Wie misst man den Wellenwiderstand von Kabeln?

saabcoupe
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Beitrag von saabcoupe »

Ich habe bei der Suche nach hochwertigen für den Linn nichts gefunden.
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

phase_accurate hat geschrieben: Ich habe mir schon die Ueberlegung gemacht, ob ein möglichst Verlustloses Kabel mit teuren Dielektrika und Innenleitern (von welchen HF Signale definitiv profitieren) nicht vielleicht sogar kontraproduktiv ist. Zwar ist ein höherer Signalpegel auf der Empfängerseite besser bezüglich Jitter aber eine höhere Kabeldämpfung führt zu weniger ausgeprägten Reflektionen was auch wieder besser ist bezüglich Jitter. Vielleicht gibt es ja für jede Gerätekombination einen "Sweet Spot" bezüglich Kabeldämpfung wenn Pegel und Reflektionen gegeneinander abgewogen werden.
Hallo Charles,
ich habe auf der Empfängerseite des Kabels "interessante" Erfahrungen mit Pi-Abschwächern gemacht, die im Bereich -2 bis -8dB lagen. Von den 3 Kleinwiderstände konnte ich einen (noch bedrahteten) im hohlen Mittelpin des Bullet-Stecker unterbringen, die anderen beiden nach Masse fanden Platz im Steckergehäuse (Mini-MELF). Anschließend wurden die Widerstände entmagnetisiert (ich benutze schon lange keinen Weller WTCP mehr, aus Langzeitstabilitätsgründen haben Widerstände Stahlkappen, die sind magnetisierbar).
Nachteilig ist die reduzierte Zugfestigkeit, die Zugentlastung geht überwiegend über die Gehäuseschraube im Plastik, der Massepin ist mechanisch nicht sonderlich belastbar, der hohle Mittelpin sitzt im Stecker fest, aber das Kabel endet am Widerstand.
Ausgangspunkt war der hohe Ausgangspegel des M2Tech HiFace (er wurde später reduziert, heute Manunta), da hatte man viel Reserve, bis das Signal vom nachfolgenden Eingang nicht mehr erkannt wurde.
Der Klang wurde entspannter, unaufdringlicher, bis hin zum langweiliger.
Grüße
Hans-Martin
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo liebe Threadverfolger,
Fortepianus hat geschrieben:
Fujak hat geschrieben:Angesichts der Tatsache, dass es in der letzten Zeit einige Beiträge im Forum gab, die dem neunen Linn G-Hub einen besseren Klang über AES-Ausgang attestieren, taucht bei mir die Frage auf, wie denn die Messung des SPDIF-Signals über AES/EBU zu bewerkstelligen ist.
dafür habe ich mir gerade etwas Material bestellt, um die passenden Adapter zu bauen. Ich erzähl dann.
diese Androhung mache ich jetzt wahr. Ich habe mir dafür drei ziemlich winzige Aludruckguss-Gehäuse besorgt. Die Idee: In ein Gehäuse kommt ein variabler Widerstand im Bereich zwischen 60 und 150 Ohm, in eins die Einspeisung BNC -> XLR zwischen Pin 1 und 2 (Schirm gegen Leiter) und in eins die Einspeisung zwischen den Leitern, also zwischen Pin 2 und 3. Ich beginne mit dem variablen Abschlusswiderstand und verschwinde für eine Stunde in meiner Garage, wo sich die Ständerbohrmaschine und all das Werkzeug für's Grobe findet. Das Ergebnis:

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Ziemlich ambitioniert, in dieses Gehäuse ein 20Gang-Poti plus Widerstand, einen Schalter und vor allem die ziemlich große XLR-Buchse reinzukriegen, stelle ich fest. Vielleicht hätte ich das Gehäuse doch eine Nummer größer wählen soll, aber ich dachte halt, bei HF immer so klein wie möglich. Und es passt dann doch alles rein:

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Ich löte noch schnell ein Adapterkabel, so dass man direkt mit einem Multimeter den eingestellten Widerstand ausmessen kann:

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Deckel und Schildchen drauf:

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Mit dem Schalter kann man wählen, ob man zwischen Schirm und Leiter oder zwischen den Leitern messen will. Ich stelle zum Test das Poti auf rund 110 Ohm:

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Mit einem kleinen Abgleichstift kann man hier den Widerstand einstellen:

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Nächste Bastelstunde: Impulseinspeisung ins XLR-Kabel.

