Sensorregelung: Verfahren, Messung und Hörbarkeit

RPWG
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Beitrag von RPWG »

O. Mertineit hat geschrieben:Eine Möglichkeit wäre daher, die Regelung nur im Frequenzbereich streng kolbenförmiger Membranbewegung einzusetzen und bei höheren Frequnezen darauf zu verzichen: Eine Minderung des Klirrs bei den "hubintensiven" tiefen Frequnezen, wo sich vorhandene Nichtlinearitäten von Antrieb und Aufhängung besonders deutlich auswirken, könnte mit dieser Strategie immer noch erreicht werden.
Hallo Oliver,

Ist bei exakter Auslegung von Regler und Dynamik-korrigierendem Vorfilter machbar. Mit Spice/Matlab und einem gescheiten Modell kein Problem. Leichte FG-Unebenheiten im Übergangsbereich wird es evtl. geben. Bei meinen ersten Versuchen mit der Mikrofon-Gegenkopplung hatte ich es so gemacht.

Gruß,
Roman
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

dietert hat geschrieben:Hallo Oliver,

Z.B. kann eine Membranregelung mir helfen, denselben Schalldruck mit einem kleineren Chassis aufzubauen, welches dann auch weniger Partialschwingungen hat usw.
Hallo Dieter

Bitte verwechsel nicht erzielbarer Schalldruck mit unterer Grenzfrequenz.

Den Schalldruck kannst du durch eine Regelung nicht erhöhen. Im Gegenteil.

Wenn du mit einer Regelung ( dankenswerterweise ) erreichst, das die untere Grenzfrequenz nach unten verschoben wird, dann geht das auf Kosten der maximal erreichbaren Lautstärke .

Bei einer ungeregelten Box ´nimmt die Lautstärke unterhalb der Resonanzfrequenz um 12db/Oktave ab.

Bei einen geregelten Lautsprecher nimmt dafür das die Lautstärke nicht abnimmt, der maximal erzielbare Schalldruck unterhalb der ( im ungeregelten Zustand vorhandenen ) Resonanzfrequenz um 12db/ Oktave ab.

Deswegen bringt die Regelung ja gerade bei kleinen kompakten Lautsprechern die in kleinen Räumen keinen so hohe Pegel bringen müssen, gewaltige Vorteile, weil dessen Bass jetzt auch tief in den Keller reicht.

Übrigens stößt die Regelung genau bei der ersten Partialresonanz an ihre Grenzen. Diese kann sie nämlich nicht ausregeln. Die Regelung muss schon lange vorher aufhören, weil die Phasenänderung an der Partialresonanz extrem steil wird und auch noch eine Amplitudenüberhöhung eintritt, welches einen das Leben zur Hölle machen kann. Das Problem hat nämlich genau der BM6 Hochtöner.

Ralph Berres

PS
Irgend einen Tod muss man immer sterben.
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

RPWG hat geschrieben:
O. Mertineit hat geschrieben:Eine Möglichkeit wäre daher, die Regelung nur im Frequenzbereich streng kolbenförmiger Membranbewegung einzusetzen und bei höheren Frequnezen darauf zu verzichen: Eine Minderung des Klirrs bei den "hubintensiven" tiefen Frequnezen, wo sich vorhandene Nichtlinearitäten von Antrieb und Aufhängung besonders deutlich auswirken, könnte mit dieser Strategie immer noch erreicht werden.
Hallo Oliver,

Ist bei exakter Auslegung von Regler und Dynamik-korrigierendem Vorfilter machbar. Mit Spice/Matlab und einem gescheiten Modell kein Problem. Leichte FG-Unebenheiten im Übergangsbereich wird es evtl. geben. Bei meinen ersten Versuchen mit der Mikrofon-Gegenkopplung hatte ich es so gemacht.
... und
Ralph Berres hat geschrieben: Übrigens stößt die Regelung genau bei der ersten Partialresonanz an ihre Grenzen. Diese kann sie nämlich nicht ausregeln. Die Regelung muss schon lange vorher aufhören, weil die Phasenänderung an der Partialresonanz extrem steil wird und auch noch eine Amplitudenüberhöhung eintritt, welches einen das Leben zur Hölle machen kann. Das Problem hat nämlich genau der BM6 Hochtöner.
Hallo Roman, Hallo Ralph,

vielen Dank für Eure Hinweise. Ich weiß, daß es manchmal unumgänglich ist, die Wirksamkeit der Regelung in der Bandbreite zu begrenzen.

Auch Ralph hat ja oben noch ein Beispiel aus seinem B&M Erfahrungsschatz. Sicher mag die Auslegung eines korrigierenden Vorfilters dann etwas kitzlig sein ...

Ich denke "früh genug damit aufhören" also die Regelung (Gegenkopplung) rechtzeitig bei Frequenzen wegnehmen, wo die Membran sich noch "so gut wie kolbenförmig" bewegt, kann sogar ein sehr guter Ansatz sein. Hier habt ihr eindeutig die praktische Erfahrung auf Eurer Seite. Vielen Dank dafür!

Das jeder eine sich (breitbandig) perfekt kolbenförmig bewegende Membran nehmen würde, wenn sie denn vom Himmel viele, ist auch klar. Ich verwende in meinen aktuellen Konzepten auch im Mittelton Arrays aus kleinen Membranen. Diese Möglichkeit wird ja in unterschiedlichem Umfang in sehr verschiedenenen Konstruktionen genutzt.


Grüße Oliver
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Beitrag von O.Mertineit »

These 3 (Nichtlinearitäten innerhalb der Sensorik):
O.Mertineit hat geschrieben:Auch die Sensorik selbst hat natürlich ebenfalls in allen Fällen mit Nichtlinearitäten zu kämpfen.
dazu ...
Fortepianus hat geschrieben: Ja klar. Aber bei vertretbarem Aufwand kriegt man den Sensor besser als den Antrieb.
Hallo Gert,

bei entsprechender Sorgfalt wird das auf jeden Fall so sein, da widerspreche ich nicht.

