FLOW als Lautsprecherimplementation?

Daihedz
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FLOW als Lautsprecherimplementation?

Beitrag von Daihedz »

Grüsseuch Forenten

Um Uli Brüggemann's FLOW ist es wieder etwas ruhiger geworden; wahrscheinlich weil es sich etabliert hat und mit dem Acourate Convolver allgemein zugänglich und erprobt ist. Ich möchte nun all jene ansprechen, welche FLOW anwenden, resp. welche sich etwas intensiver damit beschäftigt haben:

Ich pröble zurzeit an einem Dipol-Prototypen herum, dessen Einzelchassis an einem galgenartigen Konstrukt aufgehängt sind und lateral gegeneinander verschoben werden können. Der Hochtöner (>2kHz) ist gemäss der Theorie, welcher FLOW zugrunde liegt, physikalisch zur Stereomitte hin verschoben, der Tiefmitteltöner (200Hz-640Hz) demgegenüber nach aussen hin, dazwischen kommt der Hochmitteltöner (640Hz-2kHz) zu liegen.

Statt dass ich nun wie wild und völlig empirisch die Einzelchassis hin- und herschiebe, möchte ich nach Euren bevorzugten Einstellungen für das FLOW im AcourateConvolver nachfragen, und auch, ob sich daraus eine vernünftige Umsetzung hin zur relativen Bemassung einer Hardware-FLOW-Implementation ergeben könnte. Wir nehmen mal einen Hörabstand von ca. 2m ... 3m an, dies bei einem klassischen, gleichseitigen Stereodreieck.

Frage nun: Wie sind bei der gegebenen Bemassung (Stereobreite/Hörabstand) die Einzelchassis lateral relativ gegeneinander zu verschieben, damit das sich daraus ergebende "Hardware-FLOW" in etwa den bevorzugten Einstellungen des Software-FLOW enspricht? Gibt es vielleicht von den Superspezialisten sogar eine Formel dazu? Uli? Mans-Martin?

Grüsse
Simon
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

Konkret kann ich nicht helfen, da ich (noch) nicht FLOWe (hab da was eigenes), aber ich denke dass das gleichphasige Übersprechen für HF ein FLOW-Merkmal ist (schon weil es unvermeidbar war), was in einer direkten Implementation per Lautsprecher nicht mehr gegeben wäre. Bei Phantomquellen mit Laufzeitanteil (und speziell mit passendem Pegelunterschied) ergibt das Übersprechen ja zB kammfilterartige Effekte, welche der Wahrnehmung mE nicht schaden, im Gegenteil, es macht alles etwas größer und räumlicher (aber auch zuweilen diffuser), zusätzlich zum reinen "Aufrichten" der Phantomquellen inkl. der reinen L- oder R-Signale. Das sind meine Erfahrungen mit solchen (frequenzabhängigen) Übersprech-Signalen. Von daher wäre eine alternative reine LS-Implementation ohne diese Effekte von hohem Interesse, im Vergleich.
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Der wesentliche Mangel der Stereowiedergabe (von koinzidenter Mikrofonaufstellung und Pop-Produktionen aus singulären Signalen) ergibt sich aus dem Verlust der für die Lokalisation im Grundton erforderlichen Laufzeitunterschiede. Die Folge ist eine engere Lokalisation der Phantomschallquellen als "normal", weil das Gehör die gewohnte Information Laufzeitdifferenz/Phasenunterschied nicht vorfindet. Das Übersprechen, also engere Lokalisation der Höhen, zur Kompensation (damit die Höhen die Bässe treffen) ist ein Notbehelf, richtiger wäre eine Zeitverzögerung entsprechend der Pegeldifferenz zum lauteren Kanal.
Analog lässt sich das lösen, digital ist es schwierig. Ich habe das vor Ostern mit Uli diskutiert und ich kann mir gut vorstellen, dass sein zitiertes Kästchen im Analogbereich sowas macht.