Viele Grüße
Gert
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saabcoupe
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Beitrag von saabcoupe »

Hallo Gert,

du hast wirklich für alles eine Lösung, ich bin begeistert.

Vg Harald
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Harald,
saabcoupe hat geschrieben:du hast wirklich für alles eine Lösung, ich bin begeistert.
abwarten, bis jetzt habe ich nur einen Abschlusswiderstand. Aber der Impuls muss auch irgendwie in das symmetrische Kabel rein. Weiter also mit dem Gebastel - die 24mm-Löcher für die XLR-Einbaustecker in die winzigen Gehäuse zu schnitzen ist eine gewisse Herausforderung. Die Einspeisung zwischen Schirm und Leiter ist dann aber ganz einfach:

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Man geht von der Quelle (BNC-Einbaustecker) zu Masse und Pin 2 (Pin 3 ginge natürlich genauso und bleibt hier frei). Schwieriger ist es, wenn man zwischen die Leiter einspeisen möchte, und das ist das, was eigentlich interessiert: Hier soll das Kabel ja normgerechte 110 Ohm Wellenwiderstand haben. Das Problem: Man braucht ein zu Masse symmetrisches Signal. Nun könnte man natürlich die Kanone rausholen und eine G-Hub-Platine mit Ausgangstreiber etc. in ein Gehäuse bauen. Ich probiere erstmal die alte Bastelmethode und wickle einen kleinen Übertrager, wie man es auf allerlei DIY-Seiten immer wieder beschrieben findet:

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10 Windungen rein, 12 Windungen raus, das transformiert die 75Ohm der Quellbuchse rechnerisch auf 108 Ohm am Ausgang, noch ein bisschen Innenwiderstand dazu, passt. Das Windungsverhältnis n transformiert den Widerstand quadratisch, da sowohl der Strom I mit n abnimmt wie die Spannung U mit n zunimmt beim Trafo (nach dem ohmschen Gesetz ist U/I konstant). Die beiden Wicklungen mache ich auf einen kleinen Kern der Kennzahl 61, der angeblich bis 200MHz überträgt.

Hier also das Arsenal für den Start:

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Für einen ersten Test, wie der Impuls ohne Kabel aussieht, löte ich eine Abschlusskupplung mit 110 Ohm zwischen Pin 2 und 3 zusammen:

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Das alles dann an den kleinen Impulsgenerator gesteckt:

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Der Impuls sieht dann so aus:

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Das ist unter aller Kanone, das ns-Nädelchen wird zu einem Fladen mit lahmem Nachgewabber und einer Resonanzfrequenz irgendwo bei 25MHz. Eigentlich wusste ich das schon vorher. Aber es hat mich bei der Gelegenheit in den Fingern gejuckt, mal zu zeigen, was so ein selbst gewickelter Digitalübertrager taugt, nämlich genau nichts. Der Übertrager entwickelt ein massives Eigenleben, wenn er so eine scharfe Anregung kriegt. Aus der Höhe des Pulses lässt sich auch schließen, dass die 110 Ohm keineswegs auf 75 Ohm nach vorne transformiert werden, da sind erhebliche Verluste im Spiel.

Also schauen wir mal, wie das die Profis machen. Ich finde einen fertigen Adapter mit Übertrager drin von Neutrik:

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An den Generator gestöpselt und mit 110 Ohm abgeschlossen:

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Das sieht dann so aus:

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Das ist deutlich besser. Aber leider immer noch nicht perfekt.

Ich gehe in meinen Schublädchen auf die Suche nach guten Digitalübertragern. Ich probiere allerlei aus, aber keiner ist besser als der von Neutrik. Aber dann kommt mir da so ein Gedanke und am besten sieht dann der Impuls mit etwas aus, das eigentlich gar nicht als Übertrager gedacht ist - eine winzige HF-Doppeldrossel, die ich quer zu ihrer eigentlich gedachten Anschlussart anschließe:

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Das Ding ist so klein, dass es gerade zwischen Pin 2 und 3 der Buchse passt. Jetzt sieht der Impuls so aus:

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Das sieht gut aus, aber woher kommt denn der kleine negative Offset? Mir dämmert der Fehler: Vor den Übertrager muss natürlich noch ein kleiner Kondensator, weil das Signal mit dem steilen Puls nach oben ja in Summe über alles gemittelt ein Signal mit DC-Offset darstellt. Ich löte also einen kleinen Glimmerkondensator mit 1nF Kapazität rein:

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Das ist sehr gut jetzt, damit kann man arbeiten.

