Essay zu Superhochtönern und unabhängig Backtweeter/rückwärtige Hochtöner,
in memoriam Axel Schäfer/SAC und des nicht mehr "aktiven" Ruheständlers Harald Hecken/newtronics
Sehr interessantes Thema,
die Verbesserung durch Superhochtöner, und davon zu differenzieren, die Ergänzung von rückwärts abstrahlenden "Superbacktweetern" wie Harald Hecken, der Kopf hinter newtronics (aktive Temperance 2020), sie auch nannte.
Die krankheitsbedingt leider letzte Evolutionsstufe seines Erfolgsmodells hatte zum einen den Superhochtöner (Kalotte, nicht "metallisch" oder nervig klingend) mit den 2 schweren Ringmagneten, der weit ins Spektrum hochspielt, also über die 20 kHz hinaus.
Daß Wilson den HT bei 23 kHz abregelt, wundert mich etwas (hm, oder auch nicht), da seit langem bekannt ist, daß Musiksignale locker bis 30 - 40 kHz, manchmal bis 100 kHz, reichen können. Wiedergabemedien wie Vinyl können das locker bis 40 KHz, wahrscheinlich theoretisch mit Topaufnahmen und Supersystem auch bis zu den erwähnten 80 kHz.
Die digitalen Medien, grob skizziert in shaktis obiger Tabelle, können das auch, mit Ausnahme der reduzierten Codecs wie mp3, ogg, aac, mp4 usw., auch die CD könnte theoretisch nur bis 22 kHz, wird aber verständlicherweise bei 20 kHz abgeregelt (Nyquist und dessen Auswirkungen an der Grenzfrequenz).
Die Tabelle von Elektrolippe ist nicht exakt, nur grob für den Überblick. Bsp. mp3, dort steht bis 20 kHz, ist aber nur theoretisch, praktisch wird in mp3 bei 16, 18 kHz weggefiltert. Oder was bei DVD steht.
Schon immer ist im bereits im DVD-Video Standard festgeschrieben, daß selbst auf der DVD-Video Stereo in 24 bit 192 kHz gespeichert und wiedergegeben werden können, also Frequenzen bis 96 kHz, dabei aber nur Standbilder, sozusagen Diashow - wenn man das sehen will - möglich zu hochaufgelöster Musik.Die DVD-Video kann aber sogar mit Video Stereo in 24 bit 96 kHz wiedergeben, Ton bis 48 kHz. Davon zu unterscheiden die DVD-A , Audio, die keine Videos spezifiziert hat, aber auch Standbilder/Diashow zur Musik, auch Stereo in 24 bit , 192 kHz, und dazu Multichannel hochaufgelöst in 96 kHz.
Die 1-bittige SACD gleicht die fehlenden Bits durch "Sampling" im MHz Bereich aus, mit Vor- wie Nachteilen im Vgl. zu L PCM, also 24 bit, 96 oder 192 kHz.
Interessanterweise ist nach allen Theorien und auch berichteten Hörerfahrungen der entscheidende Klangvorteil (als Sahnehäubchen auf dem Kuchen) von hochauflösender Musik (sei es PCM oder SACD) darin zu vermuten, daß der DA-Wandler (bei SACD ein äußerst simpler) speziell bei 192 KHz "weniger rechnen", filtern muß. Dazu passen die Hörberichte, Experimente, daß inzwischen viele Leute auch ihre CD Musik in 16 bit, 44,1 kHz auf 176,4 kHz, 192 oder mehr/vielfache, je nach DAC, hochsampeln, damit der DAC nicht seine (primitiv ausgestatteten) Filter aktivieren muß. Selbst wenn ein DAC bei 192 kHz immer noch selbst filtern sollte, tut das dann den hörbaren Frequenzen "nicht mehr weh". Das als Ergänzung zur Elektrolippe Tabelle.
Gerade bei DVD hängt also die verwendete Tonauflösung/technische Qualität davon ab, was der Produzent darauf gepackt hat. Eigentlich war die DVD schon ein tolles Format, damals konnte man eigene digitalisierte Vinylaufnahmen hochaufgelöst archivieren und abspielen, als Bsp. Gibt auch ein paar sehr gute Konzert-DVDs , wo die Auflösung unkomprimiert ist. Die Blu-Ray ist natürlich gerade in puncto Video-Auflösung ein Riesenschritt nach vorn gewesen, dazu reichlich Platz für hochaufgelösten Stereo- und Mehrkanalton, leider in einem "Dolby-Master"-Container und wohl nur schwierig via HDMI (dann noch Trennung des Videos vom Ton) in einen richtig guten DA-Wandler zu überführen.