Für mich hat das Thema eine lange Vorgeschichte, angefangen bei flach liegenden Regallautsprechern, die immer dann besser klangen, wenn die Hochtöner nach innen lagen. Auch Standboxen, bei denen der Hochtonzweig außermittig angebracht war, klangen besser, wenn der Hochton weniger Basisbreite hatte als der Bass.
Meine Magnepanwände klangen besser, wenn die Basssektion außen, der Hochtonstreifen innen war, und es gibt noch mehr Beispiele, allein das vieldiskutierte Einwinkeln der Lautsprecher kann schon sehr viel ausmachen, wenn man über den üblichen Punkt nach innen dreht.
Die räumliche Zuordnung von Laufzeit- und Pegelunterschied zur Lokalisation kann man hier nachlesen:
http://www.sengpielaudio.com/HoerereignRichtungDL.pdf
http://www.sengpielaudio.com/HoerereignRichtungDt.pdf
Grob gesagt, 10 % engere Anordnung der Höhen gemessen am Bass schaden nicht, 20% sind voll OK, kommt darauf an, wo man gerade hinschaut :D

Dr. Edeko hat Artikel geschrieben, in denen die Chassisanordnung als Lösungsansatz gewählt wurde.
Infinity IRS, I.Q. System 1, Celestion 3000/5000/7000, die meisten Lautsprecher mit einseitig seitlich abstrahlendem Tieftöner klingen besser mit dem Bass nach außen.

Mir sind andererseits auch Lautsprecher bekannt, bei denen dies nicht gilt, dazu gehören die Sehring, die mit außenliegendem Hochtöner offenbar das bessere Ergebnis liefern, ich vermute, weil dann die Sprungantwort zeitkohärenter ausfällt.

Ist es möglich, die Bässe breiter als die Höhen aufzustellen, fällt eine gewisse Interferenz in den diffusen Bereich, im Übergangsbereich um 1kHz ist das Ohr nicht besonders ortungsscharf.
Andererseits ist es nicht möglich, die Grundtonboxen so aufzustellen, dass sie mal mehr, mal weniger Laufzeitdifferenz präsentieren.

Bei seitlich abstrahlenden Bässen hat man das Problem, dass die Verfärbungen nicht zunehmen dürfen, deshalb müssen sie sich auf den Bereich mMn unter 300 Hz beschränken. Breiter aufgestellte Direktstrahler sind mMn besser.
Der seitliche Versatz kann bedeuten, dass der Direktschall noch ausgewogen am Ohr ankommt, aber der seitlich abgestrahlte Schall, der von den Wänden reflektiert sich als Diffusschall einmischt, eine andere Klangfarbe annimmt und sich nicht gut integriert. Phase-bedingte Auslöschungen gibt es bei Shuffler-Verfahren wie FLOW nicht, weil sie in die Phase nicht eingreifen.

Ein Verfahren, welches die Laufzeitunterschiede anhand der Intensitätsunterschiede wiederherstellt und über (auf Direktschall und erste Seitenwandreflexion bezogen) gleichmäßig abstrahlende Lautsprecher wiedergibt, hätte ein solches Problem nicht. Ich arbeite noch (in Analogtechnik) daran, aber vielleicht ist Uli schon fertig...
Grüße Hans-Martin
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Simon,

wie Du ja gerade aus Deinen Horbach-Keele-Projekten weisst, ergeben sich üblicherweise bei Lautsprechern mit vertikal angeordneten Chassis aufgrund der Keulenwirkung (Lobing) je nach Höhe unterschiedliche Frequenzgänge.
Bei einem LS mit nebeneinanderliegenden Chassis wird sich dasselbe Verhalten zeigen, nun aber abhängig von der horizontalen Position.

Mit den HK-Weichen sollte nun dem bekannten Effekt etwas etgegengesetzt werden, was aber prinzipbedingt wiederum LS mit symmetrisch angeordneten Chassis um den Hochtöner erzeugt.
Das ist nun mit mit innenliegenden Hochtönern und zugleich HK nicht realiserbar. Zudem passen die jeweiligen Frequenzbereiche der Chassis nicht zwingend zu einer Kompensation entsprechend dem Flow-Gedanken.

Insofern stellt sich die Frage, inwieweit man den Teufel mit dem Beelzebub austreibt.

Grüsse
Uli
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RC23
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Beitrag von RC23 »

Die Beiträge oben haben mich angeregt eine Design-Variante zu entwickeln, die auf einen nach innen orientierten Hochtöner aufbaut. Habe ich dies so richtig interpretiert?

