Acourate Audio Toolbox

uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Rudolf hat geschrieben:Die erste Sprungantwort (Minimumphase) enthält alle Informationen über den Frequenzgang (warum aber keine über die Phasenlage?), während die zweite Sprungantwort alle Informationen über die Phasenlage (aber keine über den Frequenzgang?) beinhaltet. Wie ist dies zu erklären (sie unterscheiden sich doch mehr oder weniger nur durch ihre zeitliche Positionierung auf der x-Achse)?
Es ist vielleicht dadurch einfach vorstellbar, dass man einmal annimmt, identische Frequenzgänge erzeugen zu können, die jedoch vom Zeitverhalten alle unterschiedlich aussehen. Einfachster Fall: ein Sweep von tiefen zu hohen Frequenzen und derselbe Sweep nun umgekehrt von hohen zu tiefen Tönen abgespielt. Die FFT liefert in beiden Fällen identische Frequenzgänge! Obwohl das zeitlich was völlig anderes ist!

Und egal wie nun ein beliebiges zeitliches Verhalten sich darstellt, es lässt sich in Minimal- und Exzessphase zerlegen. Alle Minimalphasen desselben Frequenzganges sind identisch während alle Exzessphasen unterschiedlich sein können.

Eine Phasenänderung in einem kausalen System bedeutet nun eine Zeitänderung. Die minimalste Zeit beginnt immer bei sample 0, daher liegt die Darstellung auch da vorne.

Ich hoffe, diese "populärwissenschaftliche" Darstellung klärt die Frage nun letztendlich.
Rudolf hat geschrieben:Falls ich dies richtig kapiert habe, werde ich wohl ein ernstes Wörtchen mit meinem Lyngdorf reden müssen. Denn hinter dem vollmundigen Begriff der "minimumphasigen Korrektur" verbirgt sich nach meinem jetzigen Verständnis wohl nur eine - wenngleich verdammt gute - automatisierte Frequenzgangglättung (Equalizing).
Richtig.

Vielleicht etwas zu meiner Herkunft. Früher hatte ich mal das RCS2.0 von TacT dann das RCS2.2. Aufgrund diverser Diskussionen über Probleme damit, bin ich dazu gekommen, das System einfach mal zu analysieren. Und siehe da, ganz klar nur eine minimalphasige Korrektur. (Übrigens hab ich dazu dann mal eine Freeware unter dem Namen GoodVibrations geschrieben um diverse Fehler und Probleme des RCS zu beheben, es gibt wohl immer noch eine Gemeinde, die damit Filter für das RCS berechnet, wenn auch minimalphasig, weil die Rechnerstruktur mit Multiratefiltern nichts anderes erlaubt).

Als sich dann Peter Lyngdorf von TacT gelöst hat, hatten wir beide auch so einige Diskussionen zur richtigen Korrektur. Nun hat er sich Jes Moosgard als GF geholt, der seinerseits das Ziel verfolgt, den Power Response zu korrigieren (so was wie die Integration aller Frequenzgänge über den Raum verteilt). Daher auch die diversen Messungen an diversen Positionen im Raum (was auch Audyssey wegen Home Theatre verfolgt).

Nun wissen wir, siehe oben, dass sich alle gemessenen Frequenzgänge in minimalphasiger Darstellung prima miteinander vermengen lassen, weil die Zeit kaum eine Rolle spielt. Es wird allerdings nun praktisch unmöglich, auch das zeitliche Geschehen von diversen Messungen miteinander zu verarbeiten. Phasenbabylon.

Dies erklärt zur Ehrenrettung von Lyngdorf, warum sie die Exzessphase nicht betrachten. Was trotzdem bedeutet, dass nur minimalphasig korrigiert wird. Was wiederum die besagte reine Frequenzgangglättung bedeutet.

Grüsse

Uli
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Uli,

vielen Dank nochmals für deine weiterführenden Erläuterungen.
uli.brueggemann hat geschrieben:Ich hoffe, diese "populärwissenschaftliche" Darstellung klärt die Frage nun letztendlich.
Ich bin ganz ehrlich, durch deine Erläuterungen bin ich schon ein ganzes Stück nach vorne gekommen, aber "letzendlich" hat sich die Sache für mich noch nicht geklärt. Ich will aber vorerst weder dich noch die Forumsgemeinschaft weiter strapazieren. Sobald ich "klüger" nachhaken kann, melde ich mich wieder!