Es ist bei einer Regelung m.E. das qualitätsbestimmende Bauteil schlechthin, obwohl alles andere auch hohen Anforderungen genügen muss.

Allerdings dürfte es mehr als nur die induktive Methode geben, die man "sehr gut" umsetzen kann, wenn man entsprechenden Aufwand treibt: Die von Cay-Uwe oben verlinkte Dissertation zeigt hier m.E. ein interessantes optisches Element, welches den Membranhub bestimmt.

@Gert: Den AMT als Hochtöner regelst Du aber bei Deinen Konstruktionen nicht, oder hast Du da auch eine Methode ? Ich kann es mir schwer vorstellen ...


Viele Grüße

Oliver
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

These 4 (Nichtlinearitäten des Chassis):
O.Mertineit hat geschrieben:Regelungen könnte man allerdings verwenden, um nichtlineare Verzerrungen zu dämpfen, wenn ein Chassis bis in den Bereich betrieben werden soll, wo der Hub deutlich nichtlinear wird.
dazu ...
Fortepianus hat geschrieben: Das gilt nicht nur im Bereich des nichtlinearen Hubs. Zu Beginn dieses Therads habe ich Messungen an meiner guten alten BM20 gezeigt, bei denen geregelte Chassis ungeregelte im Klirr weit hinter sich lassen, egal, bei welchem Pegel. Gute geregelte Töner kriegt man unter -60dB runter im Klirr für K2-K5. Damit liegt man im Klirr in einem Bereich, den man sonst nur von der ansteuernden Elektronik kennt.
Hallo Gert,

daß sich der Klirr senken lässt, wurde von mir ja nicht bestritten. Allerdings wurden hier auch schon Beispiele gezeigt, die deutlich machen: Kurz vor der Zerstörungsgrenze ist natürlich Schluss.

Trivial formuliert: Die Zerstörungsgrenze als maximal zuträglicher Membranhub, ab der ein Chassis sich also dauerhaft verändert, wird allein durch Regelung nicht verschoben. Je nach konkretem Fall verschiebt sich der nutzbare Auslenkungsbereich auf dem Weg dorthin.

Da wo sinnvoll ausgelegte (ungeregelte) Chassis eine gesunde "Dynamikkompression" und erhöhten Klirr zeigen, kann eine Regelung bis "kurz vor Schluss" eine recht gute Funktion aufrecht erhalten.

Diese kann aber auf Kosten der Haltbarkeit gehen und im Grenzbereich kann der Effekt der Regelung ins Negative umschlagen: In der verlinkten Dissertation s.o. ist eine solche Beispielmessung aufgeführt.

Daß alle diese Abwägungen gleichgültig werden, sobald man überdimensionierte Systeme hat, deren mech. Grenzen weit über dem gehörmäßig Erträglichen liegen, ist auch klar.

Mir geht es hier vor allem um LS mit (noch) wohnraumfreundlichen Abmessungen, wie sie bei den meisten Hörern daheim stehen.

Ich habe den Dynamikzuwachs durch - sauber und sinnvoll ausgelegte - BR-Systeme anfangs demjenigen durch Regelung gegenübergestellt: Um dann u.a. festzustellen, daß BR und Regelung sich nicht auschließen ...

Einige Messungen zu BR Systemen vs. Closed Box, werde ich beizeiten an anderer Stelle einstellen. Man kann dann die Effekte im Tiefton einmal neutral an einem Beispiel u.a. mit den Effekten einer Regelung hinsichtlich Klirrverhalten und Dynamikgrenzen im Bereich der unteren Grenzfrequenz vergleichen.

Da BR und Regelung keine "Konkurrenztechnologien" sind, muss das nicht hier im Thread sein ... und daß BR Systeme den erforderlichen Membranhub im Bereich der Abstimmfrequenz um typischerweise 12dB senken können, wurde hier bereits erwähnt und bestätigt: Daß das bei richtiger Auslegung enormen Einfluss auf Klirrverhalten und Dynamikgrenzen hat, dürfte jedem klar sein.


Grüße Oliver
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

O.Mertineit hat geschrieben: Auch Ralph hat ja oben noch ein Beispiel aus seinem B&M Erfahrungsschatz. Sicher mag die Auslegung eines korrigierenden Vorfilters dann etwas kitzlig sein ...

Ich denke "früh genug damit aufhören" also die Regelung (Gegenkopplung) rechtzeitig bei Frequenzen wegnehmen, wo die Membran sich noch "so gut wie kolbenförmig" bewegt, kann sogar ein sehr guter Ansatz sein. Hier habt ihr eindeutig die praktische Erfahrung auf Eurer Seite. Vielen Dank dafür !
Naja, die Tatsache dass ich bei meiner BM76 den Tieftöner und den Mitteltöner über seinen gesamten benutzten Frequenzbereich sehr gut regeln kann Übergangsfrequenz 230Hz und 800Hz, den Hochtöner immerhin noch bis 9KHz regeln kann, macht sich schon positiv bemerkbar.

OK ab 9KHz regele ich den Hochtöner nicht mehr. Die eventuell daraus entstehende 1. Oberwelle liegt dann schon bei 18KHz und wird damit fast schon unhörbar.

Das Impulsverhalten wird in allen Fällen auf jeden Fall entscheidend verbessert, und mit Grundresonanzfrequenzen der einzelnen Chassis habe ich auch nicht mehr zu kämpfen.

Puristen könnten jetzt verlangen für den Bereich ab 9KHz jetzt einen geregelten Superhochtöner einzusetzen, was früher ja auch bei BM gemacht wurde ( Ab 7KHz ). Der lässt sich dann problemlos bis 18KHz regeln.

Übrigens ist der BM Hochtöner ( und auch Superhochtöner ) kapazitiv abgetastet. ( Es wird der Verschiebestrom gemessen, und nicht die Spannung ). Dadurch wird dann wie bei BM und bei Silbersand schon immer üblich die Geschwindigkeit gegengekoppelt, wie bei den Tief und Mitteltönern auch, und nicht wie schon öfters behauptet die Auslenkung.