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Gibt es Vorschläge zur Gehäuseform, um sie zu verbessern? Die Holzzuschnitte und das Furnieren lasse ich bei einem Schreiner machen, der eine CNC-Fräse besitzt.

Die Andromeda ist ein reinrassiger Dipol vom Bass bis zum Hochtöner und beruht auf den positiven Erfahrungen der LX521 von Siegfried Linkwitz und der MoDipo von Rudolf Finke und Alexander Gressler.

LX521 http://www.linkwitzlab.com/LX521/Description.htm
LX521von Bill Schneider http://www.ohio.edu/people/schneidw/audio/lx521.html
MoDipo http://www.lautsprechershop.de/index_hi ... modipo.htm

Die Verringerung der Gehäusebreite im Hochtonbereich liefert eine deutlich bessere Lokalisierung der Musik im Raum, sprich die Musiker sind im Raum gut fokussiert und weniger diffus als bei breiten Schallwänden, was früher gern gemacht wurde, um dem Bassabfall passiv zu begegnen.

Der Bassabfall kann nun aktiv durch Acourate korrigiert werden, soweit es die Chassis und die Verstärker unterstützen. Der eingesetzte Peerless XLS 10 besitzt ein Xmax von +-12mm. Siegfried Linkwitz setzt in seiner LX521 den neuen Seas L26RO4Y 10" Subwoofer (D1004-04) ein mit einem Xmax von +-14mm. Da wird kräftig aktiv entzerrt, um einen möglichst guten Bass zu bekommen. Die XLS 10 hatte ich bereits da, deshalb greife ich nicht zum Seas Bass.

Mittel- und Hochtöner sind die B&G Magnetostaten Neo 8s und Neo 3, die als Dipol von hinten eingesetzt und eine 60 Grad Schallwandfase erhalten, um wenig Störungen durch eine bei etwa 1kHz akustisch störende Kantenreflexion zu bekommen. Optisch sieht´s auch so besser aus.

B&G Neo 3 und Neo 8s gibt´s bei http://www.audax-speaker.de

Wie sind Eure Kommentare zur Chassisanordnung und zur Gehäuseform?

Grüße

Rüdiger
Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Hans-Martin, Klaus und Uli

Danke für Euren wertvollen Input.

Wichtig scheint als erstes die Aufteilung der Frequenzbänder um ein zentrales Frequenzband von ca. 800-1600Hz. Darüber arbeitende Chassis sollen nach innen im Stereodreieck zu liegen kommen, darunter arbeitende Systeme nach aussen hin. Symmetrische Systeme (d'Apollito, Horbach-Keele) sind prinzipbedingt ungeeignet für dieses Setup.

Ich rechne im Folgenden beipielhaft ein horizontal liegendes 4-Weg-System mit den Übergangsfrequenzen von 200Hz / 640Hz / 2kHz. Damit hätten wir den Hochmitteltöner mit dem Referenzfrequenzband (640Hz-2kHz), 18cm nach aussen hin den Tiefmitteltöner (200Hz-640Hz) und die Basseinheit (<200Hz), 12cm nach innen hin den Hochtöner (>2kHz).

Bei einem Abstand von 12cm zwischen Hochtöner und Hochmittelöner sollten sich folgende Interferenzmuster, resp. Auslöschungen ergeben (Punktschallquellen vorausgesetzt):

LKR4-Weiche / 2kHz
Von 0° ... 23° äussert sich die Interferenz mit weniger als 1dB Einbruch des Schalldrucks
Bei 24° ist ein Einbruch von 1dB (bei ca. 3.5kHz) zu erwarten
Bei 33° ist ein Einbruch von 3 dB (bei ca. 2.6kHz) zu erwarten
Bei 37° ist ein Einbruch von 6 dB (bei ca. 2.4kHz) zu erwarten
Der völlige Einbruch des Schalldrucks erfolgt bei 46° (bei 2kHz)

NT2-Weiche / 2kHz
Aufgrund der steileren Weichencharakteristik sind die ensprechenden Sektoren etwas grösser
Von 0° ... 35° äussert sich die Interferenz mit weniger als 1dB Einbruch des Schalldrucks
Bei 36° ist ein Einbruch von 1dB (bei ca. 2.45kHz) zu erwarten
Bei 39° ist ein Einbruch von 3 dB (bei ca. 2.25kHz) zu erwarten
Bei 42° ist ein Einbruch von 6 dB (bei ca. 2.1kHz) zu erwarten
Der völlige Einbruch des Schalldrucks erfolgt bei 46° (bei 2kHz)

Bei horizontaler Anordung des Arrays kann deshalb davon ausgegangen werden, dass der Schalldruck für das Publikum im schlechtesten Fall (LKR4) innerhalb eines Sektors von +-24° nicht mehr als 1dB variiert. Deshalb darf der Hochtöner für den Hausgebrauch wohl bedenkenlos horizontal neben dem Hochmitteltöner placiert werden.

