Klanglich vergleichbarer Tonabnehmer wie Denon DL-110 für leichte Tonarme?

Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Emanuel,
ich habe früher mit einem 2-Kanal Oszilloskop anhand des Abtastfähigkeitstest eine Symmetrie beider Kanäle durch Antiskatingvariation hergestellt. Man sieht dabei auch deutlich die Verzerrungen, z.B. wenn das MC-System nicht die Auslenkbarkeit wie ein MM-System besitzt.
Bei der DHFI Testplatte ist der Test im hinteren Drittel, bei der Erato im vorderen. Das liefert widersprüchliche Antiskatingeinstellungen. Bei genauer Betrachtung lassen sich an die 10 Einflussgrößen aufzählen, die deutlich machen, dass es EINE optimale Einstellung für alle Schallplatten nicht geben kann.
Die Bahngeschwindigkeit ist außen doppelt so groß wie innen, die daraus resultierende Zugkraft ändert sich im Verlauf stetig. Unterschiedliches Vinyl mit entsprechend unterschiedlichen Reibwerten spielt auch mit hinein. Die Veränderung des Kräfteparallelogramms sorgt für eine geometrisch bedingte Kurve über den Verlauf.
Natürlich ist der Auflagedruck an zentraler Stelle, aber sobald nur eine kleine Welligkeit vorhanden ist, oder die angenommene Spirale durch ein nicht präzise platziertes Mittelloch und nicht zu unterschätzen die Elliptizität durch das Füllschriftverfahren, wird der Auflagedruck schwanken und die Seitenkräfte variieren. Einen deutlichen Einfluss hat die momentane Rillenauslenkung, die sogar zur Abbremsung des Plattentellers führt, Lagerreibung und Torsionskräfte der Verkabelung im Tonarmsockel, Verschmutzung an Nadel und in der Rille, Beschädigungen, usw...
Alle Aspekte lassen sich in statische und stetig veränderte sowie in unvorhersehbar modulierte (dynamische) Größen sortieren.
Deshalb kann man Antiskating zwar unter eindeutig vorgegebenen Bedingungen perfekt einstellen, aber die Einstellung verliert im nächsten Moment, wo man neue Musik auflegt, ihre Gültigkeit.

Bei jedem System sollte es möglich sein, per Antiskating die Innendrift zu kompensieren. Wenn selbst beim oberen Anschlag das nicht gelingt, würde ich den Auflagedruck überprüfen. Ich habe da eine preiswerte Medikamentenwaage, die bis 49,99g anzeigt.

Dass der Nadelträger beim DL110 nicht mittig ausgerichtet ist, deutet auf ein gebrauchtes System hin, welches in der Vergangenheit misshandelt worden ist, z.B. in einem Tonarm mit Lagerschaden oder falscher Antiskatingeinstellung - oder eine große Querkraft hat die Nadelaufhängung einseitig beschädigt, was auch häufig vorkommt. Dafür gibt es Reparaturpreislisten eine eigene Position...

Tonarme werden statisch ausbalanciert, dann wird der Auflagedruck hinzugefügt. Eine Zusatzmasse im Bereich des Systems wird zunächst mit dem Gegengewicht statisch kompensiert (Hebelkräfte, Kraft mal Kraftarm).
Bei der Drehbewegung gilt aber das Trägheitsmoment (Kraft mal Armlänge zum Quadrat). Für die Angabe der effektiven Masse rechnet man aus dem Trägheitsmoment die Armlänge heraus. Damit hat man die Größe, die mit der Nadelnachgiebigkeit die Resonanzfrequenz errechenbar macht.
Grüße
Hans-Martin
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uoiea
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Beitrag von uoiea »

Hm, das DL-110 ist ein neues System, letzte Woche gekauft bei fono.de. ich dachte, das wäre normal, dass man selten ein system mit perfekt mittigem nadelträger bekommt, und das wäre im toleranzbereich. Ich kann ja mal ein foto machen und reinstellen
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uoiea
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Beitrag von uoiea »

Das mit den Fotos ist jetzt auch egal. Hab noch welche gemacht, aber mich entschieden, das DL-110 wieder zurückzusenden.
Werde vorerst wieder mit dem Thorens TAS257 - dem Abfallprodukt von meinem Thorens 309s - hören. Klingt auch schon erstaunlich gut, genügt eigentlich für die Zweitanlage. Will ich mal mit Genuß hören, geh ich halt in mein Musikzimmer und höre mit Thorens 309s und AT-VM95SH...