Zurück vom ergänzten (Elektrolippe-Tabelle) Hintergrundwissen zu den Lautsprechern:
Meine Vermutung, warum Wilson bei 23 kHz den HT abregelt, weil meist eh CD gespielt wird, da gibts unter keinen Umständen Signale über 22 kHz. Einwand: Zur Konstruktion und Bauzeit der Maxx 3 um 2009, 10 usw., wußte auch Wilson, daß Leute mit solchen Böxchen nicht nur CD spielen, sondern ggf. besonders gern auch Hochaufgelöstes, sei es von DVD, Blu-Ray, Vinyl, gab und gibt es alles auch in audiophilen Haushalten, manchmal an einer Anlage, dazu Streaming. Evtl. hat Wilson dann trotzdem oder gerade deswegen, diesen HT bei 23 kHz abgeregelt, wenn tatsächlich der HT nicht viel weiter hoch käme, um ihn vor ggf. zu hohen/zu lauten Frequenzen zu schützen. Wie Jürgen schrieb, beim Nachfolgemodell reicht ein anderer HT viel weiter hoch.
(Daß Lautsprecherentwickler solche "Schutzkonzepte" mit einbauen, habe ich mit Harald Hecken erlebt, der bei der Temperance 2020 ins obere Spektrum open end ging, aber nach unten im Tiefbass "die Leute vor sich selbst" schützen wollte und seine besondere doppelt gefaltete Transmissionline (also 3 lange Baßkanäle an welche 3 17 cm TT angeschlossen, jeder mit einem separaten Verstärker) bei 30 Hz nach unten abregelte (oder auslaufen ließ), weil er meinte, 1. hat kaum einer einen solch großen Raum, daß bei den Wellenlängen da noch was sinnvoll dargestellt würde, 2. nur Anregung von unerwünschten Raumresonanzen usw.)
Vergleichen wir weiter mit dem, was Harald Hecken "oben rum" an der Temperance 2020 praktiziert hatte:
Primär war für den Klang wichtig, daß er seinen auch so bezeichneten Superhochtöner (als Kalotte, mit dem Doppelringmagnet, von Bändchen hielt er damals auch nicht viel, erst zuletzt wollte er auch Bändchen probieren) einsetzte, Frequenzgang nach oben offen, nicht abgeregelt bei 23 kHz o.ä.
Bei der T. 2020 setzte er dann rückwärtig gleich 3 "normale" HT ein, einen preiswerteren Hochtöner, der bei seinem damals "kleinen" Monitorlautsprecher Gate alleine für richtig gute Musik sorgte.Diese 3 Hochtöner auf der Rückseite waren parallel zum Superhochtöner der Vorderseite am Verstärker für den Hochton angeschlossen. In der ersten Abstimmung hatte der Maestro diese 3 Backtweeter wesentlich leiser als den vorderseitigen HT abgestimmt. In der finalen Abstimmung hatten wir den Pegel der 3 Backtweeter etwas weniger als vorher abgesenkt, aber immer noch deutlich leiser als der vorderseitige, ich meine sogar 6 dB Absenkung der rückwärtigen (aber dafür 3 Stück). Der Effekt mit den Backtweetern ist keine vordergründige Hascherei. Auch wenn sein Kalotten-Superhochtöner vorn eine relativ breite Abstrahlung hat, so bringen die Backtweeter evtl. etwas Räumlichkeit dazu, schwer in Worte zu fassen. Heckens Ziel war: "mit den Backtweetern die Vorteile eines Dipolstrahlers zu erzielen, aber die Nachteile zu vermeiden".
Neben der T. 2020 hatte er noch ein nahezu baugleiches Modell im Angebot, die ZeroOne, ca. doppelter Preis. U.a. ein Unterschied , statt der 3 Backtweeter, die einzeln für sich bereits einen tollen Hochton in einem Monitorlautsprecher produzierten, besitzt diese ZeroOne 3 "Superbacktweeter", d.h. ohne auf die Kosten zu schauen, wurden auch hinten drei der schweren Superhochtöner der Vorderseite verbaut, natürlich auch abgesenkt, gleicher Verstärker wie in der preiswerteren T. 2020.