Für den Übergang von Hochmitteltöner zu Tiefmitteltöner bei einem Chassisabstand von ca. 18cm und einer Trennfrequenz von 640Hz sind die Verhältnisse mit -1dB bei 59° (bei 1.1kHz) noch unkritischer: Im gesamten horizontalen Sektor innerhalb von +-58° wird die interferenzbedingte Senke <1dB betragen!

Wir sind fürs Erste beruhigt: Aufgrund dieser Zahlenspiele wird der von Uli heraufbeschworene Beelzebub das gewogene Publikum kammfiltermässig wohl nicht gleich aufgabeln können.

Was ist durch die horizontale Anordung FLOW-mässig nun zu gewinnen? Immerhin ein Versatz von 12cm des Hochtöners (Frequenzen >2kHz) nach innen, und Versatz von 18cm des Tiefmitteltöners (Frequenzen <640Hz) nach aussen. Gemäss den Angaben von Hans-Martin dürfte damit zumindest eine gewisse Auswirkung zu erwarten sein.

Ein Prototyp ist unterwegs.

Für weitere Bemerkungen, resp. Kritik bin ich wie immer sehr gerne empfänglich.

Experimentierfreudige Grüsse
Simon
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Rüdiger
Da es ja nicht nur Aufnahmen gibt, die nach "Korrektur" verlangen, legt man sich mit einer Chassisanordnung schon etwas fest. Bei anderen Aufnahmen kann es eventuell schon nicht mehr stimmen.

Ich habe früher die Hochtöneranordnung außen gegen innen abgegrenzt, damit ist eine Tendenz beschrieben, nicht jedoch ein Absolutwert.
Allgemein wird die Basisbreite in Prozent ausgedrückt, damit wird klar, dass abhängig von der Abhörsituation eine unterschiedliche Anpassung des Hochtöner-Offsets erforderlich sein könnte, da dieser ja eine konkrete Position bekommen muss, ausgedrückt in Millimeter.
Ich würde daher eine eigene Schallwand und einen eigenen Ständer befürworten, die eine Ortsveränderung nach lokalem Bedarf zulässt. Dass neben der Bewegung zur Seite auch eine Bewegung vor/zurück erforderlich sein kann, um die Sprungantwort des Systems nicht zu verschlechtern (äqui-distant, also Kreisperiphärie um Sitzplatz), versteht sich.
Da im Rahmen der HRTFs eine engere Platzierung der Hochtöner in die Empfindung des Timbre eingeht, wäre eine Umkehrung des Konzepts mMn sinnvoll, also HT bleiben in 60° Position, alle Chassis, die unter 1000Hz arbeiten, werden breiter aufgestellt.

Wie man das alles optisch ansprechend und akustisch homogen zusammenbringt, ist eine multidimensionale Herausforderung.
Es ist auch zu befürchten, dass ein solches System noch stärker auf den SweetSpot augerichtet ist als andere Systeme. Eine kleine Seitwärtsbewegung des Hörers bringt mehr durcheinander als bei Koaxialchassis (Punktschallquelle) oder vertikal axialer Anordnung, wie so meist üblich.

Wohin das alles führt? Zunächst zur elektronischen Korrektur (FLOW) des Musiksignals, bevor es die Lautsprecher erreicht.
Die strahlen sowohl direkt ab als auch anteilig zur Seitenwand. Vermischt sich das reflektierte Signal von der Seite mit dem Direktschall, bringt das Phasenprobleme und Frequenzgangwelligkeiten, eben Kammfiltereffekte.