Das mit den Nadelträgern beobachten ist ganz interessant, mit etwas Übung und evtl. einer Lupe könnte das glaub ich ganz gut hinhauen. Schalte ich AS komplett aus, sehe ich tatsächlich, wie der Nadelträger sich Richtung Innenseite bewegt. Bei dem AT-VM95EN sehe ich auch, dass bei maximaler AS Einstellung der Nadelträger nach außen kippelt in der Rille.
Beim DL-110 wird er auch bei maximaler Kraft nicht nach außen gezogen, zwischen 2 und 3 g sehe ich hier keinen Unterschied.

Werde mich bei Gelegenheit weiter damit befassen, mir auch mal so eine Testschallplatte holen...

Vielen Dank an alle für die hochinteressanten Erklärungen - auch wenn ich sie nicht immer (oder nicht immer sofort) verstanden habe ;-)
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Emanuel,
irgendwas läuft hier völlig schief.
Ohne Antiskating zieht der Tonarm zu sehr nach innen, die Nadel bewegt sich im System tendenziell nach außen. Positive* Auslenkung werden im linken Kanal früh begrenzt.
Mit korrektem Antiskating wird der Tonarm nach außen gezogen bis die Nadel in der Mitte des Systems ihre Ruheposition findet.
Mit zuviel Antiskating zieht der Tonarm nach außen, die Nadel bewegt sich in Richtung Plattenzentrum. Negative* Auslenkung werden im rechten Kanal früh begrenzt.

*Die Polarität ist bei Seitenschrift so definiert: Vom Plattenzentrum weg bewegt erzeugt eine positive Flanke
Grüße
Hans-Martin
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uoiea
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Beitrag von uoiea »

Hallo Hans-Martin,

also es läuft gar nichts schief, außer vielleicht der Nadelträger ;-)

Alles, was du schreibst, hatte ich genauso vestanden und kann es nur unterstreichen. Wenigstens das ist ja auch wirklich nicht kompliziert.
Wenn du in meinen Aussagen einen Widerspruch siehst, dann kommt er höchstens daher, dass ich mir vielleicht unglücklich oder nicht wissenschaftlich genug ausgedrückt hab.

"kippeln" war wohl so ein falscher Ausdruck.

Wollte nur kurz schildern, dass ich beim AT-VM95EN rein optisch sowohl das zu wenige Antiskating als auch eine zu groß eingestellte Antiskatingkraft optisch recht gut nachvollziehen kann.

Beim Denon kommt der Moment, wo er nach außen zieht/biegt, nie, auch nicht bei höchster Einstellung (3g). Das ist einfach der Unterschied, der mir bei beiden aufgefallen ist, ich ziehe aber keine Schlussfolgerungen daraus, finde es nur etwas ungewöhnlich. Vielleicht kommts ja auch einfach nur wegen dem starreren Nadelträger.

Viele Grüße
Emanuel
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

uoiea hat geschrieben: 15.07.2020, 17:49Das mit den Nadelträgern beobachten ist ganz interessant, mit etwas Übung und evtl. einer Lupe könnte das glaub ich ganz gut hinhauen. Schalte ich AS komplett aus, sehe ich tatsächlich, wie der Nadelträger sich Richtung Innenseite bewegt.
Hallo Emanuel,
auf diesen obigen Satz bezog ich mich.
Antiskating zieht den Arm nach außen. Da ist bei 0 Antiskating nicht zu erwarten, dass die Nadel nach innen zieht, außer das horizontale Tonarmlager hat einen Schaden und der Tonabnehmer folgt der Rille nach innen, während der Arm noch stehen bleiben will.
Weiter oben hatte ich beschrieben, wie beim ausbalancierten Arm mit der Antiskatingeinstellung getestet werden kann, bei welchem Wert die Lagerreibung überwunden werden kann.
Bei dem AT-VM95EN sehe ich auch, dass bei maximaler AS Einstellung der Nadelträger nach außen kippelt in der Rille.
Das ist schon krass, wenn "kippelt" eine Verdrehung der Nadel um die Achse des Nadelträgers bedeutet.
Im Vergleich hat das DL110 mit 8um/mN eine geringe Nadelnachgiebigkeit, das AT-VM95EN jedoch mit 7um/mN (dynamisch= bei 100Hz - statischer Wert: 30um/mN) eine vergleichsweise noch geringere.
Wenn das System mit geringerer Nachgiebigkeit deutlichere Auslenkungen zeigt, bleibt die Frage, ob die Rahmenbedingungen beim Vergleich wirklich gleich sind.
Bleibt zu vermuten, dass besagte Tonarmbeweglichkeit (Lagerschaden?) oder Auflagedruckskala (meist +/-5% genau) oder Antiskatingeinrichtung nicht mehr so funktionieren, wie der Hersteller vorgesehen hatte.
Grüße
Hans-Martin
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

