geringes Klirrspektrum voraus, sonst hat man den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben
In Flugzeugen hat das Bordnetz eine Frequenz von 400Hz (habe ich gelernt, aber nie nachgemessen, obwohl ich bei der Luftwaffe war), damit erreicht man, dass die Blechpakete der Trafos zur Gewichtsersparnis stark reduziert werden können. Unsere hochgetakteten Schaltnetzteile kommen mit Mini-Übertragern aus.

In den 1960er bis in die 70er kam teure US-Elektronik über die GIs und deren Kantinensystem nach D, da gab es auch öfter Probleme, wenn die Trafos heißer wurden, weil ihr Kernmaterial für 60Hz optimiert war, während bei 50Hz bei Spannung-ausgleichender Wicklung die einfache Strom x Spannung Regel offenbar Nebeneffekte nicht berücksichtigte.
Und die 240V in England machten bei Betrieb in D praktisch mit Unterspannung bei nur 220V Trafobrummen.

Dies alles berücksichtigend, würde ich nicht erwarten, dass beim DAC der Trofo überhitzt, sondern kühler bleibt. Bei den Neumännern würde ich eher Nachteile bei 115V erwarten. Aber ein besseres Signal von der Quelle hat noch nie geschadet - und wenn im folgenden Verlauf der Kette die Performance in der Summe aller Eigenschaften leicht abfällt, wäre das auch nur normal.

Da du die Möglichkeiten hast, würde ich dich bitten, den DAC einzeln über die programmierbare Spannungsquelle zu testen, mal mit 115V, mal mit 230V, und mit 50Hz gegen 250Hz - während die Neumänner wie üblich am Netz hängen. Dasselbe Spiel mit den Neumännern, während der DAC direkt an unserem 230V Netz hängt.
Ich vermute, wenn der DAC und die Quelle bestens versorgt werden, profitiert die Kette am meisten, erwarte die geringte Auswirkung bei den SNT-versorgten Neumännern.
Grüße
Hans-Martin
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music is my escape
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Beitrag von music is my escape »

Hallo Gionni,

Zur Hz-Geschichte und deren Einfluss kann ich leider nix Konkretes beitragen, wohl aber zum Einfluss unterschiedlicher Voltzahlen.

Unglücklicherweise habe ich an meinem derzeitigen Lieblingshörplatz eine denkbar schlechte Stromversorgung, je nach Tageslaune beträgt das hier Ankommende zwischen 225V im besten und eigentlich unfassbaren 178V im schlechtesten von mir gemessenen Fall.

Was im Alltag mit zahlreichen (Haushalts-) Geräten mitunter für einige Probleme sorgt, bleibt in der Anlage gottseidank praktisch ohne hörbaren Einfluss, trotz ausschließlich linearen Netzteilen in LSP, DAC, DDC und Quellgeräten, lediglich das Netzwerk wird mit SNT versorgt.

Ich bin selber immer wieder überrascht von der diesbezüglichen Unkompliziertheit, auf der anderen Seite könnte ich eine weitere Hifibaustelle auch nur noch schwerlich ertragen... :wink: :mrgreen:

Viele Freude weiterhin bei Deinen Experimenten!

Freundliche Grüße,
Thomas
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Thomas,
vor gut 30 Jahren hatte ich eine Möglichkeit, einen Marantz-Verstärker identischer Bezeichnung vom Englischen Markt mit 240V (geliefert von HiFi-Regler ohne Hinweis auf den Ursprung bzw. Zielland und dessen Netzspannung) und ein für den deutschen Markt noch mit 220V bestimmtes ansonsten identisches Gerät zu vergleichen.
An 220V klang das 220V Gerät lebendig, das 240V dagegen unispirierend etwas kraftloser.
Im schnellen Vergleich fallen solche Unterschiede deutlicher auf.
Da waren auch die Änderungen in der räumlichen Darstellung hörbar, auch wenn es diesbezüglich nur um sehr sehr wenige cm ging.
Wenn der zeitliche Abstand groß ist, kann der wahrgenommene Unterschied verloren gehen, das Musikstück bleibt immer noch eindeutig wiedererkennbar. Das reicht aber nicht jedem.
Wenn die unterschwellige Mitteilung lauten sollte, dass es keinen Unterschied gibt, kann ich dem nicht zustimmen.
Die Testmethode entscheidet oft über das Ergebnis.
Dass Geräte trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen identisch klingen, ist weder logisch noch in der Praxis immer entsprechend nachvollziehbar. Schon Goethe schrieb: "Man erblickt nur, was man schon weiß und versteht“.
In meinem Beispiel sahen beide Geräte identisch aus, bis auf die auf der Rückseite genannte Netzspannung, hinreichende Bedingungen für einen Blindtest nach exakter Pegelanpassung. Und der war so eindeutig, dass ich dieses Beispiel hier gewählt habe. Abgehört bei um 75dB, deutlich unter 1 Watt, prinzipiell minimale Netzteilbelastung, dennoch eindeutig.
Grüße
Hans-Martin
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Gionni
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Beitrag von Gionni »