Linearisiert man den Frequenzgang am Sitzplatz, indem man die resultierenden Unzulänglichkeiten durch Vorausentzerrung korrigiert, wird der Direktschall überkorrigiert, und das Ergebnis stimmt für das Ohr auch nicht mehr.
Die vertikale axiale Bündelung der Bändchen und seitliche Auslöschung bei 90°der Dipole verhalten sich anders als die üblichen Kalottenhochtöner und Mitteltöner in geschlossenen Gehäusen auf unendlicher Schallwand.
Da du die nötigen Chassis hast, könntest du uns über die wahrgenommenen Unterschiede berichten, nicht umgekehrt...
Grüße Hans-Martin
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RC23
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Beitrag von RC23 »

Die Berechnungen von Simon zeigen bei Neville-Thiele Filtern 2.Ordnung geringere Auslöschungen durch Interferenzen als beim Linkwitz-Riley Filter 4.Ordnung. Die "unendliche" Steilheit der Neville-Thiele Filter spielen hier ihren Vorteil aus. Deshalb werde ich bei mir zu Neville-Thiele Filtern greifen.

Das räumliche Verschieben der Chassis in horizontaler Richtung zueinander ersetze ich durch eine zeitliche Signalverzögerung via Acourate. Mit FLOW werde ich experimentieren und schauen, besser hören, ob der seitliche Hochtönerversatz einen klanglichen Vorteil bietet. Die Hochtöner werden bei mir jedoch erst ab 5kHz eingesetzt, da Linkwitz bei seiner LX521 den Hochtöner recht hoch erst bei 7kHz einkoppelt. Der zusätzliche Mitteltöner gegenüber der Orion macht´s möglich. Dank Acourate kann ich mit der Trennfrequenz spielen und andere Werte ausprobieren.

Beim Prototypen werde ich beide Schallwandformen bauen, vergleichen und berichten. Für Verbesserungs-vorschläge bin ich offen, da der Lautsprecher derzeit nur im PC vorhanden und nun der Powerpoint-Entwurf ins CAD übertragen wird.

Grüße

Rüdiger
RC23
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Beitrag von RC23 »

Hans-Martin hat geschrieben: Da im Rahmen der HRTFs eine engere Platzierung der Hochtöner in die Empfindung des Timbre eingeht, wäre eine Umkehrung des Konzepts mMn sinnvoll, also HT bleiben in 60° Position, alle Chassis, die unter 1000Hz arbeiten, werden breiter aufgestellt.
So in etwa kommt mein Anordnungskonzept in Deine Beschreibung von HT in 60° Position?
... Es ist auch zu befürchten, dass ein solches System noch stärker auf den SweetSpot augerichtet ist als andere Systeme. Eine kleine Seitwärtsbewegung des Hörers bringt mehr durcheinander als bei Koaxialchassis (Punktschallquelle) oder vertikal axialer Anordnung, wie so meist üblich.
Die Magnetostaten bündeln vertikal stärker als horizontal. Mal schauen, wie groß der Sweet Spot am Hörplatz ist. Durch den Einsatz des Neo 3 als Hochtöner hoffe ich den Sweet Spot genügend groß zu bekommen.

Grüße

Rüdiger
Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Rüdiger
Gerade wegen der ausgeprägteren vertikalen Bündelung, wäre es da nicht ratsam, beide Bändchen nebeneinander auf Ohrhöhe anzubringen? Mit mehr Abstand wird eine stärkere Einbeziehung eines fixen Sweetspot erforderlich. Wie Uli schon schrieb, entsteht im Übergangsfrequenzbereich Lobing.
Das ist sogar bei niedrigen Übergangsfrequenzen hörbar, z.B. bei 350Hz (wo die Wellenlängen schon deutlich größer werden als zwischen MT/HT). Wenn man einen Sänger hört, den Kopf zur Seite bewegt, hört man zwischendurch eine Verfärbung der Stimme, die Folge seitlich um 30% breiterer Aufstellung. Eine 2-Weg Box auf die Seite legen, klingt nicht zwangsläufig besser als die vertikale Positionierung, meine Aussage ging lediglich in die Richtung: Hochtöner innen seien bei liegenden Boxen besser als außen, wenn es um Lokalisation geht.
Mit diesen Experimenten habe ich Erfahrungen, mit einzelnen Bändchen diesbezüglich jedoch nicht. Da kann ich nur raten, praktisch ausprobieren, bevor die Schallwand endgültig gefräst wird.
Grüße Hans-Martin
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RC23
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Beitrag von RC23 »

Hallo Hans-Martin,

den Begriff Lobing kannte ich nicht, jedoch die Forumssuche hat mir weitergeholfen: http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic.php?f=28&t=1078

Je steiler die Frequenzweiche, um so weniger tritt der Lobing-Effekt auf. Da ich auf NT2-Filter setze, wird der zu erwartende Einfluß auf den Klang gering sein. Nur im Bereich der Trennfrequenz wird Lobing stattfinden.