Gegen die bei dieser Abtastmethode prinzipiell entstehende quadratischen Verzerrungen des Sensorsignales bei großen Hub gibt es auch schon seit Jahren eine wirkungsvolle Maßnahme, in dem man das Signal über die Mikrofonkapazität des Sensors einkoppelt, in dem man die Polarisationsspannung moduliert. Die quadratischen Verzerrungen kompensieren sich dadurch und fallen ganz raus.

Das wurde schon damals bei der Monitor5 von B&M realisiert.

Friedrich Müller hat allerdings bei den Silbersandlautsprechern bei den Hochtönern auch schon andere Methoden als Sensor realisiert. Welche er wo konkret zur Zeit einsetzt entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.

Ralph
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O.Mertineit
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Kapazitive Gegenkopplung bei Hartmembranen

Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Ralph,
Ralph Berres hat geschrieben: Übrigens ist der BM Hochtöner ( und auch Superhochtöner ) kapazitiv abgetastet. ( Es wird der Verschiebestrom gemessen, und nicht die Spannung ). Dadurch wird dann wie bei BM und bei Silbersand schon immer üblich die Geschwindigkeit gegengekoppelt, wie bei den Tief und Mitteltönern auch, und nicht wie schon öfters behauptet die Auslenkung.
vielen Dank an Dich für Deine Erläuterungen zur kapazitiven Gegenkopplung, wie sie in einigen B&M Modellen realisiert ist. Doch selbst dann, wenn effektiv die Membrangeschwindigkeit gemessen und zur Gegenkopplung herangezogen wird, so müsste es sich doch bei dieser Art der Abtastung um einen Mittelwert der Geschwindigkeit für die Gesamtmembran handeln, oder liege ich da falsch ?

Im Falle einer relativ ausgeprägten Eigenmode der Membran - insbesondere mit einer geraden Anzahl an gegenphasig schwingenden Teilflächen - kann sich diese mittlere Membrangeschwindigkeit (man erfasst ja nicht den Betragsmittelwert der Membrangeschwindigkeit) innerhalb eines relativ schmalen Frequenzbands zu einem ausgeprägten Minimum hin bewegen. Ebenso sind erhebliche Phasendrehungen zu erwarten: Ich denke diese sind es vor allem, welche eine Regelung dann erschweren oder unmöglich machen können.

Der grundsätzliche Messwert "mittlere Membrangeschwindigkeit" ließe durchaus - für den Fall, daß die Membran sich noch unterhalb ihrer Koinzidenzfrequenz befindet, hier könnte der "Knackpunkt" liegen - einen Schluss auf den resultierenden Schalldruck zu, den letzlich würde man die "Raumgeschwindgkeit" bestimmen ("verdrängtes Luftvolumen pro Zeit"), welche dem Schalldruck proportional ist.

Oberhalb der Koinzidenzfrequenz einer Membran gleichen sich "Überdruck" und "Unterdruck" über gegenphasig schwingenden Membranzonen jedoch nicht mehr aus, da die Biegewellen auf der Membran sich oberhalb der Koinzidenz schneller als Luftschall ausbreiten: Dann beginnen die Eigenmoden eine neue Form der Schallabstrahlung, welche sich u.a. in einem "verzipfelten" Rundstrahlverhalten äußert.

Eigenmoden niedriger Ordnung auf einer Membran, welche oberhalb der Koinzidenzfrequenz betrieben wird, sind die größte Katastrophe, die man sich für das Übertragungsverhalten einer Membran vorstellen kann:

- die Eigenmoden führen dann zu ausgeprägten Minima und Maxima im Frequenzgang, weil sie eine geringe Überlappung aufweisen (die nächste Mode ist im Frequenzbereich "weit weg").

- bei Hartmaterialien geringer Eigendämpfung ist die Resonanzgüte der Eigenmoden erwartbarerweise hoch (scharfe Resonanzen)

- das Rundstrahlverhalten einer in diesem Modus betriebenen Membran wird sehr "chaotisch".

Diesen Betriebszustand aus "Eigenmoden niedriger Ordnung" und sich gleichzeitig "im Frequenzbereich der Koinzidenz" zu befinden, riskiert man gerade bei extrem leichten und biegesteifen Membranen mit geringer Eigendämpfung, wenn man sich nicht aus dem Frequenzbereich der Partialschwingungen heraushält.

Wie die Verhältnisse bei den konkret genannten B&M Hochtönern waren oder sind, kann ich nicht beurteilen. Mir ist jedoch bekannt, daß z.B. etliche Hochtonkalotten (z.B. in 25mm Durchmesser) aus imprägnierter Seide existieren, die ein sehr gutes Übertragungsverhalten haben, was sich auch in hochaufgelösten Zerfallsspektren messtechnisch wiederspiegelt.

(Anmerkung: Die Erwähnung hochwertiger Gewebekalotten bedeutet nicht, daß ich selbst für alle Zwecke Kalottenhochtöner präferieren würde.)

Ein solches Gewebematerial - u.a. mit hoher Koinzidenzfrequenz, vorzugsweise außerhalb(!) des Hörbereiches - verhält sich hinsichtlich der Schallabstrahlung selbst dann noch relativ gutmütig, wenn Eigenmoden auftreten, denn es bestehen

- geringere Resonanzgüten der Moden
- keine Koinzidenz im Bereich der Eigenmoden niedriger Ordnung

Mir stellt sich hier die grundsätzliche Frage, ob es z.B. sinnvoll ist, wenn die Sonderanforderung "leitfähige Membran" - für die Konstruktion einer kapazitiven Regelung - hier die Wahl des Membranmaterials bestimmen sollte.

Evt. wäre eine Gewebemembran mit einem leitfähigen Überzug oder einer leitfähigen Tränkung hier eine Alternative, um akustischen und regelungstechnischen Anforderungen gleichsam gerecht zu werden.

Ansonsten bleibt natürlich der beschrittene Weg, nämlich "noch mehr Wege" einzusetzen. Was wiederum die Frage aufwirft: Wird ein LS (allein) durch "mehr Wege" am Ende besser ? Auch wenn der Einsatz mehrerer Wege unumstritten notwendig ist ...

