Verstärkerklang

chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Hans-Martin
Ich habe bei einem Röhrenverstärker (mit überschaubarer Leerlaufverstärkung) diese Gegenkopplung per Poti variabel gemacht, den resultierenden Unterschied in der Spannungsverstärkung entsprechend am Eingangs-Lautstärkepoti ausgeglichen. Bei minimaler Gegenkopplung war die Plastizität und Feinzeichnung für damalige Verhältnisse umwerfend, die Kontrolle über den Bass allerdings sehr unbefriedigend. Bei gleichem Ruhestrom im Class-AB-Betrieb und unberührtem Ausgangsübertrager hatte allein die Gegenkopplung bereits radikale Unterschiede zur Folge.
Schöne Idee! Damit wären wir dann bei einem schönen Vorteil der Aktivtechnik: man könnte für den Hoch/ Mittelton Verstärker mit niedrigerer Gegenkopplung wählen als im Bass!

Großes Kino wäre ein Verstärker bei dem sich Verstärkungsfaktor und Gegenkopplung an die Frequenz anpasst... oder gibt es das schon?

Grüße

Christian
Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

chriss0212 hat geschrieben: 14.10.2020, 07:31 Hans-Martin
Großes Kino wäre ein Verstärker bei dem sich Verstärkungsfaktor und Gegenkopplung an die Frequenz anpasst... oder gibt es das schon?
Hallo Christian,
ein solches Konzept ist mir noch nicht untergekommen. In den 1980er Jahren hat Leo Kirchner (der von ATB Messsystem) einen Verstärker mit Stromgegenkopplung propagiert und zu verkaufen versucht.
Maximale Membrankontrolle im Bass, Stromgegenkopplung im mT und HT kennen wir hier ja schon (s. AGM).
Transistor im Bass, Röhrenendstufen im HT hatte ich vor 40 Jahren im Einsatz, später kam ich davon ab, die Chassis von zu unterschiedlichen Kabeln und Enstufen anzusteuern.

Da eine frequenzabgängige Gegenkopplung uns von den meisten Phonoentzerrervorverstärkern vertraut ist (RIAA hat die stärkste Gegenkopplung im Hochton, die geringste im Bass), gab es auch Diskussionen über Aussteuerbarkeit, Rauschverhalten, Einfluss der Gegenkopplung auf das Klirrverhalten etc.
Ein passives Netzwerk müsste vorgeschaltet werden, oder einfach ein Phono-Pre, dann der Verstärker mit steigendem FG (in der Gegenkopplung kann man ein passives RIAA Netzwerk einsetzen), der oberhalb 20kHz nicht weiter stetig steigen darf, wegen EMV, Stabilität.
Ich würde für heutige Maßstäbe ungünstige Klirr- und Rauschwerte erwarten, deshalb habe ich den Gedanken auf Eis gelegt, denn zugleich habe ich mit Class-D Verstärkern in Kombination mit digitaler Raumkorrektur "mein" Konzept zur Zufriedenheit gefunden, von Anfang bis Ende konsequent digital, und Phono klingt über ADC auch dank Raumkorrektur besser denn je.
Seit 30 Jahren krame ich mit Abständen diese Gedanken hervor, aber zu jedem Chassis einen passend ausgesuchten Verstärker scheint mir doch praktikabler. Der Verstärker mit gleitend frequenzabhängigem Ausgangswiderstand wäre für eine Passivbox gemacht (falsches Forum dafür, dieses hier), und was passiert mit dem Klang der Box, wo die Impedanz im Hochtonbereich ansteigt? Auch da müssten Stellschrauben am Verstärker zur Anpassung vorhanden sein.
Die vielen Überlegungen im Vorfeld über Sinnhaftigkeit, praktische Umsetzung usw. haben mich bisher noch nicht hinreichend motiviert, einen ausrangierten Verstärker mit vorhandenem Phonoeingang in der Endstufengegenkopplung umzubauen, und einen zweiten, ursprünglich identischen zum Hörvergleich zu beschaffen.
Ich denke, ähnliche Überlegungen haben andere auch schon angestellt, Für und Wider...
Grüße
Hans-Martin
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Audiophon
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Beitrag von Audiophon »

Hans-Martin hat geschrieben: 14.10.2020, 00:34 Hallo Martin,
das Prinzip von PPP-Verstärkern mit Röhren könnte bei Grandinote auf Halbleiter mit Class-A umgesetzt worden sein.
Allerdings hätte diese Schaltung (nach meiner Spekulation) mit Autotrafo auch eine Gegenkopplung in der letzten (End-)Stufe ohne die negative Gegenkopplung vom Ausgang zum Eingangsbereich des Verstärkers, wie sonst üblich.

