Trinaurales Hören

Amati
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Beitrag von Amati »

Hallo Eberhard,

super spannender Thread hier. War schon oft auf deiner wirklich chaotisch-genialen Seite. Ist wie Raumschiff Enterprise, man stößt in Galaxien vor, die nie... :cheers: Man kriegt glatt Lust seinen Jugendtraum vom Ton.-Ing. Studium aufzunehmen. Kann man das mit 50 überhaupt noch? (Nur wenn mir Du die Mathescheine aus dem Maschinenbau anrechnest. :mrgreen: )

Frage zu diesem Blatt hier:

http://www.sengpielaudio.com/Lokalisati ... ngStLS.pdf

Welcher Abstand entspricht denn nun der "Reinen Lehre"? De Boer, Standard oder Leakey? Oder gibt es die gar nicht? Außerdem "streite" ich mit einem guten Freund immer über das Einwinkeln der LS.

Gruß

Peter
der gerade Rachmaninovs 2. Klavierkonzert mit Helene Grimaud und Ashkenazy genießt. Wie ich erst jetzt gesehen habe, hattest du die Finger am Pult. Chapeau, Interpretation und Klang at its best.

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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Liebe Freunde,

es geht angesichts der Begeisterung über den sprunghaften Kompetenzzuwachs - Dank an dich, Eberhard! - inzwischen etwas drunter und drüber in diesem Thread.

Wärest du, lieber Eberhard, eventuell damit einverstanden, dass wir dir ein eigenes Thema unter dem Titel "Eberhards Forumssprechstunde" einrichten?

Dann könnten wir hier weiter über Trinaural diskutieren.

Nur so eine Idee.

Viele Grüße
Rudolf
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Amati
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Beitrag von Amati »

Prima Idee! :cheers:

Peter
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Eberhard (und auch Thias),

danke für diesen Einstieg ins professionelle Aufnehmen.

Aber wie geht es nun weiter?

Da liegen nun bei Orchestern eine Vielzahl von Einzel-Mikrofonaufnahmen vor, die unterschiedliche Musikdetails enthalten. Sag ich einfach mal so.

Und daraus entsteht dann am Ende eine Aufnahme.

Dazwischen muss also noch einiges passieren, was mit Technik, Software und Können zu tun hat.

Ich bin so frei, hier um weitere Infos zu bitten, auch wenn es vielleicht Mühe macht.

Dahinter steht für mich die Frage, welche Anteile an dem Gesamtwerk CD den Musizierenden bzw. den Tontechnikern oder -ingenieuren grob zugeordnet werden dürfen oder können.

Danke im voraus

Bernd Peter
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Amati hat geschrieben: Welcher Abstand entspricht denn nun der "Reinen Lehre"? De Boer, Standard oder Leakey? Oder gibt es die gar nicht?
Hallo Peter
Was meinst du mit "Abstand"? Leakey hat doch gleiche Lokalisation bei verschiedenen Abständen aufgezeigt (was unterschiedlichen Winkeln entspräche, deshalb in Prozent ausgedrückt wird). Da spielt der Abstand Hörer zur Lautsprecherebene demnach keine Rolle.
Viel wichtiger finde ich die Frage, wie man Bass und Hochton in der Lokalisation auf denselben Punkt bringen kann. Das ist nämlich in 99,9% aller Fälle nicht erreicht. Deshalb klingt CD ja auch so grauenhaft verglichen mit Vinyl. Die vorhandene CD-Kanaltrennung übersteigt die humanen Fähigkeiten bei weitem, viel mehr als 20dB werden nicht gebraucht.
Außerdem "streite" ich mit einem guten Freund immer über das Einwinkeln der LS.
Mit Einwinkeln bildest du die Höhen enger ab, den Bass nach wie vor kugelförmig. Das kann eine bessere Abbildung brigen, oft sogar eine verblüffende Verbesserung dessen, was sich ausserhalb der Boxen abspielt.
Grüße Hans-Martin
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ebs
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Beitrag von ebs »

Rudolf hat geschrieben:Liebe Freunde, es geht angesichts der Begeisterung über den sprunghaften Kompetenzzuwachs - Dank an dich, Eberhard! - inzwischen etwas drunter und drüber in diesem Thread.
Wärest du, lieber Eberhard, eventuell damit einverstanden, dass wir dir ein eigenes Thema unter dem Titel "Eberhards Forumssprechstunde" einrichten?
Dann könnten wir hier weiter über Trinaural diskutieren.
Aus "Versehen" bin ich hier vorbeigekommen und habe spontan anliegende Fragen beantwortet. Dabei habe ich mich unbemerkt zum Störer entwickelt. Das tut mir leid.
Eine Seite mit "Eberhards Forumssprechstunde" möchte ich hier nicht haben. Da ich diese Diskussion absolut nicht stören möchte, wünsche ich weiterhin viel Freude beim Diskutieren über "Trinaurales Hören".
Wenn notwendig, können Fragen an mich auf meiner Webseite http://www.sengpielaudio.com gestellt werden. Klicke dort auf Forum Feedback.