uoiea hat geschrieben: 13.07.2020, 15:46Denn: Antiskating lässt sich nicht optimal einstellen.

Hallo Emanuel,
Hast du mal die Skala oben mit der Dehnung der Feder unten verglichen?
Habe Erfahrung mit Thorens TAS 257, AT-VM95EN, AT-VM95SH. Bei allen passt es fast auf den Punkt genau, wenn ich die Skala auf den Wert der Auflagekraft stelle.

Wenn sich das ebenfalls auf den Dual bezieht, lässt sich Antiskating doch optimal einstellen.
Beim Denon DL-110 mit 1,8g Auflagegewicht saust mir der Tonarm bei Antiskating-Werten um die 2g dermaßen nach innen, dass er sämtliche Auslaufrillen überspringt. Stelle ich ihn auf den höchsten Wert (3g), zieht er immer noch nach innen, holt die Auslaufrille noch ein. Ruhig kriege ich die Nadel nie.

Vergleicht man das mit
uoiea hat geschrieben:Schalte ich AS komplett aus, sehe ich tatsächlich, wie der Nadelträger sich Richtung Innenseite bewegt.
lässt das den Schluss zu, dass die Nockenscheibe unter dem Chassis gegenüber der Skala oben um 180° gedreht sein könnte, also Minimum und Maximum vertauscht.
Da Antiskating linear mit der Auflagekraft korrespondiert, wäre 1,8 sehr nahe dem halben Wert von 3, eingestellt 2 entspräche dann bei verdrehter Nockenscheibe eher dem Wert für 1, zuwenig, also Innendrift des Arms, Außenbewegung der Nadel gegenüber dem Systemkörper
Du hast beschrieben, dass das DL110 besonders gut klingt, deshalb würde ich ausschließen, dass die Nadelspitze beschädigt ist.
Mit seiner noch geringeren Nadelnachgiebigkeit dürfte das AT-VM95EN noch weniger zum Dual Tonarm passen.
Grüße
Hans-Martin
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uoiea
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Beitrag von uoiea »

Hallo Hans-Martin,

danke.
Nein, die Skala ist nicht verdreht, wie gesagt, ich merke, dass ich mich manchmal so ausdrücke, dass du es irgendwie komplett anders versteht, halt nicht wissenschaftlich korrekt, meine Ausdrucksweise.
AS auf 0 = Nadel zieht immer nach innen, teils recht temperamentvoll.
AS auf 3 = Nadel zieht meistens nach außen, nur bei AT-VM95ML und DL-110 nicht, zieht dann aber auch kaum mehr nach innen.
Also es ist schon alles richtig herum ;-)

Das mit Antiskating hab ich jetzt im Moment abgeschlossen, werde die gängigen Faustregeln benutzen.
(80% der Auflagekraft bei elliptisch, 60% bei noch schärferen Schliffen wie Shibata, Microline..)
Und irgendwann mal eine Testschallplatte besorgen.

Vielen Dank und schöne Grüße
Emanuel
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Emanuel,
ja es ist nicht einfach.
Die Rille bewegt/führt die Nadel allmählich nach innen bis zur Endrille.
Die gekröpften Tonarme nähern die Ausrichtung der Nadel möglichst so, dass das Ideal, auf dem Radius ausgelenkt zu werden, möglicht oft und ohne großen Fehlwinkel erreicht wird.
Die aus dieser speziellen Geometrie (Kröpfungswinkel) resultierende Skatingkraft kann angenähert kompensiert werden.
Bezug ist die Mittelstellung der Nadel im System, damit sie zu beiden Seiten möglichst verzerrungsarm* gleichweit ausgelenkt werden kann.
*Verzerrungsarm ist für mich gleichbedeutend mit verschleißarm bzw beschädigungsarm.