Aus der Definition des Dämpfungsfaktors (= LS-Impedanz geteilt durch Ausgangsimpedanz des Verstärkers) müsste bei D=200 @8Ω sich ein Ausgangswiderstand von 40mΩ realisieren.
Angesichts solcher Größenordnung bei den unumgänglichen Netzteilelkos, denen die mehr oder weniger durchgesteuerten Endstufentransistoren noch folgen, bevor das Signal die Ausgangsklemmen erreicht, ist ein solcher Dämpfungsfaktor kaum erreichbar, es sei denn, es gibt eine Gegenkopplung, die man als solche nicht deklariert, weil sie nicht über alles wirkt.

Bei Röhrenendstufen haben Audio Research und McIntosh Wicklungen ihrer Übertrager zwischen Signalmasse und Kathode der Endröhren (bzw Wicklungen eigens für die Treiberröhren) geschaltet, um hier das LS-Signal so unmittelbar wie möglich gegen das treibende Signal einzusetzen. Die übliche Überalles-Gegenkopplung gibt es dort allerdings zusätzlich.
Grüße
Hans-Martin
Hallo Hans-Martin,

bezüglich des Ausgangswiderstandes gibt Grandinote 30 mOhm für den Demone Endstufen an. Auf der Homepage steht, dass keine Gegenkopplung verwendet wird. Ich habe jetzt nochmal nachgefragt ob dies auch bedeutet, dass keine lokale Gegenkoppung angewendet wird.

Beim Abholen meiner LS nach einem Update diesen Sommer bei Gauder Akustik habe ich meine LS mal an den dort im Hörraum stehenden McIntosh MC601 gehört und war was die Basskontrolle angeht maßlos enttäuscht. Der Bass war für mein Befinden viel zu langsam und zu weich. Im Nachhinein habe ich dann gelesen, dass die MC601 einen angegebenen Dämpfungsfaktor von ">40" haben. Wie die Amis damit dann ihre oft verwendeten riesigen Basschassis unter Kontrolle bringen wollen ist mir schleierhaft...

Viele Grüße
Martin
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Martin,
MC601 steckt zwar voll mit Halbleitern, in 2 Endstufen nach meiner Einschätzung in Brückenbetrieb über einen Ausgangsübertrager, soll damit vielleicht mehr wie Röhre klingen, wie von McIntosh gewohnt.
Bei magnetischer Induktion gilt Magnetfeldänderung pro Zeiteinheit, und da tiefe Töne viel Zeit brauchen, ist die Übertragungscharakteristik bei Übertragern schwach, ebenso die Basskontrolle. Das schwammige Bassverhalten ist bei Röhrenverstärkern schwer zu vermeiden.

Gilbert A. Briggs, Gründer von Wharfedale, schrieb in seinem Buch Loudspeakers (Mitte der 1950er Jahre), dass ein Verstärker mit Dämpfungsfaktor 15 völlig ausreichend sei, höhere Dämpfungsfaktoren würden keinen Fortschritt bringen.
Seit über 30 Jahren haben wir Endstufen, die D= 1000 erreicht haben, im Wandel der Zeit.
Zu Briggs Zeit kam die weiche Gummisicke als große Überraschung von AR und eroberte schnell den Markt, wo sonst hart aufgehängte, wirkungsgradstarke LS dominierten (mit niedrigen QTS).
Mit den weichen Aufhängungen für kleinstmögliche Gehäuse stieg der Bedarf nach mehr Dämpfung durch den Verstärker (vereinfacht dargestellt)
Grüße
Hans-Martin
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Audiophon
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Beitrag von Audiophon »

Hallo Hans-Martin,

danke für Deine Erläuterungen. Ich als Ökonom bin leider bei technischen Belangen ziemlich unbeleckt und greife daher immer wieder gerne auf Eure technischen Erläuterungen zurück :cheers: !

