Rudolf hat geschrieben:Ich muss allerdings gestehen, dass mir die Begrifflichkeiten immer noch nicht ganz klar geworden sind.
Schade, aber es sollte irgendwann doch klappen
Muss gestehen, dass auch ich eine Zeit benötigt habe, um das Thema Phase einigermaßen zu verstehen.
Rudolf hat geschrieben:Ich meine aus Gerts Ausführungen und deinem White Paper
Thoughts About Crossovers verstanden zu haben, dass im Idealfall die Gruppenlaufzeit = 0 ist. Dies wäre dann der Fall, wenn der gesamte Frequenzbereich ohne Phasendrehungen übertragen würde.
Ideal ist eine Übertragung 1:1. Das bedeutet unveränderte Übertragung aller Amplituden und keinerlei Phasendrehungen. Das bedeutet nicht notwendigerweise GLZ=0. Eine GLZ>0 wäre dann schlichtweg ein Delay der hier angenommenen idealen 1:1 Übertragung.
Rudolf hat geschrieben:Der "Normalfall" aber scheint zu sein, dass nicht einmal eine konstante Gruppenlaufzeit gegeben ist, vor allem dann nicht, wenn man Stereo hört und also Phasenverschiebungen infolge kleiner oder großer Abweichungen der Phasenlagen beider Lautsprecher hinzukommen (Paarungleichheit). Der Raum tut sein Übriges, die Phasenlagen (und natürlich auch den Frequenzgang) noch weiter divergieren zu lassen.
Bereits unabhängig von Paarungleichheit und Raum bleibt die GLZ nicht konstant. Die XOs als auch die Treiber erzeugen Phasenverschiebungen. Die Addition der Treiber ebenfalls.
Rudolf hat geschrieben:Wenn ich es richtig verstanden habe, ist es das Ziel digitaler Korrektursysteme, sowohl die Amplituden des Frequenzgang zu linearisieren als auch die Phasenlagen (am Hörplatz) miteinander in EInklang zu bringen.
Das Ziel "herkömmlicher" Spülmittel ähh Korrektursysteme ist es den Amplitudengang zu linearisieren. Das ist relativ einfach. Die Korrektur der Phasenlagen ist ein spezielles Thema für sich, sie ist nicht allgmein üblich.
Rudolf hat geschrieben:Am einfachsten scheint mir die Phasenkorrektur zu funktionieren, indem man die hohen Frequenzen solange verzögert, bis sie mit den niedrigen Frequenzen in Harmonie (= gleicher Phasenlage) sind. Denn die niedrigen Frequenzen haben bei "falscher" Phasenlage aufgrund ihrer Schwingungsdauer die größten Zeitabweichungen. Der einzige Nachteil ist, dass das gesamte, nunmehr phasenkorrigierte Signal etwas später an unser Ohr gelangt. Schlecht eigentlich nur bei Videos, aber lässt sich zum Ausgleich nicht auch einfach das Bild "delayen"?
Das ist gewissermassen eine populäre Erklärung, mathematisch gesehen nicht unbedingt korrekt. Siehe nachfolgend. Klar ist aber, dass man ein Delay in Kauf nehmen muss, wenn man die Phasen weitgehend korrigieren will.
Rudolf hat geschrieben:Wieso aber nun kann man die Phasenkorrektur auf unterschiedliche Weise durchführen? Plötzlich tauchen Begriffe wie minimum-, exzess- und linearphasige Korrektur auf und die eine scheint dabei "besser" als die andere zu sein? In welcher Beziehung stehen diese offensichtlich unterschiedlichen Korrekturverfahren zu dem von mir skizzierten? Handelt es sich z.B. bei der Darstellung der minimum- und exzessphasigen Sprungantwort um eine mathematische "Reduktion" einer realen, wirren Sprungantwort auf ihre beiden Extreme? Ich bin ganz ehrlich, ich habe dies auch unter Zuhilfenahme von Ulis Diagrammen noch nicht verstehen können.
Nehmen wir mal an, die Reaktion des kompletten Systems ist "wirr". Nun kennen wir z.B. aus dem Verhalten von realen Filtern (z.B. RC-Netzwerk bei XOs) so einiges. Z.B. dass ein schlichtes RC-Glied minimalphasig reagiert. Und so hat sich bei der Beschreibung der realen Welt eingebürgert, das wirre System in seine Komponenten aufzuspalten und jede Komponente für sich zu betrachten:
Anteil Minimalphase: damit lässt sich der Frequenzgang sauber beschreiben und auch korrigieren. Achtung! Die Inverse einer Minimalphase ist wiederum minimalphasig. Das bedeutet dann eben nicht ein einfaches Verzögern z.B. hochfrequenter Anteile. Das Faltungsergebnis aus Signal und Korrektur verschiebt sich nicht = kein delay. Deshalb hat man eben angenommen dass eine Amplitudenkorrektur das Mass aller Dinge ist und dass der Vorteil = kein Delay (durch den Filterprozess) überwiegt.
Anteil Exzessphase: hierin steckt das Wissen über den zeitlichen Ablauf, so z.B. dass der HT vor dem MT vor dem TT spielt. Die Exzessphase verändert nicht die Amplitude = Allpass. Die Korrektur der Exzessphase bedingt ein delay.
Macht es Sinn die Exzessphase zu korrigieren? Wo man doch immer nachlesen kann, dass man Phasenverschiebungen nicht hört? Ja es macht Sinn. Wir haben ja zwei Ohren und die Frage ist ,ob sich links/rechts unterschiedliche Phasenverschiebungen = Zeitverläufe ergeben.
Der Vorteil des Aufspaltens: Minimalphase und Exzessphase lassen sich mit unabhängigen Zielvorgaben und Verfahren korrigieren. Z.B. mit unterschiedlicher frequenzabhängiger Fensterung. Die Korrektur ergibt sich dann wieder durch Zusammenführen der Teilkorrekturen.
Anmerkung zu Video: meiner Erfahrung nach reicht eine mnimialphasige Korrektur ohne grosses Delay. Das Auge wird so beschäftigt dass das Ohr die Feinheiten nicht mehr wahrnimmt. Und es macht auch nicht unbedingt Sinn eine große Raumtiefe zu erhalten wenn der Fernseher platt vor der Wand hängt.