Viele Grüße
Gert
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Liebe Wellenwiderständler,

bin jetzt nicht ganz sicher, ob das aufgrund der mannigfaltigen Rückmeldungen von weiterem Interesse ist, aber ich zeige auch gerne noch, wie sich mit dem neuen Besteck verschiedene symmetrische Kabel messen.

Ich stecke zunächst ein symmetrisches Digitalkabel an: Ein nur 0,5m langes Apogee Wyde Eye, mit dem ich ich nach erfolgtem Umbau die G-Hubs zunächst zum Test an meinen G-HA stecke, um zu sehen, ob Musik rauskommt:

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Die Reflexionen des Wyde Eye lassen sich sehr gut auf Nulllinie abgleichen:

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Der gemessene Widerstand dazu beträgt ziemlich genau 110 Ohm!

Jetzt ein normales Studio-Mikrofonkabel, das MLC-52:

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Da kommt dann als Wellenwiderstand 140 Ohm raus. Nicht richtig gut geeignet als Digitalkabel, auch wenn die AES/EBU-Norm den Hintergedanken hatte, dass man die normalen Analogsignalkabel, die eh in jedem Studio massenweise vorhanden sind, auch für die symmetrische Digitalverbindung verwenden kann. Funktionieren würde es aber schon, nur eben mit Reflexionen. Ich nehme das nächste beste XLR-Kabel in meiner Reichweite - ein MuSiGo XLR2, mit dem meine AGM 3.3 analog am G-ADS1 DAC im UG hängen:

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Auch das lässt sich recht gut auf Nulllinie abgleichen:

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114 Ohm kommt da raus. Das ist jetzt natürlich der pure Zufall, da Harald bei der Fertigung dieser Kabel sicher an alles gedacht hat, nur nicht an 110 Ohm Wellenwiderstand und dass dieses sehr gute Analogkabel mal als Digitalkabel missbraucht werden könnte. Deshalb als Tipp für Harald, der wahrscheinlich sowieso bald mit ein paar Kabeln zum Messen bei mir auftauchen wird, sobald er diese Zeilen gelesen hat: Der Aufbau Deiner Analog-XLR-Kabel ist eine sehr gute Basis für die 110Ohm-Digitalkabel. Ich finde hier unten in der Werkstatt noch ein Reinkupferkabel von Harald, ein XLR1 mit nur 70cm Länge:

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Das hat 112 Ohm, auch ein ziemlich guter Treffer. Jedenfalls kann ich mit dem neuen Messbesteck jetzt auch gut symmetrische Kabel ausmessen.

Ich hänge noch ein Refine UM mit 1,28m dran - das hat ca. 73 Ohm. Ich sage ca., weil sich die Pulsreflexion nicht richtig auf Null abgleichen lässt. Das ist das beste Analogkabel, das ich kenne, aber als Digitalkabel sollte man es nicht missbrauchen. Zu dem Zweck gibt's von Refine symmetrische Digitalkabel.

Zu Fujaks Frage
Fujak hat geschrieben:Gehe recht in der Annahme, dass analog zu dem von Dir beschriebenen Prozedere jeder der beiden Innenleiter eines XLR-Kabels jeweils gegen Masse auf 110 Ohm gemessen wird?
habe ich auch die Wellenwiderstände der Leiter gegen Masse angeschaut.

Wyde Eye: 62Ohm
MLC-52: 77Ohm

Das kommt zumindest in die Nähe von Hans-Martins Vermutung:
Hans-Martin hat geschrieben:das dürften eher jeweils 55 Ohm sein, da 110 Ohm die Abschlussimpedanz zwischen den beiden gegenphasigen Signalleitern ist.
Aber z. B. das Musigo hat zwischen Pin 2 und 3 114 Ohm und gegen Masse 112 Ohm. Da sind die drei Leiter ja verflochten - die Masse ist aber nur ein (Kupfer-) Leiter, Pin 2 und 3 haben zusätzlich zu dieser Kupfer- noch eine dünne Silberader. Es kommt also auf den Aufbau des Kabels an.