Ich habe vorhin nochmals bei Grandinote nachgefragt und der Entwickler hat mir bestätigt, dass er keine (auch keine lokale) Gegenkopplung benutzt und den relativ hohen Dämpfungsfaktor durch das ungewöhnliche Schaltungsdesign erreicht. Wie Du meinte er auch, dass mit gewöhnlichen Schaltungen und ohne Gegenkopplung ein solch niedriger Ausgangswiderstand nicht möglich sei.

Viele Grüße
Martin
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Hans-Martin
aber zu jedem Chassis einen passend ausgesuchten Verstärker scheint mir doch praktikabler.
Jupp... so mache ich es momentan ;)

Aber ich fände das wär mal... irgendwann... ein Experiment wert, was ich mal angehen könnte. Aber bis dahin habe ich noch genügend andere Baustellen ;)

Viele Grüße

Christian
Lauscher
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Beitrag von Lauscher »

Hallo in die Runde,

Was wäre denn eine optimale Endstufe für ein Sub mit einem Gehäuse auf einen qtc von 0,6 ausgelegt ?
Der Treiber ist der ScanSpeak 30W/4558T00.
https://www.scan-speak.dk/datasheet/pdf/30w-4558t00.pdf

Ich verwende zur Zeit pro Chassis eine Hypex UcD180HG HxR.

Viele Grüße
Jens
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Lauscher hat geschrieben: 14.10.2020, 21:02Was wäre denn eine optimale Endstufe für ein Sub mit einem Gehäuse auf einen qtc von 0,6 ausgelegt ?
Hallo Jens,
Deine Frage lässt sich nicht beantworten.
Philosophisch: Die Erfahrung lehrt, dass das Optimum von gestern morgen noch eine Steigerung erfährt, also : es gibt ein Optimaler.
Technisch: Der berechenbare Aspekt liegt in Qes, wo der Widerstand der Filterspule und der Innenwiderstand der Quelle mit eingeht, was bei Bassreflex einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Abstimmung bzw. Gehäusegröße nimmt.

Hilfreich, aufschlussreich ist eine Online-Simulation wie https://www.micka.de/index.php#ideal
Die Platzierung des LS bleibt dabei (leider, wie immer) unberücksichtigt, ob freie oder gar Eckaufstellung hat einen dramatischen Unterschied.
Bei Verwendung eines Equalizers oder gar Raumkorrektursystems verschieben sich die Gewichtungen, weg von Butterworth (Q=0,707) mit seinem guten Frequenzgang hin in Richtung bestes Ein/Ausschwingverhalten, oder in Richtung niedrigster Klirr durch BR.
Grüße
Hans-Martin
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Lauscher
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Beitrag von Lauscher »

Hallo Hans-Martin :D

Mist - ich habe wichtige Details vergessen:
Die Subs sind CB und es handelt sich hinter den Standlautsprechern jeweils links und rechts um Eckaufstellungen 3 Stück übereinander im gleichen Abstand vom Boden zur Decke - mit Acourate eingemessen.

Dieses Jahr war sehr hektisch - ich muss mein Vorstellungsbereich aktualisieren :roll:

Welche Art von Endstufe würdest Du bevorzugen ?

Viele Grüße
Jens
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Audiophon hat geschrieben: 14.10.2020, 15:00Ich habe vorhin nochmals bei Grandinote nachgefragt und der Entwickler hat mir bestätigt, dass er keine (auch keine lokale) Gegenkopplung benutzt und den relativ hohen Dämpfungsfaktor durch das ungewöhnliche Schaltungsdesign erreicht. Wie Du meinte er auch, dass mit gewöhnlichen Schaltungen und ohne Gegenkopplung ein solch niedriger Ausgangswiderstand nicht möglich sei.
Hallo Martin,
Zu den Messergebnissen des Grandinote Shinai
Stereophile hat geschrieben:The Grandinote's output impedance, including the series impedance of 6' of loudspeaker cable, was relatively high for a solid-state design, at 0.24 ohm at 20Hz and 1kHz, increasing very slightly to 0.265 ohm at 20kHz.
Schade eigentlich, anstelle eines zuverlässigen, zum Vergleich geeigneten Wert wird der Ausgangswiderstand nur mit 6 Fuß LS-Kabel ungenannter Stärke spezifiziert, um dann den Wert als "für Transistor relativ hoch" angesiedelt zu beschreiben.
Grüße
Hans-Martin
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Stereophile Messungen

