Teils ja, teils nein; denn, Franz, Du würdest doch auch sicher unterscheiden, ob ein Film nur ein Ereignis wiedergibt, das auch ohne ihn (weitghend) so stattgefunden hätte, während wir uns sicher einig sind, dass dagegen ein Spielfilm eine völlig eigenständige Qualität aufweist - so eigenständig, dass es ohne ihn diesen "Gegenstand" überhaupt nicht gäbe.Franz hat geschrieben:Letzten Endes ist jede Reproduktion zu Hause immer ein Kompromiss.
Es werden ja viele Musikaufführungen extra für CD/LP produziert/komponiert und sind insofern in ihrer (künstlerischen) Qualität einzigartig, übertreffen eine Liveaufführung nicht nur, sondern sind von ihr völlig unabhängig. Dabei können sie wegen ihrer spezifischen Ausrichtung ein Niveau erreichen, das bei einer Liveaufführung nur sehr begrenzt reproduzierbar wäre. (Dabei meine ich noch nicht einmal die Tatsache, dass viele Instrumente auch im Konzert elektronisch verstärkt werden.) Ich tendiere sogar dazu, Konzertmitschnitte als weitgehend eigenständig zu begreifen, weil in dem Er- und Bearbeitungsaufwand eine genuin eigene (kreative) Leistung steckt.
Gould kam ja schließlich zu dem Schluss (zugegeben eine radikale Position), dass er durch die Möglichkeit der Wiederholung einzelner Passagen und der extremen Konzentration bei der Einspielung sogar ein Ergebnis erzielen kann, das ihm in einem Konzert nur zufällig möglich wäre; weshalb er schließlich nur noch LPs eingespielt hat. Und auch die von mir kürzlich vorgestellte Compass-CD ist - schon allein, wenn man die Fotos aus dem Studio hinsichtlich des betriebenen Aufnahmeaufwandes betrachtet - in gleicher Qualität live kaum darstellbar. Und der Höreindruck bestätigt das.
Unsere Diskussion krankt m. E. zu sehr an einem völlig überholten, weil viel zu engen Authentizitätsbegriff. Das Thema "interindividuelle Wahrnehmungsdifferenzen" sei dabei noch beiseite gelassen!
Da man ja so gern missverstanden wird: Für bestimmte Musik halte ich nach wie vor das Konzert für das Maß aller Dinge, unverzichtbar für die Gehörschulung; aber auch hier ist zu differenzieren, wenn man z. B. bedenkt, dass zahlreiche Veranstaltungsorte eine so schlechte Akustik besitzen, dass man ohne Übertreibung auf vielen Plätzen eindeutig schlechter hört, als zu Hause. (Gilt sogar für Spezialräume wie die Philharmonie München, von irgendwelchen Hallen ganz zu schweigen. Und die überragende Qualität des Großen Saales im Haus des Wiener Musikvereins lässt sich sogar für viel Geld nicht sicher neu bauen. - Sigi weiss schon, warum er so gern dahin fährt / fahren muss!)
Gruß
Joe