Hecken hat durchaus immer seine Konkurrenz beobachtet und sicher auch Anregungen "übernommen", ein Heiliger war er sicher nicht, wer ihn kannte ... Aber er war ein Meister der Kombination, des Gesamtkonzeptes, auch innovativ in Details. Bei den Wilsons fand er die einzelne Ausrichtung der Systeme auf den Hörer ideal, ich meine um 2009 zeigte er mir sogar den Testbericht der Maxx 3, erklärte mir das Wilson System, belustigte sich aber über den Endpreis und das Gesamtaussehen mit der Zielrichtung, daß dafür der/sein Markt zu klein wäre. Andere Konkurrenz war dagegen für ihn keine Konkurrenz "im technisch-akustischen", wir wissen, wie überzeugt er war, muß man aber auch preisbezogen sehen.
Ein paar Jahre später demonstrierten wir auf der High End on Tour in Dortmund (hm, oder Essen?, die Zeit rennt) dann doch im größten Tagungsraum des Hotels ein Monstrum von Lautsprecher, mit Bändchen, mit 5 Verstärkern pro Box von SAC/Axel Schäfer+, die berüchtigte Logos, Kosten um die 80-100.000, wenn die jemand hätte kaufen wollen (also mit DSP-Frequenzweiche und den 10 Verstärkern als Paar). Der Raum klang wie zu erwarten furchtbar, die Lautsprecher in der letzten Nacht und morgens vor der Messe erst fertig geworden, mit der digitalen Frequenzweiche und Feinabstimmung noch zu wenig Erfahrung, kurzum, grausam.
Natürlich hatten wir die allerletzte Evolutionsstufe der Temperance 2020 auch dabei, in blau eloxiertem Aluminium, vom Maestro auch ZeroOne genannt, seine Modellbezeichnungen brauchen eine eigene Historie, um das auseinanderhalten zu können. Keiner war taub, jeder meinte, ob man nicht statt der Logos-Monster mal wenigstens kurz die "winzigen schmalen Aludosen" anklemmen könnte. Nein, wollte il Maestro nicht. Erst kurz vor Schluß der Messe, am Sonntagnachmittag, hatte er einen Geistesblitz. Er sprach mich an, ob ich denn mal die blauen Aludosen ZeroOne/Temperance einsetzen könnte. Gesagt, getan, die Dinger standen eh die ganze Zeit neben den Logos-Riesen. Und die Sonne ging auf! Jeder hatte plötzlich ein Grinsen im Gesicht, das nicht mehr wegging. Des Meisters Reaktion? "Ich habs ja immer gewußt, wir können es!" (Wer ihn kannte, weiß, was ein pluralis majestatis ist.)
Der Baß sauber, die Höhen aus den 4 Superhochtonkalotten standen dem Bändchen der Logos in nichts nach, Musikhören aus kleinen Aludosen in einem Veranstaltungssaal. Wer es nicht wußte, daß die kleinen Dosen spielen, dachte, daß der kritische Raum durch die mächtigen Logos-Riesen gefüllt würde.
Ich mußte diese Historie mal niederschreiben, ob sich noch jemand an die High End on Tour (in Dortmund?) vor wenigen Jahren erinnert, mit den schwarzen newtronics Riesen und dem dumpfen Klang im großen Raum? Und nur wenige Zuhörer dann Sonntagnachmittags die nicht mehr weggingen, weil im Gegensatz zu den Vorführungen der Konkurrenz in den Nachbarräumen hier Musik gespielt wurde und dabei genossen Axel Schäfer/SAC war dabei, dieser Große ist leider schon von uns gegangen, dies hier auch ihm zu audiophilen Ehren. Das war schon sehr interessant, mit den beiden von einander unabhängigen Entwicklern Axel Schäfer und Harald Hecken zu arbeiten. Da brauchte nämlich keiner was vor potentiellen Käufern vorzumachen, sondern es ging um Fakten.
Fazit:
Deshalb, es wird sich sicher lohnen, Superhochtöner einzusetzen (nicht nur bei der Wilson, mag jeder es ausprobieren, wenn nicht vorhanden). Jürgen hat das bereits oben bestätigt, auch davon unabhängig, daß rückwärtige Hochtöner einen positiven Effekt haben können, aber rückwärtige HT im Pegel abgesenkt. (Noch etwas, was hier andiskutiert wurde bez. der Anpassung der separaten Super-HT zu den normalen HT, ist aber auch eigentlich bekannt, der aalglatte Freqenzgang braucht gar nicht das Ziel eines Gesamtsystems zu sein. Laut Hecken (u.a. natürlich) ist die Phase/Zeitrichtigkeit ein wesentlicher Faktor.)
Viel Lese- & Hörspaß, Experimentierfreude wünscht
Georg