Wenn ich die Magnetostaten nebeneinader montiere, bekomme ich eine breitere Schallwand, was die räumliche Fokussierung verschlechtert. Deswegen werde ich die Neo´s übereinander montieren.

Eine gut klingende Lösung bringen Magnetostaten und Tiefmitteltöner als Line Array. Hier wird das vertikale Bündeln durch eine Vielzahl von Neo 8 übereinander ausgeglichen.

Bild

http://www.diyaudio.com/forums/multi-wa ... #post67829

http://www.diyaudio.com/forums/multi-wa ... post131084

Aber in die Richtung Line Array will ich nicht gehen.

Grüße

Rüdiger
Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Rüdiger

Die lange Liste aus dem Bild erkennbarer (für mich) "Fehler" will ich hier nicht öffentlich posten, es ziemt sich nicht, weil der Urheber an unserer Diskussion nicht teilnehmen kann, per PN ist ein anderes Thema.
tomahack hat geschrieben:The soundstage is so wide, sometime I feel like I got rear speakers playing!
Das sagt schon alles!

FLOW verbessert die Fokussierung und Vorne-Hintenstaffelung der Bühne, "tomahack" hat vieles getan, um das Gegenteil zu erreichen, ja sogar, um das Stereobild zu dekorrelieren.

Grüße Hans-Martin
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

RC23 hat geschrieben:Bild
Das Bild zeigt eine Aufstellung, die man doch prima als Anti-Flow interpretieren könnte. Sprich, die HTs sitzen aussen anstelle innen.

Grüsse
Uli
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Rüdiger, Hallo Forenten
RC23 hat geschrieben: ... Die Verringerung der Gehäusebreite im Hochtonbereich liefert eine deutlich bessere Lokalisierung der Musik im Raum, sprich die Musiker sind im Raum gut fokussiert und weniger diffus als bei breiten Schallwänden, was früher gern gemacht wurde ...
Um diese Aussage verifizieren, resp. quantifizieren zu können, müssten eigentlich drei Systeme gleicher Bestückung, aber unterschiedlicher Breite (schmal, d.h. möglichst schmal, vs. ca. 40cm breit, vs. >70cm breit) miteinander verglichen werden können. Diese drei Systeme müssten entsprechend individuell hin zu einer identischen Zielcharakteristik (=Frequenzgang) abgeglichen werden.

Warum nun "möglichst schmal" vs. 40cm vs. >70cm? Folgende Beispiele sollten den Vorschlag illustrieren können:

Beispiel 1:
Schlechtes, aber illustratives Beispiel einer kreisrunden, kleinen Schallwand mit ca. 25cm Durchmesser. Ein zentraler Tweeter verursacht mittigen Direktschall, 12.5cm Laufzeit später kommt von der Peripherie der Scheibe her der Beugungsartefakt. Zwei kurz nacheinanderfolgende Impulse (0.. <0.7ms) interpretieren wir normalerweise als Richtungsinformation. Somit enthält der Doppelimpuls aus besagter kreisrunden Schallwand selbst bei mittiger Aufstellung der Schallwand hörphysiologisch immer eine ambivalente Richtungsinformation. Wir sind verwirrt, und orten Unschärfe.

Beispiel 2:
Schallwand 18cm breit, 40cm hoch: Die Artefakte sind prinzipiell in etwa gleich störend wie in Beispiel 1, bloss etwas über ein Zeitintervall verschmiert; das Problem der Verwirrung der hörphysiologischen Interpretation bleibt dasselbe.