Denn schließlich stellt jede Übernahmefrequenz eine potentielle Diskontinuität im Bündelungsmaß dar (hier gilt es, auch die Abstrahlung in der Vertikalen zu berücksichtigen).

Zumal ich hier u.a. zur alten "BM 20" bereits Fragen bezüglich der Anordnung der Hochtöner aufgeworfen habe, die mir bisher noch niemand schlüssig - der Tenor war dort oft "wird schon nicht so schlimm sein" - beantworten konnte:

"Anordnung der Hochtöner in alter BM20"
http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic.php?f=16&t=5533

Laut Aussage eines Teilnehmers im genannten Thread ist auch die "BM18" durch eine vergleichbar "eigenwillige" Anordnung von Mitteltöner, Hochtöner und Superhochtöner gekennzeichnet.


Aber wer weiß, vielleicht erfahre ich dazu ja noch etwas akustisch Interessantes, das mir bisher entgangen war.


Viele Grüße aus Reinheim

Oliver
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Hallo Oliver

Meine Fachkenntnisse reichen jetzt nicht soweit, das ich von der Membrankonstruktion auf sein Abstrahlverhalten schließen kann.

Soviel aber zur Konstruktion der Hochtöner, damit du dir ein Bild machen kannst.

Ganz zu Anfang ( zur Monitor5 Zeiten ) wurden zugekaufte Gewebekalotten lautsprecher der Fa. Wigo gekauft, und die Membran direkt überhalb der Schwingspule abgeschnitten. Die Schwingspule und die Aufhängung ( welche ja aus dem Gewebe mit der Pampe drauf bestand ) blieben also stehen. Auf diesen Rumpf wurde dann mit UHU Plus Endfest300 eine dünne aus einen Stück gezogene Aluminiumkalotte aufgeklebt. ( Ich meine sie war 0,2mm dick ).

Die 38mm Kalotte konnte man problemlos bis 9KHz gegenkoppeln die 25mm Kalotte bis 18KHz,

Die erste scharfe Resonanz trat bei der 38mm Kalotte bei ca. 21KHz bei der 25mm Kalotte bei 38KHz auf.

Ich nehme mal an, das es sich hier um die erste Partialschwingung handelt, weil bis dorthin ein stetiger Phasenverlauf ohne irgendwelche Sprünge auftreten.

Ob die Kalotte sich rein kolbenförmig bewegt vermag ich nicht zu sagen, vermute es aber, siehe erste Resonanz am oberen Übertragungsende.

Irgendwann hatte B&M nur noch die Magneten zugekauft und den Rest selber hergestellt. Doch das war nach meiner Zeit bei B&M. Da sie sich aber was die obere Resonanzstelle betrifft genau so verhalten wie die Monitor5 Kalotten , gehe ich mal von aus, das die sich von der wesentliche Konstruktion nicht soviel geändert hat. Die Aufhängung besteht weiterhin aus Gewebe mit einer elastischen Pampe drauf, die Membran selber weiterhin aus Aluminium das Gitter für den Sensor ist jetzt hinter die Membran gewandert mit samt dem Transimpedanzverstärker, welches jetzt in der Luftkammer hinter dem Magneten angesiedelt ist.

Natürlich wird die kapazitive Abtastung nicht die Partialschwingungen erfassen. Weit vorher ist die Regelung am Ende , da sich die Phase des Sensorsignals bei der Partialresonanz ganz plötzlich dreht, und somit die Gegenkopplung zur Mitkopplung mutiert. Ich habe Wochen damit verbracht, bis sich bei mir die Vermutung manifestierte, das es von der Partialresonanz kommt, und man prinzipiell dagegen Machtlos ist.

Man müsste hier konstruktiv in die Gestaltung der Membran oder der Gegenelektrode hinter der Membran eingreifen. ( Würde es was bringen in der Umgebung der Kalottenspitze die Gegenelektrode luftundurchlässig zu machen, um durch den jetzt höheren Luftwiderstand die Kalotte daran zu hindern , einzubrechen ? ).

Das die kapazitive Abtastung über die gesamte Membranfläche einen Mittelwert abtastet ist meiner Meinung nach ja nicht prinzipiell von Nachteil , solange sich die Membran kolbenförmig bewegt.


Bitte erkläre mir mal was du unter konzidenzfrequenz verstehst. Den Begriff habe ich noch nie gehört.

Was das bündelungsverhalten betrifft, vermute ich mal sehr stark das die Richtwirkung wie bei jeden Lautsprecher um so mehr zunimmt, je höher die abgestrahlte Frequenz im Verhältnis zum Membrandurchmesser ist. Ich habe sie noch nicht gemessen. Da ich aber auf Grund meiner beengten Raumverhältnisse eher im Nahfeld höre ( ca 2m Abstand zum Lautsprecher ) und die Lautsprecher auf meinen Hörplatz eingewinkelt habe , vermute ich mal eher keine so negativen Auswirkungen.

Bei den nichtgeregelten Kalotten habe ich übrigens die Gewebemembranen auch immer klanglich als angenehmer empfunden. nach deiner Erklärung weis ich jetzt auch warum. Aber um einen Hochtöner überhaupt regeln zu können, muss die Membran steif sein, denn wie du schon mal erwähnt hattest, funktioniert die Regelung nur in dem Bereich, wo sich die Membran kolbenförmig bewegt.

Eine Gewebekalotte hat schon wenig über seiner Grundresonanz ein ziemlich reges Eigenleben, welches einen das Leben zur Hölle macht.

Was den Einsatz von mehreren Wegen betrifft, muss man natürlich sehr darauf aufpassen, das sich in der Summe eine konstante Gruppenlaufzeit einstellt. Das ist mit analogen Frequenzweichen meines Erachtens nicht realisierbar, wohl aber mit digitalen Frequenzweichen, wie sie seit über einen Jahr ( dank Romans Hilfe ) in meiner BM76 werkelt. Gegenüber der analogen Weiche war das wirklich ein aha Erlebnis.

viele Grüße


Ralph
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Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Ralph,

vielen Dank u.a. für die tiefen Einblicke in die Gründerzeit bei B&M, das ist tatsächlich sehr interessant.