Viele Grüße ebs

PS: Damit ich hier nicht falsch verstanden werde. Ich bin einsichtig. Es ist absolut kein Groll.
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Franz
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Beitrag von Franz »

Du hast überhaupt nicht gestört. Lange nicht mehr so Fundiertes, Sachliches und Konkretes gelesen. Dafür meinen herzlichen Dank, besonders auch dafür, daß es allgemein verständlich war.

Gruß
Franz
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Amati
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Beitrag von Amati »

Hallo Hans Martin,

wenn ich das richtig sehe, unterscheidet sich das Standard Dreieck, bei dem der Hörabstand h zur Basis =0,866 x der Basisbreite (b) des gleichseitigen Dreiecks beträgt, von den anderen beiden De Boer ( h=b); Leakey (h=0,8 x b) nur geringfügig. Letztere sind somit gleichschenklige Dreiecke.

Leakey mag ja Recht haben, das kann man auch im Selbsttest zuhause nachvollziehen, wenn er bei unterschiedlichen Abständen gleiche Lokalisation feststellt. Imho ist der "Klangeindruck" jedoch ein anderer. Und da ging meine Frage eigentlich hin. Ob das etwas mit deiner Frage, wie man Bass und Hochton in der Lokalisation auf denselben Punkt bringen kann zu hat, weiß ich nicht, vermute aber da einen Zusammmenhang.

Ich höre bislang immer im gleichschenkligen und somit Standarddreieck. Bei Leakey hätte ich subjektiv das "Gefühl" zu nah dran zu sein, hier ja auch die "Gefahr" der Phantomschallquellen. Bei De Boerfühle ich mich zu weit weg, strebe instiktiv weiter nach vorne, jeweils geleitet durch mein Hörempfinden.

Peter
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo,

ebs hat geschrieben
habe ich mich unbemerkt zum Störer entwickelt
Von Störung kann nicht die Rede sein, ganz im Gegenteil.

Rudolfs Einwand dient der Übersichtlichkeit und Ordnung und das ist gut so.

Unter dem Forumspunkt "Allgemeine Diskussion" bzw. dem Unterforum "Musikwahrnehmung" können wir spezifische Threads eröffnen, um unsere Wissenssammlung zum Thema Musik noch breiter aufzustellen.

Wäre prima, wenn das klappen würde.

Gruß

Bernd Peter
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Es gibt Neuigkeiten (?) bei der kommenden High-End:
High-End Newsletter hat geschrieben: VORTRÄGE + MUSIK
Technologie-Bühne Halle 3
Christof Faller, AES Fellow und Mit-Erfinder von MP3 Surround, präsentiert an der HIGH END 2013 ein neues Verfahren zur optimalen Wiedergabe eines Stereosignals auf drei Lautsprechern. Dieses Thema wird seit Jahrzehnten unter Fachleuten heiß diskutiert. Bei konventioneller Stereowiedergabe wird das Stereobild nur im so genannten „Sweetspot“ richtig wahrgenommen. Dank neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in Akustik und Signalverarbeitung, soll der Hörer mit diesem neuen Verfahren aufgrund eines hochwertigen Mittenkanals im ganzen Raum ein stabiles Klangbild erleben können. Lassen Sie sich überraschen.
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Ich habe einen Kunden, der Trinaural fährt. Ist schon eigenartig wenn man bei ihn ist.

Die äußeren Lautsprecher stehen ca. 5 Meter auseinander, aber man hat wirklich eine sehr stabile Mitte und recht breiten Sweetspot.
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Thias
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Beitrag von Thias »

Hallo,

ich höre nun schon über 3 Jahre Stereo über 3 Boxen. Neben einer stabileren Bühne ist für mich der Klangvorteil der Mitte wichtig. Ich habe es direkt durch Umschalten miteinander vergleichen können, Stereo über 2 oder 3 Boxen. Über 2 Boxen klingt die Mitte für mich hohler oder phasiger, was ich auf den Kammfiltereffekt zurück führe.