Jetzt noch ein Test: Wie sieht denn eigentlich so ein XLR-Eingang aus, wenn man diesen Messimpuls über ein 110Ohm-Kabel reinschickt? Ich stecke dazu das Wyde Eye an meinen Oppo G-HA:

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Der Eingang reflektiert den Impuls aus dem 110Ohm-Kabel heftig und das stützt meine Vermutung, dass die üblichen symmetrischen Eingänge wohl ebenso wenig 110 Ohm haben wie die asymmetrischen 75.

Viele Grüße
Gert
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Gert,

danke für den zweiten Teil der Wellenwiderstandsmessungen mit XLR/AES-Kabeln. Nachdem die Messungen der symmetrischen Kabel eine so eindeutige Sprache sprechen, würde mich interessieren, inwieweit Du die Einhaltung bzw. Abweichung von 110 Ohm im Klangvergleich bestätigt siehst, oder ob es da klangliche Ausreißer (nach oben oder unten) gibt. Schließlich sind alle Deine Testkabel ja unterschiedlich im Aufbau und auch vom Material her.

Zum Beispiel: Das mir (wenn auch nur in der BNC-Variante) sehr vertraute WydeEye scheint da ziemlich ideale Werte von Haus aus mitzubringen, MuSiGo XLR2 von Harald mit seinen 114 Ohm bzw. MuSiGo XLR1 mit 112 Ohm weichen da zwar ein Stück ab, aber haben sicher bessere Leiterqualität. Das fände ich einen interessanten Vergleich.

Grüße
Fujak

P.S.: Mir fällt gerade ein, dass Du ja keinen G-Hub in Deinem Setup betreibst (DAC hättest Du ja in Form des G-HA1), aber vielleicht bei der nächsten Gertifizierung eines G-Hub.
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Fujak,
Fujak hat geschrieben:danke für den zweiten Teil der Wellenwiderstandsmessungen mit XLR/AES-Kabeln. Nachdem die Messungen der symmetrischen Kabel eine so eindeutige Sprache sprechen, würde mich interessieren, inwieweit Du die Einhaltung bzw. Abweichung von 110 Ohm im Klangvergleich bestätigt siehst, oder ob es da klangliche Ausreißer (nach oben oder unten) gibt. Schließlich sind alle Deine Testkabel ja unterschiedlich im Aufbau und auch vom Material her. Zum Beispiel: Das mir (wenn auch nur in der BNC-Variante) sehr vertraute WydeEye scheint da ziemlich ideale Werte von Haus aus mitzubringen, MuSiGo XLR2 von Harald mit seinen 114 Ohm bzw. MuSiGo XLR1 mit 112 Ohm weichen da zwar ein Stück ab, aber haben sicher bessere Leiterqualität. Das fände ich einen interessanten Vergleich.
ja, das kann ich gerne mal ausprobieren mit dem nächsten G-Hub am G-HA als DAC. Nochmal zur Klarstellung: Das Wyde Eye ist das einzige echte 110Ohm-Kabel, das ich habe. Die anderen Kabel waren alle XLR-Kabel für die analoge Verbindung. Die habe ich eigentlich nur gemessen, um etwas Übung mit dem neuen Messbesteck zu kriegen. Dass das MuSiGo XLR-Kabel recht gut die 110 Ohm trifft, ist Zufall.

Viele Grüße
Gert
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saabcoupe
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Beitrag von saabcoupe »

Hallo Leute.

meine analogen Xlr Kabel haben keine verdrillten Leiter, sie liegen einfach nur parallel nebeneinander und haben keine Schirmung. Da dieser Aufbau schon fast perfekt ist werde ich noch eine geflochtene und verdrillte Variante machen, mal sehen wie stark diese dann abweichen. So finden wir raus welcher Aufbau definitiv der falsche ist.

