Henning (Elsinore DIY-LS)

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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Henning,
auch ich war beeindruckt von der ungewöhnlich aufwändigen handwerklichen Umsetzung der Weiche in einem stabilen Gehäuse mit mechanischen Entkopplungen, abgesehen von den ausgesuchten Weichenbauteilen.
Beim zweiten Hinsehen fiel mir auf, dass die Weichen spiegelbildlich aufgebaut sind.
Das erinnert mich an die Kabel von Anderson Electronic, der die Amity Kopfhörerverstärker produzierte. Seine Audiokabel waren für den einen Kanal linksgewendelt, für den anderen Kanal rechtsgewendelt.
Davon inspiriert habe ich das Prinzip auf die Kimber LS-Kabel angewandt und fand einen Unterschied. Ich habe daraufhin Ray Kimber angeschrieben, der mir zurückschrieb, man könne demnach mit den Frequenzweichen der LS diesen Gedanken ebenfalls anwenden.
Naja, in diesem Zuge kam ich auf die Idee, beide Kanäle mit dem schwarzen Leitersatz auf die roten Klemmen zu gehen, mit dem blauen (es war Kimber 4 TS) auf die schwarzen Klemmen. Das klang für meine Ohren noch besser.
Fortan betrieb ich die Kimber anders als die Farben suggerierten, aber für beide LS identisch.
Jahre später experimentierte ich mit absoluter Polarität, wobei ich vorsätzlich die LS zueinander gegenphasig (einer verpolt) betrieb. Und bei der Musik per Fernbedienung die Polarität umschaltete. Bei allem Verkehrt kam doch ein interessantes Ergebnis für mich heraus: mein linkes Ohr führt, das rechte unterstützt. Wenn links die korrekte Polarität wiedergab, konnte rechts verpolt sein, das war besser als rechts korrekt und links invers. Soweit das eher akademische Experiment, ich höre natürlich mit beiden LS gleichpolig angeschlossen (aber je nach Musik kompensiere ich invertierte Musik durch Umpolen beider Kanäle).

Da ich davon ausgehe, dass die beiden Röhrenendstufen identisch aufgebaut sind (kostengünstiger als eine 2. Version aufzulegen, bei der die Leiterplatte spiegelbildlich geroutet ist), komme ich auf den Kernsatz von Stereo, der strikte Symmetrie verlangt, um beiden Kanälen die nötige Gleichwertigkeit zu ermöglichen. Jegliche Dekorrelation macht mehr Breite in der Projektion der Phantomschallquellen, was zulasten des Fokus geht und das entspannte Zuhören erschwert.
Da auch die LS-Chassis im Gehäuse auf einer senkrechten Achse mittig angeordnet sind, beide LS also identisch aufgebaut sind, frage ich mich, warum du bei den Frequenzweichen von dieser Regel abgewichen bist.
Es fällt mir schwer, irgendeine Sinnhaftigkeit dort hineinzuinterpretieren.
Was wohl besser klingt: 2 identische Weichen wie jetzt beim linken LS oder 2 Weichen wie an der rechten Box?

Was wohl klanglich passiert, wenn die linke Endstufe mechanisch den Platz der rechten einnimmt, aber nachwievor den linken Kanal verstärkt und die linke Box ansteuert (sinngemäß dann die rechte Endstufe am bisherigen Ort der linken)? Dann träfe der Schall des anderen Kanals früher ein als der des eigenen Signals aus dem zugehörigen LS, was in Verbindung mit der Mikrofoniempfänglichkeit der Röhren einen (kleinen) Unterschied machen dürfte.
Das sind die Gedanken, die mir beim Anblick der Bilder durch den Kopf schossen...
Grüße
Hans-Martin
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HenSch
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Beitrag von HenSch »

Hallo Hans-Martin,

zu dem spiegelbildlichen Aufbau hat mich die Konstruktionsweise meiner Vor- und Endstufen inspiriert. Diese habe ich ja nach dem Vorbild von Allen Wright realisiert und sind ohne Leiterplatten frei verdrahtet. Auf den Seiten 1 und 2 hier findest Du einige Photos vom inneren Aufbau.

