Hallo Emanuel,
zunächst eine Korrektur meinerseits, das wegen seiner besseren Nadelverrundung und etwas höheren Nadelnachgiebigkeit bevorzugte DL160 wurde 1999 eingestellt, nicht das DL110. Es ändert nichts daran, dass ein Nadeltausch nicht mehr per Verrechnung des Altsystems gegen ein neues System angeboten wird, was bei den Betriebskosten merklich zu Buche schlägt.
uoiea hat geschrieben: ↑14.07.2020, 22:00
Seit Jahrzehnten steht "im Lehrbuch" - also in den meisten Bedienungsanleitungen, und neuerdings bildlich in youtube-Videos, dass man AS am besten auf einer speziellen Testplatte, die in der Seitenmitte einen rillenlosen Bereich hat, einstellen soll.
Hier sollte die Nadel dann weder nach außen noch nach innen ziehen.
Neue Zeiten, neue Erkenntnisse (??), die Irrtümer der Anfänge holen uns wieder ein, als hätte niemand in 60 Jahren hinzugelernt.
Nö, als Oldtimer verstehe ich, so glaube ich zumindest, die Denkfehler der Neueinsteiger, weil ich eben auch mal einer war.
Hans-Martin hat geschrieben:Der Skating-/Antiskatingtest auf der glatten Vinyloberfläche entstand zu einer Zeit, wo das Verständnis der Zusammenhänge noch sehr unterentwickelt war. Er hat nur einen Vorteil: so simpel wie er ist, überzeugt er die, deren Kenntnisse die der damaligen Zeit nicht übersteigen.
Für mich dient Antiskating der Vermeidung von Verzerrungen, soll gerade bei kritischen großen Auslenkungen beide Kanäle gleichberechtigt behandeln. Die Rillenmodulation wirkt mit "Verzahnung" besonders als Zugkraft auf die Nadel.
Die DHFI Testschallplatte bot sowohl den glatten Bereich als auch den horizontalen Abtastfähigkeitstest.
Der glatte Bereich ist für den Physiker "statisch", in der Rille gelten jedoch praxisorientiert betrachtet "dynamische"
Bedingungen, geprägt von Musikmodulation, Verschleiß- und Verschmutzungsgrad, sowohl bei Rille wie auch beim Abtastdiamanten.
Hans-Martin erwähnt, dass die Nadel senkrecht in der Rille stehen muss, was überaus plausibel klingt, und was offenbar massgeblich vom Antiskating abhängt. Vielleicht aber auch noch von anderen Faktoren, Stichwort Azimuth.
Lies mal richtig:
Hans-Martin hat geschrieben:Wenn Antiskating richtig eingestellt ist, ist die Nadel sichtbar in der Systemmitte unter dem vertikalen Strich und nicht einseitig ausgelenkt.
Azimuth ist von mir mit keinem Wort angesprochen, auch damit nicht gemeint gewesen, sondern die simple, sichtbare, zu vermeidene seitliche Auslenkung von der zu erwartenen Mittelposition, die beim DL110 sehr eutlich markiert ist.
Der "vertikale Strich" ist in diesem Bild von Thakker leider durch die Perspektive von oben rechts bis unten links verlaufen. Er markiert die Systemmitte und die mittlere Nadelposition:
Aber wie um alles in der Welt soll ich als Laie ohne Messgeräte das bitte feststellen, wann der Abtaster in der laufenden LP senkrecht steht ?
Gibt es denn eine Methode, die man als Laie ohne Labor auch in der Praxis durchführen kann? Die einfach ist und stimmt ?
...
Könnte man das nicht mit einer Mess-LP machen, wo z.B. auf beiden Kanälen exakt das gleiche Signal ausgegeben wird, dann erstellt man eine digitale Aufnahme, und vergleicht die Pegel der beiden Kanäle. Wenn beide exakt denselben Pegel aufweisen, müsste die Nadel doch senkrecht, sprich die Antiskatingeinstellung korrekt sein. Irre ich mich hier, oder könnte man das so machen?