Fur das Wide eye have ich die Vermutung das die Leiter verdrillt sind da es eine gleichmäßig runde aussen Hülle hat, flechten wurde eine wellige Form ergeben. Oder sie liegen auch nur parallel nebeneinander, aber dichter zusammen, ohne Luft dazwischen.

Interessant wäre zu wissen wie die Refine aufgebaut sind da ihr Wert deutlich abweicht, vielleich meldet sich ja der Hersteller wenn es kein Staatsgeheimnis ist.

Viele Grüße Harald
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Fujak, hallo Harald,
Fortepianus hat geschrieben:
Fujak hat geschrieben:Nachdem die Messungen der symmetrischen Kabel eine so eindeutige Sprache sprechen, würde mich interessieren, inwieweit Du die Einhaltung bzw. Abweichung von 110 Ohm im Klangvergleich bestätigt siehst, oder ob es da klangliche Ausreißer (nach oben oder unten) gibt. Schließlich sind alle Deine Testkabel ja unterschiedlich im Aufbau und auch vom Material her. Zum Beispiel: Das mir (wenn auch nur in der BNC-Variante) sehr vertraute WydeEye scheint da ziemlich ideale Werte von Haus aus mitzubringen, MuSiGo XLR2 von Harald mit seinen 114 Ohm bzw. MuSiGo XLR1 mit 112 Ohm weichen da zwar ein Stück ab, aber haben sicher bessere Leiterqualität. Das fände ich einen interessanten Vergleich.
ja, das kann ich gerne mal ausprobieren mit dem nächsten G-Hub am G-HA als DAC.
wie es der Zufall so will, wurde heute am Nachmittag ein neuer G-Hub fertig. Zunächst habe ich den XLR-Eingang des Oppo G-HA noch ein bisschen frisiert, damit die Kabel einen guten 110Ohm-Anschluss finden:

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Unter dem neu hinzugekommenen blauen Poti waren zwei smd-Widerstände mit Null Ohm, die habe ich erstetzt durch etwas höhere Werte. Parallel zum Eingangsübertrager hängt das Poti zum Abgleich, und den Widerstand nach dem Übertrager habe ich rausgelötet und ebenfalls angepasst. Zur Erinnerung, der XLR-Eingang hat den Messimpuls vorher so reflektiert:

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Nach der Modifikation sieht das so aus:

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Das ist ganz wesentlich besser. Dann wurde der neue G-Hub anstelle des G-ADS2 DAC im Rack aufgestellt und der G-HA links daneben, ebenfalls aus der G-Leiste versorgt mit Power Plant Premier davor. Die Refine UM von den AGM 9.4 stecken jetzt im G-HA anstelle im G-ADS2 DAC. Den Pegelabgleich habe ich mit einem 1kHz-Sinus so gemacht, dass die Lautstärke bei meinen Teststücken die gleiche ist wie vom G-ADS2 DAC gewohnt. Die Zeitkorrektur über ConvoFS lasse ich drin wie vorher, aber die MS-Kodierung muss ich abschalten, weil der G-HA keinen MS-Dekoder hat.

Ich beginne mit dem symmetrischen Apogee Wyde Eye als Digitalverbindung. Ich erschrecke ein wenig, denn die Klangqualität hat nichts mit dem gewohnten Sound zu tun. Die Bühne ist sehr klein, der Bass kraftlos, Stimmen sind belegt, und das Klangbild ist recht flach. Au weia, da muss ich wohl ziemlich stark abstrahieren bei diesem Vergleich, denke ich mir, der Wandler im G-HA kann einfach nicht mit dem G-ADS DAC mithalten. Etwas lustlos stöpsle ich vom nur 50cm langen Wyde Eye auf Haralds XLR1 mit 70cm Länge um und starte wieder meine Testtracks. Leute, gar nichts muss ich abstrahieren, die Bühne geht auf, die Klangfarben sind plötzlich wieder da, und der Bass ist eine Wucht! Der Unterschied zwischen diesen beiden Kabeln ist bemerkenswert groß. Das Wyde Eye hat genaue 110 Ohm, und das XLR 1 trifft mit 112 Ohm ebenfalls recht genau den geforderten Wellenwiderstand. Aber der Klang ist so grundsätzlich verschieden! Jetzt hänge ich das XLR2 dazwischen, das ja ebenfalls mit sehr reinem Kupfer aufgebaut ist, aber für Pin 2 und 3 noch eine zusätzliche dünne Reinsilberader hat. Ich muss ein paar Mal umstecken, denn auf Anhieb kann ich gar keinen Unterschied ausmachen. Dann merke ich, dass Stimmen etwas heller und klarer kommen beim XLR2 - aber der Unterschied ist klein.