Beitrag von Audiophon »

Hallo Hans-Martin,


Ja schade. Wobei ich sagen muss, dass ich die Stereophile als Zeitschrift deutlich ernster nehme als die meisten unserer Zeitschriften. Die Messungen empfinde ich normalerweise als sehr aufschlußreich und gut erläutert - zumindest in der Print Version (ich hatte die Stereophile über 10 Jahre im Print Abo). Sehr interessant ist immer auch wie ein Verstärker im Test auf eine „simulated loudspeaker load“ reagieren würde - insbesondere bei Röhrenverstärkern.

Zudem beschreiben die Tester immer recht genau mit welchen Liedern getestet wurde und wie der jeweilige Höreindruck hierbei war.

Im Januar soll zu diesem Test übrigens auch nochmal ein Follower-up Review kommen :wink:

Viele Grüße
Martin
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Lauscher hat geschrieben: 17.10.2020, 20:02Mist - ich habe wichtige Details vergessen:
Hallo Jens: Die Tiefpassfrequenz der Subs
Welche Art von Endstufe würdest Du bevorzugen ?
Unter Einbeziehung aller bisher gemachten Erfahrungen und besonders hervorgehobener Gewichtung der überraschenden Feststellungen, die nicht meiner ersten Erwartung entsprachen: dieselben Verstärkerkonzepte, die die angrenzenden Chassis antreiben. Damit wird (meine Spekulation:) dasselbe Temperament für bessere Integrität erreicht, der Übergang nahtloser.
Ich habe wiederholt diese Erfahrung mit fx bei 80Hz, bei 350hz und bei 3000Hz gemacht, zu unterschiedlichen Zeiten in 4 Dekaden, immer dasselbe Ergebnis. Ich kann das gern im Detail beschreiben, aber das würde wieder ein langer Bericht... abgekürzt: mein jetziger Erkenntnisstand
Grüße
Hans-Martin
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cornoalto
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Beitrag von cornoalto »

Hallo,
Hans Martin,
etwa Class D- Verstärker?
Ich wollte gerade eine ähnliche Frage stellen:
Für ein Eckhorn bis 120 hz als (bessere ) Alternative zu meinem momentan eingesetzten Modul RAS 300 Plus von Inosic:
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q ... -rpJwNA-CZ

etwa das Bass-Modul von Hypex:
https://www.soundimports.eu/de/hypex-fa ... gLc6fD_BwE


Mich würde auch interessieren, ob dieses absolut rausch- und brummfrei ist, und ob das Schaltnetzteil nicht eventuell hochfrequent ins Netz einstreut und dadurch die empfindliche Elektronic des Dac stört.

Viele Grüße

Martin
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Hans-Martin
Ich habe wiederholt diese Erfahrung mit fx bei 80Hz, bei 350hz und bei 3000Hz gemacht, zu unterschiedlichen Zeiten in 4 Dekaden, immer dasselbe Ergebnis. Ich kann das gern im Detail beschreiben, aber das würde wieder ein langer Bericht... abgekürzt: mein jetziger Erkenntnisstand
Falls Du Dir die Arbeit machen möchtest, würde mich das sehr interessieren. Insbesondere die Übergangsfrequenz bei 3000Hz. Die liegt ja doch noch sehr in der Stimme oder? ... ich hätte gedacht eine höhere Übergangsfrequenz wäre da besser.

Vielen Dank und Gruß

Christian
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Beitrag von Audiophon »

chriss0212 hat geschrieben: 17.10.2020, 23:42
Falls Du Dir die Arbeit machen möchtest, würde mich das sehr interessieren. Insbesondere die Übergangsfrequenz bei 3000Hz. Die liegt ja doch noch sehr in der Stimme oder? ... ich hätte gedacht eine höhere Übergangsfrequenz wäre da besser.

Vielen Dank und Gruß

Christian
Hallo Christian,

Jein, der Grundton der Stimme kommt nicht bis an die 3 kHz, die Obertöne die den Klang eigentlich ausmachen aber schon. Zudem ist das Gehör gerade bei 3 kHz am empfindlichsten, eben genau um an Hand der Obertöne überhaupt unterschiedliche Stimmen unterscheiden zu können.

Viele Grüße
Martin
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