Vorerst besten Dank
Rudolf
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markus76
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Beitrag von markus76 »

Hallo Uli,

komme etwas verspaetet zur Party, hoffe aber dennoch auf Gaeste zu treffen.
uli.brueggemann hat geschrieben: Eine Fourier-Analyse einer Pulsantwort zeigt den Frequenzgang im eingeschwungenen Zustand ! Musik ist aber kein eingeschwungener Zustand. Demzufolge ist das schlichte Glätten eines Frequenzgangs z.B. per 1/n Oktavanalyse nicht wirklich richtig.
Musik ist aber auch eingeschwungender Zustand. Wie wird das von der AAT (= Acourate Audio Toolbox) beruecksichtigt?
uli.brueggemann hat geschrieben:- Zeitfenster: ein Puls der Länge 10 ms erlaubt keine Aussage zu Frequenzen unterhalb von 100 Hz. Für 1 Hz sollte man schon 1 Sekunde Pulslänge haben. Eigentlich sind mindestens zwei Frequenzzyklen erforderlich. Also eher 2 sek oder mehr für 1 Hz. Problem daraus: So ein breites Fenster enthält aber nun z.B. 2000 und mehr Schwingungen mit 1 kHz. Oder 20000 ... bei 10 kHz.
Lösung: die Auswertung des Pulses muss per frequenzabhängiger Fensterbreite erfolgen. Was die meisten Audioprogramme seltsamerweise nicht tun. Das FDW (frequency dependant windowing) betrachtet also eine einstellbare Anzahl von Zyklen je Frequenz. Das ergibt andere Kurven und Frequenzgänge
Verwendet AAT FDW? Wenn ja: Fuehrt dies nicht "einfach" dazu, dass AAT bis zu einer bestimmten unteren Grenzfrequenz (abhaengig vom Abstand der Lautsprecher zu Begrenzungsflaechen — siehe naechsten Paragraphen) den Raumeinfluss ausblendet (sprich: Freifeld-Frequenzgang ermittelt) und so "nur" den Frequenzgang des Lautsprechers linearisiert? Haette der Kauf ordentlich konstruierter Lautsprecher nicht zum selben Ergebnis gefuehrt (so wie z.B. in Andys Fall mit seinen O300)? Ist AAT also "nur" eine Lautsprecherkorrektur anstatt einer Raumkorrektur?
uli.brueggemann hat geschrieben:Preisfrage: wenn das Ohr nun im Raum einen Basston hört, gibt es den dann ohne Reflektionen? Nein. Definitiv nicht.
Selbst wenn wir Wellenlaengen kleiner als die Raumabmessungen betrachten, verfaelschen erste schallstarke Reflexionen das Messergebnis. Da waere in erster Linie die Bodenreflexion, die z.B. bei ca. 1.8ms Verzoegerung zum Direktschall das Messergebnis erst ab 550Hz gueltig werden laesst. Wird dies von AAT beruecksichtigt?

Viele Gruesse, Markus
Kienberg
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Beitrag von Kienberg »

uli.brueggemann hat geschrieben:all diese Kurven haben dieselbe Basis, eine Aufnahme mit dem Mikro am Hörplatz. Dabei wird ein Sweep aufgenommen und mathematisch (durch Faltung mit einer zugehörenden Inversen) in eine Pulsantwort umgerechnet. Diese hat eine entsprechend lange Dauer und daraus wird die Pulsantwort herausgeschnitten. Ich mach das üblicherweise mit Acourate so dass vor dem Hauptpuls 6000 samples davorliegen und der gesamte Ausschnitt 65536 samples lang ist. Das sind ca. 1.4 sek bei 48 kHz Samplerate. Demzufolge findet der reale und ansonsten unbearbeitete Pulse zum Zeitpunkt 0.125 sek statt. Die 65536 entsprechen 2 hoch 16 und das ist gut für eine schnelle FFT.
Hallo Uli,

besten Dank für diese Ergänzung, jetzt habe ich's verstanden. Sehe schon, man muss das Programm einfach installieren und damit rumspielen um weitere interessante Fragen an Dich zu stellen.