Der Hörtest zeigt mal wieder, dass Messwerte nicht alles sind. Ich würde sagen, der Wellenwiderstand sollte schon recht gut stimmen, sonst wird das nichts, aber der Wellenwiderstand ist eben nur ein Mosaiksteinchen, das ein gutes Kabel ausmacht.

Viele Grüße
Gert
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Gert,

um mit Mr. Spock zu sprechen: Faszinierend! Dein Mess- und Hörvergleich zeigt, wie guter Klang auch bei den Digitalkabeln eine multifaktorielle Genese hat: Wellenwiderstand, Leiterqualität, sicher auch das Material des Dielektrikums und sicher noch andere Faktoren, die wir jetzt noch nicht kennen.

Aber wer weiß, welche Messmethode Du in Zukunft noch austüftelst, um neben dem Wellenwiderstand weitere Parameter zu verifizieren, die man dann auch mit den Ohren nachvollziehen kann.

Für das MuSiGo ist Dein Messergebnis jedenfalls eine gute Reputation, analog und digital verwendbar zu sein.

Grüße
Fujak
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Fortepianus hat geschrieben:Der Hörtest zeigt mal wieder, dass Messwerte nicht alles sind. Ich würde sagen, der Wellenwiderstand sollte schon recht gut stimmen, sonst wird das nichts, aber der Wellenwiderstand ist eben nur ein Mosaiksteinchen, das ein gutes Kabel ausmacht.
Hallo Gert,

zunächst einmal Respekt vor diesem Schritt, den Abschluss bei dem Empfänger in Angriff zu nehmen, entsteht hier doch die erste Reflexion eines zu übertragenden Signals mit der Folge, dass das auf der Leitung zurücklaufende Signal an der Quelle das folgende Signal beschädigt. Angesichts der Normen und der vermeintliche einfach zu erfüllenden Auflage, die Leitung mit 110 oder 75 Ohm korrekt abzuschließen überrascht das praktisch festgestellte Ergebnis. Aber einige Hersteller scheinen noch nicht einmal dieses sauber abzuliefern. Bisher hatte ich nur auf der Quelleseite einige Negativergebnisse feststellen müssen.

Wenn zu einem Sinus sich ein phasenverschobener Sinus (Reflexion) addiert, wird daraus wieder ein Sinus, mit einem neuen Phasenversatz, der aber auch von den Amplitudeverhältnissen abhängig ist, so jedenfalls eine Versuch einer Antwort darauf, warum eine solche Kontinuität im Oszillogramm sichtbar wird, bzw. die Zeitverzögerung der Reflexion nicht einfach ablesbar ist.

Praktiker kennen Klangunterschiede zwischen Digitalkabeln, die sich vielleicht mit dielektrischer Absorption, Mikrofonie und Laufrichtung etc. verbinden lassen. Bei der reinen Messung des Wellenwiderstands sind alle diese Unterschiede kaum zu detektieren.

Ich nehme an, dass dein einst gebauter Jitter-Analysator noch existiert. Beim XLR-Kabel kann man die Richtung nicht durch Umstecken ändern, beim SPDIF-Kabel mit RCA oder BNC schon. Vielleicht kannst du deine alte Methode wieder aktivieren, als flankierende Maßnahme.

Auch kenne ich Komponenten, bei denen die symmetrische Digitalübertragung über twisted Pairs mit hartem, bei anderen ohne Signalmassebezug geschieht. Wo ist Pin 1, wo das Gehäuse des Steckers? Bei gutem HF-Design ist das Gehäuse geerdet, die Signalmasse davon HF-mäßig getrennt. Sonst würde Abschirmung ja nicht wirklich funktionieren. Da wäre denkbar, dass es Gerätekonstellationen gibt, bei denen das sonst optimale Kabel schlicht das gewünschte Ziel nicht nachvollziehbar erreicht.