Beispiel 3 - Best Case, aber technisch kaum machbar:
Schmalstes und kleinstes Gehäuse von 1mm Breite und 1mm Höhe. Die Beugungsartefakte kommen praktisch zeitgleich mit dem Nutzsignal. Deshalb resultiert hörphysiologisch beste Ortbarkeit ohne wesentliche Verwirrung der Richtungsinterpretation. Ein solchermassen "schmales" Gehäuse birgt deshalb das theoretische Potenzial, örtlich sehr präzise abzubilden. Ich denke da z.B. an die Ionenhochtöner, welche durchaus ihre Anhänger hatten.

Beispiel 4 - Worst Case:
Kreisrunde Schallwand von ca. 35cm bis 50cm Durchmesser. Die Beugungsartefakte erreichen das Ohr mit einer Laufzeidifferenz von annäherungsweise 0.7ms, und das bedeutet hörphysiologisch, dass der Schall ca. 75°..90° von der Seite her kommt. Obschon wir den Lautsprecher durchaus vorne verorten. Das ist nun definitiv Worst-Case, und wir sind sehr verwirrt.

Beispiel 5:
Schallwand, bei welcher die Laufzeit aller Beugungsartefakte ausserhalb des hörphysiologischen Diskriminationsfensters für Richtungsinformation (0..0.7ms) liegt. Deren Kanten müssen deshalb min. 30..35cm von den Rändern der Lautsprecherchassis entfernt sein, was zu einer ansehnlichen Minimalbreite von ca. 70cm - 80cm führt. Die Grimm LS1 arbeitet zumindesten partiell nach diesem Ansatz, und dies offenbar mit Erfolg.

Ich gehe deshalb davon aus, dass die oft tradierte Binsenwahrheit der schmalen Schallwand als besserer Strahler sicher für die Teilmenge aller Schallwände gilt, deren Breite im Bereich von 0 ... 40cm (... 50cm) liegt. Wesentlich breitere Schallwände (ca. >70cm) müssten eigentlich wieder Top sein, was die Ortbarkeit anbelangt. Es sei denn, andere Faktoren würden einer guten Abbildungstauglichkeit von genügend (>70cm!) breiten Schallwänden zuwiderlaufen. Vielleicht gibt es seriöse Literatur, oder im Forum handfestes Wissen in Bezug auf solche Störfaktoren?

Grüsse
Simon
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RC23
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Beitrag von RC23 »

Hallo Simon,

gut aufbereitet die verschiedenen Szenarien von kleiner bis großer Schallwand.

Was ich in einem Breitbänder-Forum gelesen hatte, war genau das Experiment, was Du angeregt hast: Baue das gleiche Chassis in eine breite Schallwand und später in eine schmale Schallwand und vergleiche die Höreindrücke. Dort fand ich die Beschreibung, daß eine breite Schallwand einen eher diffusen Raumeindruck liefert, dagegen die schmale Schallwand eine deutlich bessere Lokalisierung der Musiker im Raum liefert. Finde leider den Beitrag nicht mehr, sodaß ich nicht verlinken kann. Aber dieses Experiment kann man leicht wiederholen.

Siegfried Linkwitz, ein Urgestein der Lautsprecherentwickler, hat das Phänomen schmaler Schallwand und Räumlichkeit auf seiner Webseite näher beschrieben, gemessen und einen Erklärungsversuch gemacht. Der Schlüssel liegt in den Folgen der Kantenbeugung des Schalls, wenn er "die Kante sieht" und dabei eine Schalldruckänderung um die Hälfte (sprich 6dB) erfährt, was zu einer zeitlichen Verschiebung des Signals für die betroffenen Frequenzen führt und so Direkt- und reflektierter Schall nicht mehr synchron sind.

Je schmaler ich eine Schallwand mache, um so höher schiebe ich den Frequenzbereich, ab wann es von Schallbeugung betroffene Frequenzen gibt. Es erhöht sich einfach der Frequenzumfang mit Direktschall ohne Reflexionen durch Kantenbeugung. So mein Verständnis.

Mehr hier: http://www.linkwitzlab.com/faq.htm#Q8

Seine etwas längere Erklärung unterbricht er ironisch mit "If I have not lost you by now". :wink:

Messergebnisse zur Schallbeugung an Kanten liefert er hier: http://www.linkwitzlab.com/diffraction.htm

Grüße

Rüdiger
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