Gruss Sigi
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

markus76 hat geschrieben:Musik ist aber auch eingeschwungender Zustand. Wie wird das von der AAT (= Acourate Audio Toolbox) beruecksichtigt?
Hallo Markus,

natürlich gibt es auch eingeschwungene Zustände. Trotzdem behaupte ich mal dass das irgendwie eher selten der Fall ist. :)

Der schlimmste Fall wäre vermutlich das Anhören reiner Sinustöne. Nun ist es aber interessant sich mal anzuschauen was passiert wenn man solche Töne spielt. Dabei gibt es logischerweise auch einen Anfang und ein Ende (möglicherweise nach lngerer Zeit). Es zeigt sich dass hierbei Ein- und Ausschwingvorgänge inkl. überhöhter Amplitude auftreten. Und man kann sich dann die Frage stellen: hört das Ohr solches oder nicht? Wird ein überhöhter Effektivwert wahrgenommen oder nicht?
markus76 hat geschrieben:Verwendet AAT FDW? Wenn ja: Fuehrt dies nicht "einfach" dazu, dass AAT bis zu einer bestimmten unteren Grenzfrequenz (abhaengig vom Abstand der Lautsprecher zu Begrenzungsflaechen — siehe naechsten Paragraphen) den Raumeinfluss ausblendet (sprich: Freifeld-Frequenzgang ermittelt) und so "nur" den Frequenzgang des Lautsprechers linearisiert? Haette der Kauf ordentlich konstruierter Lautsprecher nicht zum selben Ergebnis gefuehrt (so wie z.B. in Andys Fall mit seinen O300)? Ist AAT also "nur" eine Lautsprecherkorrektur anstatt einer Raumkorrektur?
Nicht notwendigerweise. Zum Beispiel hör ich in einem Raum wo ich auf einer Couch sitze. Daneben weitere Sitzgelegenheiten. Ein Tisch, ... und anderes mehr. D.h. dass schon reichlich Reflektionen unabhängig von den Wänden ins Spiel kommen. Selbst vom LS.

Das FDW ist parametrierbar. D.h. je nach Fensterbreite fliessen weniger oder mehr Frequenzzyklen in die Ermittlung mit ein.

Da der Übergang von direktem Schall zu Schall inklusive Reflektionen nicht genau definierbar ist, können wir nicht von einer reinen LS-Korrektur sprechen. (Im wahren Sinn des Wortes wird übrigens auch nicht der Raum korrigiert :) )

Ansonsten sollte trotzdem ein ordentlich konstruierter LS verwendet werden. Da stimm ich voll zu. Welcher dann in einem Badezimmer auch nicht notwendigerweise nett klingt.
markus76 hat geschrieben:Selbst wenn wir Wellenlaengen kleiner als die Raumabmessungen betrachten, verfaelschen erste schallstarke Reflexionen das Messergebnis. Da waere in erster Linie die Bodenreflexion, die z.B. bei ca. 1.8ms Verzoegerung zum Direktschall das Messergebnis erst ab 550Hz gueltig werden laesst. Wird dies von AAT beruecksichtigt?
Das Beispiel ist ein gutes Argument für frühe Reflektionen. Es empfiehlt sich mal was über den Allison-Effekt zu lesen welcher bereits bei niedrigeren Frequenzen auftritt. Angenommen der Basstreiber ist 60 cm über dem Boden (oder neben der Seitenwand). Dann wird der Schall auch in Richtung Treiber zurückreflektiert und addiert sich zum Schall der abgestrahlt wird. Der Weg = 120 cm enspricht einer Wellenlänge von lambda/2 = 141 Hz. Bei dieser Frequenz tritt Auslöschung auf. Unabhängig vom Hörabstand.

Bei Deinem Beispiel sind mit 1.8 ms Verzögerung ist die erste Auslöschung bereits bei ca. 275 Hz, der Abstand zur schallharten Reflektionsfläche ca. 30 cm.