Ansonsten glaube ich nicht, dass es da wirklich was neues gibt ...

Grüße
Thias
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Liebe Freunde der stabilen Mittendarstellung,

seit einiger Zeit gebe ich Mehrkanal über den G-Oppo aus. In diesem Zusammenhang habe ich mir neue Werkzeuge zurecht gelegt, um hiermit auch Trinaural realisieren zu können. Und ich habe einen alternativen Vorschlag, Trinaural auszugeben unter Verwendung einer MS-Kodierung wie sie u.a. im Zusammenhang mit dem Cleaner zum Einsatz kommt. Hierzu ein kleiner Bericht.

Der Oppo frisst Stereo und Mehrkanal-Files. Um damit Trinaural wiedergeben zu können, erzeuge ich sechsspurige Dateien. Ich verwende dazu leere FIR Filter und den VST Convolver in foobar. Die „leeren“ FIR-Filter habe ich mit Acourate erzeugt mit dem Dialog „Create Simple Test Signal“, Signal length 4 samples, Set to one at sample 2, Length 1 samples.

Betrachten wir die „klassische“ Trinaural-Formel:

Trinaural
  • Kanal 1 "links" : L - 0,5 R
  • Kanal 2 "rechts": R - 0,5 L
  • Kanal 3 "Center": 0,5 (L + R)
so bleiben die Kanäle 4 (LFE), sowie 5 und 6 (Surround) leer. Das VST Convoler-Script hierfür sieht z.B. so aus:

Trinaural

Code: Alles auswählen

44100 6 6 0
0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
0.0
0.0
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
1.0
-0.5
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
0.0
-1.5
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
1.0
1.0
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
0.0
2.5
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
1.0
2.5
Ich erläutere das kurz: Es handelt sich um ein Script für 44,1 kHz Dateien. Für andere Samplingraten müssen entsprechend andere Scripte vorgehalten werden. Das Script geht davon aus, dass eine 6 kanalige Eingangsdatei vorliegt (es funktioniert – wie ich durch Zufall herausgefunden habe - aber glücklicherweise genauso, wenn ich foobar „nur“ Stereo-Dateien zum Konvertieren übergebe). Das Script macht 6 Pfade auf, die die einzelnen Summanden in der Trinaural Formel umsetzen. Der erste Pfad

Code: Alles auswählen

D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
0.0
0.0
verwendet den Mono Filter „44.wav“ aus dem angegebenen Pfad auf meinem Computer, nimmt davon den linken Eingangskanal und überträgt ihn 1:1 in den linken Kanal der Zieldatei.

Im zweiten Pfad

Code: Alles auswählen

D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
1.0
-0.5
wird der rechte Eingangskanal unverändert genommen (hierfür steht die 1.0), invertiert und mit Faktor 0,5 multipliziert auf den linken Ausgangskanal hinzugemischt (für diese Operation steht die „-0.5“). Und so weiter.

Die resultierende Datei ist dann wiederum eine 5.1 Datei, die ich problemlos mit dem Oppo abspielen kann.

Um ehrlich zu sein, habe ich die klassiche Trinaural-Formel nie so recht verstanden. Für mein Verständnis und meine Ohren ist die Bühnendarstellung in der Mitte etwas zu sehr in die Breite gezogen, so als würde man die Mitte durch ein Vergrößerungsglas an“hören“. Und so hört es sich – bei meiner LS-Aufstellung und LS-Konfiguration - auch jetzt wieder an.

Nun führe ich seit einiger Zeit Experimente mit MS-Kodierung und MS-Dekodierung durch. Die Formel dazu ist:

MS-Kodierung:
  • M = 0,5 (L + R)
  • S = 0,5 (L – R)
M steht für das Mittensignal, also der Mono-“anteil“ des Stereosignals und und S steht für das sog. Seitensignal, wie es auch bei einer MS-Mikofonierung entsteht.

Bild

Aus M und S lässt sich das Stereo-Signal zurückrechnen. Bei einem analogen Mischpult so, wie es im Bild oben dargestellt ist. In der digitalen Welt ist es noch einfacher:

MS-Dekodierung:
  • L = 0,5 (M + S)
  • R = 0,5 (M – S)
Bitte stört Euch nicht an dem Faktor 0,5 in den hier verwendeten Formeln. Ich benutze ihn, damit ich diese Formeln in der digitalen Welt 1:1 anwenden kann, ohne dass ich Gefahr laufe, Clipping zu bekommen.