(Nebenbei: "Uhu Plus Endfest 300" gehört übrigens bis heute auch zu meinem bevorzugten Klebstoffrepertoire, auch weil man ihn schön "konfektionieren" kann ...)
Ralph Berres hat geschrieben: Bitte erkläre mir mal was du unter konzidenzfrequenz verstehst. Den Begriff habe ich noch nie gehört.
Kein Problem, die Koinzidenzfrequenz ist auf einer Schale, einer Platte oder einer Wand dann erreicht, wenn die Ausbreitung von Biegewellen auf der Struktur genau so schnell erfolgt (Phasengeschwindigkeit) wie sich Schall in Luft ausbreitet.

Biegewellen sind dispersiv, d.h. die Ausbreitungsgeschwindigkeit (Phasengeschwindigkeit) nimmt mit der Frequenz zu. Die Phasengeschwindigkeit ist in ihrer Frequenzabhängigkeit durch die "Dispersionrelation" gegeben. Darin gehen u.a. (relevante) Elastizitätzmodul(e), Wandstärke und Massebelegung der Platte bzw. Membran ein.

Materialien und Strukturen, auf denen sich Biegewellen ausbreiten können, können ferner "anisotrop" sein, d.h. unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten in unterschiedlichen Richtungen aufweisen.
Holz ist dafür u.a. ein gutes Beispiel.

Die Schall-Abstrahlung von Eigenmoden nimmt oberhalb der Koinzidenz sehr stark zu.
Raplph Berres hat geschrieben: Eine Gewebekalotte hat schon wenig über seiner Grundresonanz ein ziemlich reges Eigenleben, welches einen das Leben zur Hölle macht.
Das deckt sich zumindest nicht mit meinen Erfahrungen auch deuten Messungen akustischer Ausgangsgrößen nicht auf Eigenmoden - sogar bereits knapp über der Grundresonanz(?) - hin.

Wer weiß, vielleicht haben sich hier auch die Zeiten etwas geändert, weil Material und Formgebung weiter optimiert wurden. Auch sollte man sicher nur "die besten" Modelle am Markt betrachten.

Eine "nichtresonante" Deformation wäre dabei akustisch m.E. in den meisten Fällen noch kein Problem, vielleicht wäre es aber bereits eines für die Regelung ...

Hier könnte man auch den "Ringradiator" als eine moderne Sonderbauform des Kalottenhochtöners erwähnen: Diese Bauform kennt im Grunde gar keine "kolbenförmige" Membranbewegung, denn die Membran ist im Zentrum zusätzlich angeheftet ...
Ringradiatoren können (trotzdem oder gerade deshalb) hervorragende Übertragungseigenschaften erreichen.

Es lohnt sich sicher, hier noch etwas weiter einzusteigen.

Ralph Berres hat geschrieben: Bei den nichtgeregelten Kalotten habe ich übrigens die Gewebemembranen auch immer klanglich als angenehmer empfunden. nach deiner Erklärung weis ich jetzt auch warum.
... ich würde sagen "von Fall zu Fall" oder "kann sein, muss nicht sein". M.E. lassen sich auch sehr gute Metallkalotten machen, aber die ersten Eigenmoden sollten dann weit oberhalb des Hörbereiches liegen, was m.E. schwierig ist.

Wenn "das Auge mithört", dann ist immer auch potentiell eine gehörige Portion Psychologie mit im Spiel, davor sind auch Menschen mit Hörerfahrung nicht sicher, das ist meine Meinung. Und ich beziehe mich natürlich ausdrücklich mit ein ...*

Deshalb achte ich besonders im Fall von Bauteilen und Einzelchassis lieber auf Messungen ...



Viele Grüße

Oliver

____________
* Angenommen, jemand schaltet eine rote Leuchtdiode in der Nähe eines Hochtonhorns ein und verkündet: "Und jetzt hören wir mit dem Ionenhochtöner".

Mal sehen wie viele der Anwesenden hinterher etwas von "enormer Feinzeichnung" usw. erzählen, selbst wenn nur die eingeschaltete Leuchtdiode der Unterschied war.
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

O.Mertineit hat geschrieben:Hallo Ralph,

Kein Problem, die Koinzidenzfrequenz ist auf einer Schale, einer Platte oder einer Wand dann erreicht, wenn die Ausbreitung von Biegewellen auf der Struktur genau so schnell erfolgt (Phasengeschwindigkeit) wie sich Schall in Luft ausbreitet.

Biegewellen sind dispersiv, d.h. die Ausbreitungsgeschwindigkeit (Phasengeschwindigkeit) nimmt mit der Frequenz zu. Die Phasengeschwindigkeit ist in ihrer Frequenzabhängigkeit durch die "Dispersionrelation" gegeben. Darin gehen u.a. (relevante) Elastizitätzmodul(e), Wandstärke und Massebelegung der Platte bzw. Membran ein.
Hoffentlich bringe ich jetzt da nichts durcheinander.

Die Schallausbreitungsgeschwindigkeit in Aluminium beträgt ja ich glaube irgendwas um 1500 m/sek. Also deutlich schneller als in der Luft.

Tritt hier deswegen Koinzidenzproblem auf?

Sie sorgt aber auch für eine Phasenverschiebung des abgenommenen Signal an der Kalottenspitze.

Es gibt also eine Frequenz bei der das Sensorsignal wieder zu Null wird ähnlich wie beim Spalteffekt eines Tonkopfes bei der Wiedergabe. Nämlich dann wenn sich auf Grund der Schalllaufzeit innerhalb der Membran die Phase um 180° gedreht hat. Ich denke aber das das nicht wirklich ein Problem ist. Wäre es aber bei einer Gewebekalotte, wo sich der Schall wesentlich langsamer ausbreitet.