Der zugehörige Frequenzgang (Dirac mit reflektiertem Dirac, 1.8 ms, -6 dB Abschwächung):

Bild

zeigt einen typischen Kammfiltereffekt. Das Messergebnis ist hier eindeutig beeinflusst, jedoch insgesamt voll gültig (und nicht erst ab ...).

Je nach vorgegebener Parametrisierung für das FDW erfolgt nun eine anteilige Berücksichtigung. Bei einem Wert von 10 Zyklen sieht Acourate ab ca. 5600 Hz den Direktschall allein. Wenn dann da der Direktschall ok ist würde auch nichts korrigiert. Wenn der LS nur suboptimal ist dann wird eben der Direktschall an die vorgegebene Zielkurve angepasst.

Grüsse

Uli
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markus76
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Beitrag von markus76 »

uli.brueggemann hat geschrieben:Es zeigt sich dass hierbei Ein- und Ausschwingvorgänge inkl. überhöhter Amplitude auftreten. Und man kann sich dann die Frage stellen: hört das Ohr solches oder nicht? Wird ein überhöhter Effektivwert wahrgenommen oder nicht?
Das kommt auf die Frequenz an.
uli.brueggemann hat geschrieben:Zum Beispiel hör ich in einem Raum wo ich auf einer Couch sitze. Daneben weitere Sitzgelegenheiten. Ein Tisch, ... und anderes mehr. D.h. dass schon reichlich Reflektionen unabhängig von den Wänden ins Spiel kommen. Selbst vom LS.
Weswegen man darauf achten sollte, dass sich innerhalb des Stereodreiecks und auch in gewissem Abstand ausserhalb keine groesseren Gegenstaende befinden – das Equipment gehoert fuer mich z.B. auf keinen Fall zwischen die Lautsprecher, wenn man hochwertige Wiedergabe anstrebt.
uli.brueggemann hat geschrieben:Je nach vorgegebener Parametrisierung für das FDW erfolgt nun eine anteilige Berücksichtigung. Bei einem Wert von 10 Zyklen sieht Acourate ab ca. 5600 Hz den Direktschall allein. Wenn dann da der Direktschall ok ist würde auch nichts korrigiert. Wenn der LS nur suboptimal ist dann wird eben der Direktschall an die vorgegebene Zielkurve angepasst.
Wo setzt Du die Grenze, bis zu der eine Linearisierung der Raumantwort durch Veraenderung des Direktschalls Sinn macht? Und, ab welcher Frequenz ist unser Gehoer in der Lage den verbogenen Direktschall wahrzunehmen, auch wenn die Summe aus Direktschall und Raumantwort per elektronischer "Raum"korrektur begradigt wurde?

Viele Gruesse, Markus
uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

markus76 hat geschrieben:Das kommt auf die Frequenz an.
Markus,
ich bitte Dich Dein Wissen über die Frequenzen mit uns zu teilen. :cheers:
markus76 hat geschrieben:Weswegen man darauf achten sollte, dass sich innerhalb des Stereodreiecks und auch in gewissem Abstand ausserhalb keine groesseren Gegenstaende befinden – das Equipment gehoert fuer mich z.B. auf keinen Fall zwischen die Lautsprecher, wenn man hochwertige Wiedergabe anstrebt.
Stimm ich zu. Allerdings hat nicht jeder (auch ich nicht) den nötigen Platz für die Schaffung eines idealen zweckbestimmten Hörraumes. :(
markus76 hat geschrieben:Wo setzt Du die Grenze, bis zu der eine Linearisierung der Raumantwort durch Veraenderung des Direktschalls Sinn macht? Und, ab welcher Frequenz ist unser Gehoer in der Lage den verbogenen Direktschall wahrzunehmen, auch wenn die Summe aus Direktschall und Raumantwort per elektronischer "Raum"korrektur begradigt wurde?
a) bis fs/2. Ich teile nicht die Meinung dass Raumkorrektur z.B. nur bis 500 Hz Sinn macht. Nach zig Messkurven diversester Systeme bis hin zu Studio wundere ich mich immer wie verbogen Frequenzgänge sein können. Und wenn diese nun auch im Hochtonbereich begradigt werden können, warum nicht? Wenn der Direktschall schon nicht ok ist UND auch das Zeitverhalten zwischen den Kanälen nicht passt, dann sollte das Ziel einer Verbesserung allemal erlaubt sein. Das Verbiegen des Direktschalls ist nichts Negatives, man kann ja auch etwas geradebiegen.