Es bleiben viele Fragen offen, bei Koax mit 75 Ohm noch eher eindeutig, bei AES/EBU ...?

Grüße
Hans-Martin
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Hans-Martin,
Hans-Martin hat geschrieben: 15.10.2019, 00:32Praktiker kennen Klangunterschiede zwischen Digitalkabeln, die sich vielleicht mit dielektrischer Absorption, Mikrofonie und Laufrichtung etc. verbinden lassen.
Bei der reinen Messung des Wellenwiderstands sind alle diese Unterschiede kaum zu detektieren.
klar. Aber wenn der Wellenwiderstand schon nicht stimmt, sind Reflexionen sicher.
Ich nehme an, dass dein einst gebauter Jitter-Analysator noch existiert. Beim XLR-Kabel kann man die Richtung nicht durch Umstecken ändern, beim SPDIF-Kabel mit RCA oder BNC schon. Vielleicht kannst du deine alte Methode wieder aktivieren, als flankierende Maßnahme.
Ja, der existiert noch. Das Problem an der Sache: Die Taktgenauigkeit der Clocks ist in den letzten 10 Jahren erheblich besser geworden, so dass die Clock im G-Linn wesentlich besser ist als die (abstimmbare) Referenzclock, die ich im Jittermonitor verwende. Wenn dann das Kabel einigermaßen etwas taugt, kann ich damit dann die Unzulänglichkeiten der Referenzclock hör- oder messbar machen, was aber nur von untergeordnetem Interesse ist.
Auch kenne ich Komponenten, bei denen die symmetrische Digitalübertragung über twisted Pairs mit hartem, bei anderen ohne Signalmassebezug geschieht. Wo ist Pin 1, wo das Gehäuse des Steckers?
Diese Frage hat mich tatsächlich länger beschäftigt beim symmetrischen Ausgang des G-Hub. Schauen wir uns den Ausgang zusammen mit einem typischen AES/EBU-Eingang an, hier dem (modifizierten) Eingang des Oppo G-HA (draufklicken, dann wird's größer):

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Man sieht den floatenden Ausgang, der Pin 1 des XLR-Steckers virtuell auf Masse legt, nämlich durch die beiden gleichen Widerstände R5 und R6 auf die Mitte des symmetrischen Signals. Mit dem relativ hochohmigen R4 trimmt man den Ausgang genau auf 110 Ohm. Über die niederohmigen R8/R9 bzw. R10/R11 wird das gegenphasige Signal der vier Ausgangstreiber eingespeist, je zwei parallel geschaltet. C1/C2 legen das gegenphasige Signal galvanisch getrennt auf Pin2/3, also auf die beiden Adern des symmetrischen Kabels.

Rechts vom Kabel sieht man die Eingangsschaltung des G-HA, die ich durch Anpassen der Widerstände R12 bis R15 auf 110 Ohm getrimmt habe. Am Eingang wird Pin1 nur hochfrequenzmäßig über C3 an die Masse des Empfangsgerätes angebunden, ansonsten ist der Eingang galvanisch getrennt. Der Schirm des Kabels (bzw. die Masseader bei ungeschirmten Kabeln) ist also nur HF-mäßig am Empfänger geerdet und hängt ansonsten potenzialmäßig in der Luft.