Ich vermute das bei der BM6 Kalotte bei 21KHz die Membranspitze sich gegenüber der Einspannung gegenläufig bewegt. Nachweisen konnte ich das aber mangels Messmöglichkeiten bislang nicht.

Da sich hier der Hub sowieso nur noch eher im Mikrometerbereich abspielt, müsste man schon geballte Technik zum Einsatz bringen um das sichtbar zu machen. Mit einen Stroboskop geht das glaube ich nicht mehr. ( Laserinterferometer? ).

Ich würde gerne an diesem Problem weiter forschen, wenn ich wüsste, wie ich es greifen könnte, und vor allem wenn ich wüsste, was ich dagegen tun könnte.

Aber momentan bin ich hier am Ende meiner Weisheit.

Ralph
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Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Ralph,
Ralph Berres hat geschrieben: Die Schallausbreitungsgeschwindigkeit in Aluminium beträgt ja ich glaube irgendwas um 1500 m/sek. Also deutlich schneller als in der Luft. Tritt hier deswegen Koinzidenzproblem auf?
nee nee, mach' Dir deshalb keine Sorgen. Dieser Wert dürfte für Longitudinalwellen in einem "Alu Block" sein.

Biegeschwingungen und Biegewellen sind eine eigene Form von Körperschall, der u.a. auch bei der Schallabstrahlung von Maschinengehäusen von Bedeutung ist. Deshalb ist das Gebiet begrifflich und methodisch m.E. auch gut etabliert. Es findet sich relativ brauchbare Literatur, auch wenn man etwas graben muss. Die Basics sollten sogar in Standardwerken wie Cremer / Heckl "Körperschall" zu finden sein (*1). http://www.amazon.de/K%C3%B6rperschall- ... 3540546316

Aber auch viele Musikinstrumente basieren auf der Anregung von Biegeschwingungen auf dem Korpus, allen voran die Violinen. Auch der Resonanzboden eines Konzertflügels basiert auf Biegeschwingungen und Eigenmoden.

Bei Alu (als Folie oder Blech) als Membranmaterial ist vor allem die Stärke entscheidend. Ist das Blech dünn, dann ist zwar die "Massebelegung" (Masse pro Fläche) gering, aber eben auch die Steifigkeit:
Man kann also im Prinzip auch aus Alu eine Membran mit "langsamer" Ausbreitung von Biegewellen machen. Die Biegesteifigkeit könnte man u.a. durch "Knittern" oder Formgebung vermindern.
Das wird aber in der Regel nicht das Ziel sein, wenn man Alu verwendet.

Die Koinzidenzfrequenz ist eine Größe, die man für eine Membran näherungsweise berechnen oder auch indirekt von außen etwa erschließen kann. Treten Eigenmoden weit unterhalb der Koinzidenz auf, dann ist das zwar auch unschön, aber die Membranresonanzen selbst strahlen dann nicht sehr effizient ab, was das Problem mildert und letzlich dazu führt, daß im Wesentlichen der "kolbenförmige Bewegungsanteil" als Mittelwert für die Schallabstrahlung verantwortlich ist.

Oberhalb der Koinzidenz wird es "gemein", wenn Biegewellen auf der Membran nicht durch Dämpfung unter Kontrolle gebracht werden: Biegewellen LS sind hingegen dafür ausgelegt - oder sollten es sein - auch mit einer sich nicht kolbenförmig bewegenden Membran eine "brauchbare" Schallabstrahlung zu erzielen. Aber das ist hier ja nicht das Thema.

Ein einfaches Indiz (kein alleiniger Beweis) für Eigenmoden und möglichen Einfluss von Koinzidenz bzw. "schneller" Ausbreitung von Biegewellen auf der Membran ist es, wenn ein Chassis (bzw. seine Membran) unter Winkeln stark abweichende Frequenzgänge produziert, die jeweils unterschiedliche Maxima und Minima aufweisen, also nicht durch "klassische Bündelung" allein zu erklären sind.

Freilich muß man dann ausschließen können, daß das irreguläre Abstrahlverhalten etwa durch Kantenbeugung am Gehäuse, einer Schallwand o.dergl. auftritt.
Ralph Berres hat geschrieben: Da sich hier der Hub sowieso nur noch eher im Mikrometerbereich abspielt, müsste man schon geballte Technik zum Einsatz bringen um das sichtbar zu machen. Mit einen Stroboskop geht das glaube ich nicht mehr. ( Laserinterferometer? ).

Ich würde gerne an diesem Problem weiter forschen, wenn ich wüsste, wie ich es greifen könnte, und vor allem wenn ich wüsste, was ich dagegen tun könnte.
Die Forschnungen der Firma Celestion zur Schwingungsanalyse an Membranen waren meines Wissens (mit) die ersten, welche Laserinterferometrie eingesetzt haben (Ende der 70er ? Anfang der 80er).

Derartige Ausrüstung ist wohl der Preis, wenn man in der Schwingungsanalyse von Membranen auf "präzise" und "wissenschaftliche" Art mitspielen will.

Es gibt aber meines Wissens nach auch Stroboskope, die recht hoch getaktet werden können. Eine Beobachtung von Eigenmoden z.B. an Tieftönern sollte damit möglich sein. Mir wurde derartiges bereits angeboten, empfohlen und berichtet. Der Einstiegspreis ist dabei geringer als bei einem "Scanning Vibrometer" (so heißt das heute). Aber evt. wird auch das bezahlbarer ...

Das "Interferometer des armen Mannes" wäre z.B. Korkmehl oder Hartweizengries ("Bulgur"). Ich habe schon mit allen möglichen Sachen gearbeitet, um Eigenmoden auf die Spur zu kommen. Dabei bewegt man sich in bester Forscher Tradition :wink: :

http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Flor ... ch_Chladni
http://de.wikipedia.org/wiki/Chladnische_Klangfigur

Oft sind Eigenmoden auf realen Membranen nicht leicht zu verstehen, weil Formen und Frequenzen sich nicht "nach Lehrbuch" zu verhalten scheinen: Eine LS-Membran mit allem "drum und dran" ist bereits ein recht komplexes Gebilde, welches mit reinen Lehrbuchmodellen oft nicht mehr abgebildet werden kann.