b) es gibt diverse Zielfunktionen
- Optimierung Frequenzgang des LS
- Begradigung des Frequenzganges im Raum
- zusätzliche Optimierung des Zeitverhaltens
- Angleichung der Pulsantworten auf Identität

Grundsätzlich ist alles durch die Kompromiss-Brille zu sehen. Es gibt keine allgemeingültige optimale Lösung! Ich habe es erlebt, dass perfekt gematchte LS nach Frequenzgangkorrektur tonal richtiger geklungen haben, jedoch die Abbildungspräzision weg war.

Und ich vertrete die Meinung, dass die Angleichung der Pulsantworten ein besseres Hörerlebnis bieten kann trotzdem man dabei in Kauf nehmen muss, dass der begradigte Frequenzgang nicht mehr gerade ist.
Deshalb versuche ich all das zusammen zu optimieren. Eine rein minmimalphasige Korrektur (die z.B. den Direktschall üblicherweise verbiegt und zwar unterschiedlich je Kanal) ist für mich keine Lösung.

Die Frage "ab welcher Frequenz?" ist als solche für mich leider nicht beantwortbar. Kennst Du irgendeine qualifizierte Literaturstelle hierzu?

Eine letzte Bemerkung:
Ich traue keinen Ein-Knopf-Raumkorrektur-Lösungen. Ebensowenig nicht nachvollziehbar geglätteten Kurven. Daher möchte ich stets über das Zeitsignal vor und auch nach der Korrektur Bescheid wissen und auch reale ungeglättete Amplitudengänge sehen. Das ist erst einmal etwas mühsamer. Aber hilft mehr für das Verständnis. In diesem Sinn ist auch Acourate zu sehen. Es kann jeder seine eigenen Parameter definieren und sehen als auch hören was dabei rauskommt. Erlaubt ist was gefällt.

Grüsse

Uli
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markus76
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Beitrag von markus76 »

uli.brueggemann hat geschrieben:ich bitte Dich Dein Wissen über die Frequenzen mit uns zu teilen.
Hi Uli,

evtl. haben wir aneinander vorbeigeredet, aber jede Resonanz beeinflusst die Amplitude. Die Frage ist, wie dies die Reproduktion ueblicher Tonkonserven stoert. Da faellt mir der Bassbereich ein, da hier in kleinen Raeumen der Frequenzabstand zwischen einzelnen Moden sehr gross wird.

Viele Gruesse, Markus
uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Ein Beispiel für das, was ich meine. Gegeben eine Pulsantwort im Raum. Mit einer bestimmten Amplitude bei einer bestimmten Frequenz.

Nun dazu mal ein Sinusburst erzeugt mit derselben Frequenz, Länge 0.2 sek (als Musiksignal) und geeignetem Fade-In und Fade-Out, also nicht plötzliches Umschaten der Sinus-Amplitude.

Bild

Und was daraus wird wenn man das Signal mit der Pulsantwort des Raumes faltet:

Bild

Preisfrage: was nimmt das Ohr wahr und wie stimmt die Realität mit der Amplitude im Frequenzgang überein und warum? :)

Und: siehe auch die wunderschöne Phasendrehung am Anfang.

Grüsse

Uli
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Beitrag von markus76 »

uli.brueggemann hat geschrieben:Preisfrage: was nimmt das Ohr wahr und wie stimmt die Realität mit der Amplitude im Frequenzgang überein und warum? :)
Wir nehmen einen Sinusburst im Raum wahr :) Ich denke das Beispiel hilft uns nicht weiter. Aber nehmen wir doch 'mal einen E-Bass. Hier hoere ich (leider) immer das modale Geschehen in meinem Raum heraus. Hierbei handelt es sich aber um kein transientes Phaenomen, sondern um ein Phaenomen im eingeschwungenen Zustand.