Abgesehen davon, dass du durch mangelndes Verständnis meines Beitrags zu diesem Fragenkomplex gekommen bist - auf Antiskating hat falscher Azimuth keinen erheblichen Einfluss- gibt es natürlich auch dazu eine Antwort:
leg eine Mono Schallplatte auf, wie sie auf jedem Flohmarkt als Single für wirklich kleines Geld zu finden ist, bilde das Differenzsignal (einfachste Lösung : rot tauscht mit grün am System, Verstärker auf Mono schalten, falls kein Schalter, bei REC out L mit R verbinden), dann Azimuth mechanisch verstellen, bis das Signal auf Minimum geht.
Wer einen konventionellen Verstärker und Passiv-LS betreibt, nimmt bei der genormten Beschaltung des Systems nur einen LS in die Brücke zwischen +L und +R , womit das Differenzsignal wiedergegeben wird. Minimum Signal bedeutet Azimuth-Optimum.
Die vom Händling einfachste Ausführung ist hingegen, anstelle der Schallplatte einen kleinen Spiegel auf en Plattenteller legen, den Tonabnehmer darauf absenken, schauen, ob die vertikalen Flanken des Systems mit dem Spiegelbild fluchten. Die Streuungen der Spulen abweichend von den Vertikalen zu den Rillenflanken werden damit allerdings nicht aufgezeigt und korrigiert (wie mit der Mono-Differenz, wo, nebenbei bemerkt, ein Minimum eindeutiger erkennbar ist als ein Maximum bei Mono oder irgeneiner Stereovariante, ein vermutlich jedem Messtechniker vertrauter Vorgang).
Grüße
Hans-Martin
P.S.:
Jürgen (Shakti) hat zwischenzeitlich auf van den Huls Q&A hingewiesen:
van den Hul hat geschrieben:13 Q: Are there records that I can use for the adjustment of tracking force and anti-skating ?
A: ...NEVER use an unmodulated record surface to adjust the anti-skating: This is static replay without the normal friction between the groove and the stylus, so don’t use this way of setup. The result is always a too low value and your violoncellos will distort again.
Keep in mind that a too high anti-skating force will give asymmetrical tip wear on the outer part of the stylus. I.e. the
lifespan of the stylus is shortened by a too high anti-skating setting.
9 Q: How do I adjust the anti-skating force ?
A: The anti-skating force is necessary when you use a regular tone arm. So those few and proud owners of a linear
tracker can read but don’t need to be bothered.
The static anti-skating force is a minor force that pulls the arm to the outer rim of the groove during playing. This to
compensate for the moment of force caused by the friction of the stylus in the groove (the force) and the moment arm
(the distance between the tip and the vertical bearing).
So, many arms have a little device close to the vertical bearing at their rear to compensate for this moment of force. As
you will remember from your great physics lessons, two moments of force compensate each other when their direction is opposite. So playing causes a moment of force in clockwise direction and the compensating correction is automatically counterclockwise. It was a wise decision by the way to compensate. But as usual there are always new problems created when you try to solve old ones.
One is the fact that music never has the same loudness, or stated otherwise, a record never has a constant amplitude or frequency. So a static compensation (the anti-skating force) has to deal with a dynamic problem. It doesn’t work well but it works better than no action. It depends on the difference in friction between the tip in a blank groove and the modulated tip how much you have to compensate.
Round, spherical tips have much more friction in the groove (they really don’t fit well there) compared to special shapes like our VDH type 1 or VDH type 2. So it depends on the shape of the contact area between the stylus and the groove how much you have to compensate. The higher the frequencies cut in the record groove, also the higher the friction. For conical shapes (somewhat old-fashioned today and only mounted in cheap systems) the anti-skating force setting should be equal to the tracking force. With more groove-shape adapted stylus designs the anti-skating setting can be less. When a cartridge uses the VDH type 1 or VDH type 2 stylus, the anti-skating can be adjusted at 1/3 of the tracking force. This assuming that the scale on the tone arm is correct. Otherwise you have to listen to the sonic results.