SolidCore hat geschrieben: 21.08.2023, 11:20
Ein "Wechselrichter" hat hinzu aber noch andere Parameter als ein Stromnetz. Wie ist denn zb die Impedanz der Quelle ?
Das Stromnetz liegt typisch so bei 2-3 Ohm.
Hallo Stephan,
die Spannung ändert sich nicht mit der Last.
Hans-Martin hat geschrieben: 22.08.2023, 22:21
Da du die Möglichkeiten hast, würde ich dich bitten, den DAC einzeln über die programmierbare Spannungsquelle zu testen, mal mit 115V, mal mit 230V, und mit 50Hz gegen 250Hz - während die Neumänner wie üblich am Netz hängen. Dasselbe Spiel mit den Neumännern, während der DAC direkt an unserem 230V Netz hängt.
Ich vermute, wenn der DAC und die Quelle bestens versorgt werden, profitiert die Kette am meisten, erwarte die geringte Auswirkung bei den SNT-versorgten Neumännern.
Hallo Hans-Martin,

Der DAC klingt am besten mit 115V bei 250 Hz. Die Neumänner habe ich versuchshalber am Netz betrieben. Am besten klingt es für mich wie oben beschrieben.

An der Kopfhörerkette habe ich die AC-Quelle auch getestet: Spannung 230V, Frequenz 50-250 Hz. Das Testumfeld war: Laptop im Akkubetrieb > USB-Isolator > DAC > Kopfhörerverstärker (R-Core mit Aktivgleichrichtung).
Ich habe sowohl den DAC als auch den Verstärker getestet. Beide klingen mit 250 Hz besser, wobei der Verstärker besser darauf anspricht. Es klingt analoger und mitreißender.

Gruß,
Gio
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

SolidCore hat geschrieben: 21.08.2023, 11:20Das Stromnetz liegt typisch so bei 2-3 Ohm.
Hallo Stephan,
bei einem Verbraucher mit 2500Watt, also grob 11A, würden bei 3 Ohm Quellwiderstand 33V Spannungsabfall erzeugt, die 230V also auf 197 V zusammenbrechen.
Im Lichtnetz wäre der Verlust 363 Watt, das schmort...
Eine Zehnerpotenz kleiner, also 0,2-0,3 Ohm ist realistisch.
@Gionni: Interessant, dass die 5-fache Frequenz offenbar alle Nachteile auf anderen Ebenen mehr als aufwiegt
Grüße
Hans-Martin
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h0e
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Beitrag von h0e »

Hallo Hans-Martin,

keine Ahnung wo Stephan den Wert her hat, aber wenn 3 Ohm für das gesamte Netz über 110kV, Mittelspannung (10 bzw. 20kV) inkl. aller Trafos bis zur Quelle gelten würde, wäre das schon eher niedrig. Das würde auch bedeuten, dass die 363 Watt nicht vom Verteiler zur Steckdose verlustig gehen und die Wohnung heizen, sondern eine viel längeren Strecke und andere Spannungen zu berücksichtigen sind.

Aus der Praxis kann ich jedenfalls sagen, dass wenn man mal wirklich eine große Leistung zieht, bricht die Spannung vom Versorger ganz fix zusammen.
Im konkreten Fall hatte eine Pumpe 800A Anlaufstrom, das konnte der Versorger niederspannungsseitig an fraglicher Einspeisung nicht liefern und die Spannung brach auf 170 Volt (statt 230) zusammen und die Steuerung stieg aus.
Gut, dass wir nicht so viel Strom brauchen…😁

Grüsse Jürgen
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Jürgen,
ich weiß nicht, wie du rechnest, aber mit 170V (entspricht 60V weniger) bei 600A Anlaufstrom errechnet sich für mich ein Quellwiderstand von 0,1Ohm (60V bei 60A entsprächen 1 Ohm).
Nun sind aber 800A genannt, was sich zu 0,075 Ohm netzseitig rechnet.
Wenn du bei den 800A Anlaufstrom tatsächlich nur 60V Verlust feststellst, hast du eine hervorragende Netzversorgung - oder die Zahlenwerte sind zeitlich nicht korreliert und die Rechnung verkompliziert sich.
Als ich vor 30 Jahren gebaut hatte, nannte mein Elektroinstallateur, dass die Netzspannung unter angemeldeter Last des Wohnhauses maximal 5% (nach Gedächtnis) einbrechen dürfte.
Grüße
Hans-Martin
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SolidCore
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Stromnetz

Beitrag von SolidCore »

Hallo zusammen

Ich muss mich korrigieren.

Hans-Martin hat Recht. Ich hatte die Max-Werte der Schleifenimpedanz ZS im Kopf. Der Netzinnenwiderstand liegt deutlich kleiner.Typisch unter 1 Ohm. Danke für die Korrektur.

Gruß
Stephan
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