Die Verstärker sind durchgehend spiegelsymmetrisch aufgebaut, der invertierte Zweig ist zur Mitte der Geräte gerichtet, der nicht invertierte nach außen. Bei den Endstufen verläuft die gedankliche Mitte zwischen den beiden. Die Bedeutung dieses Aufbaus hat Allen Wright oft betont, ihm war übrigens die Wirkung der Polarität auf den Klang sehr bewusst - auch mit ein Grund warum ich Vertrauen in ihn gewonnen hatte und mich, ohne jemals seine Kreationen vorab gehört zu haben, in den Nachbau gestürzt habe.

Meiner Intuition folgend habe ich versucht den spiegelbildlichen Aufbau ab den Lautsprecherklemmen der Endverstärker fortzusetzen. Auch hier ist Minus zur Mitte hin angeordnet und Plus nach außen. Entsprechend habe ich auch die Lautsprecherterminals der Weichen und auch der Lautsprecher links und rechts spiegelsymmetrisch angeordnet und Du hast natürlich Recht, die Symmetrie bricht sich in den Lautsprechern selbst, da die Chassis alle gleich gepolt sind.

Nun weiß ich natürlich nicht, wie sinnhaft diese ganze Spiegelbildlichkeit ist, bzw. wie sie sich auf den Klang letztlich auswirkt. Den leider schon verstorbenen Allen Wright konnte ich auch nicht mehr dazu befragen. Es fühlte sich jedoch konsequent an, seinen Ansatz nach den Endstufen fortzuführen.

Viele Grüße
Henning
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Nordlicht
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Beitrag von Nordlicht »

Hallo Henning

Erstmal vielen Dank für deine Gastfreundschaft. Es war wieder ein sehr schöner Besuch bei dir. Ich kann mich einfach nicht satt sehen an den tollen Geräten die du gebaut hast.
Auch klanglich hat sich seit meinem letzten Besuch viel getan. Die Räumlichkeit hat zu genommen, der Klang ist lebhafter, detailreicher und dynamischer geworden. Wir haben beide das Gefühl geäußert dass unsere Anlagen ähnlich klingen. Obwohl beide völlig unterschiedlich aufgebaut sind.
Du hörst mit passiven Lautsprechern und Röhrenverstärkern. Ich höre mit aktiven und Transistortechnik.
Wir mögen aber beide den musikalischen und nicht zu analytischen Klang.
Besonders bei den Lautsprechern fällt die handwerkliche Perfektion ins Auge, wie vom Tischlermeister persönlich gebaut.

Bis bald
Jörg
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

HenSch hat geschrieben: 24.04.2024, 02:03Nun weiß ich natürlich nicht, wie sinnhaft diese ganze Spiegelbildlichkeit ist, bzw. wie sie sich auf den Klang letztlich auswirkt. Den leider schon verstorbenen Allen Wright konnte ich auch nicht mehr dazu befragen. Es fühlte sich jedoch konsequent an, seinen Ansatz nach den Endstufen fortzuführen.
Hallo Henning,
bei allem Respekt vor Allen Wright, den ich als Röhren-Experten seit über 35 Jahren (Magazin Glass Audio) sehr schätze, aber vermutlich hat er mehr die Symmetrie unter Mikrofonieaspekten umgesetzt.
An den Lenz'schen Regeln und der Lorentzkraft kann er nichts ändern. Die haben keine Rücksichtnahme auf den spiegelbildlichen Aufbau. Und ich kenne zumindest einen Gerätetyp, wo der spiegelbildliche Aufbau zu erheblich häufigeren Ausfällen auf dem rechten Kanal geführt hat gemessen am linken.
Mein Einwand war nicht unbegründet.
Ich würde die Mikrofonieeffekte bei Röhrenverstärkern höher einstufen als diesen symmetrischen Aufbau der Weichen.
Und was Klangmeister in Lemgo als symmetrische Weiche argumentiert und anbietet, ist eine völlig andere Denke und Ausführung.
Zweifellos ist der Verzicht auf Leiterplatte und freie direkte Verdrahtung anhand der Bauteiledrähte selbst der richtige Weg, den die Industrie wegen zuviel Handarbeit vermeidet.
Und auch ich finde deine handwerkliche Ausführung sehr bewundernswert.
Grüße
Hans-Martin
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HenSch
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Beitrag von HenSch »

Hallo Hans-Martin,

Dein Wissens- und Erfahrungsschatz ist schlicht beeindruckend. An die Effekte der elektromagnetischen Induktion hatte ich noch nicht gedacht. Das muss ich erstmal in Ruhe durchdenken - vielen Dank für Deinen Impuls!

Viele Grüße
Henning
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