Guten Abend,
lange hat es gedauert und ich habe schon nicht mehr daran geglaubt, dass es noch eine Gesamtaufname der Klavierkonzerte mit dem Pianisten Michael Korstick geben wird.
Aber Dank einem Sponsor wurde die Aufnahme nun - Corona-verzögert - endlich realisiert und jüngst veröffentlicht.
Klavierkonzerte 0-7? Sind denn neue Klavierkonzerte von Beethoven entdeckt worden? Bekannt sind 5 ...
Nun ja - das (recht umfangreiche) Booklet gibt dazu Auskunft:
"Weiterhin berücksichtigt die heute als verbindlich angesehene Zählung der Klavierkonzerte nicht das Klavierkonzert Es-Dur WoO 4, welches Beethoven 1784 komponiert hat. Im Falle dieses Stücks hat sich daher mittlerweile die Bezeichnung als „Konzert Nr. 0“ etabliert. Etwas schwieriger wird es mit einer Zählung der zwei anderen hier vorliegenden Werke außerhalb der „Fünf“, die beide in D-Dur stehen. Um Verwirrung zu vermeiden, haben wir uns entschieden, die D-Dur-Skizze von 1815 für ein weiteres Klavierkonzert mit der Nummer 6 zu bezeichnen und die Transkription des Violinkonzerts analog zu Czerny als Nummer 7 zu zählen."
Damit ist das Geheimnis gelüftet.
Und wie klingt es nun?
Hier hadere ich ein wenig (mit mir). Obwohl ich die Konzerte nun schon seit einigen Tagen immer wieder höre, will sich keine Euphorie bei mir einstellen. Falsche Erwartungen?
Korstick spielt jedenfalls gewohnt transparent, energisch, auf Klarheit zielend, entschieden drängend, lyrisch, rythmisch akzentuiert, kraftvoll-streng und mit hervorragender Technik. Das Klangbild ist hell und farbenreich, die Instrumente sind recht gut zu orten, Trinks dirigiert mit flotten, stimmigen Tempi, es wird lebendig, jugendlich-frisch musiziert, so dass sich ein ausbalanciertes Zusammenspiel ergibt. Also alles richtig gemacht - und dennoch will sich keine Magie bei mir einstellen, kein Fesseln, kein Versinken in der Musik.
Nicht falsch verstehen: die Aufnahmen sind klasse und spielen auf oberstem Niveau. Vielleicht sind sie (für mich) zu rational, zu kopflastig? Ich vermisse öfter das "Ausklingenlassen" des Klangs - hier klingt es (für mich) oft "korrekt, berechnend, kühl".
Attila Csamapi hat in seiner Rezension in der Stereoplay als Resumee "Faszinierend" geschrieben. Auf emotionaler Ebene empfinde ich das (zumindest noch) nicht.
Hörenswert sind die Aufnahmen aber allemal!
Besonders gut gefallen mir das Largo (im 3. Klavierkonzert), das 4. Klavierkonzert und das "7. Klavierkonzert" op.61a nach dem Violinkonzert. Wer den Violinenklang aus seinem Kopf bekommt, wird mit einem wunderbaren Klavierpart belohnt - so habe ich dieses Konzert noch nie gehört!
Hier noch ein Link zu einem Interview im SWR2:
https://www.swr.de/swr2/musik-klassik/ ... n-100.html
PS: im Booklet gibt es zahlreiche Abbildungen von Beethoven und Korstick, ein paar mit dem Dirigenten - aber keine einzige vom Orchester. Schade - ich mag besonders Fotos von den Aufnahmesitzungen ...
Viele Grüße
Jörg