Da nun MS-Mikrofonierung – wie oben angedeutet – ein sehr schönes Stereo-Klangbild ergibt, hat sich mir die Frage aufgedrängt, ob wir das MS-Kodierverfahren nicht auch für Trinaural einsetzen können. Also den Mono-Anteil in der Mitte auszugeben (was wir bei Trinaural ja immer tun). Und auf den Kanälen links und rechts jeweils nur den entsprechenden Anteil des Seitensignals auszugeben. Die Formel dafür (nennen wir es „TrinauralMS“):

TrinauralMS
  • Kanal 1 "links" : S = 0,5 (L - R)
  • Kanal 2 "rechts": -S = 0,5 (R - L)
  • Kanal 3 "center": M = 0,5 (L + R)
S und -S in den Zielkanälen 1 und 2 sehen zwar merkwürdig aus, dies ergibt sich aber einfach aus der Definition der MS-Kodierung.

Zur Konvertierung einer Stereo-Datei in diese TrinauralMS Darstellung verwende ich das folgende VST-Convolver-Script:

TrinauralMS:

Code: Alles auswählen

44100 6 6 0
0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
0.0
0.5
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
1.0
-0.5
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
0.0
-1.5
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
1.0
1.5
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
0.0
2.5
D:\_FIR-Filter\_empty\44.wav
0
1.0
2.5
Fazit: Ich habe einige meiner Musikstücke entsprechend bearbeitet und als Mehrkanal "Trinaural MS" über drei LS ausgegeben. Im Sweetspot sitzend höre ergibt sich – von der räumlichen Anmutung her - ein ganz ähnliches Klangbild wie bei einer normalen Stereo-Datei. Allerdings ist die Mitte jetzt präsenter und klarer. Das wird besonders dann deutlich, wenn ich mich aus dem Sweetspot nach links oder rechts herausbewege. Die Mitte bleibt klar lokalisiert und präzise. Gehe ich sehr weit z.B. nach links, so entsteht ein etwas unnatürlicher Klangeindruck. Die Bühnendarstellung bekommt eine Verzerrung so würde ich sie durch ein gewelltes Stück Glas an“hören“. Noch weiter hinausgehend, fällt der räumliche Eindruck zusammen und ich höre nurmehr das Mono-Zentrum. Im Sweetspot selbst aber ist das Klangbild sehr angenehm.

Viele Grüße
Harald
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Markus hatte in seinem Messebericht vom Klangschloss Greifensee (April 2014) begeistert über den Illusonic Akustikprozessor geschrieben, was ich als Stereoumsetzung vorn in Trinaural interpretiere und hinten in wer weiß was nur spekulieren kann.

Vor 36 Jahren gab es den Wega Acoustic Dimension Compiler, der für die hinteren Lautsprecher nicht nur eine Verzögerungszeit (wählbar zwischen 5ms-1sec) einbrachte, sondern auch eine einstellbare Klangfarbenänderung des Nachhalls,

Bild

das wurde damals sehr enthusiastisch aufgenommen.

Ich beschäftige mich gerade mit Klangfarbenänderungen der 3 Frontkanäle unabhängig von diesem Thread. Es tun sich sehr viele Aspekte auf, und wie ich gerade feststelle, überlappen diese Bereiche mehr als ich erwartet habe.
nihil.sine.causa hat geschrieben:Ich habe einige meiner Musikstücke entsprechend bearbeitet und als Mehrkanal "Trinaural MS" über drei LS ausgegeben. Im Sweetspot sitzend höre ergibt sich – von der räumlichen Anmutung her - ein ganz ähnliches Klangbild wie bei einer normalen Stereo-Datei. Allerdings ist die Mitte jetzt präsenter und klarer. Das wird besonders dann deutlich, wenn ich mich aus dem Sweetspot nach links oder rechts herausbewege. Die Mitte bleibt klar lokalisiert und präzise. Gehe ich sehr weit z.B. nach links, so entsteht ein etwas unnatürlicher Klangeindruck. Die Bühnendarstellung bekommt eine Verzerrung so würde ich sie durch ein gewelltes Stück Glas an“hören“.
Harald, wie hast du die Lautsprecher angeodnet, auf einer Achse oder Kreisperiphärie um den Sitzplatz? Sind alle 3 nach denselben Kriterien entzerrt /korrigiert und haben vergleichbares Rundstrahlverhalten? Die AGM sind per se asymmetrisch, verlässt du die Mitte, kommt bei Stereo der "Trading"-Effekt zum Tragen, aber auch hier geht das Klangbild "in Wellen". Bei der seitlichen Bewegung gibt es Punkte mit mehr Übereinstimmung der Phasen und an anderen weniger, wo dafür gleichzeitig mehr Auslöschungen für Unterschiede zwischen beiden Ohren sorgen.