Rechnersimulation auf Basis der Finite Elemente Analyse können auf Entwurfsseite eingesetzt werden, um Konstruktionen vorab zu testen.

Manchmal kann man in der Praxis "seltsame" Dinge tun, um eine Eigenmode abzumildern oder in der Frequenz zu verschieben: Das kann z.B. das Aufkleben eines Stücks Butylkautschuk an eine geschickt gewählte Stelle sein (was meist keine Dauerlösung ist, aber dem Verständnis dienen kann).

Manche Eigenmoden schlagen sich bei entsprechender Auflösung auch in der Impedanzkurve sichtbar nieder und man kann Veränderungen dort ebenfalls festmachen.

Man kann also immer mehrere Spuren verfolgen und weiterführende Analyse betreiben, selbst wenn man kein Scanning Vibrometer hat.

Aber wenn Du mal eines haben solltest sag' gerne Bescheid, wir könnten uns sicher gut die Zeit damit vertreiben :mrgreen:


Viele Grüße

Oliver
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(*1) Eine Beschäftigung mit dem Gebiet ist m.E. auch nützlich, wenn man ernsthaft schwingungsarme bzw. "abstrahlungsarme" (bezüglich Biegeschwingungen) Lautsprechergehäuse konstruieren möchte.
Einfach nur "dicke Wände" sind dabei, wie allgemein bekannt sein sollte, ein Weg der zwar für Subwoofer gangbar sein mag, aber für breitbandig eingesetzte Gehäuse allein nicht weit führt.
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Ich habe etwas gesucht und wieder herausgefunden wie der JAES Artikel hiess wo es um MFB einer Reflexbox ging. Ich konnte das Heft selber zwar noch nicht finden aber wie der Artikel haisst:

http://www.aes.org/e-lib/browse.cfm?elib=12116

Gruss

Charles
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Hallo Oliver

Bei dem Tieftöner und Mitteltöner habe ich ja glaube ich kein Problem mit Partialschwingungen, zumindest in dem Frequenzbereich wo ich sie betreibe. Sonst würde die Regelung ja instabil werden.

Einen gewissen (akademischen ???) Verbesserungsbedarf würde ich beim Hochtöner sehen, da sich die 38mm Kalotte in meinen Fall nur bis 9kHz gegenkoppeln lässt, weil offenbar die erste Partialresonanz bei 21kHz liegt. Messbar ist sie in der Form dass hier sich die Phase des Sensorsignales bei der offene Regelschleife urplötzlich innerhalb weniger 100Hz sehr stark ändert und auch eine scharfe Resonanzspitze zu erkennen ist.

Aber bei der Frequenz ist die Membranauslenkung nur noch wenige Mikrometer, da sie ja mit 12db/Oktave bei ansteigender Frequenz abfällt. Mit einer Reihe superhelle LEDs könnte ich zwar versuchen einen Stroboskop zu bauen, der mit der Hochtönerfrequenz getriggert wird und man die Phase auch einstellen könnte, aber ich vermute, das ich auf Grund des geringen Hubes trotzdem nichts sehen werde. Ich müsste da irgendwie was mit Mikroskop aufbauen, aber da spielt glaube ich auch außerdem die Physik des Lichtes wieder mit rein. Die Wellenlänge des Lichtes ( wenn man blaues Licht nimmt ) ist nun mal irgendwas um 400nm. Und da ist dann auch die Auflösungsgrenze spätestens erreicht. Ich will damit sagen, das man mit Mikroskopie bei den geringen Auslenkungen nicht wirklich weiter kommt. Da bleibt nur ein Interferometer mit Laser die einzige Möglichkeit. Diese Möglichkeit erschließt sich mir schon aus finanziellen Gründen nicht.

Die Methode mit Korkmehl oder ähnliches wird beim Tieftöner funktionieren, aber auch beim Kalottenhochtöner?

Hast du noch eine andere Idee mit der ich nachweisen könnte, das die scharfe Resonanz bei 21KHz mit der Partialschwingung zusammenhängt? Die Schwingspuleninduktivität ist übrigens erstaunlich gering mit 10uH.

Allerdings gemessen im Magneten. Eine Konstantstromendstufe wie im Forum gerne genutzt wird bringt bei mir etwa 1,2db an Gewinn, dafür aber das Problem das die Grundresonanz nicht bedämpft wird , sondern im Gegenteil angeregt wird. Die Regelung hat dann entsprechend mehr zu tun.

Deswegen habe ich bei mir nach wie vor eine Konstantspannungsendstufe mit niedrigen Innenwiderstand im Einsatz.

Hast du noch eine Idee wie man den Hochtöner modifizieren könnte, damit die ( vermutliche ) Partialresonanz bedämpft wird? Könnte da vielleicht helfen das Gitter, welches sich in ca. 1mm hinter der Membran befindet, an der Spitze Luftundurchlässig zu machen, um an der Membranspitze einen dämpfenden Luftpolster bei hohen Frequenzen aufzubauen?

Oder teilst du meine Vermutung das eine Verbesserung in diese Richtung eher akademischen Nutzen hat, als wirklich hörbare ?

Nebenbei zähle ich mich nicht zu der Gruppe die den Unterschied zwischen 96KHz und 192KHz Samplingrate hört. Auch höre ich klanglich keinen Unterschied ob der Netzstecker links oder rechts rum eingesteckt ist. Bei mir werkeln auch NF Kabel für 36Cent/Meter.

Vielleicht bin ich auch einfach nicht würdig in dieser Klasse und Forum über klangliche Unterschiede zu diskutieren.

Aber vielleicht bin ich mit meinen 60 Jahren einfach zu alt um klangliche Unterschiede in solchen Nuancen zu hören. Die Ohren werden im Alter ja nicht besser. Wenn ich Verbesserungen suche, dann will ich das immer erst von der physikalischen Seite begründet wissen.