Gruss, Markus
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Beitrag von markus76 »

uli.brueggemann hat geschrieben:Die Frage "ab welcher Frequenz?" ist als solche für mich leider nicht beantwortbar. Kennst Du irgendeine qualifizierte Literaturstelle hierzu?
Ein Anfang (detaillierter im zugehoerigen Buch "Sound Reproduction"):

http://www.aes.org/e-lib/download.cfm?I ... ame=harman

Weitere hilfreiche Literatur:

http://www.hifi-forum.de/viewthread-72-2045.html

Eine Teil-Auswertung:

http://www.casakustik.de/forum/index.ph ... 199.0.html

Viele Gruesse, Markus
uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

markus76 hat geschrieben:
uli.brueggemann hat geschrieben:Preisfrage: was nimmt das Ohr wahr und wie stimmt die Realität mit der Amplitude im Frequenzgang überein und warum? :)
Wir nehmen einen Sinusburst im Raum wahr :) Ich denke das Beispiel hilft uns nicht weiter. Aber nehmen wir doch 'mal einen E-Bass. Hier hoere ich (leider) immer das modale Geschehen in meinem Raum heraus. Hierbei handelt es sich aber um kein transientes Phaenomen, sondern um ein Phaenomen im eingeschwungenen Zustand.
Markus,

ich stimme Dir zu, dass die Raummoden nicht durch eine Korrektur voll ausser Kraft zu setzen sind. Überhöhte Amplituden lassen sich absenken. Totalauslöschungen aber könnten nicht beseitigt werden, selbst wenn der Woofer 100 mm Hub hätte und ein Kraftwerk für den Verstärker allein arbeitet.
Also geht es doch darum, die Peaks hörbar zu machen und die Dips nicht wie wild zu verstärken.

Und da kommt doch der Sinusburst wieder ins Spiel. Er ist schlichtweg ein Modell. Und damit lässt sich das Ein- und Ausschwingverhalten untersuchen. Wenn das für jede Frequenz gemacht wird ist ein anderer Frequenzgang rekonstruierbar. Es zeigt sich, dass die Peaks wie vorher da sind, wohingegen die Dips angehoben sind; viel mehr als bei einer üblichen 1/n Oktavanalyse. Das bedeutet, dass bei der Invertierung (Soll- minus Ist-Frequenzgang) nunmehr die Löcher nicht mehr zuviel verstärkt werden, die Peaks hingegen vernünftig abgesenkt werden. Resultat: eine verbesserte Wiedergabe trotz Raummoden, weil das Frequenzgemisch gleichmässiger wird.

Grüsse

Uli
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markus76
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Beitrag von markus76 »

Hallo Uli,

auf Anhebungen modaler Dips im Bassbereich wuerde ich verzichten (oder habe ich Deine Ausfuehrung missverstanden und es findet keinerlei Anhebung in AAT statt?), denn je mehr Energie man in solch einen modalen Dip hineinpump, umso mehr wird abgesaugt. Der m.E. richtige Weg ist das Einbringen zusaetzlicher Schallquellen (Multisub).
uli.brueggemann hat geschrieben:Ich habe es erlebt, dass perfekt gematchte LS nach Frequenzgangkorrektur tonal richtiger geklungen haben, jedoch die Abbildungspräzision weg war.
Wurde dies von mehreren Personen so wahrgenommen? Gab es noch weitere Veraenderungen im Raum ausser der Korrektur? War das Verhaeltnis von direktem zu reflektiertem Schall in diesem Raum gross oder eher klein?

