Hallo Freunde,
jaja, die Pfleidsche Entzerrung. Die Schaltung war, wie Winfried berichtet hat, recht schwierig abzugleichen. Ich habe in den 80ern etwas Ähnliches gemacht, bin aber technisch - mit Verlaub - noch ein kleines Stückchen weiter vorgedrungen als Pfleiderer damals. Ich will das kurz beschreiben.
Die Kraft, die eine Membran antreibt, ist B*l*I. B ist das Magnetfeld, l die Länge des Leiters in diesem Magnetfeld (die Schwingspule), und I ist der Strom, der durch diese Schwingspule fließt. Gut merken - der
Strom, nicht die
Spannung ist die Energie tragende Größe. Das ist deshalb wichtig, weil jeder normale Verstärker eine Spannung liefert und sich der Strom eben so einstellt, wie es eben der komplexe Widerstand der Schwingspule über das Ohmsche Gesetz veranlasst. Im Wesentlichen ist dies ein Widerstand mit einer Spule in Reihe geschaltet, aber es gibt eine Menge kleiner Nebeneffekte wie z. B. Wirbelströme, die ebenfalls einen Beitrag leisten.
Dieser antreibenden Kraft als actio stellt sich eine reactio als Gegenkraft entgegen. Sie hat im Wesentlichen folgende drei Bestandteile:
1.
Die träge Masse der bewegten Teile (Membran, Schwingspule, Schwingspulenträger, Staubkappe etc.) stellt sich dem Antrieb entgegen. F=m*a, der alte Newton hat das rausgefunden. Die Grundgleichung der Mechanik. Also Kraft gleich Masse mal Beschleunigung.
2.
Durch Reibung gibt es ebenfalls eine Gegenkraft. Bei den auftretenden Geschwindigkeiten gilt in guter Näherung F=r*v, Reibungskoeffizient mal Geschwindigkeit. Die Reibungskraft kommt z. B. durch die innere Reibung der Gummisicke und Zentrierspinne zustande, hauptsächlich aber durch die Reibung an der bewegten umgebenden Luft. Durch genau diesen Effekt kommt überhaupt die Schallabstrahlung zustande.
3.
Die Rückstellkraft der sich bildenden Feder. Zum einen sorgt die Zentrierspinne und die Sicke für eine Rückstellkraft, zum anderen das eingeschlossene Luftvolumen in der Box (geschlossenes Gehäuse angenommen). F=d*s, Federsteife mal Auslenkung der Membran.
Ich schreibe das mal zusammen:
B*l*I = m*a + r*v +d*s
Das ist die Schwingungsdifferenzialgleichung eines Lautsprechers, die gilt, solange sich seine Membran im linearen Auslenkungsbereich aufhält. Was heißt "Differenzialgleichung"?
Nun, es gibt eine Komponente, die vom Ort der Membran abhängt, eine, die von der Geschwindigkeit der Membran abhängt, und eine, die von der Membranbeschleunigung abhängt. Geschwindigkeit ist die Änderung des Ortes, Beschleunigung die Änderung der Geschwindigkeit. Mathematisch ausgedrückt die Ableitung nach der Zeit. Ableiten nennt man auch differenzieren. Da also s (der Ort), v=ds/dt (die Geschwindigkeit) und a=d²s/dt² (die Geschwindigkeit als zweite Ableitung des Ortes) auftaucht, nennt man das eine Differenzialgleichung zweiter Ordnung. Es ist die bekannte Schwingungsdifferenzialgleichung, die auch für jedes Masse-Feder-Pedel gilt. Und nichts anderes ist ein Lautsprecher. Umso erstaunlicher, dass man diesem Pendel einen linearen Frequenzgang anerziehen kann, nicht wahr?
Wenn Ihr das verdaut habt, erzähle ich, wie man das elektronisch linearisieren kann.
Viele Grüße
Gert
P.S.
Zwodoppelvier hat geschrieben:habe soeben auf der oben verlinkten Seite von Herrn Pfleiderer gesehen, daß es die Firma
VoicePoint ist, welche seine aktive Entzerrertechnik in aktuellen Produkten einsetzt
Das Marketinggeblubber auf der ersten Seite hat mich ehrlich gesagt wenig animiert, dort weiter zu lesen