Nun könnte man den Schirm am Sender hart auf Gehäusemasse ziehen, was ich durch die kleine Lötbrücke links am Kabelschirm angedeutet habe. Das ist tatsächlich durch eine einfache Lötbrücke zu machen, die gibt es nämlich an jedem Neutrik-XLR-Einbaustecker zwischen Pin1 und Gehäusemasse. Wenn ich nun mit dem Oszi an R15 messe, was im Empfänger danach ankommt, messe ich ein besseres Digitalsignal, wenn die Brücke geschlossen ist und das Kabel damit hart geerdet ist. Deshalb habe ich alle G-Hubs mit dieser Brücke versehen.
Es bleiben viele Fragen offen, bei Koax mit 75 Ohm noch eher eindeutig, bei AES/EBU ...?
Ja, und doch interessant, dass dem AES/EBU nun schon mehrfach in Rückmeldungen an mich der bessere Klang attestiert wird beim G-Hub. Vielleicht hilft ja auch ein bisschen mit, dass ich vor den Ausgangstreibern das Digitalsignal nochmal ein bisschen aufsteile, aber das ist sicher nicht die ganze Wahrheit. Ich habe bei mir gestern den Versuch ebenfalls gemacht, den G-Hub per XLR 110Ohm und per Koax 75Ohm mit dem G-HA zu verbinden - da gewinnt auch bei mir klanglich ganz klar die symmetrische Verbindung. Allerdings waren das auch zwei unterschiedliche Kabel - am Koaxausgang das Oyaide FTVS-510, am XLR das Musigo. Verwende ich am XLR dagegen das Apogee Wyde Eye, hat der AES-Ausgang klar das Nachsehen gegenüber dem Koaxausgang. Damit ist klar: So eine Digitalverbindung ist ein komplexes Zusammenspiel von Ausgangstreiber plus Anpassungsnetzwerk, Einbaustecker, Kabel mit Steckern, Einbaubuchse und Anpassungsnetzwerk im Empfänger. Wie immer bei HF ist das nicht ganz trivial.

Viele Grüße
Gert
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Fortepianus hat geschrieben: 16.10.2019, 10:10 Bild

Rechts vom Kabel sieht man die Eingangsschaltung des G-HA, die ich durch Anpassen der Widerstände R12 bis R15 auf 110 Ohm getrimmt habe. Am Eingang wird Pin1 nur hochfrequenzmäßig über C3 an die Masse des Empfangsgerätes angebunden, ansonsten ist der Eingang galvanisch getrennt. Der Schirm des Kabels (bzw. die Masseader bei ungeschirmten Kabeln) ist also nur HF-mäßig am Empfänger geerdet und hängt ansonsten potenzialmäßig in der Luft.
Hallo Gert,

wenn du deine Messung mit Messignal im einstelligen Nanosekundenbereich vornimmst, liegen wir zwischen 100MHz und 1GHz. Wenn C3 " nur hochfrequenzmäßig" wirkt, heißt das hier auch weitgehend signalwirksam. Die Mittelanzapfung des Übertragers (das 5. Beinchen kenne ich bei den Digitalübertragern von Audio-Geräten nur als Schirm zwischen den beiden Wicklungen, anders als bei Netzwerkverbindungen, da sind generell Mittelanzapfungen bei den Übertragern, die allerdings nach meinen Beobachtungen an zerlegten Geräten, Recyclingmaterial, nicht konnektiert sind).
Die Verbindung Mittelanzapfung auf Masse hebelt prinzipiell die perfekte Gleichtaktunterdrückung des Übertragers aus.
Ich habe bei mir gestern den Versuch ebenfalls gemacht, den G-Hub per XLR 110Ohm und per Koax 75Ohm mit dem G-HA zu verbinden - da gewinnt auch bei mir klanglich ganz klar die symmetrische Verbindung.
Das ist bei mir auch so. :cheers:
Wie immer bei HF ist das nicht ganz trivial.
Umso spannender, deine Berichte zu lesen ...

Grüße
Hans-Martin
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Hans-Martin,
Hans-Martin hat geschrieben: 16.10.2019, 10:55 Die Mittelanzapfung des Übertragers (das 5. Beinchen kenne ich bei den Digitalübertragern von Audio-Geräten nur als Schirm zwischen den beiden Wicklungen, anders als bei Netzwerkverbindungen, da sind generell Mittelanzapfungen bei den Übertragern, die allerdings nach meinen Beobachtungen an zerlegten Geräten, Recyclingmaterial, nicht konnektiert sind).
Die Verbindung Mittelanzapfung auf Masse hebelt prinzipiell die perfekte Gleichtaktunterdrückung des Übertragers aus.
da hast Du aber mal recht damit - in der Tat habe ich etwas gestutzt, als ich die Verbindung gesehen habe. Der verwendete Übertrager hat tatsächlich eine Mittelanzapfung auf Primärseite, ich habe das gemessen, und die hängt auf Pin1 der XLR-Buchse. Eigentlich muss man nur dem smd-Übertrager das mittlere Beinchen auf Primärseite anheben und fertig. Das mach ich jetzt mal :cheers: .

Viele Grüße
Gert
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