Wenn ich also lese, die Nadel ziehe nach innen, heißt das für mich, dass von vorn gesehen die Nadelposition nach links aus der Systemmittellage herauswandert (zu hohes Antiskating).
Wenn die Nadel nach außen zieht, kann nur gemeint sein, dass ihre sichtbare Position aus der Systemmitte nach rechts tendiert (zu geringes Antiskating).
Beim Abspielen einer Schallplatte kann die Nadel nur stetig nach innen wandern, allerdings überlagert vom Hin und her bedingt durch Exzentrizität und Füllschriftverfahren.

Du hast wohl unter "zieht nach" die resultierende Bewegung des Tonarms gemeint.

Die Antiskatingkraft wirkt auf den Tonarm, wie auch die Skatingkraft vorrangig eine Tonarmgeometrie-bezogene Größe ist, denn beide gibt es nicht bei Tangentialtonarmen oder Dreharmen, die auf Kröpfung verzichten, dafür andere Fehler mitbringen.
Grüße
Hans-Martin
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Martin
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Beitrag von Martin »

Hallo Hans-Martin,
Ich stimme Dir zu 99% zu. Den fehlenden Prozentpunkt habe ich in dem Zitat fett gedruckt hervorgehoben.
Hans-Martin hat geschrieben: 17.07.2020, 21:48 Die Antiskatingkraft wirkt auf den Tonarm, wie auch die Skatingkraft vorrangig eine Tonarmgeometrie-bezogene Größe ist, denn beide gibt es nicht bei Tangentialtonarmen oder Dreharmen, die auf Kröpfung verzichten, dafür andere Fehler mitbringen.
Auch ein nicht gekröpfter Tonarm erfährt eine Skating-Kraft, die immer dann auftritt, wenn die Rillentangente im Abtastpunkt nicht durch den Drehpunkt des Drehtonarms verläuft.

Viele Grüße
Martin
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uoiea
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Beitrag von uoiea »

Hallo Hans-Martin,

ja, ich habe wohl die resultierende Bewegung des Tonarms gemeint, sorry, kann mich hier nicht so wissenschaftlich fachgerecht ausdrücken wie du...

Noch eine abschließende Frage hätte ich, bitte:
Wenn man die Nadel auf diese Weise optisch beurteilt, an welcher Stelle der Platte setzt man denn da am besten die Nadel auf?
Am Anfang der Plattenseite? Im ersten Drittel? In der Mitte? Im letzten Drittel ?
Hätte nämlich Lust, mein Makroobjektiv mit dem neu erstandenen Makroschlitten aufzubauen und das ganze mal zu filmen, damit sollte man es genauer sehen können als mit dem bloßen Auge...

Vielen Dank und schöne Grüße
Emanuel
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luebeck
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Beitrag von luebeck »