When the anti-skating setting is too high, the violins in the left channel on a record with classical music will distort during loud modulations. This is caused by missing contact between the stylus and the left groove wall. And when the anti-skating setting is too low, the violoncellos will distort due to the missing contact between the stylus and the right groove wall.
As you see a long story about a small topic. But it is vital for pleasant listening that the settings are done well.
Mein Vorschlag, für die korrekte Antiskatingeinstellung den Abtastfähigkeitstest zu wählen, kommt nicht von ungefähr, wenn der Tonabnehmer einseitig nur eine geringere Abtastfähigkeit hat, ist ein entsprechender Verschleiß zu erwarten- bei der Schallplatte. Die Diamantnadel ist ersetzbar, die Schallplatte evtl. nicht.
Ich meine, dass bei Verzicht auf Antiskating die zum linken Kanal weisende Nadelseite stärker verschleißt, bei zu hoher Antiskatingkraft die rechte (entspricht auch der Sicht von vorn auf Schallplatte und Tonabnehmer).
Shakti hat geschrieben:Antiskating wird von den meisten Nutzern viel zu hoch eingestellt, zumeist sich Werte im Bereich von 1/3 der Auflagekraft bei normaler Musik hinreichend. Höhere Werte verschleissen die Nadel und führen zu einem schlechteren Klang.
Da die Skala der Antiskatingeinrichtung vom Hersteller gewählte Absolutwerte fernab physikalischer Einheiten nennt, stattdessen diese empirisch Auflagekräften zugeordnet werden, kann ich vorstehendes Zitat nicht nachvollziehen.
Die mathematische Funktion der Skatingkraft in Abhängigkeit vom Radius ist nicht linear. Sie hängt vielmehr ab vom Kräfteparallelogramm, welches sich aus dem Kröpfungswinkel des Arms gegenüber dem Drehzentrum ergibt. Die Skatingkraft verläuft anfangs größer, nimmt ab, um zum Ende wieder zuzunehmen.
Die Methode mit der Feder kann also erst im letzten Drittel zunehmend genauer werden.
Faden mit Gegengewicht am Hebelarm überzeugen mehr am Anfang und werden zum Ende zunehmend fehlerhaft, ähnlich die allerdings reibungsfreie magnetische Methode.
Allerings gibt es Verfahren, mittels mehrerer Magnete en Bedarf stärker nachzubilden, und ich kann mir vorstellen, dass bei guter Auslegung die seitliche Hebelmechanik alter japanischer Tonarme ebenfalls eine Annäherung an den idealen Verlauf anstrebt.
Unterschiede bei der Modulation der Platte (auch Verschleiß und Verschmutzung) sowie Abnutzungsgrad der Nadel bleiben unberücksichtigt.
EINE Einstellung, die bei unverändertem Auflagedruck perfekt funktioniert, gibt es demnach nicht.
Der Abnutzungsgrad der Nadel zeigt sich nur an den Kontaktzonen zu den Rillenflanken, jedoch nicht an der Stelle, wo die Nadel eine glatte Oberfläche berühren würde. Spätestens hier müsste klar werden, dass die Methode mit der Orientierung der Antiskatingkraft anhand einer glatten Oberfläche nicht für alle Fälle zutreffende Ergebnisse liefern kann. Vorsichtig formuliert...
Von einem pauschalen prozentualen Abzug halte ich aus begründetem Anlass ebenfalls eher wenig. Torsionskräfte der Verkabelung müssen aber berücksichtigt werden, ihr Wert ist absolut, während die Skatingkräfte von vielen Aspekten abhängen.