ausgehend davon:
ergab sich heute morgen ein kleiner Vergleich von vier Einspielungen dieser Symphonie Nr. 28 von Mozart.Melomane hat geschrieben: ↑20.03.2021, 11:57
hier lief vorhin schon diese CD (Discogs hat die offenbar nicht, deswegen der link zum Erzeuger):
https://audite.de/de/product/CD/95591-r ... ebird.html
Also Karl Böhm mit dem damaligen Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester. Nun ist ja Böhm wohl ein wenig in Vergessenheit geraten. Persönlichkeit, NS-Nähe und "überholte" Musikauffassung trugen mutmaßlich das ihre dazu bei. So war es nur der Sonderangebotspreis (nicht beim Erzeuger ), der mich zuschnappen ließ. Und ich bin in mehrfacher Hinsicht angesprochen worden.
...
Da ist 2. ein Mozart, der verstehen lässt, warum seinerzeit Harnoncourt die Flucht ergriffen hat. Dennoch klingt die Mozartsinfonie sehr schön, auch und gerade aufgrund der Klangfarben. Wiederum eine Aufnahme aus den 70ern, diesmal von 1973. Aber spielen würde man das halt heute nicht mehr so. Aber es bereitet trotzdem Vergnügen, das so wieder zu hören, wie es vergangene Generationen geschätzt haben.
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Und zwar waren dabei vertreten:
1. Böhm I mit seiner Gesamteinspielung der Mozartsymphonien mit den Berliner Philharmonikern aus den 1960er Jahren. Und zwar als CD-Wiederveröffentlichung:
https://www.discogs.com/de/Wolfgang-Ama ... se/5738149
2. Adam Fischer mit dem Danish National Chamber Orchestra 2013:
https://www.discogs.com/de/WAMozart-Ada ... se/6456611
3. Böhm II mit den Kölnern, also die neulich erwähnte Einspielung.
4. Roger Norrington mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart:
https://www.prestomusic.com/classical/p ... ies-vol-vi
In der Reihenfolge wurde auch gehört, nur einmal. Kein Hin und Her und nochmal.
Zum Folgenden: Meine Ohren, meine Tagesform, meine Anlage. Und ich bin kein Musiker.
Und so ergab sich für mich:
Böhm I vertritt noch eine Konzeption, die auf wohltönenden Streicherklang ausgelegt war, quasi als Teppich mit dominierenden Violinen. Das führt im 4. Satz zu im wahrsten Sinne des Wortes schönem Spiel. Wenn auch das Vergnügen durch die Aufnahmetechnik oder die CD-Wiederveröffentlichung getrübt ist. Ein wenig blässlich klingt es. Leider habe ich im Moment keine LP zum Vergleich vor Ort. Jedenfalls geht die Sache im zweiten Satz völlig schief: Ein elendes Gedudel, ich habe das Gefühl, da habe jemand das Hamsterrad kurbelt. Auch sonst klingt die Musik in den Sätzen 1 und 3 ziemlich dudelig.
Da ist dann Adam Fischer ganz anders drauf. Heute wird eben sehr viel dynamischer agiert und sehr viel effektvoller, die übrigen Instrumente neben den Violinen sehr viel akzentuierter präsentiert. Das überzeugt insbesondere beim ersten Satz. Bei den folgenden stellt sich aber zunehmend der Eindruck ein, als werde im Sinne des Effekts jeder Klang direkt ausgeleuchtet. Manchmal habe ich das Gefühl, dass da kein Orchester mehr spielt, sondern eine Ansammlung von hell angestrahlten Instrumenten. Und beim 2. Satz werde ich das Gefühl nicht los, als habe man mit dem mit seinem Klangkonzept nicht viel anfangen können.
Ganz anders Böhm II. Erst im Vergleich erschließt sich, wie modern da schon gespielt wurde. Vor allem der zweite Satz ist eine Entdeckung: Temporückungen, dynamische Abstufungen, stärkere Betonung der tiefen Streicher und Bläser brechen den für Böhm I genannten Violinenteppich komplett auf. Und von Dudelei kann keine Rede mehr sein. Vielmehr wird da - um wieder einen Vergleich zu wagen - eine Blumenwiese evoziert, nicht mit einzelnen Pflanzen, sondern mit einem Ensemble von Blumen bzw. in diesem Fall der immer zusammen agierenden Instrumentengruppen. Böhm hat da vielleicht schon so einiges der damals noch nicht überall etablierten historischen Spielweise adaptiert.
Norrington entwickelt das Konzept dann quasi weiter, verliert aber das gemeinsame Orchesterspiel auch nicht aus den Augen. Erst im vierten Satz wird dann durch die akzentuierte Hervorhebung der Blechbläser gewissermaßen eine Brücke zu Adam geschlagen.
Für mich geht Böhm II als Entdeckung des Morgens durchs Ziel, auch deswegen, weil die Einspielung am besten aufgenommen wurde: Räumlich, transparent, schön klingende Violinen. Auch die übrigen Instrumente werden so gespielt, dass immer eine gewisse Eleganz beibehalten wird, ein brutales "Draufdreschen" gibt es nicht.
Nachher schau ich, ob ich auch noch Karajan im Fundus habe. Von wegen "schönem" Klang.
Viele Grüße
Jochen