Bei der M/S Aufteilung und Aufsplittung in L C R ergibt sich mathematisch bei L und R ein gegenphasiger/ verpolter Anteil. Bei koinzidenter Mikrofonaufstellung ist das Sesondere, dass eine reine Intensitätsstereofonie entsteht, die theoretisch bei Vornorientierung keine Phasenbeziehungen enthält, die über 0 hinausgehen. L und R unterscheiden sich aber durch das Differenzsignal, beim einen Kanal mit umgekehrtem Vorzeichen, oder mache ich hier einen Gedankenfehler? Kann das Ohr L und R dann ein gemeinsames Signal darin erkennen? Eigentlich nicht. Warum wohl die Breite in der Mitte so ausgeprägt erscheint, müsste erschlossen werden. In unserem Hören nehmen wir von vorn dasselbe Ereignis anders wahr als von der Seite, das kommt noch hinzu.
Der Center bekommt keine Differenzsignale, der L (oder R) bekommt kein Summensignal, demnach gibt es keinen Stereoeffekt (ich meine Summenlokalisation) zwischen Mitte und der jeweiligen Seite.

Ich freue mich über erhellende Kommentare!

Grüße Hans-Martin
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Es macht vielleicht Sinn, sich das Ganze anhand eines Testsignals zu verdeutlichen:
der linke Kanal enthalte zwei Frequenzen a und b, der rechte die Frequenzen b und c.
Das heisst, dass demzufolge
a vom linken LS kommt
b als Phantommitte zwischen den LS entsteht
c vom rechten LS kommt.
Lokalisierungsrichtungen also genau LS, Phantommitte, LS

Nun will man ja mit dem Center die Mitte stabilisieren.
C' = M = 0.5 (L+R) bedeutet aber, dass der Center neben der Frequenz b nun auch gleichphasig die halben Frequenzanteile a und c spielt.
L' = L - M = linkes Signal ohne Mittenanteil = L - 0.5(L+R) = 0.5(L-R) bedeutet, dass L' den gleichphasigen Frequenzanteil a und den gegenphasigen Frequenzanteil c enthält.
R' = R - M = rechtesSignal ohne Mittenanteil = R - 0.5(L+R) = 0.5(R-L) bedeutet, dass L' den gleichphasigen Frequenzanteil c und den gegenphasigen Frequenzanteil a enthält.

Dann spielt also
L' den halben Pegel a und den invertierten halben Pegel c
C den vollen Pegel b, den halben Pegel a und den halben Pegel c
R' den invertierten halben Pegel a und den halben Pegel C

Also ist die Aufteilung:

0.5*a - 0.5 c <---------------> 0.5*a + b + 0.5 c <---------------> -0.5*a + 0.5*c

Klar ist, dass damit der Anteil b exakt und stabil aus der Mitte kommt, wie gewünscht.
Wo vorher aber der linke LS den Anteil a allein und stabil gespielt hat, sind nun drei LS für die Wiedergabe aktiv, also
L' <---------------------> C <---------------------> R
0.5*a <---------------> 0.5*a <---------------> -0.5*a

Nun kann sich also damit jeder ausmalen, inwieweit man damit ein stabiles linkes Signal bekommt. L' und C ergeben eine Phantommitte genau zwischen L' und C, wobei dann R' das Signal aufgrund der Gegenphasigkeit weiter nach links schiebt. Interessant dann auch, wie sich die Pegel addieren.

Der Teufel wird mit Beelzebub ausgetrieben. Aus der Phantommitte wird eine stabile Mitte, aus der stabilen Seite wird eine Phantomseite.

Wenn man dann noch die Hörposition ändert, ändern sich logischerweise auch entsprechend die Laufzeiten der einzelnen LS und damit auch das Verhalten der Seite.
Die ganze Betrachtung gilt hier für eindeutig zugeordneten Signalen/Frequenzen. Wie es denn aussieht, wenn ein Phantomsignal durch Pegel- und Laufzeitdifferenzen entsteht und das dann nun trinaural gerechnet wird, kann ja gern der Nächste eruieren :-)

Grüsse
Uli
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