In diesem Sinne

Ralph
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Christian Kramer
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Beitrag von Christian Kramer »

Ralph Berres hat geschrieben: ...Nebenbei zähle ich mich nicht zu der Gruppe die den Unterschied zwischen 96KHz und 192KHz Samplingrate hört. Auch höre ich klanglich keinen Unterschied ob der Netzstecker links oder rechts rum eingesteckt ist. Bei mir werkeln auch NF Kabel für 36Cent/Meter....
Hallo Ralph,

da bist du nicht alleine! :)

Grüße Christian
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Ralph Berres hat geschrieben: Hast du noch eine Idee wie man den Hochtöner modifizieren könnte, damit die ( vermutliche ) Partialresonanz bedämpft wird? Könnte da vielleicht helfen das Gitter, welches sich in ca. 1mm hinter der Membran befindet, an der Spitze Luftundurchlässig zu machen, um an der Membranspitze einen dämpfenden Luftpolster bei hohen Frequenzen aufzubauen?

Hallo Ralph,

wenn du diese erste Mode im Verdacht hast

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... mode01.gif

dann könntest Du z.B. ein abgewogenes Klümpchen Butylkautschuk in die Mitte kleben und damit (evt. mit abgestuften Massen) zeigen, daß diese Mode stärker wird und sich von der Frequenz her nach unten verschiebt. Das würde bereits den Verdacht erhärten, daß dies die richtige Spur ist.

Bei einer Konus Membran würde ich evt. mit einem Versteifungsring arbeiten, der durchaus noch in der Nähe des Zentrums ist (spart Masse) und damit versuchen, die erste Mode etwas hochzutreiben, wenn das der gewünschte Effekt ist. Aber das sind wirklich alles "Vorschläge ohne Garantie", denn jeder Einzelfall liegt anders.

Bei der Kalotte habe ich keine wirklich zündende Idee. Das Verschließen des Gitters in der Mitte wäre gegen mein Bauchgefühl. Eine Vergrößerung der Kammer könnte ich mir unterstützend vorstellen, da hierdurch die Federsteifigkeit des Innenvolumens verringert würde. Evt. lässt sich damit die Eigenmode der Kalotte etwas nach oben treiben oder abmildern.

Auch sollte der Raum hinter der Kalotte akustisch gut bedämpft sein, so daß keine stehenden Wellen entstehen können. Weicher Filz ist hier ganz gut, um kleine Kammern zu beruhigen, ohne daß Fasern an Membran oder Schwingspule "schlagen oder kratzen".

Wenn der Polkern eine Bohrung hat (sollte er m.E. haben) sollte auch die Kammer dahinter und der Durchgang gut bedämpft sein. Hier kann man sogar feine und faserige Stoffe einsetzen, wenn sie keine bewegten Teile stören können.

Ich würde also erst über die Kammer (bedämpfen, vergößern) etwas versuchen und möglichst erstmal nichts Dauerhaftes auf die Membran kleben.

Erst wenn gar nix mehr geht, würde ich evt. z.B. mit dem erwähnten Uhu einen Kreisring (flach, breit mit sehr feinem pinsel) zur Versteifung versuchen aufzutragen und den Kleber so einstellen, daß er etwas "dauerplastisch" bleibt, evt., ungefähr dort, wo der Ring die Fläche der Kalotte halbieren würde.
Aber dafür müsstest Du "eine Kalotte übrig haben" ...

Wenn du eine Möglichkeit hast, den Kleber mit feinen Blasen zu versehen - also quasi zum Schaum zu machen - dann trägst Du weniger Masse auf und der Ring wird trotzdem dicker, das wirkt noch besser.
Ein merklicher Massezuwachs ist aber selbst bei zarter Vorgehensweise unvermeidlich und der Wirkungsgrad des Hochtöners wird sinken ...

Wird der Hochtöner per Regelung "gezwungen" unterhalb oder in der Nähe seiner Eigenresonanz zu arbeiten, weil die Kammer klein ist ?
Ralph Berres hat geschrieben: Vielleicht bin ich auch einfach nicht würdig in dieser Klasse und Forum über klangliche Unterschiede zu diskutieren.

Aber vielleicht bin ich mit meinen 60 Jahren einfach zu alt um klangliche Unterschiede in solchen Nuancen zu hören. Die Ohren werden im Alter ja nicht besser.
...jetzt iss' aber mal gut :cheers: . Es gibt auch Leute, die hören mit 20 schon nicht mehr gut. Der Hochtonhörverlust gehört mit dazu, das betrifft aber alle.

Eine Membranresonanz um 20Khz sollte mich im Prinzip auch nicht mehr stören, aber ich mache die Erfahrung, daß das Rolloff Verhalten im Hochton so oberhalb 8Khz (auch in Bezug auf den Energiefrequenzgang) für mich immer noch eine bedeutende Rolle spielt (ich bin immerhin auch 49).

Ich arbeite durchaus manchmal mit Filtern (z.B. Shelving Filtern), welche Eckfrequenzen weit oberhalb des Hörbereichs haben, nur um die oberste Oktave zw. 8Khz und 16Khz zu korrigieren. Dabei verlasse ich mich durchaus auf Messungen, erreiche aber auch gehörmäßig subjektiv große Verbesserungen, selbst wenn bei mir oberhalb 13..14Khz nicht mehr viel los ist.

Auch bin ich überzeugt davon, daß man Resonanzen am Rande des Hörbereichs nicht unbeachtet lassen sollte, sie können m.E. durchaus zu Schärfe und schlechten Langzeithöreigenschaften beitragen, je nach Ausprägung. Außerdem: Man darf Lautsprecher auch für Leute bauen, die im Hochton noch besser hören als man selbst ...

Es kann m.E. durchaus sein, daß Du auch für Dich zu klanglich erfahrbaren Verbesserungen kommst, selbst wenn Du eigentlich nicht mehr bis zur vermuteten Eigenmode oberhalb 20K hören kannst.
Dazu müsste man ohnehin eher 6 Jahre alt sein, anstatt 26 oder 60 ... :wink:


Grüße

Oliver
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