Hallo Emanuel,
an einer solchen Video-Aufnahme wäre ich sehr interessiert.
Interessant wäre auch eine Aufnahme, bei der man den Antrieb des Tellers während des Betriebs abschaltet und ihn dann bis zum Stillstand auslaufen läßt.
Ich hatte vor Jahren mal ein NOS Empire Magnetsystem ersteigert. NOS = New Old Stock.
Durch altersbedingte Auflösung der Gummi-Lager war das System nur mit reduzierter Auflagekraft zu fahren.
Bei drehendem Teller und korrekter AS-Einstellung stand die Nadel mit Nadelträger von vorn gesehen gerade und senkrecht in der Rille, beim Stand des Tellers wurde die Nadel sehr schräg nach außen gezogen durch die AS-Kompensation.
Abgeschwächt würde ich ein solches Verhalten auch beim VM95 erwarten.
Schöne Grüße
Günter
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Martin hat geschrieben: 18.07.2020, 09:20Auch ein nicht gekröpfter Tonarm erfährt eine Skating-Kraft, die immer dann auftritt, wenn die Rillentangente im Abtastpunkt nicht durch den Drehpunkt des Drehtonarms verläuft.
Hallo Martin,
Danke für den Hinweis, da hätte ich spontan zugestimmt und musste erst noch nachdenken, warum ich das so einfach geschrieben hatte.
Ich stelle mir vor, dass eine Zugkraft von der drehenden Platte auf die Nadel wirkt. Das System ist entweder im gekröpften Arm um ca. 21° verdreht oder in einer Linie mit dem Rohr - wie beim Rigid Float. Tangentialarm ist hier nicht gemeint, wie Reed oder die vielen anderen im Tonarmlager nachgeführten.
In allen Fällen wird der Nadelträger-Drehpunkt in der Gummiaufhängung sich in die direkte Achse zwischen Nadel und Tonarmlagerzentrum ziehen lassen.
Beim gekröpften Tonarm liegt dann der Nadelträger-Drehpunkt nach links (=innen) versetzt, der Tonarm ebenso. Das bringt die Nadelspitze gegenüber dem System zuweit nach rechts.
Beim geraden Arm bedeutet das "lediglich", dass die Nadel unter einem Fehlwinkel in der Rille liegt, der aber erhebliche Größenordnungen annimmt. Die aber offenbar und nachlesbar die Testberichter weniger stört. Da ich mit diesem Armkonzept noch keine eigenen Erfahrungen habe, bleibt mir nur die theoretische Herleitung von zu erwartenden Effekten und der Vergleich mit bereits Erfahrenem.
Ein stationärer Winkelfehler hat 2 wesentliche Folgen:
Die Nadel tastet beide Kanäle gegenüber dem ursprünglichen Schnitt (Schneidemaschine) mit einer Fehlwinkel-bezogenen Zeitdifferenz ab.
Die Winkelabweichung vom Radius ist positiv für den einen, negativ für den anderen Kanal, aber der Betrag ist gleich.
Beide Kanäle erfahren also dieselbe Abschwächung (cosin des Ablenkungswinkels), womit dieser Aspekt unter den Tisch fallen könnte.
Eine Kopfbewegung zwischen beiden Boxenpositionen schafft (nach überschlägiger Rechnung) eine größere Zeitdifferenz. Wer sitzt beim Hören in seinem Sessel immer exakt in der Mitte, und bewegt sich nicht um 7cm zur Seite?

Deshalb meine ich, dass eine künstliche Querkraft wie Antiskating hier nur schwer realisierbar ist, denn der Fehlwinkel der Nadel am Abtastpunkt variiert beim ungekröpften Arm in einem erheblich größeren Bereich, wie will man das halbwegs korrekt gestalten? Wie groß wäre der Nutzen?
Grüße
Hans-Martin
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uoiea
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Beitrag von uoiea »

Hallo Günter,

da müsste ich beim Dual im Lauf buchstäblich den Stecker ziehen, den Antrieb kann man ja nicht extra ausschalten. Weiß nicht, ob ich ihm das zumuten soll. Interessant wärs....

Viele Grüße
Emanuel
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Emanuel,
wenn du Bedenken hast, kannst du bei angehobenem Tonarm den Stecker ziehen und beobachten, ob der Motor schneller stoppt als der Teller, was ein kurzzeitiges Zurück der Tellerdrehung bedeutet, weil der Riemen seine Restspannung entlastet.
Dieser kurze Moment staucht die Nadel in die Nadelaufhängung. Als Scratching noch angesagt war, gab es Systeme, die das gut abkonnten.
Der 502-Teller ist aber nicht sonderlich massenträge, so hätte ich aus der Entfernung keine großen Bedenken.
Man könnte alternativ den Riemen vom Motor entlasten und von Hand den Teller drehen bis er etwa 0,55 Umdrehungen pro Sekunden hat, dann den Arm absenken und auslaufen lassen.
Während zunächst bei korrektem Antiskating die Nadel in der Mitte des Systems bleibt, wird bei nachlassender Drehzahl die Zugkraft nachlassen, während die eingestellte Antiskatingkraft immer gleich bleibt und den Arm mit System nach außen zieht, die Nadel also gegenüber Arm/Systemkörper nach links / innen tendiert.

Bei einem intakten System dürfte die Nadel sich nicht verdrehen/seitlich aus der Vertikalen kippen. Das AT-VM95EN gibt es noch nicht so lange, als dass sowas zu befürchten wäre.
Ich habe ein funktionierendes ELAC ESG796HSP, außerdem eines mit aufgeweichter Nadelaufhängung, die sofort das System absacken und auf der Plattenoberfläche schleifen lässt und eines mit völlig ausgehärteter Aufhängung. Alle alt und sehr verschieden.
Grüße
Hans-Martin
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