Viele Gruesse, Markus

P.S. Nur um einem falschen Eindruck vorzubeugen: Ich bin von den Moeglichkeiten elektronischer Korrektur voellig ueberzeugt, doch fehlen einfach noch zu viele psychokaustische Fakten, die die "richtige" Anwendung legitimieren.
uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

markus76 hat geschrieben:auf Anhebungen modaler Dips im Bassbereich wuerde ich verzichten (oder habe ich Deine Ausfuehrung missverstanden und es findet keinerlei Anhebung in AAT statt?), denn je mehr Energie man in solch einen modalen Dip hineinpump, umso mehr wird abgesaugt. Der m.E. richtige Weg ist das Einbringen zusaetzlicher Schallquellen (Multisub).
Einverstanden, ich seh das genauso. Du hast meine Ausführung wohl missverstanden. Wenn man schlichtweg einen Frequenzgang nimmt und invertiert geht es im Prinzip schief. Acourate rechnet einen neuen Frequenzgang als Ausgangsbasis für die Korrektur. Merke: rechnet und nicht geschätzt. Und dieser hat drastisch kleinere Dips, behält jedoch die Peaks. Somit ist die Invertierung auch für das Ohr angenehm. Dafür gibt es natürlich Anwender als Zeugen die aber als biased betrachtet werden können :)
uli.brueggemann hat geschrieben:Ich habe es erlebt, dass perfekt gematchte LS nach Frequenzgangkorrektur tonal richtiger geklungen haben, jedoch die Abbildungspräzision weg war.
markus76 hat geschrieben:Wurde dies von mehreren Personen so wahrgenommen? Gab es noch weitere Veraenderungen im Raum ausser der Korrektur? War das Verhaeltnis von direktem zu reflektiertem Schall in diesem Raum gross oder eher klein?
Typischerweise nehmen bei Korrekturen nur wenige Personen teil. Ein System (Kharma Exquisite Midi) war dabei sehr deutlich. Es wurde rein mit/ohne Korrektur ohne weitere Änderung verglichen. Das Verhältnis direkt/reflektiert war normal.
Im Gegenzug wurde (bei anderen Personen) eine Angleichung der Pulsantworten (nach vorheriger Frequenzgangkorrektur) positiver bewertet obwohl dabei der Frequenzgang nicht mehr "optimal" bleibt (there is no lunch for free [except I'm the food]). Für mich passt das hervorragend in meine Überzeugungswelt.
markus76 hat geschrieben:P.S. Nur um einem falschen Eindruck vorzubeugen: Ich bin von den Moeglichkeiten elektronischer Korrektur voellig ueberzeugt, doch fehlen einfach noch zu viele psychokaustische Fakten, die die "richtige" Anwendung legitimieren.
Deine Fragen und auch die Literaturlinks (danke!) lassen nur den Schluss zu, dass Du Dich damit schon länger befasst (vielleicht verrätst Du mal Genaueres :) ). Das Problem mit der Psychoakustik ist, dass auch viele Antworten gefunden werden/wurden auf Fragen, die falsch gestellt sind. Für umfangreiche Tests fehlen Möglichkeiten und Geld. Also geh ich pragmatisch vor und nehme Hörräume so wie sie eben sind und überleg mir was denn plausibel für mich ist. Das "Richtige" kann es nicht geben, es sei denn es wäre mathematisch exakt und das ist in der "normalen" Realität wiederum nicht darstellbar. Da helfen selbst psychoakustische Fakten nicht.

Viele Grüsse

Uli
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gto
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Beitrag von gto »

Das mit nicht über 500 Hz am Direktschall zu manipulieren kommt bei mir nicht nur von Google, sondern entspricht meinem momentanem pers. Erfahrungsstand. :lol:

Mit der Einschränkung, das natürlich nicht jeder Lust und Möglichkeiten hat seine Anlage + Raum soweit zu bringen, das dies nicht mehr nötig ist und dann ev. eine Korrektur über einen weiteren Frequenzbereich trotzdem ein besserer Kompromiss sein mag. Wobei sich meine Korrekturerfahrungen bislang nur auf Systeme ohne Phasenkorrektur stützen.

Inwieweit das in meinem Setup noch etwas positiv ändern würde, vermag ich nicht zu beurteilen, das müsste man mal testen. Wie gesagt, wenn mir jemand durch entsprechende nötige Messungen hilft, dann ließe sich eventuell daraus diesbezügliche etwas lesen.

Der FG ist bei mir IMHO am Hörplatz > 500 Hz ausreichend gut. Obwohl mit der Einmessung per DPA-1 der FG <500 Hz wesentlich besser aussieht, höre ich lieber ohne. :|

Grüsse Gerd
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